Aufhebung des Boykotts gegen das SUB

Regionen: 

Wir, der Infoladen Salzburg, waren seit 2016 Teil einer Gruppe, die einen Boykottaufruf gegen das SUB Salzburg initiiert und unterschrieben haben. Die Gruppe bestand aus Kollektiven (Infoladen Salzburg und FLIT*Z) und Einzelpersonen. Grund dafür war die langlebige täterschützende Struktur nach wiederholten sexualisierten Übergriffen und das fehlende Bedürfnis seitens des damaligen SUB-Kollektives daran etwas zu ändern. Konkret: ein Täter wurde nicht aus dem Kollektiv auszuschließen und es wurde sich gegen Betroffenensolidarität entschieden. Dem Boykott gingen fast ein halbes Jahr Versuche voraus, alternative Umgangsweisen zu finden, die alle mehr oder weniger fehlschlugen. Mit einem Statement vor ca. einem Jahr hat das SUB an der Ausgangssituation aktiv etwas geändert. Das damalige Plenum hat ein Konzept zum Umgang mit sexualisierter Gewalt vorgelegt. Unserer Einschätzung nach war das für uns ein aktiver erster Schritt Richtung einer konstruktiven gemeinsamen Auseinandersetzung mit der Frage nach Umgang mit sexualisierter Gewalt.

Um unsere Wertschätzung für dieses Statement auszudrücken, aber auch um unsere Kritik anzubringen und Leerstellen aufzuzeigen haben drei Genossinnen in unserem Namen an einem ersten Gespräch mit dem SUB-Plenum teilgenommen. Die Genossinnen kamen mit einem positiven Eindruck und Zusicherungen von Seiten des SUB-Kollektivs zurück, die in Richtung Beilegung des Konflikts deuteten.
Offen blieb dabei:
- die Frage nach der Haltung zum damaligen Täter, der nicht mehr Teil des SUB-Kollektivs war,
- wie und ob eine Entschuldigung vom SUB an die Betroffenen geschehen wird,
- Warum die von ihnen vorgelegte Idee eines Umgangs nicht unter dem Begriff DEFMA lief?

Nachdem die erste Frage mit „Hausverbot“ beantwortet wurde, und das SUB-Kollektiv ein neues Statement veröffentlicht hat, halten wir es jetzt für den richtigen Zeitpunkt den Boykottaufruf aufzuheben und in die aktive und zwischenmenschliche Auseinandersetzung, Diskussion oder Konzeptfindung zu gehen.

Am 30. Juli 2018 erreichte uns das neue Statement des SUB, in dem das aktuelle Kollektiv die Fehler im Umgang mit sexualisierter Gewalt kritisch analysiert und sich vom damaligen Umgang mit den Übergriffen distanziert. Weiters erkennt das Kollektiv an, dass das SUB damals kein sicherer Raum mehr für Betroffene war, und benennt DEFMA (Definitionsmacht) als handlungsleitendes Konzept. Hier der Link dazu: https://de.indymedia.org/node/23206

Die Aufhebung des Boykotts möchten wir noch weiter begründen:
Dabei steht an allererster Stelle für uns die Feststellung, dass sich das SUB-Kollektiv in den letzten zwei Jahren personell stark gewandelt hat und der Großteil nur noch aus Erzählungen von den Diskussionen 2016 weiß. Für die verbliebenen ein/zwei Personen sehen wir eine deutliche Notwendigkeit einer klaren Stellungnahme und einer Entschuldigung an die Betroffenen. Vom Rest des Kollektivs forderten wir Verantwortungsübernahme, welche durch einen aktiven antisexistischen Umgang im Alltag und die Verschriftlichung ihrer Auseinandersetzung damit schon längst begonnen haben. Die Fortführung einer klaren Linie von feministischen Selbstschutz ist dabei für uns wichtig, also die Inhalte und die damit verbundene gelebte Praxis. Welchen Namen ein betroffenensolidarischer Umgang mit sexualisierter Gewalt dann trägt, ist uns nicht so wichtig wie die tatsächliche Praxis. Laut ihrem aktuellen Statement verwendet das SUB so wie wir das DEFMA-Konzept, was wir sehr positiv finden.

Dementsprechend fänden wir es fahrlässig und unsolidarisch vor allem den aktuell dort aktiven feministischen Frauen die Zusammenarbeit zu versagen. Der daraus entstehende Frust und die künstlich erneuerte Trennlinie wäre unserer Meinung vielmehr ein antiemanzipatorischer Schritt.

Für uns hat sich letztendlich auch die Frage gestellt, was damals die Ziele für den Boykottaufruf waren: Wir wollten zum einen unsere Solidarität mit den Betroffenen zeigen und zum Anderen ein Umdenken der SUB-Involvierten abwarten, bevor die Auseinandersetzung weitergehen könnte. Dieses Umdenken hat begonnen. Unserer Meinung nach kann alles Weitere in der gemeinsamen Auseinandersetzung geschehen.

Deswegen haben wir uns dazu entschlossen den Boykottaufruf nicht weiterzuführen. Für uns ist das Thema trotzdem nicht vergessen. Wir werden weiter diskutieren, konfrontieren und dort wo es nötig wird Umgangsweisen mit übergriffigem Verhalten erarbeiten. Wir haben die Arschlöcher von damals nicht vergessen, die z.T. mittlerweile anderswo unterwegs sind, und erinnern uns noch genau an die Verantwortung, die sie nicht tragen möchten, die sie aber zu tragen haben.

Zum Schluss bleibt uns zu sagen: Auch innerhalb des ehemaligen Bündnisses, das den Boykottaufruf initiierte, geht die Diskussion weiter, denn auch hier liefen Dinge scheiße und auch hier gibt’s Raum zum Lernen. Und den wollen wir uns auch nehmen.

Wir, der Infoladen Salzburg, heben also den Boykott gegenüber dem SUB auf. Allerdings war auch das FLIT*Z Teil der betroffenensolidarischen Gruppe. Wir sprechen hier also nicht für alle Kollektive und Einzelpersonen. Um euch ein vollständigeres Bild zu machen, empfehlen wir auch ihre Seite auszuchecken um alle Positionen zu kennen.

In diesem Sinne: Für eine lebendige Auseinandersetzung und Diskussionskultur!
Gemeinsam gegen sexualisierte Gewalt!

Infoladen Salzburg, 1. 8. 2018

Infoladen Salzburg
Lizenz des Artikels und aller eingebetteten Medien: 
Creative Commons by-sa: Weitergabe unter gleichen Bedingungen