Erneute Delegitimierungsversuche gegenüber dem Protest gegen fundamentalistische Abtreibungsgegner*innen
Jeden Monat – immer am 25. – laufen fundamentalistische Abtreibungsgegner*innen um Wolfgang Hering durch München. Sie beten und singen, vor allem aber tragen sie ihr rückwärtsgewandtes Weltbild aus einem der letzten Jahrhunderte spazieren. Sie glauben ungewollt Schwangeren und Schwangeren, die aus anderen Gründen über einen Schwangerschaftsabbruch nachdenken, vorschreiben zu können, wie diese mit ihrer Situation umzugehen haben. Die von den Fundamentalist*innen angepriesene Lösung ist dabei immer die Gleiche: Schwangere – für die Abtreibungsgegner*innen sind das natürlich Frauen – sollen sich für ihr Kind entscheiden. Danach ist das Ganze für sie erledigt.
Und weil die fundamentalistischen Abtreibungsgegner*innen sich im Auftrag Gottes wähnen, ist es für sie legitim, vermeintlich Schwangere an seriösen Beratungsstellen abzupassen und zu terrorisieren. Sie nennen das “Gehsteigberatungen”. Auch ihr monatlicher Protest führt die Abtreibungsgegner*innen um ihren weltlichen und geistlichen Anführer Wolfgang Hering in aller Regel zu solchen Beratungsstellen. Dort knieen die Fundamentalist*innen nieder und beten einen Rosenkranz. Wolfgang Hering bestimmt eine*n Vorbeter*in oder übernimmt selbst das Vorbeten, alle anderen beten nach – nicht die offizielle Version des Vaterunsers versteht sich, nein die gebietet nicht genug Furcht vor dem Herrn, stattdessen eine an zahlreichen Stellen veränderte, gottesfürchtigere Version à la “und beschütze uns vor dem Fegefeuer der Hölle”.
Genervt sind von den Fundamentalist*innen eigentlich alle: Anwohner*innen, Angehörige der Beratungsstelle von pro familia, Passant*innen, ja manchmal sogar die Polizei …
Einige Aktivist*innen setzen diesen sogenannten “Vigilien” der Fundamentalist*innen seit mehreren Monaten etwas entgegen. Auch wenn es meist kaum eine Handvoll Personen sind, die sich den Fundamentalist*innen in den Weg stellen, nerven auch sie. Aber glücklicherweise nur die Fundamentalist*innen und die Polizei. Von Anwohner*innen und Passant*innen wird der Protest gegen die Fundamentalist*innen meist begrüßt, zum Teil sogar tatkräftig unterstützt.
Die Polizei jedoch versucht den Protest gegen die fundamentalistischen Abtreibungsgegner*innen mit Repressionsmaßnahmen zu zermürben. Immer wieder findet sie einen Vorwand, um Aktivist*innen, die sich den Fundamentalist*innen entgegen stellen, mit Geldbußen zu belegen. Mehrfach wurden Aktivist*innen sogar kurzzeitig in Gewahrsam genommen, weil sich die Polizei trotz einem übertriebenen Kräfteaufgebot offenbar nicht anders zu helfen wusste. Immer wieder werden auch völlig neue Methoden der Repression erprobt.
So wurde einer Aktivistin, die bei einem Protest gegen die Fundamentalist*innen vor dem medicare Gesundheitszentrum in Pasing in Gewahrsam genommen worden war, eine Rechnung über 108 Euro dafür ausgestellt, dass die Polizeibeamt*innen ihr gegenüber unmittelbaren Zwang ausgeübt hatten. Unmittelbarer Zwang ist nichts anderes als gesetzlich legitimierte Polizeigewalt. Dafür, dass ihr von den durchführenden Bullen Schmerzen zugefügt wurde, musste die Aktivistin nun also auch noch die dabei vertrödelte Arbeitszeit der Bullen, sowie möglicherweise gewährte “Gefahrenzuschläge” bezahlen. Der gleichen Aktivistin, sowie mindestens einer weiteren Person wird in diesem Zusammenhang nun auch vorgeworfen, die Versammlung der Fundamentalist*innen gestört zu haben. Das Kreisverwaltungsreferat hat deshalb Bußgelder zwischen 150 und 200 Euro zuzüglich Verfahrenskosten gegen die Aktivist*innen verhängt.
Aber das ist nicht der erste Fall, in dem die Polizei wilkürliche Vorwürfe gegen Aktivist*innen erhebt, um diese einzuschüchtern. Momentan läuft außerdem ein Verfahren gegen insgesamt fünf Aktivist*innen, die beschuldigt werden zwei Monate zuvor einen Verstoß gegen das bayerische Straßen- und Wegegesetz begangen zu haben. Konkret sollen sie auf dem Gewehg “campiert” bzw. gefrühstückt haben. Das nahmen zahlreiche Polizist*innen um Polizeikommisar Nützel zum Anlass, alle anwesenden Personen einer entsprechenden Ordnungswidrigkeit zu beschuldigen. Die Polizeibeamt*innen fertigten sogar Fotos an, um zu beweisen, dass ein Gemeingebrauch des Gehsteigs durch die darauf befindlichen Lebensmittel nicht mehr gewährleistbar gewesen sei. Allerdings ist auf den Fotos nur zu erkennen, wie eine Horde Polizist*innen den Gehsteig versperrt. Vom Kreisverwaltungsreferat erhielten später vier Personen einen Bußgeldbescheid über ein Bußgeld von 100 Euro zuzüglich Verfahrenskosten.
Diese an den Haaren herbeigezogenen Vorwürfe der Polizei zeigen, dass es hier um nichts anderes als den Versuch einer Delegitimierung des Protests und um die Einschüchterung der betroffenen Aktivist*innen geht. Vermutlich hoffen die Verantwortlichen die Aktivist*innen so sehr abzuschrecken, dass ein Protest gegen die Demonstration der Fundamentalist*innen zukünftig ausbleibt.
Für uns ist das allerdings keine Option. Wir werden uns gegen die Repressionsversuche der Polizist*innen zur Wehr setzen und uns nach wie vor den fundamentalistischen Abtreibungsgegner*innen entgegen stellen. Wenn ihr uns dabei unterstützen wollt, stellt euch doch einfach mit uns den Abtreibungsgegner*innen entgegen. Termine findet ihr auf der Seite der Antisexistischen Aktion München oder auf unserer Webseite. Oder ihr lernt uns einfach mal bei einem unserer Treffen kennen.