Hitzacker 18.Mai

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Konzert vor dem Haus eines Staatsschutzbeamten am 18.Mai - Eine Zusammenfassung der Faktenlage. Auch als ausdruckbares Flugblatt

Was muss nicht passiert sein, im Wendland, am 18. Mai. Alle
äußern sich dazu. Alle schreiben darüber. Spiegel, Focus, die
Welt, die Süddeutsche, der NDR, RTL, SAT1 .... die Liste nimmt
kein Ende. 26.000 Einträge zu "Hitzacker" verzeichnet Google
in der letzten Woche. Die Empörung schlägt Wellen.
Von einer "Neuen Dimension der Gewalt" spricht die Polizei, von
"Gewalttaten gegen Polizeibeamte" und Skrupellosigkeit die
Polizeigewerkschaft. Von "Angriffen", "Belagerung" ja "Terror"
ist die Rede. Die Berichte werden mit Bildern von Vermummten
illustriert, die entweder wild in die Kamera gucken oder mit
Baumstämmen schmeissen.
Die Politik meldet sich quer durch die Parteien zu Wort,
einheitlich "entsetzt". Der niedersächsische Innenminister, der
von Mecklenburg-Vorpommern, diverse B- und C-Polit-Promis.
Alle zeigen sich zutiefst erschüttert.
Was zum Teufel ist passiert?
Ein Mord? Eine Entführung oder Geiselnahme? Wurde ein Haus
angezündet? Eine Polizeiwache überfallen? Wenigstens ein
Streifenwagen angezündet?
Nein?
Wurde eine Scheibe eingeschmissen? Ein Reifen entlüftet? Ein
Polizist angespuckt? Ein Böller gezündet?
Nein?
Wurde jemand beleidigt? Eine Tür geöffnet? Eine Klingel
betätigt? Ein Blumentopf geklaut? Wenigstens ein Zaun
überstiegen?
Auch nicht?Also was ist passiert?
Nach unseren Informationen geschah folgendes:
Etwa 60 Menschen stehen in gewissen Abstand vor einem
Grundstück und singen vier Lieder, begleitet mit akustischen
Instrumenten. Einige von ihnen (zwischen 10 und 20)
vermummen sich zeitweise, weil Kamera-Aufnahmen gemacht
werden.
Zwei Personen befestigen von der Straße aus drei Fahnen an
einem Carport. Etwa drei Personen betreten den Rand des
Grundstücks, und lehnen eine weitere Fahne an einen Baum.
Danach entfernen sie sich wieder.
Nach etwa 10 Minuten kommt ein Streifenwagen. Die beiden
Beamten steigen aus, gehen in das Haus, lassen ihr Fahrzeug
unbewacht stehen. Nach insgesamt etwa 20-25 Minuten zieht
die Gruppe wieder ab. Ca. 600 Meter vom Haus entfernt wird
sie von einer heranpreschenden Einheit der Polizei eingeholt,
und ein Großteil der Beteiligten zu Boden gebracht und
eingekesselt. Dabei kommt es mehrfach zu körperlicher Gewalt
von Polizist_innen gegen Beteiligte.
Das Video für den eigenen Eindruck: vimeo.com/271084602
Was macht dieses Geschehen jetzt so ungeheuerlich? Es war das
Haus eines Polizisten. Und seiner Familie.
Ob die Familie Angst bekommen hat, ist nicht bekannt. Die
Pressemitteilungen gehen davon aus. Wir wissen es nicht. Wir
wissen, dass eine Nachbarin mit ihren Kindern am Gartenzaun
stand und sich das Konzert angesehen hat. Wir wissen auch,
dass Herr Hupp nicht direkt zu seiner Familie geeilt ist, sondern
etwa eine halbe Stunde am Polizeikessel verbracht hat und dort
Beteiligte des Konzerts geschlagen und getreten hat.
Wir wissen, dass die Beteiligten explizit keine Situation schaffen
wollten, die von der Familie als bedrohlich empfunden wird.
Deshalb der fröhliche Charakter der Aktion, deshalb ein
respektvoller Abstand zum Haus, deshalb keine Parolen ausser
„Hupp, Hupp, Hurra!“.Warum Hupp?
Warum ging es zum Haus dieses Polizisten? Herr Hupp, seines
Zeichens Beamter der politischen Polizei in Lüchow-
Dannenberg, hat nicht einfach nur seinen Job gemacht. Er hat in
den vergangenen Monaten Häuser von mutmaßlichen
Aktivist_innen tagelang observiert, ohne dass gegen die
Bewohner_innen ein Ermittlungsverfahren bekannt wäre. Er gilt
als federführend bei dem Einsatz im Gasthof Meuchefitz, als 80
vermummte und zum Teil mit Maschinenpistolen bewaffnete
Polizist_innen ein Transparent beschlagnahmten und die
Personalien von Tagungshausgästen (inklusive Kindern)
aufnahmen. Er bedroht Aktivist_innen persönlich – z.B. mit den
Worten „Ich mach dich fertig!“. Er denunziert Aktivist_innen,
indem er Bündnispartner_innen aufsucht, ihnen Fotos von
Menschen zeigt und vor der Zusammenarbeit mit diesen
„Terroristen“ warnt. Ohne dass Ermittlungsverfahren,
geschweige denn Urteile gegen diese Menschen bekannt wären.
Und er kam während der KLP fast täglich nach Meuchefitz, um
dort Fotos anzufertigen. Wenn sich mal wirklich jemand für die
zweifelhaften Praktiken dieses Herrn interessiert, lässt sich all
dies durch Zeugenaussagen belegen.
Zusammengefasst:
Die Aktion hat sich nicht gegen einen x-beliebigen Polizisten
gerichtet. Sie war sehr gezielt, sie war friedlich und fröhlich. Sie
war in keiner Weise darauf ausgerichtet, die Familie des Herrn
Hupp einzuschüchtern.
Ob der Ort des Konzertes angemessen war, ist auch im Umfeld
der Sänger_innen umstritten und wird noch weiter diskutiert
werden.
Dass das Bild, das in einem Großteil der Medien gezeichnet
wurde, kaum etwas mit den Geschehnissen vor Ort zu tun hatte,
ist aber sicher.
Wir empfehlen allen, erst einmal durchzuatmen.
Wir schreiben diesen Text unter Pseudonym. Wir wollen schreiben können,
was wir für wahr und richtig halten, ohne als nächstes auf der Feindesliste des
Herrn Hupp zu landen. Wir waren nicht selbst vor Ort, haben aber mit
Beteiligten und Zeug_innen gesprochen, etwas Internetrecherche betrieben,
gesunden Menschenverstand und unsere Kenntnisse des Wendlands genutzt.
Dasy & Willi Anders

Das PDF im Anhang enthält noch eine schöne Gegenüberstellung der "Nachrichten" und der Fakten.

 

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Ergänzungen

Glaubt man Teilen der überregionalen Presse und diversen Online-Medien muss im kleinen Elbstädtchen Hitzacker eine Horde von vermummten Autonomen steinewerfend und durch die Stadt gezogen sein. Hat Hitzacker gebrannt? Die meisten Anwohner im Örtchen haben gar nichts mitbekommen, von dem was am Freitagabend am Stadtrand geschah. Dort waren nämlich 60-80 Autonome hingezogen, um vor dem privaten Wohnhaus eines Polizeibeamten, offenbar ein Mitarbeiter des Staatsschutzes, Lieder zu singen und Wimpel der kurdischen Freiheitsbewegung YPG am Carport des Beamten aufzuhängen.

Das Wendland ist Proteste gewohnt

Proteste aus der Gegend rund um Gorleben sind seit Jahrzehnten Routine. Seit dem aber vorläufig keine Castoren mehr nach Gorleben rollen, ist es zuletzt deutlich ruhiger geworden im Wendland. Am Freitag wurde traditionell an dem Atommülllager demonstriert, als Teil der "kulturellen Landpartie" blieb die Veranstaltung absolut friedlich. Nicht mit den Veranstaltern abgesprochen war, dass eine kleine Gruppe von Autonomen am selben Abend nach Hitzacker aufbrach, um dort das Haus des Staatsschützes zu belagern.

Mehrere der Aktivisten sind dem autonomen Tagungshaus im nahe gelegenen Meuchefitz zuzuordnen. Dort hatte im Februar eine Spezialeinheit der Polizei mit 80 Uniformierten ein Transparent beschlagnahmt, auf dem das Logo der kurdischen YPG zu sehen war. An dieser Aktion soll auch der Staatsschützer beteiligt gewesen sein, gegen den sich nun die Aktion in Hitzacker richtete.

"Neue Qualität der Gewalt"?

Laut der Polizeiinspektion Lüneburg, die in derselben Nacht noch eine Pressemitteilung herausgab, stellte die Aktion eine "neue Qualität von Gewalt" dar: "Durch lautstarke Stimmungsmache, Anbringen von Bannern und Vermummung versuchten die Personen die allein anwesende Familie des Polizeibeamten einzuschüchtern." Wie diese "neue Qualität der Gewalt" aussah, ob es sich um physische oder psychische Gewalt handelt, lässt die Pressemitteilung offen.

Ohne selbst Recherchen anzustellen und vor allem ohne die Gegenseite anzuhören, stieg sofort eine ganze Reihe von Onlinemedien in die Berichterstattung ein. "Bild.de" titelte am nächsten Tag: "60 Vermummte stürmen Grundstück eines Polizisten", obwohl laut Polizeiangaben nur ein kleiner Teil der Aktivisten vermummt gewesen sein soll. Und von "Erstürmung" des Grundstückes könne, so Kai Richter, Sprecher der Polizeidirektion Lüneburg, wirklich nicht die Rede sein: "Das wurde von uns auch nie so dargestellt."

Bebilderung mit irgendwelchen Krawallbildern

Einige Redaktionen gingen sogar noch einen Schritt weiter: Sie bebilderten die Geschichte mit sogenannten Symbolbildern, die ihrer Ansicht nach wohl besonders gut zu den Ereignissen passen. Das waren in der Regel Aufnahmen eines schwarzen Blocks: Vermummte, die Steine geschmissen haben, Bäume durch die Gegend geworfen oder Mülltonnen umgeschmissen haben. Ereignisse, die es in Hitzacker an diesem Pfingstwochenende nie gegeben hat. Viele Medien versäumten es zu dem, diese Bilder als Symbolbilder kenntlich zu machen.

Rouven Groß war als einziger Reporter vor Ort bei der Festsetzung der Demonstranten an einem Bahndamm, etwa 500 Meter vom Wohnhaus des Polizisten entfernt. Groß schreibt für die "Elbe-Jeetzel-Zeitung" und hat in der Nacht selbst Fotos gemacht. Die Auswahl der Fotos vieler Online-Dienste erstaunt ihn sehr: "Ich habe mich sehr gewundert über die Auswahl der Motive, nämlich Steine-werfende Vermummte, aggressiv nach vorne gehende Teilnehmer. Die meisten dieser Aufnahmen entstanden, soweit ich weiß, beim G20-Gipfel und bei vorhergehenden Castor-Transporten."

https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/lueneburg_heide_unterelbe/H...

wieder mal eine falschmeldung!

erfunden haben die bullen in der pressemitteilung....der gewaltexzess ging von ihnen aus, nicht von  den musizierenden.