#Besetzen: Bornsdorferstr. 37b in Neukölln besetzt!
PALÄSTE FÜR ALLE, STATT WOHNRAUM ALS WARE
Borni besetzt - Wir haben nichts zu verlieren außer die nächste Mieterhöhung!
Was in unserer Stadt schief läuft
Wo Kapitalismus und Stadt aufeinandertreffen entsteht Verdrängung und Ausschluss. Beides ist gewaltvoll – egal, ob es durch die Bullen mit dem Vorschlaghammer bei der Zwangsräumung passiert oder, wenn die Familie, die seit Jahren im Kiez lebt, sich nur noch Wohnungen im 45 Minuten entfernten Randbezirk leisten kann. Beides ist genauso vermeidbar: Wenn Stadt nicht mehr nach Profit, sondern außerhalb der kapitalistischen Verwertungslogik, nach Nutzen, organisiert wird, fallen diese negativen Auswirkungen weg.
Es fallen aber auch die fetten Profite weg. Auch deswegen passiert seit den 1990er Jahren ein Prozess, der Neoliberalisierung genannt wird, und genau das Gegenteil zum Ziel hat: Dem Kapitalismus neues Futter geben. Alles, was bisher noch keine Ware ist, also nicht verkauft werden kann, soll dazu gemacht werden. Allgemein heißt das Privatisierung, zum Beispiel von sozialem Wohnungsbau. Das nimmt dem Staat erstmal Kosten ab, erfordert aber logischerweise Profite, um funktionieren zu können. Diese Profite sind unsere ständig steigenden Mieten.
Sollte es doch mal für Sozialwohnungen reichen, fallen auch diese spätestens nach 15 Jahren aus ihrer Preisbindung [1].Die neoliberale Entwicklung verschärft die sowieso schon steilen Hierarchien dadurch, dass die Armen ärmer und die Reichen reicher werden. Das ist anti-emanzipatorisch und schafft Verdrängung und Ausschluss. Dafür machen wir aber keinesfalls einzelne Akteur*innen (Reiche, „Yuppies“, „Bankster“, Studis etc.) verantwortlich, sondern begreifen diese Entwicklungen als systematische Missstände, die der Kapitalismus hervorbringt.
Der rot-rot-grüne Senat, allen voran Katrin Lompscher von der Linken, verspricht seit 2016 eine sozialere Stadt und bezahlbares Wohnen. Auch die Legalisierung von Hausbesetzungen war 2015 im Gespräch. Die Realität sieht weiterhin anders aus: Wohnungsnot, fehlender Neubau, Räumungen der Friedel und anderer Hausprojekte und Kiezläden.
Aber es gibt formulierte Alternativen zivilgesellschaftlicher Impulse, die eine Organisation der Stadt jenseits der Marktlogik suchen wie es z.B. das Projekt „Kiezkommune“ tut. Und auch wir wollen eine radikale Gegenerzählung schaffen: Den Lebensraum der Waren-Logik entziehen und dadurch dauerhaft selbstverwaltet und für alle zugänglich zu machen. Wir sehen uns als Teil einer Bewegung, die sich dagegen wehrt, dass Berlin sich in eine Stadt der Reichen entwickelt: eine „Smart City“, in der Start-Ups die Preise in der Umgebung in die Höhe treiben, in der soziale Teilhabe und Wohnort vom Einkommen abhängig sind und in der jeder Quadratzentimeter verwertet wird. Die letzten unkommerziellen Freiräume sind der permanenten Gefahr einer Räumung ausgesetzt, während gleichzeitig Grundstücke und Häuser leer stehen.
Warum kommunale Wohnungsunternehmen keine Lösung sind
Auch der schöne Seitenflügel in der Bornsdorferstr 37b steht seit mehr als 5 Jahren leer. Dieser wurde ursprünglich 1939/1940 als Schwesternwohnheim errichtet und besteht aus 40 kleinen Wohnungen die teilweise mit Gemeinschaftsbädern versorgt sind. Im Untergeschoß befinden sich die großzügigen Räume einer ehemaligen Kita.
Im Jahr 2015 wurde er vom kommunalen Wohnungsunternehmen „Stadt und Land“ gekauft. Trotz explodierender Mieten und zehntausender Wohnungsloser hat es „Stadt und Land“ bis heute nicht geschafft das Haus wieder für Menschen zu öffnen, die es brauchen. Das Unternehmen versuchte über eine Ausschreibung eine Generalsanierung in die Wege zu leiten, diese ist jedoch bis heute ohne Erfolg. „Stadt und Land“ Wohnungsbauten Gesellschaft mbH versteht sich als soziale Wohnungsbaugesellschaft, die ca. 43.000 Mieteinheiten in Berlin und Brandenburg verwaltet.
Es sollte nicht vergessen werden, dass „Stadt und Land“ nicht nur unfähig ist, Leerstand zu vermeiden, sondern auch eine profitorientierte Kapitalgesellschaft, die innerhalb der Marktlogik agiert, ist. Am Ende bleibt oft nichts übrig vom Mythos sozial handelnder kommunaler Unternehmen. So vermietet „Stadt und Land“ inzwischen auch Wohnungen im gehobenen Marktsegment mit Nettokaltmieten zwischen 12 und 15 Euro/qm (z.B. in der Kolonnenstraße) und steht auch was Räumungen angeht privaten Unternehmen in nichts nach [2].
Unsere Aktion richtet sich deswegen gegen das Unternehmen, aber auch – und vor allem – gegen all das, was dahinter steht.
Gentrifizierungskritik muss praktisch werden: Wenn Stadt und Land selbst keine Idee hat und auch sonst niemand das Haus zu nutzen weiß, machen wir es eben selbst. Der Stadt der Reichen und der Unvernunft von Leerstand setzen wir unsere Ideen entgegen. Räume sehen wir genug. Der schöne Seitenflügel wird wieder mit Leben gefüllt und dem freien Markt entzogen.
Unsere Antwort: praktische Gentrifizierungskritik
Wir wollen einen selbstverwalteten und unkommerziellen Raum schaffen. Einen Raum, der sich der kapitalistischen Logik entzieht und sich eingliedert in die Kämpfe um eine selbstbestimmte Stadt von unten, in der die Menschen ihre Kieze und Räume selbst gestalten.
Im Parterre soll ein offener Kiezraum entstehen. Hier sollen Menschen abseits von teuren Mieten einen Raum vorfinden, der für Veranstaltungen, politische Vernetzung oder einen gemeinsamen Plausch ohne 3,69 Euro für einen Kaffee zu bezahlen, geöffnet sein soll. Auch das Überlassen von einigen Räumen an eine selbstverwaltetet Kundenbetreuung wäre möglich. Wir wünschen uns, dass die Nachbar*innen uns nicht als UFO wahrnehmen, sondern Lust kriegen sich einzubringen und mit uns die Räumlichkeiten mit Leben füllen. Im Kleinen soll hier ausprobiert werden, was im Großen sein soll: ein solidarisches Miteinander. Die oberen Stockwerke sollen als Wohnraum zur Verfügung stehen.
Wir, das sind im Moment eine Gruppe an Menschen, die sich mit den bestehenden gesellschaftlichen Verhältnissen nicht zufrieden geben wollen, viele davon gerade am Studieren. Wir freuen uns über alle, die sich in das Projekt der Selbstverwaltung einbringen wollen. Nachbar*innen, wie auch alle, denen es sich diese Gesellschaft schwer macht, sollen hier einen Anlaufpunkt finden. Uns ist klar, dass wir diesem Anspruch nicht von Anfang an gerecht werden können und Selbstverwaltung einen Prozess darstellt. Deswegen soll im Kiezraum, wie auch in den Wohnräumen darüber, Schritt für Schritt ein Projekt entstehen, in das Menschen eingebunden werden, die Lust haben sich solidarisch zu organisieren, heißt: ohne Diskriminierungen und Konkurrenzbestreben. Seien es wohnungslose Menschen, geflüchtete Menschen und_oder Nachbar*innen - wir wollen es schaffen, dass die Menschen, die im gentrifizierten Berlin ins Abseits gedrückt werden mit uns in diesem Raum eine solidarische Alternative schaffen.
[1] https://www.berliner-mieterverein.de/recht/infoblaetter/info-47-ende-der-preisbindung-im-sozialen-wohnungsbau-was-bedeutet-dies-fuer-mieterhoehungen-betriebskosten-vertragsaenderung-kuendigung.htm?hilite=%27preisbindung%27#2-Zeitpunkt-der-ersten-Mieterhoehung