Worum geht es im kurdischen Kampf?

Eine nachdenkliche Anfrage an die Verfasser des Artikels „fight4afrin: Sabotage an Bahnstrecke Hannover-Hamburg gegen die Firma Rheinmetall“

Vor kurzem haben kurdische Vertreter von Organisationen in Nordsyrien meiner Meinung nach einen richtigen Schritt getan, indem sie die syrische Regierung aufforderten die Souveränität Syriens gegen die Invasion der türkischen Truppen und der Unterstützung derselben durch islamistisch/faschistische Banden in Nordsyrien zu bekämpfen und zu stoppen.

 

Leider sehr spät, leider auch erst nachdem überdeutlich wurde, dass der US-Imperialismus wieder mal kurdische Menschen, nachdem er sie für seine Zwecke missbraucht hat, auch wieder kalt fallen lässt.

 

Es hatte sich doch sehr früh abgezeichnet, dass die Willkür eines Assad gegenüber Teilen der syrischen Bevölkerung nur ein Vorwand für islamistisch/faschistische Elemente war, um Syrien zu destabilisieren und es letztendlich zu zerstören. Diese Versuche fanden für jeden eigentlich offen erkennbar durch den US-Imperialismus, und als Truppe vor Ort, seinen islamistischen und anderen Bluthunden statt.

Leider konnte man an diesem Punkt nicht erkennen, dass die syrische Souveränität auch ein Anliegen von kurdischen Organisationen dieses Raumes war. Obwohl ich eigentlich der Meinung bin, dass es Aufgabe eines Revolutionärs wäre die Gesamtlage und nicht nur die Interessen einzelner ethnischer Gruppen im Blick zu haben. Und für mich, aber ich habe den Eindruck nicht nur für mich, bildet die Positionierung von kurdischen Organisationen ein erhebliches Problem.

 

Worum geht es denn jetzt eigentlich, geht es um den nationalen Befreiungskampf, geht es um soziale Revolution, geht es um die Verteidigung der Souveränität Syriens, geht es um antiimperialistischen Kampf oder um irgendwelche „geschlechterbefreiten“ Zonen mit ökologischer Wirtschaftsführung.

Ich habe Achtung vor dem Mut so vieler Menschen, welche dort den Kampf für fortschrittliche Ziele führen. Inwieweit solch eine heroische Haltung durch eine für mich falsche Politik innerhalb der Führung kurdischer Organisationen verpufft und eventuell auch viele Opfer kostet, wage ich mir gar nicht auszumalen.

 

Gestern noch wurde dem US-Imperialismus dort der Boden bereitet, diverse Stützpunkte konnte er sich im Schutz von kurdischen Kämpfern in Syrien schaffen. Offensichtlich hat dieser schon längst umdisponiert, es ist ihm scheinbar egal, ob das Gebiet, aus dem heraus er Verbrechen gegen die syrische Souveränität begehen will, nun von kurdischen oder türkischen Verbündeten freigehalten wird. Kurdische Menschen müssen für so eine Vorgehensweise wieder mal den Blutzoll zahlen.

International ist die Unterstützung bezüglich der Angriffe türkischer Truppen und mit ihr verbündeter islamistischer Banden eher mäßig. Dies hat mit Sicherheit auch etwas mit der Problematik der von mir beschriebenen Haltung zu tun. Man kann einfach keine klare Linie erkennen, da fällt es dann mit dem Unterstützen schwer.

Solch üble Aktivitäten, wie Anschläge auf Moscheen, auf Geschäfte von türkischstämmigen Menschen oder wie von euch hochgejubelt auf die Mobilität der Zivilbevölkerung in diesem Land (vielleicht ja auch auf die Gesundheit) werden das Gegenteil von dem bewirken was vielleicht bewirkt werden soll.

 

Die Unterstützung wird wahrscheinlich eher noch bröckeln, sollte es nicht gelingen, Kampfziele zu formulieren, welche tatsächlich eine massenhafte internationale Unterstützung hervorrufen können.

 

Und den deutschen Imperialismus hier immer wieder als Hauptfeind zu deklarieren, weil man dem US-Imperialismus nicht auf die Füße treten will (warum eigentlich nicht?) ist ebenfalls äußerst unglaubwürdig. Bei allen Verbrechen und aller Verkommenheit des deutschen Imperialismus, was ist dieser gegen den US-Imperialismus, dem Oberverbrecher und Chef aller  westlichen Imperialisten.

Diese Frage sollte sich vielleicht mal gestellt werden. Oder glaubt jemand, dass die Verbindungen zwischen dem US-Imperialismus und der Erdogan-Türkei gekappt sind. Weder in punkto Waffenlieferungen noch in punkto militärische Zusammenarbeit gibt es im Wesentlichen ein Zerwürfnis, unabhängig von der Show, die abgezogen wird. Zumindest ist dies aktuell der Fall, deshalb sehe ich für die kurdischen Menschen auch eine gewisse Notwendigkeit sich mit den Kräften, die für eine nationale Souveränität Syriens eintreten, zu verbünden, dieser Weg scheint mir der richtige zu sein und damit auch der, welcher international Unterstützung erreichen kann.

webadresse: 
Lizenz des Artikels und aller eingebetteten Medien: 
Creative Commons by-sa: Weitergabe unter gleichen Bedingungen

Ergänzungen

Die "Souveränität Syriens" suchen die Baath-Partei und ihr Führer Assad mit Giftgas und Fassbomben zu wahren, wo Folter und Einschüchterung nicht mehr greifen. Wer sich schon "Materialist" nennt, könnte vielleicht mal einen Gedanken darauf verwenden, was "Souveränität" hier eigentlich materiell darstellt.