[B] Wir Sind Alle 129 a,b,c,d – Aufruf zur Offenen Versammlung für offensive Solidarität (03.04. – 19:00 Uhr – Braunschweiger Str. 53/55) (DE/EN)

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[B] Wir Sind Alle 129 a,b,c,d – Aufruf zur Offenen Versammlung für offensive Solidarität (03.04. – 19:00 Uhr – Braunschweiger Str. 53/55) (DE/EN)

Nach den ersten beiden offenen Versammlungen für offensive Solidarität, geht es jetzt in die konkrete Planung eines Wochenendes mit Diskussion und Demonstration Berlin. Wir wollen uns vernetzen, aber auch aus Berlin unsere Solidarität mit dem aktuell laufenden Prozess in Dresden zeigen.
Hierzu laden wir euch ein, am Sonntag, den 03.04.22 um 19:00 Uhr in der Braunschweiger Str.53/55

 

 

[B] We Are All 129 a,b,c,d - Call for Open Assembly for offensive solidarity (03.04. - 19:00 - Braunschweiger Str. 53/55)

After the first two open assemblies for offensive solidarity, we are now moving into the concrete planning of a weekend with discussion and demonstration Berlin. We want to network, but also show our solidarity from Berlin with the currently ongoing process in Dresden.

For this we invite you to meet on Sunday, 03.04.22 at 19:00 in Braunschweiger Str. 53/55.

 

— ENGLISH BELOW—

Seit einiger Zeit mehren sich Ermittlungsverfahren wegen des Tatvorwurfs der Bildung einer kriminellen bzw. terroristischen Vereinigung, angetrieben von der Bundesanwaltschaft.

Das zur Zeit in Dresden verhandelte Verfahren gegen Lina, weitere Angeklagte und noch nicht verhandelte Beschuldigte führt uns, wie schon des Öfteren, eine Reihe von Widersprüchen, Problemen und Konfliktfeldern in der politischen Solidarität mit von Repression Betroffenen vor Augen.

Aus einer antiautoritären / anarchistischen Perspektive halten wir es für notwendig, zu einer offenen Versammlung mit dem besonderen Fokus auf den §129 Prozess im Antifa Ost-Verfahren aufzurufen. Um gemeinsam zu diskutieren und politisch zu analysieren, was Repression und die gerade auffällige Nutzung des §129 durch den Staat für uns und die Bewegung bedeutet und um gemeinsam eine auf gegenseitige Hilfe beruhende emanzipatorische revolutionäre Zukunft zu erkämpfen.

Solidarität besteht unseres Erachtens aus mehreren Faktoren: Einmal die ganz konkrete Solidarität zu den Gefangenen, so in der Organisierung von Geld, Büchern, Klamotten und emotionalem Support. Und eine offensive Art der Solidarität, die mit Erklärungen oder bewusstem Schweigen gegenüber den repressiven Institutionen, unsere nachhaltige Ablehnung gegen die existierenden Verhältnisse auszudrücken. Also: Die Verteidigung unserer Ideen auf allen Ebenen und in jedem Terrain, in dem wir uns bewegen. Es geht uns um offensive Solidarität, die tatsächlich zeigt, wofür wir kämpfen. Es sollte primär um die Fragen unseres Kampfes gehen, warum intervenieren wir an diesen Punkten und worin besteht die Notwendigkeit dieser Kämpfe? Der Staat greift diese an, weil sie stören. Was gibt es Schöneres, als diese zu stärken und zu verbreitern?

Eine horizontale, offene und gemeinsame Organisierung und Austausch bildet die Grundlage von Solidarität. Lasst uns also gemeinsam Wege finden, um gegen die Repressionsschläge des Staates zu kämpfen.

Die Strafrechtsnorm 129 hat ihre Wurzeln schon im 19. Jahrhundert. Von 1871 bis 1945 wurden damit – staatsfeindliche Verbindungen – vor allem Vereinigungen der Arbeiter*innenbewegung oder Kommunist*innen kriminalisiert. In der Bundesrepublik richtete sich der Paragraf 129 nominell gegen „kriminelle Vereinigungen“ , praktisch aber weiterhin gegen politische Linke. In den 50er Jahren wurden Zehntausende Ermittlungsverfahren gegen Mitglieder der KPD eingeleitet. In den 80er Jahren trafen Ermittlungsverfahren wegen des Paragrafen 129 Hunderte Hausbesetzer*innen. Eine Verschärfung fand 1976 im Zuge des ausufernden staatlichen Vorgehens gegen die Rote Armee Fraktion statt. Die Einführung des Paragrafen 129a, der »Bildung einer terroristischen Vereinigung« wurde mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft. Ermittlungsverfahren werden automatisch von der Bundesanwaltschaft übernommen, die damit zur Verfolgungszentrale gegen linksradikale Gruppen geworden ist, so auch bei dem Antifa Ost Verfahren. Mit Ausnahme des Paragrafen 129 b, eine „kriminelle bzw. terroristische Vereinigung im Ausland“, der oft zur Einknastung von Angehörigen kurdischer und türkischer Strukturen verwendet wird, werden Verfahren nach § 129 und § 129 a oft eingestellt und dienen oft zur Einschüchterung und Ausforschung von Strukturen.

Terrordateien, Paragrafendschungel und Überwachungstechniken dienen dazu, Prozesse von Selbstorganisierung und kollektiver Verweigerung – und damit emanzipatorischer Entwicklung überhaupt – zu verhindern und anzugreifen.

Ein weiterer Aspekt zeigt sich in diesem § 129 Prozess: mit seiner Umsetzung steht nicht mehr die „kriminelle Handlung“ im Mittelpunkt der Strafverfolgung. Der Staat interessiert sich nicht so sehr für die Tatsache, dass eine Person eine andere Person verprügelt, dass ein Auto verbrannt wird, ein Stein geworfen wird, ein Fenster zerbrochen wird, eine Bank in Brand gesteckt wird usw.. Die Aktion und ihre Folgen treten in den Hintergrund. Worauf es wirklich ankommt und was solche Vorwürfe bewegt, nicht nur hier in Deutschland, sondern auch in anderen europäischen Ländern und darüber hinaus, ist die politische Idee hinter der Aktion. Die Idee hinter jeder Handlung ist die wirkliche Gefahr für den Staat und muss als solche bestraft, verhaftet, in jeder Hinsicht gestoppt werden, bevor sie sich ausbreitet, reproduzierbar wird und in die Köpfe und Hände anderer Menschen gelangt. Kriminalisierung durch §129 zeigt sich als perfektes Werkzeug, das eingerichtet wurde, um jede politische Idee zu zerschlagen, die gegen die Machtansprüche des Kapitals, des Patriarchen oder der Kolonialist*in aufbegehrt.

In den heutigen Bewegungen gibt es oft starke Impulse zu reformistischen Teilbereichskämpfen, in denen sich von der Fähigkeit entfernt wird, sich gegenseitig in verschiedenen Befreiungskämpfen zu unterstützen und das Ineinandergreifen von verschiedensten Unterdrückungsformen zu erkennen und bekämpfen. Gegen diese Isolierung zwischen Kämpfen verbinden wir unsere Solidarität gegen den §129 und unseren Kampf gegen Faschismus mit einem Kampf gegen jede Herrschaft!

Jede*r Einzelne, welche*r allein oder gemeinsam mit anderen offen gegen den Staat und seine verschiedenen Formen von Herrschaft und Unterdrückung kämpft, sollte bedenken, dass diese Art von Anklage an deren Tür klopfen könnte. Aber das sollte uns nicht erschrecken! Wir sollten uns nicht isolieren und distanzieren, sondern die Verbindungen in unseren Kämpfen, in unseren Leben und die Solidarität und die Beziehungen zueinander stärken, um den Angriffen des Staates feindlich und offensiv gegenüberzustehen.

Seit November 2020 befindet sich die Gefährtin Lina in Untersuchungshaft und wird nach § 129 zusammen mit 9 anderen beschuldigt, eine kriminelle Organisation gebildet zu haben, um Neonazis den Gar auszumachen. Der Prozess, der seit dem 8. September läuft, findet in Dresden in einem ehemals für die Nazigruppe Freital gebauten Hochsicherheits-Gerichtssaal statt. Im Moment stehen Lina und 3 der anderen Angeklagten vor Gericht. Es zeichnet sich ab, dass es vielleicht in naher Zukunft zu Zeug*innenvorladungen und weiteren Anklagen kommen kann. Viele haben vielleicht auch mitbekommen, dass der Prozess und die Solidarität vom Schatten bestialischer Auswirkungen des Patriarchats überlagert sind. Nun einmal mehr wollen wir uns davon nicht bleiern den herrschenden Verhältnissen hingeben und gerade jetzt zur offensiven Solidarität aufrufen in unseren Kämpfen gegen die herrschenden Verhältnisse.

Die Darstellung von Lina durch die Medien entweder als unschuldiges Mädchen, das von ihrem Freund korrumpiert wurde, oder als gewalttätige Anführerin einer Bande von Schläger*innen speist sich in ein sexistisches und patriarchales Narrativ der herrschenden Verhältnisse, in dem Flinta+, die nicht in eine bestimmte Rolle passen, als von der Norm abweichend beurteilt werden und das kotzt uns an. Sie wird nun seit über einem Jahr ohne jegliche Verurteilung gefangen hinter staatlichen Mauern gehalten.

Lina muss raus! Durch die Mauer – bis sie bricht!

NIEMAND ALLEIN IN DEN HÄNDEN DES STAATES! Freiheit für Lina ! Freiheit für Alle!

Freitag – 25.03.22 – 19:00 Uhr – Kalabalik – Bitte kommt getestet

We are all 129 a,b,c,d – Call for open solidarity assembly

For some time now, the number of investigations for the construction of a criminal or terrorist organization has been growing, driven by the federal public prosecutor’s office.

The proceeding currently running against Lina, other defendants and accused that have not yet been dealt with shows us, as other proceedings have shown repeatedly before, several contradictions, problems and fields of conflict surrounding political solidarity with people affected by repression quite plainly.

From an anti-authoritarian/anarchist perspective, we consider it necessary to call for an open assembly, with a special focus on the §129 trial Antifa Ost. To discuss and politically analyse together what repression and the state’s current conspicuous use of §129 means for us and the movement, and to fight together for a mutual aid based emancipatory revolutionary future.

In our opinion, solidarity consists of several factors: Firstly, the very concrete one towards the prisoners, namely in the organisation of money, books, clothes and emotional support. And an offensive way of expressing, with statements or conscious silence towards repressive institutions, our sustained rejection of the existing conditions. In other words: defending our ideas at all levels and in every terrain in which we move. We are concerned with offensive solidarity that actually shows what we are fighting for. It should be primarily about the questions of our struggle, why do we intervene at these points and what is the necessity of these struggles? The state attacks them because they are disruptive. What better way than to strengthen and broaden them?

Horizontal, open and common organising and exchange is the basis of solidarity. So let’s find ways together to fight against the repressive blows of the state.

The penal code 129 has its roots in the 19th century. From 1871 to 1945, it was used to criminalize associations of the workers‘ movement or communists in particular – hostile associations to the state. In the Federal Republic of Germany, § 129 was nominally directed against „criminal associations“, but in practice it continued to be directed against political leftists. In the 1950s, tens of thousands of preliminary proceedings were initiated against members of the KPD. In the 1980s, hundreds of squatters were investigated under $ 129. The law was intensified in 1976 in the course of the escalating state action against the Red Army Faction. The introduction of Paragraph 129a, which punishes the „formation of a terrorist organisation“, was punished with up to ten years in prison. Preliminary proceedings are automatically taken over by the Federal Public Prosecutor’s Office – which has thus become the persecution center against radical left groups. This was also the case with the Antifa Ost proceedings. With the exception of section 129b, „criminal or terrorist organisation abroad“, which is often used to jail members of Kurdish and Turkish structures, proceedings under 129 and 129a are often dropped and are often used to intimidate and investigate structures.

Terror files, a jungle of paragraphs and surveillance techniques are used to prevent and attack processes of self-organisation and collective refusal – and emancipatory development in general.

Another aspect that becomes apparent in this 129 process- is that with its implementation, the „criminal act“ is no longer the focus of law enforcement. The state is not so interested in the fact that a person beats up another person, that a car is burned, a stone is thrown, a window is broken, a bank is set on fire, etc. The action and its consequences fade into the background. What really matters and what moves such accusations, not only here in Germany but also in other European countries and beyond, is the political idea behind the action. The idea behind each action is the real danger to the state and as such must be punished, arrested, stopped in every way before it spreads, becomes reproducible and gets into the heads and hands of other people. Criminalisation through §129 shows itself to be a perfect tool set up to crush any political idea that rebels against the power claims of capital, the patriarch or the colonialist.

In today’s movements, there are often strong impulses towards reformist sectional struggles, moving away from the ability to support each other in different liberation struggles and recognizing and fighting the intertwining of different forms of oppression. Against the these isolation between struggles, we connect our solidarity against the §129 and our fight against fascism with a struggle against every domination!

Every individual who openly fights against the state and its various forms of domination and oppression, alone or together with others, should bear in mind that this kind of accusation might come knocking on their door. But this should not frighten us! We should not isolate and distance ourselves, but strengthen the links in our struggles, in our lives and solidarity and relations with each other to be hostile and offensive to the attacks of the state.

Since November 2020, the comrade Lina is in preventive detention and is accused under § 129 together with 9 others of having formed a criminal organization to attack Neo-Nazis structures.The trial, which has been going on since September 8, is taking place in Dresden in a high-security courtroom formerly built for the Freital Nazi group, in front of the Federal Constitutional Court. At the moment, Lina and 3 of the other accused are on trial. It appears that it may come to invitations of witness and further accused, in the near future. Many may also have noticed that the trial and solidarity are overshadowed by the bestial effects of the Patriarchate. Now, once again, we do not want to surrender deadly to the ruling circumstances and call for offensive solidarity in our struggles against the ruling circumstances.

The media’s presentation of Lina as either an innocent girl corrupted by her boyfriend or a violent leader of a gang of thugs feeds into a sexist and patriarchal narrative of the prevailing conditions in which FLINTA+ who do not fit a certain role are judged as deviating from the norm and this pisses us off. She has been held captive behind state walls for over a year now without any condem.

Lina must get out! Through the wall- until it breaks! Until all are Free!

NO ONE ALONE IN THE HANDS OF THE STATE! Freedom for Lina! Freedom for all!

Friday, 25.03.22 – 7 p.m. – Kalabalik – Please come tested

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Ergänzungen

[Debatte] Zur offensiven Antirepressionsarbeit oder die Repolitisierung unserer Kämpfe

Von Solidarisch Kämpfen!

 

GI 424 AUGUST 2019

 

https://www.gefangenen.info/2363/zur-offensiven-debatte-antirepressionsa...

 

Solidarisch Kämpfen!

 

Die Anti-Repressionsarbeit zu G20 wird eher von Reformismus und Serviceleistungen dominiert, was zur Folge hat, dass diese Strukturen auch juristisch und damit politisch die Verfahren bestimmen! Beide Strömungen haben zwar seine Berechtigung, stehen aber konträr zu unseren Vorstellungen einer offensiven Antirepressionsarbeit. Wir wollen zusammen mit den Gefangenen die Verfahren bestimmen, denn es ist unsere Politik und Identität, die da abgeurteilt werden soll!

 

Was heißt offensive Antirepressionsarbeit?

 

Wir bezeichnen offensive Antirepressionsarbeit als Repolitisierung der Anti-Repressionsarbeit und damit unserer Kämpfe insgesamt!

Für den Kurswechsel sind folgende Fragen zu klären:

Wollen wir unsere Ketten verlieren?

Oder sind uns Beziehung, Job und Szenenischen/Freiräume wichtiger, also das auf Grund dessen der Fight für Befreiung nicht so konsequent geführt wird?

Warum gibt es so wenig Solidarität zu den §129b-Gefangenen?

Die davon betroffenen türkischen und kurdischen Gefangenen haben viel härtere Knastbedingungen und Haftstrafen als die G20-Inhaftierten und wehren sich häufig.

Wie weit ist das Verhalten der BRD-Linken somit eurozentristisch und anti-kommunistisch?

 

Bestandsaufnahme der G20 Prozesse

 

Zur Zeit führen die Gefangenen kaum politisch offensive Prozesse. Vor 25 Jahren hat sich das letzte Gefangenenkollektiv der Gefangenen aus RAF und des anti-imperialistischen Widerstands aufgelöst. Für die heutigen Weggesperten gibt es daher keine fassbaren positiven Erfahrungen und Orientierungen mehr, wie gemeinsam Widerstand im Knast und im Prozess möglich ist. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass die NO G20-Gefangenen vereinzelt und defensiv gegenüber dem Justizapparat agieren, was auch zur Folge hatte, das es daher von Vielen zu Einlassungen und Distanzierungen gekommen ist.

Es geht dabei nicht um Moralisieren und Schuldzuweisung. Wir denken, dass das alles noch mal diskutiert werden sollte, unter uns und mit den Betroffenen – und wir verweisen auf die Gefangenen aus der RAF, die sich durchweg anders verhalten haben.

„Der Kampf hört auch im Gefängnis nicht auf, die Ziele ändern sich nicht, nur die Mittel und das Terrain, auf dem die Auseinandersetzung (…) weiter ausgetragen werden, (…)“

(Hungerstreikerklärung der Gefangenen aus der RAF von 1981)

Kurzum wir begreifen den Knast auch als weiteres Feld des Klassenkampfs, der auch unter erschwerten Bedingungen geführt werden kann. Von den No-G20 Gefangenen haben sich u.a. Fabio, Peike und Loic kämpferisch verhalten.

 

Die G20-Proteste

 

In der ersten Woche des Juli 2017 gelang es, diesen G20-Gipfel der Herrschenden in Hamburg, der weiterhin dafür sorgt, dass 8 Menschen ebenso viel besitzen wie 3,7 Milliarden, durch zahlreiche unterschiedliche Aktionen und bis zu 100 000 Demonstrant*innen aus dem In- und Ausland zu stören und somit politisch teilweise als Ganzes in Frage zu stellen.

Die aber die darauf einsetzende Repression samt Medienhetze des mächtigsten Staates der EU schreckte ab. Hinzu kam, dass für Viele der G20 nur als ein Event betrachtet und damit wieder schnell zur kapitalistischen Normalität übergegangen wurde.

Für die Mächtigen war der temporäre Verlust der Kontrolle über das Geschehen im Sommer aber politisch nicht hinnehmbar, so dass sie auf umfassende Vergeltung setzen.

Diesen staatlichen Rachefeldzug sind vor allem die Gefangenen als Geisel ausgesetzt. Hinzu spielt Abschreckung für alle Kämpfenden eine Rolle:

Wenn ihr wieder auf die Straße geht, schlagen wir gnadenlos zurück!

Scholz, der sich als ehemaliger Bürgermeister der Hansestadt und jetziger Bundesfinanzminister für diesen G20-Gipfel stark gemacht hatte, forderte danach eine konsequente Strafverfolgung!

 

Wie reagieren wir auf die Repression?

 

Unsere Reaktionen auf die Unterdrückung sind eher defensiv: Wir agierten oft in dieser Auseinandersetzung wie Jurist*innen oder wie Menschenrechtsgruppen.

Wir sind weder das Eine noch das Andere, wir haben den Anspruch, Sand im Getriebe, Stachel im Fleisch zu sein! Wir betrachten uns als die revolutionäre Linke, wollen den Umsturz, nicht morgen, sondern heute!

Also muss offensive Antirepressionsarbeit angestrebt werden, was nicht einfach ist, aber objektiv und subjektiv notwendig ist!

 

Woher kommen wir?

 

Wir beteiligen uns an der Arbeit zu Repression gegen die G20-Kämpfe von Anfang an. Kommen selber aus unterschiedlichen Zusammenhängen, die sich als autonom, anti-imperialistisch und internationalistisch definieren.

Wir haben uns im Frühjahr 2019 als Gruppe „Solidarisch Kämpfen“ innerhalb von „United We Stand“ organisiert, um unsere eigene Vereinzelung dort zu überwinden und somit handlungsfähiger und stärker zu werden.

 

Gegen wen zielt die Unterdrückung?

 

Die Cops wollen generell unsere Veranstaltungen, Demos, Zentren usw. plattmachen, damit hier endgültig Friedhofsruhe herrscht.

Diese Strukturen sind für uns alle existenziell, denn sie sind die Basis für unsere Kommunikation und Artikulation!

Damit die Herrschenden ihre Kriege ungestört führen können, benötigen sie die Ruhe im Inneren.

Der ehemalige Bundeskanzler Helmut Schmidt meinte in der FAZ vom 21.1.75.: „Im Hinblick auf das atlantische Bündnis muss jedes Land im Auge behalten, dass es innenpolitisch fähig bleibt, seine außenpolitische Verpflichtungen zu erfüllen.“

„Auf Grund dieser außenpolitischen Verpflichtungen stirbt alle 5 Sekunden auf diesen Planeten ein Kind,“ erklärte der wegen §129b eingesperrte Erdal Gökoğlu in seiner Abschlusserklärung vor dem OLG Hamburg am 6.6.19. Er ist inzwischen zu 5 Jahren Knast verurteilt.

Oft wird von uns die Frage gestellt, warum reagiert dieser Staat mit seinem ganzen Arsenal an Repression, obwohl die radikale Linke auch schon mal stärker war, denn viele bewaffnete und militante Zusammenhänge aus den siebziger und achtziger Jahren gibt es hier nicht mehr.

In dem 1971 erschienen Buch „Im Vorfeld des Krieges“ schreibt Frank Kitson, damaliger Kommandant der 2. Rheinarmee in der BRD: „Subversion und Aufruhr gegenwärtiger Formen der Kriegsführung sind, auf die sich die Streitkräfte sich einstellen müssen.“ Kitson verfügte über Erfahrungen in der Unterdrückung von Befreiungskämpfen in der 3. Welt sowie auch in Nordirland. Unter Subversion verstand er nicht nur Aktionen von bewaffneten Gruppen, sondern auch legale Aktionen von unbewaffneter Bevölkerung, die versucht die Regierung zu stürzen, „oder diese gegen ihren Willen zu bestimmten Handlungen zu zwingen.“ (Zitiert aus Bakker Shut Stammheim, Seite 181/182.)

Wollen wir uns mit ihrer aufgezwungene Ruhe abfinden? Entspricht die heutige Situation unserer Vorstellung von Frieden? Können wir so leben?

Nein!!!

Wollen wir nicht unseren Krieg gegen ihren führen, um ein Zustand ohne Hunger und Not für alle zu ermöglichen?

In über 20 Länder gibt es inzwischen Bundeswehrsoldaten und gleichzeitig wird auch der Krieg nach innen forciert. Folglich kommt es auch an der „Heimatfront“ zu Widerstandsbekämpfung gegen soziale und politische Rebellion.

 

Zurück zu den Kämpfen 2017

 

Erfolgreiche Aktionen, die nur möglich waren, da diese unterschiedliche Interventionen auf Solidarität und Kollektivität basierten. Die Herrschenden wollen das zukünftig verhindern, weil sie befürchten das solche Auseinandersetzungen zur alltäglichen Praxis werden könnten.

Wir agieren hier in der BRD, im Herzen der Bestie, gegen einen scheinbaren allmächtigen Feind, der sein ganzes Arsenal an Überwachung, Abschreckung, Kriminalisierung, Repression und Integration einsetzt.

Doch all diese Unterdrückungsmaßnahmen konnten nicht verhindern, die auch schon im Vorfeld des Gipfels einsetzen, dass es uns später im Juli 2017 gelang, den G20-Gipfel in Hamburg durch zahlreiche unterschiedliche Initiativen und bis zu über 100.000 Demonstrant*innen zu stören und somit politisch als Ganzes in Frage zu stellen.

So konnte die Trump-Gattin und Merkels Ehemann nicht zu ihrer G20-Sause fahren, da ihre Sicherheit nicht garantiert werden konnte.

 

Probleme von praktischer Solidarität

 

Es gibt zarte Ansätze von gemeinsamen Agieren z.B. bei Knastkundgebungen von unterschiedlichen Spektren wie z.B. in Hamburg. Dort finden gemeinsame Aktionen monatlich vor dem Untersuchungsgefängnis statt, wo zur Zeit neben dem No-G20-Aktivisten Loic Schneider auch zwei Gefangene Erdal Gökoğlu und Musa Aşoğlu wegen §129b (Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland) inhaftiert sind.

Es ist aber offensichtlich, dass das Zusammenkommen zwischen einheimischen und migrantischen Linken schwierig ist. Fakt ist, dass sich zu den No-G20-Verfahren mehr Menschen verhalten als zu §129b-Verfahren,obwohl die davon betroffenen türkischen und kurdischen Gefangenen viel härteren Knastbedingungen und Haftstrafen ausgesetzt sind als die G20-Inhaftierten. Zusätzlich verhalten sich diese migrantischen Gefangenen oft offensiver.

 

Was sind die Ursachen?

 

Die deutschen und migrantischen Linken haben einen unterschiedlichen kulturellen und ideologischen Hintergrund. In den alltäglichen Auseinandersetzungen haben sie wenig miteinander zu tun und beide Zusammenhänge bleiben daher lieber unter sich, statt sich miteinander auseinanderzusetzen.

Es gibt gegenseitige Vorwürfe, wie Dogmatismus oder „Märtyrerkult“ auf der einen Seite, auf der anderen Seite Anti-Kommunismus und Eurozentrismus. Fakt ist, solange nicht gemeinsam darüber geredet wird, klärt sich nichts. Gerade im Kampf gegen die Repression ist es wichtig, gemeinsam den Schlägen des Klassenfeinds zu begegnen. Da sollten die ideologischen Differenzen erst einmal sekundär sein, d.h trotz der bestehenden politischen Unterschiede sollte eine gemeinsame Front gegen die Klassenjustiz möglich sein.

Doch wie sind die Differenzen und die Spaltungen, die eine gemeinsame Praxis behindern, zu klären? Aus eigener Erfahrung wissen wir, das Klärung, wenn sie gewollt ist, nur durch gemeinsames Reden möglich ist. Der Schlüssel zum Zusammenkommen ist also die Kommunikation, die dann die Basis für eine gemeinsame Praxis sein kann.

Es geht in den Auseinandersetzungen natürlich nicht nur um die „große Politik“, sondern auch um die Vermittlung der Vorstellungen und Werte, die das gesamte Leben ausmachen: Arbeit, Wohnen, Beziehungen, Kultur …

Intensivieren wir also die gemeinsame Arbeit zu diesen Gefangenen. Sehen wir das als Chance zum Zusammenkommen. Nebenbei bemerkt, es geht dabei nicht um deren Freiheit, sondern auch um die Unsere! Jeder Erfolg ist immer auch ein Sieg für uns alle über die stärkste europäische Macht in Europa, der BRD und der faschistischen Regierung in der Türkei. Wir machen dabei die Erfahrung, diese Regierungen sind nicht allmächtig, also verwundbar.

 

Bilanz der Repression zu den

G20-Protesten.

 

Bekanntlich haben die Attacken der Bullen und Geheimdienste den Zweck, unsere Gegenöffentlichkeit wie die Internetplattform „linksunten“ oder Zentren langfristig zu kriminalisieren und damit lahm zu legen.

Wie wichtig und kontinuierlich Gegenöffentlichkeit ist, zeigt auch das Interview im Gefangenen Info 421 „30 Jahre GI“.

Authentische Infos waren und sind immer die Basis für unsere Kämpfe um Befreiung.

Ziel dieser Angriffe des Systems sind, uns alle so besser zu kontrollieren, ausbeuten und unterdrücken zu können.

Wir sind so vor allem in den reichen Staaten auf die Funktion von Konsumzombies reduziert, während in den armen Ländern des Südens Mangel an existenziellen Mittel wie Nahrung und Wasser herrscht und die Menschen dort früher sterben.

Freiheit in den reichen Staaten des Nordens (Metropolen) bedeutet daher nicht, zwischen 30 Waschmitteln zu wählen.

Oder sich zwischen legalen und illegalen Drogen zu entscheiden.

Solche Fremdbestimmtheit lehnen wir ab, weil sie den Menschen fragmentiert und zerstört.

Der Status quo bedeutet hier: Lebendig als Ware im Kapitalismus, also als Mensch zur Hülle reduziert, entfremdet vom realen freien Leben zu sein, damit also tot…

Wir wollen deshalb diesen Konsumterror und Vereinzelung durch unsere kollektiven Strukturen bekämpfen.

Z.B. wollen wir Texte nicht allein im digitalen Netz lesen und konsumieren, sondern gemeinsam reflektieren.

Dazu benötigen wir auch öffentliche Räume zum Diskutieren und Handeln. Allein oder nur in Kleinstgruppen ist das nicht oder nur beschränkt möglich.

Es geht uns um:

Wie ist Leben unter diesem menschenfeindlichen System möglich?

Wir gehen von unserem Objektstatus in diesen umfassenden imperialistischen System aus und streben die Aufhebung dieses Zustandes an, denn wir wollen siegen!

Über diese Punkte läuft langsam eine öffentliche Debatte.

Diese politische Auseinandersetzung bezieht sich nicht nur auf Anti-G20, Anti-Repressionsarbeit, sondern auf den Kampf in den Metropolen und weltweit. Wir müssen selbstkritisch anmerken, dass wir diese Debatte erst jetzt führen.

Wir denken, es war ein Fehler, diese Auseinandersetzung nicht schon früher geführt zu haben.

Einige Reaktionen zeigen schon, das unsere Initiative auf Resonanz stößt!

Dazu gibt dazu z.B. ein Papier von der RH Leipzig: „Debattenbeitrag zu Einlassungen und Distanzierungen“

 

 

sowie die Broschüre „Outlaw – Debattenbeitrag zu offensiven Prozessstrategien“

 

Outlaw

 

 

und von dem ehemaligen Gefangenen Klaus Viehmann: „To deal or not to deal“ (swing autonomes Rhein-Main Info Nr.213)

 

Zusammengefasst heißt das:

 

Wir kämpfen hier im Herzen der Bestie erst einmal als kleine radikale Minderheit!

Wir wollen aber wieder ein wichtiger Faktor für die Befreiung aller auch hier werden, um das imperialistische Zentrum zu erschüttern und zu zerstören!

Gemeinsam mit allen, die auch in anderen Ländern weltweit kämpfen!

Also wollen wir einen Kampf um Befreiung!!!!!!!!!!

Wir gehen von unserer Vereinzelung, Angst, Konkurrenzverhalten aus, von der wir alle betroffen sind, die wir nur gemeinsam überwinden können.

Darüber reden ist ein Anfang, um das zu erreichen!

„Allein machen sie dich ein“ singen wir nach Ton Steine Scherben nicht nur auf Knastkundgebungen, sondern versuchen das überall zu praktizieren!

Wir müssen die Realität im Imperialismus ticken, ohne Scham und ohne zu moralisieren! Anspruchs- und Leistungsdenken hilft da nicht weiter, denn wir sind alle von den herrschenden Verhältnissen betroffen!

Uns kotzt der Status quo hier an, hier ist kein freies Leben unter diesen Umständen möglich!

 

Wer nicht kämpft, stirbt auf Raten.

Freiheit ist nur im Kampf um Befreiung möglich!

Venceremos!

Solidarisch Kämpfen!