Polizeieinsatz im Interesse der Profitinteressen dubioser „Eigentümer“

Abstract: 
Die Räumung des Köpi-Wagenplatzes ist nach einer Wutdemo schnell wieder aus der Diskussion auch der außerparlamentarischen Linken verschwunden. Wir wollen hier noch mal darauf hinweisen, dass es wichtig ist, neue Strategien gegen Räumungen zu diskutieren. Längst ist vielen klar, dass die alten autonomen Strategien, Räumungen durch Drohungen von hohen Sachschaden zu verhindern, gescheitert sind. Umso nötiger sind Bündnisse auch mitaktiven Mieter*innen und ihren Organisationen.

Am 15.10.2021 fand unter der Verantwortung des  noch amtierenden "rot-rot-grünen" Berliner Senat die Räumung der Wagenburg Köpenicker Straße 137 mittels eines gewaltsamen, massiven Polizeieinsatzes statt.
Wir können dieses Vorgehen nur als menschenverachtend bezeichnen. Unmengen von Steuermitteln wurden ausgegeben, um die friedlichen BewohnerInnen der Wagenburg mittels massivem Polizeieinsatz pünktlich zum Winterhalbjahr in die Obdachlosigkeit zu "entlassen", um ein weiteres Stück der Stadt in die Hände zweifelhafter Investoren zu übergeben.

Wenn es um die vorgeblichen Rechte dubioser Immobilien-Investoren geht, scheinen keine Kosten und Mühen gescheut zu werden. Alle in anderen Zusammenhängen gern und oft beschworenen und angemahnten Menschenrechte spielen plötzlich keine Rolle mehr. Die Sicherstellung der Gewinnoptimierung einer Immobilien-Briefkastenfirma, die hier vermutlich nicht einen Cent Steuern gezahlt hat bzw. zahlen wird, genießt anscheinend oberste Priorität auch unter einem "rot-rot-grünen" Senat.

Dabei hätte es Alternativen gegeben, wie selbst die Fraktionsvorsitzenden der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus Anne Helm und Carsten Schatz in einer Erklärung am 14. Oktober 2021 erklärten. Dort verwiesen sie darauf, dass der Grundstückeigentümer den Senat Verhandlungen über einen Verkauf des Grundstücks an eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft angeboten hat. Obwohl der Kaufpreis und der Termin der Vertragsunterzeichnung bereits festgestanden hätten, habe der Eigentümer die Verhandlungen in letzter Minute platzen lassen. Hier hat sich die Politik wie so oft von einen Grundstückseigentümer zum zahnlosen Kaninchen degradieren lassen.Es gab Zeiten, da wurden deshalb Koalitionen aufgekündigt. Heute ist so etwas anscheinend zum integralen Bestandteil von Postengeschacher geworden. Das hier praktizierte Vorgehen ist einfach nur beschämend und eines "rot-rot-grünen" Senates unwürdig!
 
In dem Zusammenhang stellt sich auch die Frage nach Sinn und Zweck eines am 6. Oktober erfolgten massiven Polizeieinsatzes im Hausprojekt Rigaer Straße 94 im Kiez Friedrichshain. Es sollte damit angeblich festgestellt werden, wer in welchen Wohnungen des Hauses Rigaer Straße 94 wohnt, damit der Eigentümer selbst von Gerichten mehrmals abgewiesenen Briefkastenfirma Räumungsklagen einleiten kann. Laut Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland Art. 13 ist eine Wohnungsdurchsuchung nur bei Gefahr im Verzuge möglich. Von welcher "Gefahr im Verzuge" konnte aber bei der Durchsuchung der Rigaer Straße 94 die Rede sein, außer von einer möglichen Gefahr für die Rendite eines angeblichen Eigentümers?

Es müsste bekannt sein, dass in einer Stadt mit akutem Wohnungsmangel, ständig steigenden Mietpreisen und allen möglichen Knebelverträgen seitens der Vermieter bei Neuvermietungen mittlerweile ein guter Teil der Mietwohnungen von anderen Personen bewohnt werden als laut Mietvertrag vereinbart. Sollen dort demnächst überall Polizeikontrollen stattfinden? Wenn es hierbei um die Freisetzung von Wohnraum geht, wäre es da nicht Zielführender die BeamtInnen zur Aufdeckung von Zweckentfremdung von Wohnraum durch spekulativen Leerstand von Wohnungen einzusetzen?
Zahlreiche Wohnungs-Neubauten in Berlin scheinen übrigens wahre Geisterbauten zu sein, nur für den Zweck errichtet , Gewinn durch einen Weiterverkauf bei steigenden Immobilienpreisen zu erzielen. Warum wird gegen diese Art der Zweckentfremdung von Wohnraum nichts unternommen?

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https://www.bmgev.de
Bezirksgruppe Friedrichshain der Berliner Mieter*innengemeinscahft
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