AVALANCHE - Ausgabe 12 der anarchistischen Korrespondenz

Ausgabe Nr. 12 der Avalanche ist da! Zum Lesen, Drucken und Verbreiten kann das PDF im Anhabg oder auf avalanche.noblogs.org gefunden werden (auf deutsch, englisch und französich).

Inhalt:

  • Portugal: Erlebnispark und Freiluftlabor - die Zukunft zweier Städte
  • Italien - Gegen TAP, alles blockieren!
  • USA - Ein Jahr voller Lärm
  • Argentinien - Für den anarchistischen Gefährten Santiago Maldonado
  • Chile - Den Feind im Visier
  • Spanien - Der Unsinn der Privatasphäre und die Notwendigkeit zu Handeln

Die nächste Ausgabe wird im Februar 2018 veröffentlicht.

Bis zum 1. Februar 2018 können Texte an correspondance@riseup.net eingeschickt werden.

Für Bestellung der deutschen Ausgaben, schreibt an: avalanche-de@riseup.net

Um unsere Projekte zu entwickeln, um eine internationale
Korrespondenz zu schaffen, brauchen wir unter
anderem Beharrlichkeit. Etwas, das oft untergeht oder
dem selten Beachtung geschenkt wird. Einem Schmetterling
gleich, ist für viele heute dieses interessant und
morgen jenes und übermorgen ist es schon wieder etwas
Neues und was davor interessant war, ist wieder
vergessen. Diese Haltung hat nichts damit zu tun, was
die Marxisten so oft als die revolutionäre Ungeduld der
Anarchisten verleumdet haben. Nämlich dem Beharren,
dass der Angriff auf die bestehende Ordnung möglich
und notwendig ist, so schlecht die „objektiven“ Bedingungen
auch sein mögen.

Sondern es hat damit zu tun, ob man eine Projektualität
entwickelt oder ob man Opfer der Umständen ist,
von denen man, wie ein aufgeschrecktes Huhn, mal in
die eine und mal in die andere Richtung getrieben wird.
Machen wir uns keine Illusionen. Die Schlinge um unsere
Hälse zieht sich enger und enger oder, wem diese
Metapher besser gefällt, wir werden, gemeinsam mit
ganz vielen anderen Menschen, immer weiter an die
Ränder gedrückt. Werden wir auf unseren Ideen beharren?
Und in der Konsequenz Mittel und Wege suchen,
um die digitale Restrukturierung des Kapitalismus, die
momentan unermüdlich in Universitäten, Parlamenten,
Forschungslaboren,… vorangetrieben wird, anzugreifen,
mit dem Ziel sie zu zerstören? Oder vielleicht doch
kritischen Gefallen fi nden, an der tollen, ökologischen
Möglichkeiten der Smart City und der Industrie 4.0 und
uns arrangieren? Eine ähnliche Frage lässt sich im Bezug
auf das Erstarken der Neofaschisten formulieren: Werden
wir darauf beharren, dass der Faschismus lediglich
eine Modalität zur Führung des Staates und Verwaltung
des Kapitals ist und in der Konsequenz nicht nur auf den
Faschismus abzielen, sondern auch darin fortfahren die
Demokratie und die Politik an sich anzugreifen, mit dem
Ziel sie zu zerstören? Oder begnügen wir uns auf einmal
damit die „beste aller möglichen Welten“ oder „das geringere
Übel“ gemeinsam mit Kirchen, Gewerkschaften
und Liberalen zu verteidigen?

Vielleicht hänge ich mich bei diesen Fragen zu sehr an
der Beharrlichkeit auf, das mag sein, sicherlich muss
eine aufständische Projektualität auch in der Lage sein,
zu erkennen, wann etwas aufgegeben werden muss oder
sich etwas nicht mehr lohnt, weiter verfolgt zu werden.
Es mag an den sich verschärfenden Bedingungen liegen,
aber in letzter Zeit erlebe ich immer mehr Dammbrüche.
Vormalige Gefährten, die mit Stolz erzählen, dass sie
wählen gewesen sind und so weiter. Auf einmal werden
die eigenen Verstricktheiten, die eigenen Widersprüche,
die Male, in denen man den eigenen Ansprüchen an
die eigene Kohärenz nicht gerecht wird, zu allgemeinen
Ausreden. Natürlich müssen die eigenen Widersprüche
refl ektiert werden, aber es muss auch festgehalten
werden, dass die Subversion der bestehenden Ordnung
kein leichtes Unterfangen ist, welches sich von heute
auf morgen realisieren lässt.

Aus diesem Grund richten wir uns weiterhin an alle Anarchistinnen
und Anarchisten, die ein Interesse daran
haben, ihre Projektualitäten, Analysen, Refl exionen, Erfahrungen
und Kampfvorschläge zu teilen und die sich in
einem autonomen und off ensiven Anarchismus wiedererkennen,
der versucht eine informelle Internationale
aufl eben zu lassen, ohne Zentrum und ohne Hegemonie.
Weil wir weiterhin darauf beharren, dass ein internationaler
Austausch notwendig ist, um zu versuchen, die
eigene Beschränktheit zu überwinden und eigenen Qualitäten
zu potenzieren. Ausgehend von lokalen Kämpfen,
die versuchen Brüche mit der herrschenden Ordnung zu
provozieren; von Interventionsvorschlägen, wie eine
aufständische anarchistische Präsenz in einem sozialen
Aufruhr aussehen kann oder individuellen Pfaden der
verstreuten Attacke, ist die Avalanche ein kollektiver
Versuch, unsere Perspektiven und Praktiken zu schärfen,
indem wir sie miteinander konfrontieren.

Ein Staatsfeind, der sich die meiste Zeit im Territorium
aufhält, das vom österreichischen Staat kontrolliert wird

Lizenz des Artikels und aller eingebetteten Medien: 
Creative Commons by-sa: Weitergabe unter gleichen Bedingungen