Datenlieferant Kasseler Polizei

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Im November 2019 soll die Kasseler Polizei personenbezogene Daten an den privaten Sicherheitsdienst der Universität Kassel übermittelt haben. Bereits davor fiel die Kasseler Polizei auf, weil bekannt wurde, dass die Ermittlungsbehörde dem privaten Sicherheitsdienst der Königsgalerie Kassel Adressdaten von Personen aus der städtischen Drogen- und Trinkerszene übermittelt hatte – ohne Rechtsgrundlage! 

Nun gibt es diesbezüglich eine Anfrage der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main (ddrm.de) an den Hessischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (HBDI). 

Hessische Polizeidienststellen sind für ihre “Datenschlamperei“ bezüglich der polizeilichen Informationssysteme (z. B. POLAS) und ihre “telefonische Auskunftsfreude“ bekannt.

“(…) Im November ’19 wurde bekannt, dass sich der private Sicherheitsdienst der Universität Kassel nur telefonisch an die Kasseler Polizei zu wenden braucht um Adressdaten von Personen zu bekommen. Im Zusammenhang mit einer Person, die das Uni-Gelände verlassen sollte, gab es mehrere Augen- und Ohrenzeugen für einen diesbezüglichen Vorgang. 

Zuvor war die vom Hochschulgelände zu verweisende Person von Sicherheitsdienst-Mitarbeitern aufgefordert worden sich auszuweisen; sie konnte aber lediglich eine Krankenversicherungskarte mit Lichtbild vorzeigen, welche auch per Smartphone vom Sicherheitsdienst fotografiert wurde. 

Als der anrufende Sicherheitsdienst-Mitarbeiter auf diese zweifelhafte Praxis (Ablichten der Versichertenkarte ohne Einwilligung des Betroffenen, personengebundene Adressdatenübermittlung durch die Polizei an private Stellen) aus der Gruppe der Zeugen angesprochen wurde antwortete er: „Das machen wir einfach!“ 

Bereits 1998 war die Kasseler Polizei in einen handfesten Datenschutz-Skandal verwickelt, weil öffentlich wurde, dass die Ermittlungsbehörde – ohne Rechtsgrundlage – personenbezogene Daten (z. B. Drogenabhängige, Trinker, Obdachlose) an den Sicherheitsdienst der Königsgalerie Kassel übermittelt hatte (FR, 20.02.1998) (…)“ (gei-ge.de, 09.05.21)

https://gei-ge.de/node/1620532800148212/

Anders als in den hessischen Städten Frankfurt/ Main und Wiesbaden existiert in Kassel kein Kooperationsvertrag (“police private partnership“) zwischen der hessischen Polizei und der örtlichen Sicherheitswirtschaft. Das die direkte Zusammenarbeit – mit Daten- und Informationsaustausch – zwischen der Kasseler Polizei und den ansässigen Sicherheitsfirmen auch ohne vertragliche Regelung stattfindet liegt auf der Hand. 

Ein großer Kritikpunkt an police private partnership ist: Die direkte und indirekte Zusammenarbeit zwischen staatlichen und privaten Ordnungshüter entzieht sich fast vollständig einer öffentlichen Kontrolle; diesbezügliche Sachverhalte, wie bspw. die o. g. (aktuelle DDRM-Anfrage an den HBDI siehe unten) werden nur selten öffentlich und erreichen als Eingabe und/ oder Beschwerde – so gut wie nie – die Landesbeauftragten und den Bundesbeauftragten für Datenschutz. 

Im Bundesland Brandenburg existiert ein Kooperationsvertrag zwischen Landespolizei und Sicherheitswirtschaft, welcher die Sicherheitsfirmen sogar in polizeiliche Fahndungen miteinbezieht; derartige Kooperationsverträge setzen einen intensiven Daten- und Informationsaustausch (“Fahndungsdaten“ von Personen und Sachen) zwischen Polizei und Sicherheitswirtschaft voraus.

https://www.maz-online.de/Brandenburg/Polizei-Brandenburg-und-private-Sicherheitsfirmen-gehen-Kooperation-ein

Vor Kurzem trennte sich die brandenburgische Polizei von einem Kooperationsunternehmen: Teilen der Unternehmensbelegschaft wurden von den Sicherheitsbehörden Verbindungen in die rechtsextreme Szene nachgewiesen.

https://www.tagesspiegel.de/berlin/ablehnung-des-extremismus-nicht-erfuellt-brandenburgs-polizei-beendet-kooperation-mit-falkenseer-sicherheitsfirma/27548730.html

Mit und ohne Kooperationsverträge – in der direkten und indirekten Zusammenarbeit mit privaten Sicherheitsdiensten – ist die Polizei hierzulande dabei ihren Institutionsnamen zu beschädigen, u. a. weil die Bürgerinnen und Bürger erleben, das die Polizei allzu oft ihren “Neutralitätsgrundsatz“ aufgibt und sich bei Konflikten, zwischen Bürgern & Security, auf die Seite der privaten Kooperationspartner stellt. 

Ganz nebenbei fällt die vorgeworfene Datenübermittlung der Kasseler Polizei (an den Sicherheitsdienst der Universität Kassel) in eine Zeit (Nov. 2019), welche vor kurzem noch in den Medien als „110, die Telefonauskunft…“ der hessischen Polizei beschrieben wurde.

https://ddrm.de/110-die-telefonauskunft-fuer-neonazis/

Nun ist der Hessische Datenschutzbeauftragte (HBDI) gefordert sich der Eingabe/ Beschwerde der Datenschützer Rhein Main anzunehmen. Das Polizeipräsidium Nordhessen sollte ein starkes Eigeninteresse daran haben bei der Aufklärung dieser datenschutzrechtlichen Vorwurfslage aktiv mitzuwirken! 

Übermittelt das Polizeipräsidium Nordhessen personenbezogene Daten an den privaten Sicherheitsdienst der Universität Kassel? Eine Anfrage an den hessischen Datenschutzbeauftragten (ddrm.de, 10.09.21) 

https://ddrm.de/uebermittelt-das-polizeipraesidium-nordhessen-personenbezogene-daten-an-den-privaten-sicherheitsdienst-der-universitaet-kassel-eine-anfrage-an-den-hessischen-datenschuztzbeauftragten/

 

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