NS-Zwangsarbeit in Freiburg- eine Rezension
Vor wenigen Tagen wurde im südbadischen Freiburg, in Erinnerung an die
NS-Zwangsarbeiter*innen auf dem Freiburger Grethergelände ein Mahnmal enthüllt.
Begleitet wurde das ganze von einer von der Historikerin Maxilene Schneider erarbeiteten
Untersuchung zum Einsatz von Zwangsarbeiter’innen auf dem Gelände der ,,Freiburger
Maschinenfabrik GmbH“.
Nach einem einführenden Überblick über die Funktion und Ausgestaltung der Zwangsarbeit
im NS-Staat, widmet sich Schneider speziell der Lebenslage der mindestens 60
Zwangsarbeiter*innen, welche in der genannten Fabrik schuften mussten. Das Firmenarchiv
gelte bis heute als „unauffindbar“ (S. 8), weshalb Schneider anhand anderer Akten, u.a. des
Stadtarchivs, eine Rekonstruktion unternimmt. Sie zeigt auf, unter welch existenziell
gefährdenden Lebensbedingungen die Betroffenen ihr Dasein fristeten, jederzeit von
Verhaftung und Ermordung bedroht. Wie sie entrechtet, ausgebeutet und drangsaliert
wurden.
Die Lebens- und Leidensgeschichten werden ganz besonders dort nachfühlbar, wo
Schneider anhand der Beispiele der in den Niederlande geborenen Zwangsarbeiter Jakobus
Rovers und des in Polen geborenen Roman Kowalczak. Ersterer wurde schlussendlich vom
Freiburger Sondergericht am 28.01.1944 „als Volksschädling“ zu zwei Jahren Zuchthaus
verurteilt (S. 23), da ihm vorgeworfen wurde versucht zu haben einer Frau eine Börse
versucht zu haben zu stehlen. Rovers wurde verhaftet und am 24. November 1944 im KZ
Neuengamme ermordet, wohl auf Weisung von Himmler, da er beschuldigt wurde, mit einer
in Freiburg lebenden Frau ein Kind gezeugt zu haben (S. 26).
Wenn die Situation der Zwangsarbeit in der NS-Zeit lediglich anhand von Zahlen dargestellt
und vermittelt wird, verbleibt eine viel zu große Distanz zu den einzelnen Menschen die
gelebt und gelitten haben, die überlebten- oder aber ermordet wurden.
Schneider macht zudem deutlich, und macht dies auch durch Abbildungen aus Akten und
Haftbüchern nachvollziehbar, mit welch zwanghafter bürokratischen Akkuratesse die
Nationalsozialisten ihr Terrorregime auch im Bereich der Zwangsarbeit zur Durchsetzung
brachten.
Die rund 40 Seiten bieten einen sehr kleinen, aber genauen Einblick in eine einzige Fabrik
welche Zwangsarbeiter*innen rekrutiert hatte. So wie viele hunderte andere Fabriken
gleichermaßen, deren historische Aufarbeitung noch heute auf sich warten lasst, auch um
den damals geschundenen Menschen eine Stimme und ein Gesicht zu geben!
Bibliografische Angaben:
Maxilene Schneider, „NS-Zwangsarbeiter*innen auf dem Freiburger Grethergelände-
Ausschnitt eines öffentlichen Massenverbrechens“
Verlag: jos fritz, https://www.josfritz.de/
Seiten: 40
Preis: 8€
ISBN: 978-3-928013-91-8
Thomas Meyer-Falk
z.Zt. JVA (SV)
Hermann-Herder-Str. 8
D-79104 Freiburg