(Chile) Einige kurze Überlegungen vom Kampf um die Gefangenen des Aufstandes

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Dieser Text beschreibt nicht nur die jetzige Lage der Gefangenen der Revolte von 2019 bis heutzutage in Chile, sondern eröffnet, wieder mal, die historische Debatte um „Amnestie“, „Begnadigung“ und die revolutionäre Option dazu. Dieses mal innerhalb des gegenwärtigen chilenischen Kontext.

Gefunden auf Publicación Refrectario, die Übersetzung ist von uns. Dieser Text beschreibt nicht nur die jetzige Lage der Gefangenen der Revolte von 2019 bis heutzutage in Chile, sondern eröffnet, wieder mal, die historische Debatte um „Amnestie“, „Begnadigung“ und die revolutionäre Option dazu. Dieses mal innerhalb des gegenwärtigen chilenischen Kontext.

Einige kurze Überlegungen vom Kampf um die Gefangenen des Aufstandes


Zwischen dem Aufstand und der Solidarität mit den Gefangenen des Aufstandes

Wie wir wissen, hat uns die Revolte, die im Oktober 2019 begann, nicht nur schöne und bereichernde Erfahrungen im Kampf gegen den Staat und das Aufbrechen der Autoritätsverhältnisse gebracht, sondern auch eine lange Liste von Toten, Gefolterten, Vergewaltigten, Verstümmelten und Inhaftierten.

In den ersten Tagen wuchs die Zahl der Randalierer, die in die Gefängnisse kamen, schnell von Dutzenden auf Hunderte und erreichte schließlich Tausende. Im Dezember 2019 hielt der Staat 2.500 Menschen hinter Gittern fest, die beschuldigt wurden, auf die eine oder andere Weise an den Aufständen beteiligt gewesen zu sein.

Im Laufe der Zeit gelang es vielen von ihnen, unter Hausarrest oder anderen Vorsichtsmaßnahmen wieder herauszukommen, da es sich bei den meisten hauptsächlich um kleinere Vergehen handelte (Unruhen, Plünderungen usw.). Diejenigen, die hauptsächlich der Brandstiftung und des Tragens von Mollis (Molotowcocktails) beschuldigt werden, sind in den verschiedenen Gefängnissen des Landes, buchstäblich von Arica bis Punta Arenas, in Untersuchungshaft geblieben. Ab Februar 2021, ohne eine genaue Zahl zu nennen, sollten nicht mehr als 200 hinter Gittern sein, auch wenn eine große Zahl unter Hausarrest oder anderen Maßnahmen stehen wird.

Vom ersten Tag der Revolte an haben diejenigen, die das Gefängnis permanent in Frage gestellt und konfrontiert haben, nicht nur die drohende Realität der Gefangenen erkannt, die infolge der Repression fallen würden, sondern auch die Notwendigkeit, den Kampf für die subversiven Gefangenen in Momenten des völligen Bruchs der etablierten Ordnung mit Kraft fortzusetzen. So riefen am 27. November 2019 verschiedene anarchistische und antiautoritäre Individualitäten zu einer großen Kundgebung vor dem Justizzentrum auf, bei der darauf hingewiesen wurde, dass „die Zahl der rebellischen Gefangenen in diesem Moment beeindruckend ist und ihnen sehr hohe Strafen drohen. Es ist notwendig, den Anti-Knast-Diskurs zu etablieren, bevor es zu spät ist…“ und mit dem Slogan enden, „Weil es jeder sein könnte. Feuer und Flamme gegen die Knäste, Freiheit für unsere Gefangenen des Oktoberaufstandes und des sozialen Krieges“.

Im Laufe der Zeit bildeten sich dann mehr oder weniger dauerhaft verschiedene Koordinierungen und Unterstützungsinstanzen für die Gefangenen des Aufstandes, sowohl regional als auch landesweit. Während der Höhepunkte der Revolte arbeiteten diese Organisationen sowohl in der konkreten Unterstützung als auch in der Verbreitung und Agitation auf Hochtouren, oft ohne mit der immensen Zahl der Gefangenen, den Schwierigkeiten der Kontaktaufnahme mit ihren Umfeld und dem ständigen Inhaftierung von neuen Menschen im Gefängnis fertig zu werden.

Die starken repressiven Maßnahmen, die im März 2020 unter dem Vorwand der Pandemie eingeführt wurden, haben den Rhythmus des Straßenkonflikts tief und unbestreitbar getroffen. So hielten diese hartnäckigen Initiativen in den akutesten Monaten der Einschließung und Einsperrung1 die Notwendigkeit der Unterstützung der Gefangenen der Revolte und die Sichtbarkeit ihrer unterschiedlichen besonderen Situationen wach. Als die Straßen von den Aufständischen wieder massenhaft und mit Elan eingenommen wurden, war das Thema der politischen Gefangenen des Aufstandes bereits voll verankert.

Gerade im Zusammenhang mit dem Plebiszit für eine neue Verfassung (September-Oktober-November) entstand nicht nur eine große Anzahl von Unterstützungsgruppen für die Gefangenen des Aufstandes, sondern auch eine große Anzahl von territorialen Vollversammlungen und Einzelpersonen wandte ihr Interesse der Frage der Gefangenen zu. Nach dem Plebiszit wurde diese Realität unleugbar, vielleicht von Schuldgefühlen bewegt, nachdem sie die Institutionalisierung der Revolte unterstützt hatten, mit einer gewissen Scham derjenigen, die in den Wahlurnen der Herrschaft gestimmt hatten (einschließlich einiger „Anarchist*innen“) oder vielleicht wegen der „demokratischen Pflicht“, die Frage der Gefangenen der Revolte am Vorabend des neuen Prozesses zu lösen. Die Wahrheit ist, dass das Thema wirklich überall explodierte und jede Form der Organisation2 überflutete, das einen bestimmten Charakter in der Unterstützung hinter Gittern hatte. Seitdem hat die Situation der Gefangenen der Revolte einen Protagonismus erlangt und wurde zu einem der Hauptpunkte in den aktuellen Straßenmobilisierungen.

In der Sackgasse herumwühlen

Ende 2020 begann sich in einigen Sektoren das Bedürfnis zu entwickeln, eine „politische Lösung“ für die Gefangenen der Revolte zu finden, und basierend auf diesem Bedürfnis, an ihrer Schaffung, Leitung und natürlich ihrer Verwaltung zu arbeiten.

Die „politische Lösung“ geht davon aus, dass die Inhaftierung derjenigen, die sich an der Revolte beteiligt haben, politisch motiviert ist und daher eine der Möglichkeiten für ihre Freilassung eher politisch-administrativ als juristisch wäre. Dies alles in Anbetracht der enormen Anzahl von Angeklagten und der unterschiedlichen Situationen der Gefangenen des Aufstandes.

Unter dieser Prämisse begannen verschiedene Interessen zu konvergieren und eine institutionelle Lösung für die Inhaftierten zu bilden. Auf der einen Seite gab es eine Fraktion der Herrschenden, der politischen Parteien und der Verwalter der Strukturen, die aus dieser Mobilisierung politisch Kapital schlagen wollen, um sich selbst zu reglementieren und politisch zu bestätigen sowie ihre eigenen Kandidaten für die Wählerschaft zu unterstützen. Die Wette dieser Sektoren ist die Demobilisierung und der soziale Frieden nach der „Lösung“ des Problems der politischen Gefangenen, die Fortsetzung der Institutionalisierung der Revolte sowie die Säuberung des verfassungsgebenden Prozesses.

Auf der anderen Seite stehen die verschiedenen Gruppen und Kollektive, die in den letzten Monaten zur Unterstützung der politischen Gefangenen der Revolte entstanden sind, einige von ihnen mit politischen Parteien oder Wählerkandidaten im Rücken (man muss nur ein bisschen graben, um das zu erkennen, nicht viel, nur ein bisschen, um ihre Transparente zu sehen), die zusammen mit einigen Organisationen versuchen, sich vor den Herrschenden zu legitimieren (daher die unzähligen und langweiligen Briefe, die seit mehr als einem Jahr an Parteien, Politiker, Institutionen usw. geschrieben werden), mit dem Wunsch nach mehr Demokratie und mehr Rechten. Es sind die Ausgeschlossenen, die in die Strukturen der Herrschaft einbezogen werden wollen, die nicht danach streben, die herrschende Ordnung zu zerstören, sondern sie zu reformieren und das Funktionieren ihrer Zahnräder zu verbessern.

Als Beweis für all das können wir im November 2020 die Entstehung einer „Initiativgruppe zur Befreiung der politischen Gefangenen“ (Grupo de iniciativa por la Liberación de los presos políticos) sehen, die sich natürlich nicht auf alle bezieht, die als politische Gefangene in Frage kommen, sondern nur, ausschließlich und exklusiv auf die der Revolte. Diese Initiative wird (oder wurde) von der Gruppierung von Familienangehörigen von politischen Gefangenen Santiago I (Agrupación de Familiares de Presos Políticos Santiago 1), der Agrupación de Familiares y Amigos de Presos de Políticos, der Gruppierung von Familienangehörigen und Freunden von politischen Gefangenen Guacoldas (Agrupación de Familiares y Amigos de Prisioneros Políticos Guacoldas), Gruppierung von politischen Gefangenen der Granja (Agrupación de Prisioneros Políticos de la Granja) zusammen mit einer Reihe von Abgeordneten der Kommunistischen Partei (Partido Comunista), der Demokratischen Revolution (Revolución Democrática) und der Progressiven Partei (Partido Progresista) gebildet.

Es ging nicht mehr darum, eine politische Lösung zu erzwingen, wie es sonst bei unzähligen Hungerstreiks, Straßenmobilisierungen oder Zwischenkämpfen geschieht, sondern darum, Teil der Gruppe zu sein und den Herrschenden zu helfen. Als gute Verhandlung aus der Hand der Herrschaft wandelten viele dieser Gruppen ihre Positionen um und passten sich an, während sie mit den Herrschenden gingen, wie wir unten sehen werden.

Die Gefangenen der Revolte

Die Realität der Gefangenen der Revolte ist bekanntlich vielfältig und unterschiedlich, wie auch die Revolte selbst: Studenten, Siedler, bewusste Subjekte, revolutionäre Positionen, Demokraten, Empörte, Staatsbürgerschaft, für die neue Verfassung, gegen alle Verfassungen, usw.

Der Glaube an eine eigene Identität oder eine logische Form der Gefangenen der Revolte ist nicht nur nicht real und könnte eine historische Fälschung bedeuten, sondern erzeugt ständig den Zusammenstoß gegen die Wand der Tatsachen. Die ständigen Bitten/Empfehlungen/Suggestionen, die die Gefangenen der Revolte selbst organisieren, um sie mit anderen Momenten der Masseninhaftierung (Diktatur oder während der 1990er Jahre) zu vergleichen, sind völlig von der Realität abgekoppelt. Nicht wegen einer Veränderung des Repressionsgrades, auch nicht wegen der Veränderungen in der Gefängnisrealität zwischen Gendarmen3 und Gefangenen, auch nicht wegen des Gefängnistyps, sondern gerade wegen der unterschiedlichen Werdegänge und Positionierungen der Individuen. Oft gibt es völlig unterschiedliche, widersprüchliche oder sogar antagonistische Positionen, sowohl politisch als auch im Alltag.

Das ist die Realität der Gefangenen der Revolte und ihrer Dynamik auf landesweiter Ebene. Es gibt auch eine Reihe von Besonderheiten in jedem Gefängnis und sogar in jedem Trakt, wo es oft an Wissen über die jüngere (oder sogar aktuelle) Geschichte der politischen Gefangenschaft oder sogar über andere Realitäten von Gefangenen der Revolte im gleichen Gebiet mangelt.

Im Mai 2020 warnten „einige Anarchist*innen, die im Trakt 14 von santiasco 1 inhaftiert sind“ vor „der schädlichen „Romantisierung“, die die Straße und der Kampf diesem Trakt von „Demonstrant*innen“ gegeben hat. Die Kampfstimmung löste sich nicht nur auf der Straße auf, sie wirkte sich tatsächlich auf die Koordinationsfähigkeit zwischen uns und der Außenwelt aus.“

Es ist innerhalb dieser großen Vielfalt, dass es Ausnahmen gibt, die verschiedene Instanzen innerhalb, von Bibliotheken, Zerschlagung der Zellen und Gesten, die ihnen erlauben, sich in der einen oder anderen Weise zu positionieren erhöht haben.

Aus praktischer Sicht finden wir derzeit kleine Gruppen von Gefangenen in den Regionen und eine größere Anzahl in Santiago, hauptsächlich im (privatisierten) Gefängnis/Firma Santiago 1. Die meisten derjenigen, die für Aktionen im Zusammenhang wegen der Revolte verknackt wurden, begannen den Trakt 14 zu bewohnen, das zunächst ausschließlich für sie bestimmt war, um später, bis heute, in den Trakt 12 verlegt zu werden. Diejenigen, die nach der Quarantäne in den Verschärfung der Demonstrationen festgenommen wurden, begannen im Trakt 3 zu leben, all dies ohne Berücksichtigung mehrerer Fälle von Gefangenen des Aufstandes, die in anderen Trakten für verschiedene Umstände verstreut sind.

In demselben praktischen Sinne haben es einige geschafft, mit einer Änderung der Vorsichtsmaßnahmen herauszukommen, einige haben ein schnelles Verfahren akzeptiert und es geschafft, ihre Strafe in „Bewährung“ zu verbüßen, es gibt diejenigen, die gerade verhaftet wurden, andere warten auf ihren Prozess, während es diejenigen gibt, die es geschafft haben, freigesprochen zu werden und einige wenige (bisher nur eine Handvoll) wurden zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Die Realität ist extrem dynamisch und vielseitig unter den Gefangenen der Revolte.

Obwohl einige Texte von den Gefangenen der Revolte herausgekommen sind, einige mit Unterschriften, andere anonym und einige vereint als „Subversive Gefangene im Widerstand“ (Presxs Subversivxs en Resistencia), hat die Familie eine relevante Rolle sowohl als Sprecher sowie bei der Integration bestimmter Instanzen erworben.

Begnadigung/Amnestie

Bevor wir fortfahren, eine kurze und einfache Definition dieser außergewöhnlichen Maßnahmen, um in einen Rechtsprozess durch den Staat zu intervenieren: Die Begnadigung „vergibt“ die Strafe des Verbrechens, des bereits Verurteilten; während die Amnestie das Verbrechen selbst „vergibt“, für das der/die Angeklagte verfolgt wird. Die Begnadigung setzt voraus, dass es ein Verbrechen und eine Strafe gab, aber es ist die Strafe, die begnadigt wird, während die Amnestie davon ausgeht, dass das Verbrechen aufgrund besonderer Bedingungen des Kontextes, in dem es stattfand, nicht wirklich ein Verbrechen war.

Obwohl am Anfang die verschiedenen Gruppen die Möglichkeit einer politischen Lösung zu evaluieren begannen, war man immer der Meinung, dass Straßenmobilisierungen, Anzeigen und Agitation die Herrschaft auf einen Weg führen würden, auf dem eine Amnestie die angemessenste Lösung für die Situation der Gefangenen des Aufstandes zu sein schien.

Es scheint, dass die Gründung und die Verhandlungen innerhalb der „Initiativgruppe“ schnell zu einer Veränderung verschiedener Diskurse und Positionen führten. Einige Gruppen mussten ihre Amnestie-Transparente wegwerfen und ihre Pamphlete und/oder Erklärungen neu verfassen. Nun würde eine Amnestie nicht funktionieren und wäre auch nicht möglich, aber der beste Weg wäre eine Begnadigung. Einigen Bereiche der alten Menschenrechtsorganisationen, wahre Dealer der Erinnerung und der Toten, war das Konzept der „Amnestie“ unangenehm, weil es sie an die Anwendung dieses Instruments während der Diktatur erinnerte (mit einem Kurzzeitgedächtnis voller bekannten allgemeinen Plätzen/Orte). Ebenso ist die Begnadigung weniger schädlich für den Rechtsstaat, da sie in gewisser Weise das Funktionieren der Ermittlungen, der Polizei, der Gerichte anerkennen würde und nur das begnadigt, was verurteilt wurde.

Am 9. Dezember 2020 schließlich begannen die an der „Initiativgruppe“ beteiligten Senatoren mit der Bearbeitung des Gesetzes zur Begnadigung von Gefangenen des „sozialen Ausbruchs“, ein Projekt, das sich schließlich als Mischform zwischen Amnestie und Begnadigung entpuppte.

Im Rahmen dieser öffentlichen Debatten, in Räumen der Solidarität, innerhalb des Gefängnisses und auch in den vielfältigen Reibungen, die die Teilnahme oder Verknüpfung von Vertretern der Institutionen „subversiver Gefangener im Widerstand“ bedeuteten, gaben sie von Santiago 1 aus eine Erklärung ab, in der sie auf eine Reihe von Forderungen hinwiesen, „ob Amnestie oder Begnadigung“, und ihre totale Ablehnung des Zusammenlebens mit den Herrschenden zeigten.

Andere Räume4 entschieden sich, weiterhin auf Amnestie zu setzen, obwohl in der Praxis nur das Projekt der Begnadigung existiert. Von nun an eine Kampagne und Straßenpräsenz für „Sofortige Freiheit ohne Bedingungen“ zu entwickeln, ohne unbedingt auf diese Begnadigung Bezug zu nehmen.

Im Laufe der Geschichte und in verschiedenen historischen Momenten wurden beide Instrumente (Begnadigung oder Amnestie) vom Staat je nach dem Moment und den bestimmten historischen Perspektiven eingesetzt. Manchmal wurden diese Möglichkeiten von verschiedenen revolutionären Gruppen gesehen und verstärkt, um nur einige Beispiele zu nennen, haben wir die Begnadigungen der frühen 2000er Jahre, die durch Mobilisierung und Kampf für subversive Gefangene, die bewaffneten Gruppen der 90er Jahre angehörten und zu sehr hohen Gefängnisstrafen verurteilt wurden, erreicht wurden, was ihnen erlaubte, das Gefängnis zu verlassen, von denen einige Jahre später wieder inhaftiert wurden, weil sie weitergekämpft hatten.

Auf der anderen Seite gibt es die verschiedenen Amnestien während der Diktatur, die es geschafft haben, verschiedene politische Gefangene zu befreien, sowie die juristische Straffreiheit von Bullen zu gewährleisten.

In den 1970er Jahren finden wir die Begnadigung von Miristas und Vopistas durch die Unidad Popular sowie eine Reihe von Amnestien, die der Staat nach sozialen Konflikten verhängte, um seine Legitimität und den sozialen Frieden wiederherzustellen. Auf internationaler Ebene sind die Kämpfe der Autonomen Gruppen in Spanien5, die für die totale Amnestie aller revolutionären Gefangenen der verschiedenen bewaffneten Gruppen dieser Zeit kämpften, oder die Verweise auf eine „Generalamnestie“ durch die am meisten radikalisierten Sektoren der ETA im Gefängnis gut in Erinnerung6.

Das ist nur ein Auszug aus der Geschichte und aus tausenden von anderen existierenden Erfahrungen. Kritik an der Begnadigung als Instrument gibt es zuhauf, da sie als Bitte um Vergebung und Nachsicht gegenüber dem Staat angesehen wird; während die Kritik an der Amnestie vor allem bei Alfredo Bonanno7 zu finden ist, der darauf hinweist, dass die Berufung auf diese Maßnahme ein Aufruf ist, den Konflikt zu beenden und sogar die Existenz dieses Antagonismus zu leugnen. Sicher ist, dass beides Maßnahmen des Staates sind, Formeln, die, wenn sie durch Kampf, ohne Reue, mit Würde und festen revolutionären Positionen erreicht wurden, einen Teilsieg in entschlossenen Kämpfen bedeuten können. Diese Logik ist anwendbar, wenn man von revolutionären Positionen aus denkt. Das ändert sich, wenn wir verstehen, dass in einer sozialen Revolte diejenigen, die am Straßenkampf teilnehmen, diejenigen, die inhaftiert sind oder von der Repression geschlagen wurden, nicht unbedingt Gefährt*innen sein müssen und die Realität ganz anders bewerten. Das Hauptrisiko ist der Glaube, der wirkliche Glaube8 an den Staat, an die Gerechtigkeit und daran, mit dem Feind die Bedeutung von Begriffen zu teilen: Vergebung, Frieden, Reue, Demokratie, Menschenrechte und Nachsicht.

Für alle, die von der Herrschaft gekidnappt wurden

Wir erkennen an, dass die Gefangenen Geiseln des Staates sind, und in dieser Situation gehen wir davon aus, dass die verschiedenen Kämpfe, die geführt wurden und werden, immer Verhandlungen aus der Korrelation der Kräfte mit dem Feind implizieren, wie Mobilisierungen, Hungerstreiks, die Anerkennung von „Knastrechten“, sogar einige Prozesse oder medizinische Behandlungen. Das Gleichgewicht zwischen dem Erreichen einer günstigen Entscheidung durch einen Hungerstreik oder akute Straßenmobilisierungen ist nicht dasselbe und wird nicht dasselbe sein, wie sich hinzusetzen, politische Lösungen als Ganzes und aus dem System selbst heraus zu schmieden, zu verwalten und zu faszinieren. Selbst wenn es einen Dialog mit der Herrschaft und dem Feind geben kann, wird dies nicht aus dem niedrigsten politischen Klientelismus, der Koexistenz oder der Suche nach ihrer Bestätigung sein.

Die zentrale Bedeutung, die der Kampf für die Freiheit der Gefangenen des Aufstandes hatte, ist wichtig und war vor allem für die Straßenmobilisierung selbst relevant. Das Gefängnis als mögliche Realität zu etablieren, das Unsichtbare der Inhaftierung sichtbar zu machen und eine scharfe Kritik am Staat und seinen Gefängnissen zu formulieren, ist eine permanente Herausforderung auf dem fruchtbaren Feld der sozialen Instabilität, das sich seit Oktober 2019 aufgetan hat. Aber dieser Kampf darf nicht die ständigen Kämpfe mit dem Rest unserer Mitgefangenen vergessen, wir beziehen uns speziell auf Juan Aliste, Marcelo Villarroel, Joaquín García, Juan Flores, Mauricio Hernández, Pablo Bahamondes, Francisco Solar, Mónica Caballero und Felipe Ríos, für die es in manchen Räumen der Solidarität eine stillschweigende Trennung zwischen „guten“ und „schlechten“ Gefangenen zu geben scheint. Das Vergessen der Opferdiskurse ist nicht nur wichtig, sondern eine Notwendigkeit für das Überleben der revolutionären Solidarität, ohne von demokratischen und Menschenrechtsdiskursen erstickt zu werden.

Das Begnadigungsprojekt wird seinen Weg fortsetzen, wenn es einigen Gefangenen der Revolte erlaubt, auf die Straße zurückzukehren, perfekt, wenn sein Projekt scheitert (man erinnere sich nur an die von der Regierung ausgesprochene Drohung, ein Veto gegen das Projekt einzulegen), muss unsere Haltung wissen, wie man diese Formeln und Berechnungen der Herrschenden überwindet. Für die Gefangenen der Revolte, die Subversiven, die Anarchist*innen und die Mapuche zu kämpfen und zu mobilisieren ist ein Kontinuum, das nicht in diese Vereinbarungen zwischen Senatoren und diesen Parodien der revolutionären Bewegungen der 80er und 90er Jahre passt. Die Annahme der realen Möglichkeiten, Gefährt*innen aus dem Gefängnis zu holen, muss eine Herausforderung sein, die über die bloße „Hilfe“ zu ihrer Inhaftierung oder die abstrakten und himmlischen Bezüge, die die Materialisierung der Entriegelung verhindern, hinausgeht.

Es sollte daran erinnert werden, dass es auf der Straße, in der Propaganda und in der vielgestaltigen Agitation ist, wo unsere Kraft und Vitalität liegt. Gerade aus der totalen Opposition gegen diese Welt können wir Strategien entwickeln, um die Gefährt*innen aus dem Gefängnis zu holen und konkreten Hindernissen zu begegnen, wie der Änderung des Dekrets 321, das die „Bewährung“ stoppt, oder der Fortsetzung der Verurteilung von revolutionären Gefangenen (Marcelo Villarroel und Mauricio Hernandez) durch die Militärstaatsanwaltschaft und den bevorstehenden Prozessen gegen Gefangene der Revolte, die Jahrzehnte der Inhaftierung verbüßen sollen, die in Kürze kommen werden.

Die Zerstörung und Überwindung dieser Hindernisse werden spezifische und greifbare Errungenschaften des Kampfes sein, ebenso wie die Wiederherstellung von Besuchen mit einem Mindestmaß an Würde. Alles wird von unserem eigenen Willen und dem unserer Gefährt*innen im Gefängnis abhängen, dem Willen und den konkreten Gesten. Natürlich können wir uns damit zufrieden geben, mit dem minimalen Gewinn, wir können behaupten, dass die Hand des Staates hinter allem steckt, wo jeder Kampf von vornherein verloren ist, oder wir können einfach alles geben, was wir geben müssen, um den millimeterlangen Kampf in den Gefängnissen fortzusetzen, um die Gefährt*innen aus den Gefängnissen herauszuholen und natürlich, damit von den Gittern und der Haft nur Ruinen bleiben.

Gefangene der Revolte auf die Straße, Straßen für die Revolte!

Aufhebung der Änderung von 321! Kampf gegen die verschleierte lebenslange Freiheitsstrafe!

Dass die Revolte die Gefängnismauern brechen!

-Publicación Refractario-

-Februar 2021-

 

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