Kandel – Eingreifen wenn es wichtig ist!

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3. März 2018: Gegen den rechten Aufmarsch in Kandel

Wir erinnern uns an den Winter 2014/15. Damals begann, von Dresden ausgehend, etwas, das in Deutschland jahrelang nicht denkbar war. Es gingen Hunderte, später Tausende unter rassistischen Parolen gemeinsam mit bekennenden Faschisten auf die Straßen Dresdens, Leipzigs, Karlsruhes. Diese rechte Bewegung war ein Motor des gesellschaftlichen Rechtsrucks der letzten Jahre. Uns, der antifaschistischen Bewegung, gelang es nicht dem angemessen zu begegnen, wir verfielen mancherorts in eine Schockstarre oder rieben uns, oft genug zahlenmäßig unterlegen, an Feuerwehraktionen auf. Hunderte Linke standen Tausenden Menschenfeinden gegenüber. Das gesellschaftliche und politische Klima wurde rauer, ein Trend der bis heute anhält.

Seit Januar marschieren nun in Kandel, einer Kleinstadt an der pfälzisch-badischen Grenze, Hunderte, zuletzt über Tausend Rechte, AfD‘ler bis hin zu Nazihools, auf. Ihnen gegenüber stehen bestenfalls einige Hundert engagierte Bürgerliche und einige Linke.

 

Hatte Pegida noch den Charakter einer eher diffusen rechten Bewegung mit einem zwar bedeutenden, wenn auch begrenzten Potential, haben wir es nun mit einer Aktionsform einer durchaus starken, verankerten und strategisch denkenden Rechten zu tun. Die AfD hat die rechte Initiative in Kandel übernommen und instrumentalisiert sie wohl als Projekt um die Vernetzung mit klassischen Faschisten und die Führung einer Bewegung auf der Straße zum einen auszutesten, zum anderen um diese auch voranzutreiben. Nicht umsonst hat Jürgen Elsäßer bei seiner strategischen Rede beim politischen Aschermittwoch der AfD, Kandel explizit als wichtiges Event genannt – neben Aufmärschen in Hamburg und Berlin. Nicht umsonst hat über Vizelandtagsfraktionschefin Christina Baum die Führungsriege der AfD Baden-Württemberg hier die Zügel in die Hand genommen. Nicht umsonst nimmt das „Frauenbündnis Kandel“ in seiner Mobilisierung Bezug auf das Hashtag „#120db“ der „Identitären Bewegung“ und toleriert die Aktivitäten von „Drittem Weg“, Nazihools und anderen Gestalten des äußersten rechten Rands.

Thematisch ist der Anlass und die Aufmachung der rechten Mobilisierung wie häufiger in den letzten Jahren ein heuchlerischer „Feminismus von Rechts“ – besser: einer Instrumentalisierung von Übergriffen an Frauen für weitere rassistische Hetze. Dieses für die Rechten unnatürliche Agitationsfeld birgt neben der Vereinnahmung eines fortschrittlichen Kampfes auch ein bedeutendes Potential für die Hetzer.

Kandel könnte der Ausgangspunkt einer deutschlandweiten rechten Mobilisierung werden. Zumindest ist es aber ein sehr fruchtbares Experimentierfeld für die Rechten. Deshalb ist die gesamte antifaschistische Bewegung jetzt in der Pflicht, hier mit allen Kräften und allen Mitteln zu intervenieren. Wenn uns Pegida eines gezeigt hat, dann, dass es fatal ist wenn wir uns angesichts von rechten Massenmobilisierungen als unfähig erweisen darauf angemessen zu reagieren. Noch ist die Situation in Kandel nicht aussichtslos. Ein Aufmarsch von tausend Rechten in einer 9000-EinwohnerInnenstadt – das ist gerade noch so eine Dimension die wir überblicken können und denen die Antifabewegung in Süddeutschland gewachsen ist, wenn sie will und entsprechend priorisiert. Der Aufmarsch am 3. März wird dabei wohl nur der Start einer notwendigen Arbeit gegen den rechten Spuk sein.

Darum: Kommt am 3. März nach Kandel, haltet euch auch danach auf dem Laufenden, werdet aktiv und lasst uns den Rechten schaden, wo es nur geht.

Bevor wir in drei Jahren zurückblicken und sagen: Da hätten wir mal besser…

 

Einen Eindruck von der Gemengelage liefert unter anderem dieser Text von der Antifaschistischen Aktion Südliche Weinstraße: Kandel – Wallfahrtsort der neuen Rechten?

 

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Ergänzungen

Wieso können denn Vorgänge wie in Kandel ein bedeutendes Potential für rechte Hetzer sein?

Dies hat doch sehr viel damit zu tun, das sowohl in der antifaschistischen wie auch in der linken Bewegung dieses Landes eine enorme Verdrängung der Wirklichkeit stattfindet. Die Gefahr für Frauen und Mädchen, Opfer von Übergriffen bis hin zum Mord, zu werden, hat sich doch tatsächlich um ein vielfaches erhöht.

Das dies selbstverständlich mit einer vielleicht zehntausendfachen Aufnahme von Männern zu tun hat, die eine extreme Frauenverachtung und Frauenfeindlichkeit an den Tag legen, ist doch nicht zu leugnen. Das dies keine Berechtigung dafür ist, ganze Menschengruppen rassistisch zu behandeln versteht sich ja von selbst, aber die brutalen Täter gilt es doch am Arsch zu kriegen.

Leider fällt solchen Antifaschisten wie euch immer sehr wenig zu solchen Opfern brutaler Übergriffe wie dem jungen Mädchen in Kandel ein, aber diese ekelhaften Frauenverachter, Frauenmisshandler und Frauenmörder sofort direkt oder indirekt in Schutz zu nehmen, da seid ihr immer gleich zur Stelle.

Und sich dann wundern, wenn sich dieses rechte Pack die berechtigte Wut und Trauer der Bevölkerung versucht zunutze zu machen, wie blöd muss man da eigentlich sein. Wie wärs denn mal, wenn ihr zu einer Demo oder Kundgebung aufruft, um dem nur all zu menschlichen und nachvollziehbaren Empfindungen der Bevölkerung eine Ausdrucksmöglichkeit zu bieten, welche nicht rassistisch manipuliert werden kann.

Aber solche Leute wie ihr finden ja auch die Entwürdigung, Ausbeutung bis hin zur Versklavung von Frauen in der Prostitution ganz toll. Zwar etwas aufgehübscht durch den Begriff Sexarbeit, ändert aber trotzdem nichts an der brutalen Wirklichkeit.

Ist das Dummheit, ist das Blindheit oder ist das Verbreiten von reaktionärer Ideologie von gutbetuchten Bürgerkindern, die sich ja sogar noch soweit in menschliche Niederungen begeben, das sie den Missbrauch von Kindern direkt oder indirekt in Schutz nehmen.

Das Drama ist, viele Menschen nehmen diesen Dreck als Positionen von Linken wahr.

Diese blöden rassistischen  Nazihanseln kriegen normalerweise kein Bein auf die Erde in der Bevölkerung dieses Landes, solche Leute wie ihr arbeitet intensiv daran diese Verhältnisse zu ändern.

Hunderte Zwangsprostituierte aus aller Welt im Flatrate-Puff sind kein Thema, aber wenn's endlich mal nen Übergriff gibt, der ins Schema passt, stehen Massen von "Frauenbeschützern" auf der Matte und selbst mein Vorkommentator labert von einer "Vervielfachung" von Übergriffen. Es ist sowas von offensichtlich, dass denen die Frauen in Wirklichkeit egal sind, es geht um "die Ausländer nehmen uns die Frauen weg", die wir doch selber vergewaltigen wollen. Scheiß Heuchelei.