Fracking-Verbot in den Koalitionsvertrag!

BBU u. a. 04.11.2013 14:44 Themen: Atom Globalisierung Medien Soziale Kämpfe Weltweit Ökologie
Initiativen gegen Fracking in Deutschland – www.resolution-korbach.org

Offener Brief

Fracking-Verbot in den Koalitionsvertrag!


An:
AG Energie: Hannelore Kraft (SPD), Peter Altmaier (CDU) und Koll.
AG Wirtschaft: Ilse Aigner (CSU), Hubertus Heil (SPD) und Koll.
cc/ Bundestagsabgeordnete; Umweltministerien der Länder; Presse

4. November 2013

Sehr geehrte Frau Kraft, sehr geehrte Frau Aigner,
sehr geehrter Herr Altmaier und sehr geehrter Herr Heil,
sehr geehrte Mitarbeiter der Arbeitsgruppen!

Im Rahmen der Koalitionsverhandlungen arbeiten Sie in den beiden Arbeitsgruppen,
denen die größte Bedeutung für die zukünftige energetische
Ausgestaltung unseres gesunden Lebensumfeldes zukommt. Vor dem Hintergrund
des Klimawandels obliegt es Ihnen, die Weichen weiter für die vollumfängliche
Energiewende zu stellen, um nachhaltig eine Zukunft zu
sichern, in der auch unsere Kinder und Kindeskinder noch eine intakte
Umwelt und ausreichend Zugriff auf die Ressource Nr. 1 – das Trinkwasser
– haben sollen.
Die Energiewende wird nicht von den zur Neige gehenden fossilen Brennstoffen
getrieben, sondern vom nicht mehr bestreitbaren Klimawandel. Es
ist 1 Minute vor 12 und wenn Sie die katastrophalen Folgen des Weiter-so
verhindern wollen, dann müssen Sie alles daran setzen, dass nicht nur der
Atomausstieg weiter vorangetrieben wird, sondern auch der sukzessive
Ausstieg aus Kohle-, Öl- und Gaskraftwerken. Methoden zur Energieeinsparung
müssen weiter erforscht und implementiert werden und die Entwicklung
der regenerativen Primärenergie Vorrang vor fossilen Energieträgern
erhalten, um den Strom-, Wärme- und Mobilitätsbedarf in Deutschland
zu decken.

Keinesfalls dürfen unnötig umweltschädliche Methoden herangezogen
werden, um den Energiebedarf unseres Industrielandes zu befriedigen. Die
Rede ist vom Fracking, der Aufsuchung und Förderung von Erdgas und
Erdöl, bei der der Untergrund großflächig mit Hilfe von Wasserdruck oder
anderen Mitteln aufgebrochen wird.
Energiepolitisch haben „gefrackte“ Kohlenwasserstoffe keinen Sinn, denn
sie würden auch dann, wenn sie im großen Stil gewonnen würden, keinen
nennenswerten Beitrag zum zukünftigen Primärenergiebedarf und zur Energiewende
leisten.

Die nachweislichen Folgen des Fracking sind noch raschere Klimaerwärmung durch austretendes
Methan und massiven CO 2-Ausstoß, Erdbeben und Milliarden Liter hochgiftigen Mülls (Lagerstättenwasser),
um nur einige der verheerenden Auswirkungen zu nennen. Allein mit dem Lagerstättenwasser,
das bis dato in Niedersachsen in den Untergrund verpresst wurde, ist der Nachwelt
ein Erbe aufgebürdet, für das „unverantwortlich“ noch eine Beschönigung ist. Dieses Wasser ist
eine Zeitbombe, denn es wird höchstwahrscheinlich die Trinkwasserressourcen im weiten Umfeld
langfristig unbrauchbar machen. Wie kann man es bei den vorliegenden Fakten ernsthaft politisch
verantworten, dem gefrackten Gas einen volkswirtschaftlichen Nutzen zuzusprechen?

Über 2/3 der bundesdeutschen Bevölkerung lehn en Fracking bedingungslos ab. Wir unterstützen
alle die Korbacher Resolution für ein bedingungsloses Frac-Verbot von fossilen Energieträgern.
Über 178 Kommunen, Kreise, Unternehmen, NGOs und Initiativen haben sich ihr weltweit schon
angeschlossen.

Frau Kraft, fassen Sie sich ein Herz und denken Sie nicht nur an Bergbau und Schwerindustrie in
Ihrem Bundesland! Das wachsende Segment der Erneuerbaren bietet heute schon mehrere Hunderttausend
Arbeitsplätze, Tendenz steigend. Bremsen Sie die Energiewende nicht aus, sondern
gehen Sie mit der Zeit! Denken Sie an Ihre Nordamerika-Reise im Frühjahr und wie erschrocken
Sie waren, als Sie Fracking live gesehen haben!

Herr Altmaier, erinnern Sie sich an Ihre Wahlkampftour: Sie sagten, beim Fracking wollen Sie auf
die Bremse treten. Machen Sie jetzt Nägel mit Köpfen und schreiben Sie das von über zwei
Dritteln der Deutschen geforderte Fracking-Verbot für Kohlenwasserstoffe in den Koalitionsvertrag!
Wenn ein Industrieland den Umbau seines Energiesystems, weg von den fossilen und hin zu den
erneuerbaren Energien schafft, dann ist es Deutschland, so sagen viele. Lassen Sie nicht zu, dass
dieser erreichbare Erfolg vor den Augen der Welt durch ein paar wenige Unternehmen beschmutzt
wird, die für einen kurzen, schnellen Gewinn unser schönes Land dauerhaft verschandeln und vergiften!
Beweisen Sie dieselbe politische Verantwortung wie Ihre Kollegen in Frankreich und arbeiten
Sie für ein Fracking-Verbot in Deutschland! Arbeiten Sie für eine grundlegende Reform des
Bundesberggesetzes, damit der Schutz des Trinkwassers, der Lebensumwelt und des Klimas Vorrang
vor ökonomischen Interessen hat! Beachten und schützen Sie die im Art. 20 a GG verankerte
Staatszielbestimmung!

Mit fracklosen Grüßen
Initiativen gegen Fracking in Deutschland

gez.
Andy Gheorghiu und Henner Gröschner, BI Fracking-freies Hessen
Dietger Michaelis, BI Frackingfreie Zukunft
Oliver Kalusch, Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz
Harald Rücker, BI Für ein lebenswertes Korbach
Carin Schomann, BI FrackingFreies Hamburg

Hintergrund:
Die Erschließung neuer Öl- und Gasvorkommen wäre das falsche energiepolitische
Signal. Vier schlagende Argumente zur Untermauerung unserer Forderung:

1. Gefracktes Gas/Öl hätte keinen Einfluss auf Energiepreise
Gefracktes Gas/Öl würde nicht zu sinkenden Preisen führen würde. Sowohl KfW als auch ZEW
und SRU kommen zu dem klaren Ergebnis, dass Fracking keinen maßgeblichen Beitrag zur
Energiewende leisten kann und daher energiepolitisch nicht notwendig ist.

2. Gefracktes Gas/Öl wird nicht gebraucht, auch nicht als sog. „Brückentechnologie“
Momentan werden weltweit jährlich um die 150 Milliarden m³ Erdgas abgefackelt! Das entspricht 5
Prozent der weltweiten Erdgas-Produktion oder 30 Prozent des Verbrauchs in der Europäischen
Union. Diese Energiemengen werden nutzlos und klimaschädlich vernichtet. Die Anwendung der
Fracking-Technik – mit oder ohne gefährliche Substanzen – würde diese Verfahrensweise
scheinbar weiter legitimieren, da der Eindruck erweckt würde, es sei genügend Gas vorhanden.
Auch unter diesem Gesichtspunkt ist es politisch unverantwortlich, die Fracking-Technik auch nur
in Betracht zu ziehen.

3. Fracking bedeutet Gefährdung von Umwelt und Grund-/Trinkwasser
Selbst wenn Fracking ohne den Einsatz zusätzlicher, umwelttoxischer Substanzen möglich wäre,
ist es dennoch untrennbar mit gefährlichen Substanzen verbunden: Durch das großvolumige
Aufbrechen des Untergrundes werden Milliarden Kubikmeter Lagerstättenwasser aktiviert, die mit
an die Oberfläche gefördert und entsorgt werden müssen. Die Verpressung dieser, Schwermetalle,
radioaktive und andere toxische Stoffe enthaltenden Wässer stellt eine nicht vollständig
kontrollierbare Gefahr für das Grundwasser dar; die Verpressung triggert Erdstöße und in der
Folge Schäden an Infrastruktur und Gebäuden.

4. Fracking beschleunigt den Klimawandel
Exploration und Produktion von unkonventionellem Gas/Öl belasten das Klima durch eine 3- bis
15-mal höhere CO2-Belastung als bei konventionellem Gas/Öl; unverbrannt in die Atmosphäre
entweichendes Methan (in mehreren Feldern nachgewiesen bis über 10 % der Produktion) ist ein
25- bis 40-mal wirksameres Klimagas als CO2. Experten gehen heute davon aus, dass die
Klimabilanz des Fracking nicht besser ist als die von Kohle.

Wir unterstützen diesen Appell:
Aktionsbündnis No Fracking Mülheim an der Ruhr
Aktionsbündnis No Moor Fracking
Berliner Wassertisch c/o Grüne Liga e.V.
BI CO2-Endlager stoppen e.V. Beeskow
BI Daverden
BI "Fahner Höhe"
BI FrackingFreies Hamburg
BI FrackingFreies Hamburg-Harburg
BI Frackingfreie Zukunft
BI "Frackloses Gasbohren"
BI Fracking freies Hessen
BI für ein lebenswertes Korbach
BI gegen Gasbohren Kleve
BI Gemeinsam gegen Gas- und Probebohrungen am Niederrhein
BI Hamm Gegen Gasbohren
BI Isselburg21 e.V.
BI Kein-Frack-in-WF
BI "Kein Fracking in der Heide"
BI "Lebensraum-Vorpommern" e.V.
BI No-Fracking Völkersen
Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V.
Förderverein HARBURG21 e.V.
Food & Water Europe
IG Fracking-freies Artland e.V.
IG Gegen Gasbohren Borken
IG Gegen Gasbohren Hamminkeln
IG Rees gegen Gasbohren e.V.
IG Schönes Lünne
IG-Stop-Fracking-SH
IG-Stopp-Fracking-MK
NOFracking Bodensee-Oberschwaben
PowerShift e.V.
UBI Salzhausen
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Ergänzungen

Gegenposition

ben 06.11.2013 - 03:07
In der BRD steigen die Erdgaspreise. Unaufhörlich. Die Republik ist fast vollständig von auswärtig erbohrtem Erdgas abhängig.

In den USA sinken die Erdgaspreise. Unaufhörlich. Die Steinkohle und Erdöl verfeuernden Kraftwerke beklagen die wachsende Konkurrenz, die Strom per Erdgas, erheblich billiger, produziert. Diese Wende ist auf die mittlerweile enormen, per erweitertem Fracking gewonnenen Erdgasmengen zurückzuführen.

Das Verfahren gilt allgemein als sicher. Einzelne Zwischenfälle in den USA werden von der dortigen Antifrackinglobby, bei der anzunehmen ist, dass Interessen von Steinkohle- und Erdöl- Produzenten nicht ausgeklammert sind, groß und überdimensional herausgestellt.

In der BRD hat die mächtige, russische GASPROM (hallo Gerhard Schröder!) ein überaus starkes Interesse daran, dass hier auf keinen Fall heimisches Erdgas gefördert wird.

Dabei wird bei so gut wie jeder Trink- und Brauchwasserbohrung gefrackt. Ebenso bei jeder Geothermiebohrung. Und es wurde gefrackt bei so gut wie jeder Erdöl- und Erdgasbohrung in der Vergangenheit, seit vielen Jahrzehnten, in Deutschland und weltweit. Denn das Verfahren ist nicht auf die Speichergesteine der unkonventionellen Förderung beschränkt, sondern quasi Standardpraxis bei Bohrungen auf flüssige und gasförmige Ressourcen. Man kann sich ja auch gut vorstellen, dass ein ins Gestein gebohrtes Loch, in größeren Tiefen nicht stärker als ein Fußball Durchmesser hat, kaum viel an Gas oder an Öl Zutritt gewährt. Also wird gefrackt, wie gesagt schon seit den Anfängen der moderneren Bohrtechnik.

Um 1990 und davor kam ca. 25% des Erdgasverbrauchs in der BRD noch aus heimischen Quellen, die inzwischen mehr und mehr erschöpft sind.

Aber 25% - was hieß das? Das angebohrte Gas steht unter dem Druck der darüberliegenden Gesteinsschichten und strömt deshalb von selbst in die Pipelines. Stellte sich dann allmählich ein Gleichgewicht ein bzw. sank die Fördermenge unter eine bestimmte Marge, wurde erneut gefrackt. Weiterhin wurde der Porenraum mit Wasser geflutet, um möglichst viel des Restgases herauszutreiben: u.a. mit dem zuvor mitgekommnen Lagerstättenwasser. Bei Erdöl setzt man auch Heißdampf ein. Wen interessierte das bisher? Niemand. Schließlich war es Praxis seit Jahrzehnten, nicht nur in der BRD, sondern ebenso in den Niederlanden und der gesamten erdgas/erdölhöffigen Nordsee.

Im Prinzip gibt es die Risiken und Gefahren von Fracking also schon sehr lange. Warum das nun so hochgekocht wird? Weil es bisher Dank Unwissenheit darüber keine Rolle spielte im Bewusstsein der VerbraucherInnen. Und weil es nur sehr selten Komplikationen gab, was sich aller Voraussicht nach auch nicht ändern wird. Zudem gibt es inzwischen etwas teurere Verfahren, die wegen der verwendeten Materialien die befürchtete Verunreinigung von Trinkwasser definitiv ausschließen. Und das Lagerstättenwasser? Das wird dahin gepumpt, von wo es kam, und da bleibt es, denn die quasi leeren Gesteinsporen und die mit Spezialsand (besonders kugelig) gefüllten Frackingklüfte- und klüftchn bilden ein stabiles Gerüst, das dem Gebirgsdruck widersteht. Der sog. Porenraum ist kein zusammendrückbarer Schwamm.

Aber.

Die GASPROM, der größte Erdgas fördernde Konzern der Welt, beheimatet in Russland, ist sehr sehr mächtig... nicht zuletzt Dank unserer vielen an sie gezahlten und, wenn wir nicht mit der sog. unkonventionellen Gasförderung beginnen, weiterhin zu zahlenden Milliarden.

Konkret:

Fracking, für gasförmige und auch flüssige fossile Energieträgerförderung, genauso wie für Trink- und Brauchwasser und für Geothermie, hat Tradition in Deutschland. Seit Jahrzehnten. Probleme? Wo?

Ausländische Gasversorger, die natürlich dieselbe Technik anwenden, sind interessiert daran, dass Deutschland kein eigenes Erdgas fördert und von ihnen abhängig bleibt.

Besonders die GASPROM dürfte den Aufstand der Antifrackinglobby als ein Geschenk des Himmels betrachten. Er ist Abermilliarden von Euros wert. Hätte ich das Sagen bei GASPROM, würde ich ihn massivst sponsern.

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