Tag 4 in Kopenhagen: No Border No Nation!

IMC linksunten 15.12.2009 07:21 Themen: Antirassismus Globalisierung Repression Soziale Kämpfe Weltweit Ökologie

Auch heute gingen die Aktionen in Kopenhagen weiter. Im Mittelpunkt stand der NoBorder-Aktions-Tag. 1500-2000 TeilnehmerInnen schaffen es dank geschlossenen, kompakten Auftretens ihre Demo bis vor das Parlamentsgebäude zu bringen. Der heutige Aktions-Tag hatte zum Ziel, den Zusammenhang von Klimawandel und Klimaflüchtlingen zu thematisieren. Außerdem gab es frühmorgens eine Aktion vor der kanadischen Botschaft um gegen einen Energiekonzern zu protestieren der Ölsand verarbeitet. Ab 23 Uhr kam es im alternativen Viertel Christiania zu Auseinandersetzungen zwischen Polizei und AKtivistInnen.


 


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Obwohl es eigentlich darum gehen müsste, dass die Industrieländer Verantwortung übernehmen, für das was sie mit der Klimaerwärmung verursacht haben, schotten sie sich gegen Klimaflüchtlingen ab. Die Festung Europa wird dabei immer weiter ausgebaut, immer perfektere Grenzanlagen und -Kontrollen werden errichten, bewacht von Polizei und Militär, koordiniert von Frontex, der Agentur für die Aussengrenzen Europas. Gerade in Deutschland kam es in den letzten Tagen vermehrt zu Demonstrationen gegen Abschiebung, wie zum Beispiel am 06.12 in Freiburg.

 

 

TransparenteSolidaritätCO2 Ball

 

Klar deshalb, dass von dieser Demo die Forderungen ausgingen: Grenzanlagen auflösen,volle Bewegungsfreiheit für alle Menschen, Stopp der Abschiebungen! Weg mit allen Restriktionen gegenüber Flüchtlingen, Zuerkennung aller Rechte - kein Mensch ist Illegal!

Entsprechend dem Thema war auch die Demo internationalistisch geprägt. Viele Stimmen, viele Sprachen, viele Farben. Die eine Welt wurde symbolisiert durch eine riesige orangefarbene Weltkugel, die sich die Demonstration auf dem Slotplads gegen den Willen der Polizei angeeignet hatte. Wenn auch so gut wie keine Redebeiträge gehalten werden konnten, kamen die Inhalte in den Sprüchen zum Ausdruck:

 

„Higher taxes and inflation aren´t caused by immigrations - bullshit get off the enemy´s profit.“

„We are here and we will fight, Freedom of movement is everybodies right.“

„Who streets - our streets.“

„No Border, no nation, stopp deportation“

zu hören hier

 

Die Stärke der Demo zeigte sich auch darin, dass die Leute sehr geschlossen auftraten. Zum Schutz vor der massiven Polizei Eskortierung, bildeten je 130-140 Leute an den Aussenseiten Ketten und liefen parallel zur Demo mit. Obwohl die Demo von Anfang an vielen Spannungen ausgesetzt war - ein Pressefotograph wurde von einem Polizeihund in den Oberschenkel gebissen - gelang es so, die Demo ohne Massenfestnahmen oder Ausschreitungen zum Parlamentsgebäude und weiter sicher ins Christiania zu bringen.

Auffallend war, dass sich ein Tross von MedienvertreterInnen in Erwartung des Riots am Anfang des Demozuges in Stellung hielt, scharf darauf, die besten Bilder einzufangen, wie ein Teilnehmer meinte.

 

Während auf den Straßen am heutigen Tag die AktivistInnen ein geordnetes Bild abgaben, spielen sich im Konferenzgebäude des Bella-Centers offensichtlich chaotische Szenen ab. Es wird berichtet, dass es sowohl logistische wie auch politische Pannen und Blockaden gibt. So wurden wohl bereits NGO-VertreterInnen bei der Anmeldung zurückgewiesen, weil das Bella-Center anscheinend an seine Kapazitätsgrenze stößt. Für einen Eklat sorgte heute, dass die Vertreter der G-77 Länder, sog. der Zusammenschluss der sog. Schwellen- und Entwicklungsländer, aus Protest geschlossen die Verhandlungsrunde verliessen. Sie beschuldigten die Industrieländer, die Klimaverhandlungen zu sabottieren. Um den Schaden zu begrenzen, bemühen sich Merkel und Sarkozy jetzt darum die aufmüpfigen Inselstaaten, die eine Festlegung auf das Ziel einer 1,5 Grad Begrenzung gefordert hatten, hinter Verschlossenen Türen noch vor Ankunft der Staatschefs am Mittwoch zu besänftigen. Verwirrung stiftet auch die Ankündigung von Gordon Brown, bereits am Mittwoch, früher als zunächst geplant, beim Klimagipfel aufzutreten. Es sieht ganz so aus, als wolle jeder der erste sein, um sich so breit wie möglich in Szene zu setzen.

 

Razzia en ChristianiaEingang ChristianiaFestnahmen

 

Ab 23 Uhr kam es zu Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und AktivistInnen rund um das Viertel Christiania, nachdem in den Straßen Barrikaden errichtet und angezündet worden waren. [Audio 1,2,3] Während der Razzia fand in dem Viertel eine Feier des Climate Justice Networks statt bei der unter anderen Naomi Klein und Tadzio Mülle das Wort ergriffen. Alle im Viertel anwesenden Gäste wurden von der Polizei unter Einsatz von Tränengas und Wasserwerfern gezwungen das Viertel zu verlassen. Es kam zu mehr als 200 Festnahmen.

 

Bisherige Berichte:

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Ergänzungen

Zu Naomie Klein

Dörte 15.12.2009 - 12:14

Konsequenzuen? Konsequenzen!

auf 15.12.2009 - 13:53
Zu Christiania: Es ist klar, dass dieser vollkommen ungerechtfertigte, gewalttätige Polizeieinsatz öffentlich gemacht und beantwortet werden muss. Es ist auch klar, dass es neben der Kriminalisierung und Einschüchterung des Protest hier darum ging, die Gelegenheit zu nutzen, eine autonome Zone und bei allen kontroversen auch langjährigen Teil linker Infrastruktur anzugreifen - das sollte jetzt überall mit Aktionen beantwortet werden. Donnerstag ist internationaler Aktionstag in Solidarität mit den AktivistInnen, die in Kopenhagen vom Polizeistaat angegriffen werden ( http://indymedia.dk/articles/1737).

Es gibt allerdings noch eine zweite wichtige Konsquenz die wir endlich aus diesen und ähnlichen Erfahrungen (z.B. Strasbourg) ziehen müssen: Aussichtslose Scharmützel mit Bullen in einer Situation grenzenloser zahlenmässiger Unterlegenheit unmittelbar vor den Eingängen von Camps und linken Zentren gefährdet unsere eigene Infrastruktur, alle Menschen, die sich darin befinden und für die Durchführung von Protesten und Widerstand auf genau diese Infratsruktur angewiesen sind. Sie legitimieren Repression und spalten die Szene weil die Auseinandersetzung um solche Schwachsinnsaktionen Debatten um sinnvolle Militanz überlagert! Die kurzlebige Freude, die ein symbolischer Barribau, ein paar Stein- und Flaschenwürfe und ein kleines Feuerchen hervorrufen mögen, die berechtigte Befriedigung die einem das angesichts von Polizeibrutalität und Menschenrechtsverletzungen wie in Kopenhagen bringen mag, steht in keinem Verhältnis zum katastrophalen Resultat. Wir haben das wieder und wieder erlebt und es wird Zeit, daraus Konsequenzen zu ziehen.

Wer sich an sowas beteiligt, hat entweder nicht gründlich nachgedacht oder sich mitreissen lassen oder - ist Agent Provocateur! Wer mitgerissen wurde oder nicht nachgedacht hat, wird bei entsprechender Ansprache in der Regel einsehen, dass eine solche Aktion an einem solchen Ort völlig kontraproduktiv ist. Ein Agent Provokateur wird weitermachen, so lange es geht! Das heisst, wir müssen aus unseren Strukturen heraus offensiver auf Leute zugehen und ggf. einschreiten, wenn Aktionen eigene Leute, Infrastruktur oder Unbeteiligte direkt gefährden. Wir dürfen sinnlose Aktionen nicht aus Angst vor "Spaltung" als Naturgesetz hinnehmen, sondern müssen dafür sorgen, dass Lockvögel keine Chance haben und Agents Provocateur enttarnt werden können. (Und wem das zu undifferenziert ist: Sicher kann so ein Dazwischengehen auch mal unpolitische "erlebnisorientierte" Leute betreffen, denen es scheissegal ist, wo sie Krawall anzetteln - aber denen in letzter Konsequenz klar zu machen, dass sie wenn sie sich wie Bullenspitzel verhalten auch wie solche behandelt werden, ist möglicherweise heilsam, in jedem Fall notwendiger Selbstschutz!)

Das bedeutet nicht, dass es ohne Posertum oder Beteiligung an Lockaktionen keine Repression gäbe - sie liesse sich allerdings immer schlechter legitimieren, während die Delegitimation sinnvoller militanter Aktionen immer schwieriger würde. Es geht hier auch nicht darum, Massenmilitanz oder militante Kleingruppenaktionen in Frage zu stellen. Es geht ganz einfach darum, Köpfchen einzusetzen und nicht jedem Agent Provocateur auf den Leim zu gehen!

Jetzt aber erstmal: Raus aus dem Netz - wir sehen uns auf der Strasse!
Die AktivistInnen in Kopenhagen unterstützen! Polizeistaat bekämpfen!

springer hetze

acab 15.12.2009 - 16:55

Tadzio Müller von CJA verhaftet

linksradikale aus Kopenhagen 15.12.2009 - 19:45
Die Polizeistrategie der vorbeugenden Aktionen gegen die COP15 Proteste eskalieren weiter. Geklaute und beschlagnahmte Demowagen, Transparente, Megaphone, sowie summarische Massenverhaftungen, brutales Vorgehen und jetzt präventive Vehaftungen von AktivistInnen sind die tragenden Ingredienzen der Polizeistaatspraxis in Dänemark.

Präventive Verhaftung

Das letzte Beispiel ist die präventive Verhaftung von Tadzio Müller, unmittelbar nach der Pressekonferenz im Kopenhagener COP15- Konferenzzentrum Bella Center. Laut Pressebericht der dänischen Tageszeitung "Politiken" und des linken Portals "Modkraft", wird die Polizei morgen bei der Rechtsprüfung versuchen, ihm in Untersuchungshaft zu stecken. Die vorgeschobenen Gründe: Planung von Straftaten gegen amtliche Personen- § 119 und gewaltsame Zusammenrottung - § 134a.
Tadzio Müller, der als einer der vielen Beobachter offiziell akkreditiert ist, referierte auf der Pressekonferenz im Bella Center über die morgigen Aktionen ”Reclaim Power” mit der Aktionsperspektive: ”Klimagipfel erobern”. Ausgehend vom Netzwerk ”Climate Justice Action”  http://www.climate-justice-action.org/index.php .


Parlamentarische Proteste

Die parlamentarische linkssozialistische ”Enhedslisten” hat gegen diese Verhaftung bei den zuständigen konservativen Minister Brian Mikkelsen protestiert. Was vorraussichtlich keinerlei Wirkung zeigen wird, da dieser als notorisches Echo jeglicher Polizeiübergriffe bekannt ist.

autonom infoservice - ein linksradikales Medienkollektiv aus dk.
 http://www.autonominfoservice.net/


Naomis Rede

ZNet-Leser 15.12.2009 - 21:13
die Rede von Maomi Klein in Kopenhagen findet ihr aktuell unter  http://zmag.de/
auch sonst noch sehr gute Artikel

Mehr Bilder

calypso 17.12.2009 - 01:51
Einige Bilder von der Action gibt's noch hier:
 http://1000.blogsport.de/2009/12/16/images-from-copenhagen-3/

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Naomi Klein? — h

ohje — h

Polizeigewalt — acab

Video — Bulle