Die "Mumia Ausnahme": gestern vor dem S.C.

Mumia-Hörbuchgruppe 07.10.2008 00:30 Themen: Antirassismus Medien Repression Soziale Kämpfe Weltweit
Seit Montag dem 6.10.08 gibt es verstärkt Meldungen und Artikel über Mumia Abu-Jamal und Troy Davis. (Welt, NTV, Tagesschau.de etc.)
Angeblich sei bei beiden ein neues Verfahren abgelehnt worden.
Dies beruht auf einer teilweisen Falschmeldung der Nachrichtenagentur AFP.
Allen gemein ist eine Meldung der Nachrichtenagentur AFP. Vermutlich liegt dort ein Fehler vor. Nachdem, was wir in den letzten Stunden rekonstruieren konnten, verhält es sich folgendermassen:

Mumias heutige Ablehnung beruht in diesem Fall auf dem Versuch seit den PCRA Anträgen in den 90iger Jahren, Zeugenaussagen über die Unglaubwürdigkeit von Cynthia White (Hauptbelastungszeugin 1982) und Priscilla Durham (Krankenhauswache, die angeblich am 9.12.1981 ein Geständnis von Mumia im Krankenhaus gehört haben wollte) einzuführen. Der Pennsylvenia Supreme Court hatte diese bereits im Februar 2008 abgewiesen. Fristversäumnisse waren hier als Vorwand angegeben worden. Zur Stunde ist noch überhaupt nicht bekannt, auf welcher Grundlage die Ablehnung heute vor dem US Supreme Court beruht.
Eine Tatsache ist davon jedoch unbeeinträchtigt: Es ist und bleibt ein juristischer Skandal, wie offensichtlich alle Gerichte der USA versuchen, das abgekartete politische Verfahren von 1982 gegen Mumia Abu-Jamal unangetastet zu lassen. Es wird mit aller Macht gedeckelt, obwohl so viele Details in der Öffentlichkeit bekannt sind. Mumia Abu-Jamal ist ein politischer Gefangener und scheinbar auch nach beinahe 27 Jahren Todeszelle noch immer so bekannt, dass sie es nicht leisten können, die eigenen gesetzlichen Vorgaben zu befolgen. Die Angst vor einem neuen Verfahren, in dem Mumia eine Schuld bewiesen werden müsste, scheint sehr gross zu sein. In Pennsylvenia wurde bereits vor Jahren ein Ausdruck geprägt, der diese juristische Haltung beschreibt: "die Mumia-Ausnahme" (the Mumia-exception)

Es ist jedoch wichtig, festzuhalten, dass der Antrag auf ein neues Verfahren (wg. des Rassismus in der Juryauswahl) vor dem US-Supreme Court noch gar nicht gestellt ist. Der Antrag soll bis zum 20. Oktober eingereicht werden. Mumias Verteidigung hat bereits eine Fristverlängerung um 60 Tage gefordert. Es könnte also sein, dass der Antrag erst gegen Jahresende gestellt wird.

Der zweite Teil der AFP Meldung, gegen den im US-Bundesstaat Georgia in der Todeszelle sitzenden Afroamerikaner Troy Davis sei ebenfalls abgelehnt worden, ist überhaupt nicht belegt. Vielmehr steht im SCOTUS-Blog, der Entscheidungen des Supreme Court veröffentlicht und Kommentiert, dass es überhaupt keine Aussage vom Gericht über Troy Davis heute gab und das vermutlich Ende der Woche damit zu rechnen sei.  http://www.scotusblog.com/wp/no-action-on-georgia-capital-case/

Warum die Nachrichtenagentur so eine ungesicherte Meldung verbreitet und auch etliche bundesdeutsche Medien dies unhinterfragt übernehmen, ist zur Stunde nicht klar.

Klar ist jedoch die negative Wirkung, die solche Medienberichterstattung für beide Gefangenen im Kampf gegen die Todesstrafe haben kann. So wird im Vorfeld möglicher Gerichtsentscheidungen in der Öffentlichkeit bereits der Eindruck erweckt, alles sei gelaufen und der Fall abgeschlossen.
Diese Beobachtungen hatten Unterstützer_innen von Mumia Abu-Jamal bereits im März 2008 gemacht, als das allgemeine Pressecredo war, "Mumia sei gerettet".

Mumias entscheidender Gerichtsantrag wird am 20. Oktober 2008 oder vielleicht sogar erst einige Wochen später gestellt. Troy Davis Fall ist noch nicht entschieden.

Wichtig für beide ist es, dass die öffentliche Unterstützung jetzt nicht ausbleibt. Für Mumia Abu-Jamal wird es zwischen im Dezember 2008 eine weltweite Aktionswoche geben. Sein Hauptanwalt Robert R. Bryan ist zur Zeit in Frankreich, um dort an einigen Solidaritätsveranstaltungen teilzunehmen und wird auch versuchen, Anfang November in Deutschland noch einmal die juristischen Hintergründe zu erläutern. Ein Aktuelles Rundschreiben von ihm persönlich von heute abend befindet sich im Original als PDF ERgänzung oben.

Für Troy Davis wurden und werden Online-Proteste organisiert. Infos gibt es auf der Webseite von Amnesty International USA (  http://www.amnestyusa.org/ ) , der Seite der Kampgane zur Beendigung der Todesstrafe (  http://nodeathpenalty.org/content/index.php ) , oder in deutsch regelmässige Rundbriefe vom Heidelberger Netzwerk gegen die Todesstrafe (  mikschiff@t-online.de , Betreff: TROY DAVIS)
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Ergänzungen

Erste Gedanken

Mumia-Hörbuchgruppe 07.10.2008 - 00:49
Es ist durchaus möglich, dass hier Stimmung über die Medien gemacht werden soll.
Warum wird der Fall Troy Davis, der erst seit ca. 3 Wochen durch die US-Medien geht, mit dem bereits seit 27 Jahren währenden Skandal um die Verurteilung Mumia Abu-Jamals vermengt?
Beide Fälle sind eine unübersehbare Herausforderung an die Legitimation der Todesstrafe in den USA. Also ganz gemäss der Devise: "Alles wurde geprüft und geprüft, was wollt ihr denn?"
In Mumias Fall gab es eine grosse Anzahl Sitzungen, inhaltlich wurde jedoch noch nie über seinen abgekarteten Prozess von 1982 geredet.
Und über Troy Davis ist gar nichts entschieden worden, trotzdem soll der Eindruck erwecjkt werden, hier ist alles gelaufen. Sollte AFP hier also bewusst manipulieren, zeigt das um so deutlicher, wie erfolgreich die Proteste der Antitodesstrafenbewegung in den letzten Wochen in den USA waren. Beruht diese Falschmeldung auf blosser Dummheit, ist es umso erstaunlicher, wie schnell und leicht sowas sich durch die welteiten Nachrichtenmedien frisst.

Es besteht für alle die Möglichkeit, sich per Leser_inbrief in die Debatte einzumischen. Sowas geht auch online.
Verbreitet die in wenigen Stunden erscheinende Presseerklärung weiter, schreibt Leser_innenbriefe überall dort, wo ihr Artikel auf der AFP Meldung basierend lest und beteiligt euch ansonsten an den Vorbereitungen zur weltweiten Aktionswoche zwischen 6. - 13. Dezember 2008.

Freiheit für Mumia Abu-Jamal!
Abschaffung der Todesstrafe weltweit!

Kommt zur FREE MUMIA Demo am 13.12.08

Berliner Mumia-Bündnis 07.10.2008 - 01:01
Was geht uns Mumia an?

Das Urteil und der Schrecken...

„Damit werdet ihr nicht durchkommen!“ rief er, als er im August 1982 aus dem Gerichtssaal in Philadelphia geführt wurde. Der afroamerikanische Journalist und ehemalige Pressesprecher der Black Panther Party, Mumia Abu-Jamal, war eben nach einem zweiwöchigen Schnellprozess zum Tod verurteilt worden - von einem Richter, der den US-amerikanischen Rekord an Todesurteilen hielt sowie als offener Rassist bekannt war.
Seitdem hat weltweiter Protest zweimal die Hinrichtung Mumias verhindern können - 1995 und 1999.
Seit 2001 durchlief Mumias Verfahren eine lange Widerspruchs-phase auf föderaler Gerichtsebene. Zwar kamen seit Mitte der 90iger Jahre immer weitere Details aus Mumias ursprünglichem Verfahren ans Licht: Beweisfälschungen, manipulierte Belastungs-zeugen, unterdrückte Entlastungsaussagen, Rassismus bei der Juryauswahl, Rechtsbrüche in der Urteilsphase, unerlaubte politische Stimmungsmache vor der Jury gegen den Angeklagten, das Zitat seines Richters Sabo „ich werde ihnen helfen, den Nigger zu grillen“.

... ohne Ende.

Aber bis heute hat kein Gericht in den USA gewagt, den Konsens derer zu durchbrechen, die radikale Kritik an den bestehenden Verhältnissen mit Gefängnis und Todesstrafe beantworten. Unabhängig von der juristischen Lage haben Mumias Verteidigung ebenso wie die weltweiten Unterstützer_innen immer wieder klar gesagt, dass politische Verfahren eben nicht allein im Gerichts-saal zu gewinnen sind - sondern auch auf der Strasse.

Und dennoch...

Trotz seiner scheinbar ausweglosen Lage nutzt Mumia das letzte Mittel, das ihm im Todestrakt als politisch handelndes Individuum geblieben ist: er denkt und schreibt.
Das was er schreibt und was etliche unabhängige Medien innerhalb und außerhalb der USA gerne veröffentlichen, stellt derzeit eine der direktesten Anklagen gegen die bestehenden Verhältnisse in seinem Land dar.

... die Verhältnisse anprangern.

Was das angeht, waren wir gerade Zeug_innen der Dreistigkeit, wie die scheidende Regierung die jahrelang vorhergesehene Finanzkrise dazu benützt hat, zur schnellsten Besitzumverteilung von unten nach oben aller Zeiten überzugehen, indem sie die Verluste der Bankenspekulation den steuerzahlenden Klein- und Mittelverdiener_innen aufgebürdet hat.
Das ist wahrlich große Raubkunst. Und nachdem die Weichen für Jahre im Voraus global auf Kriege um Ressourcen gestellt sind, wird auch die nächste US-Regierung diesen Kurs fortführen.
Eine der Seiten im gegenwärtigen Kampf um die Macht sagt das ja auch ganz offen. Und während die andere Seite derselben Medaille Illusionen von einem “Change”, also Wechsel erweckt, wird sich für die allermeisten US-Amerikaner_innen wohl nur die umgangssprachliche Wortbedeutung von “Change” erfüllen: ein wenig Wechselgeld.
“Das Zwei-Parteiensystem der USA ist eigentlich eine Partei, mit zwei rechten Flügeln.”(Gore Vidal 1970 in Matters of Fact and of Fiction)

Mumia Abu-Jamal...

Mumia Abu-Jamal, inhaftierter politischer Journalist, berichtet trotz diverser Kontaktsperren seit fast 27 Jahren aus dem Todestrakt heraus genau über diese Verhältnisse - meist Monate, bevor sich entsprechende Sachberichte in die Randspalten der Konzernmedien verirren. Und immer aus der Sicht der Betroffenen.
Daher wird Mumia in den USA seit Jahren immer wieder “ Voice of the Voiceless” (“Stimme der Unterdrückten”) genannt.

... und die Gerechtigkeit.

Und genau das ist der Grund, warum sich bisher jedes Gericht, vor das sein Fall gerät, weigert, die einfachsten bestehenden Gesetze auf ihn anzuwenden.
Nach geltender Rechtslage steht Mumia schon seit 1989, spätestens aber Mitte der 90er Jahre ein neues Verfahren zu. Aber jemand, der regelmäßig und selbst unter Lebensbedrohung den Finger in die Wunde legt und alle Widersprüche der “offiziellen Version” sofort erkennt, kann nur als “Mörder = Verbrecher” diffamiert werden, um ihn mundtot machen zu können.
Das scheitert jedoch immer wieder aufs Neue. Nicht einmal die harsche Realität der Isolationshaft des Todestraktes hält ihn davon ab, “immer laut das zu sagen, was ist.”

Politische Gefangene...

Natürlich ist Mumia nicht der einzige politische Gefangene in den USA. Es gibt sogar einige, die bereits viel länger einsitzen, so der schwarze Revolutionär Ruchell Cinque Magee (seit 1962 - seit 42 Jahren also!) oder der Native American Indian Leonard Peltier (seit Februar 1976).
Ihnen gemeinsam ist., dass sie viele Menschen dazu gebracht haben, direkt für ihre eigenen Belange einzutreten. Ebenso ist allen gemeinsam, dass sie des Mordes an Polizeibeamten angeklagt und dafür mit gefälschten Beweisen verurteilt worden sind.
... im Widerstand.
Auf radikale politische Opposition wird seit dem COINTELPRO-Programm der 60er und 70er bis heute von Staatsseite mit äußerster Brutalität reagiert. Zwar werden missliebige Radikale nicht mehr durch die geschlossene Tür und im Schlaf erschossen wie der Black-Panther-Führer Fred Hampton 1969.
Staatlich gedeckte Ermordung politischer Aktivisten durch FBI und Polizei ist seit Aufdeckung der COINTELPRO-Aktionen durch einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss 1975 nicht mehr offen gesellschaftsfähig.
Als Ersatz dient dafür seit 1976 die Todesstrafe.

27 Jahre in der Todeszelle: Lasst uns Mumia Abu-Jamal jetzt befreien!

Gemeinsam...

Mumias Worte vereinen sich mit denen vieler anderer in den USA. Sei es im Kampf gegen Angriffskriege und die Ausplünderung anderer Staaten durch seine Regierung oder im Kampf gegen das größte “Sozialprogramm” des Neo-Liberalismus, den industriellen Gefängniskomplex.
In den USA sitzen derzeit 2,5 Millionen Menschen in einem der über 1500 Gefängnisse des Landes, überwiegend für Bagatelldelikte (“Three Strikes..” Regel) oder solche ohne Gewalt und dafür oft für 15 - 25 Jahre. Sie sind die Sklaven der modernen Wirtschaft, die für wenige Cents in der privatisierten Gefängnisindustrie arbeiten müssen - für die Profite von IBM, Motorola, Compaq-Computertechnik, Texas Instruments, Boeing, Honeywell, Microsoft, Nordstrom-Jeans, Revlon, Pierre Cardin oder Nike.
Mumias Worte mobilisieren gegen dieses System der Ausbeutung und gegen die Todesstrafe, die in den USA seit Staatsgründung ein Garant der Absicherung weißer Vorherrschaft ist, weil sie für alle sichtbar die Drohung bereit hält: seht her, das ist es, was denen passieren kann, die arm sind, wenn sie mit der “falschen Hautfarbe” und ohne finanzielle Mittel zur eigenen Verteidigung einer schweren Anklage gegenüberstehen.

... sind wir stärker.

Wir setzen uns für Mumia ein in dem Wissen, dass wir den Kampf führen gegen repressive Hetze der Regierenden und ihre begleitende Überwachung all unserer Lebensregungen, gegen die Militarisierung der Gesellschaft nach innen und außen, gegen die Ausplünderung unserer Lebensgrundlagen, für eine Welt ohne Rassismus.

Wir solidarisieren uns mit denen, die in diesem Kampf kriminalisiert und weggesperrt werden, oft für lange Zeit ihres Lebens.
Wir sagen es laut und deutlich: Kein Staat hat das Recht, Gefangene zu ermorden!
Wir unterstützen die Gefangenen und Aktivist_innen in den USA während der weltweiten Aktionswoche vom 6. bis 13. Dezember und rufen euch auf, gemeinsam mit uns zu demonstrieren.


DEMONSTRATION am 13. Dezember 2008
START:13.30 Uhr Oranienplatz Berlin-Kreuzberg
ZIEL: Neue US-Botschaft Pariser Platz

FREIHEIT für MUMIA ABU-JAMAL!
ABSCHAFFUNG der TODESSTRAFE weltweit!

Beide Agenturmeldungen vom Montag falsch!

A. & M. Schiffmann 07.10.2008 - 11:17
Die letzte rechtliche Chance: Die US-SupremeCourt-Anträge von Troy Davis und Mumia Abu-Jamal

Beide Agenturmeldungen vom Montag, den 6.10., falsch!

Eine Verwechslung hat an diesem Montag, den 6. Oktober, für eine Agenturmeldung gesorgt, die weltweit Verwirrung gestiftet hat. AFP meldete um 17.11 h MEZ, der US Supreme Court (USSC) habe den Antrag auf Neuaufnahme seines Verfahrens für Mumia Abu-Jamal abgewiesen. Mit Nachrichtenticker von 17.18 h MEZ kam die Meldung hinterher, der Antrag von Troy Davis auf ein neues Verfahren sei abgelehnt worden.
Während die Telefone bei der Solidaritätsbewegung heiß liefen und diesseits und jenseits des Atlantiks alle, die beide Fälle seit langem begleiten, fieberhaft Recherchen anstellten, um den Wahrheitsgehalt der Meldungen zu überprüfen, berichtete Welt-online bereits darüber und hinterlegte die Meldung in ungewöhnlicher Ausführlichkeit mit sorgfältig recherchierten Fakten über die Zweifelhaftigkeit beider Verfahren und den breiten weltweiten Aufschrei für beide Todeskandidaten.
Auch ZEIT-online kommentierte die Meldung ausführlich mit Hintergrundwissen. Das Schweizer Online-Magazin Blick stellte den Fall breit und inhaltlich korrekt dar, betitelte seinen Artikel aber reißerisch mit„Giftspritze wartet auf Abu-Jamal“ und hob wie viele andere darauf ab, dass auf Troy Davis nun ebenfalls die Hinrichtung warte.
Beides ist falsch.
Der Blog des Supreme Courts, der täglich alle Entscheidungen kommentiert, fasst die 82 Seiten umfassende Liste der Urteile des Tages kurz und bündig zusammen: „Keine Meldung zu Troy Anthony Davis Berufungsantrag.“ Eine Entscheidung in seinem Fall wird nunmehr nicht vor Freitag erwartet.
Die peinliche Agentur-Verwechslung ist ganz offensichtlich deshalb zustande gekommen, weil Montag der Tag war, an dem alle die angekündigte Entscheidung des Supreme Court in Troy Davis Fall erwartet hatten. Die für den 23. September angesetzte Hinrichtung des Afro-Amerikaners hatte weltweite Proteste ausgelöst und war zwei Stunden vor der Vollstreckung vom Supreme Court ausgesetzt worden.
Troy Davis sitzt seit nunmehr 17 Jahren im Todestrakt von Georgia, nachdem er ohne Indizienbeweise und ausschließlich aufgrund von Zeugenaussagen für einen Polizistenmord in Savannah verurteilt worden war. Sieben der neun Zeugen haben mittlerweile ihre Aussagen widerrufen und angegeben, von der Polizei unter Druck gesetzt worden zu sein. Einer der beiden übrigen wird von Davis Verteidigung für den tatsächlichen Mörder gehalten.
Die Verfahrens-Ablehnung des Supreme Court bezog sich nicht auf ihn, sondern auf Mumia Abu-Jamal. Auch das kam überraschend, denn außer dem engsten Kreis seines Verteidigungsteams hatte niemand zu diesem Zeitpunkt damit gerechnet.
Aber dieses Urteil bezieht sich nicht auf den großen Antrag der Verteidigung, der Berufung einlegt gegen die rassistische Geschworenenauswahl im ursprünglichen Verfahren und die Irreführung der Jury durch den Staatsanwalt bei der Urteilsfindung. Vielmehr bedeutet es die Ablehnung eines Antrags vom Juni, in dem es um die Zulässigkeit von Detailbeweisen vor Gericht ging und um die Fragen nach dem Wahrheitsgehalt verschiedener Zeugenaussagen.
Der eigentlich wichtige Antrag Abu-Jamals auf US-Bundesebene steht noch aus und wird von der Verteidigung erst am 20, Oktober, bei einer Verlängerung der Frist sogar erst am 20. Dezember gestellt werden. Abu-Jamals Hauptanwalt Robert R. Bryan war gestern auf seiner Reise zur fanzösischen Filmfestival-Premiere von „In Prison My Whole Life“ nur kurz zu erreichen. „Bitte verstehen Sie diese Entscheidung nicht falsch – sie hat mit dem Antrag, der sich auf den Rassismus bei der Jury-Auswahl und die Urteilsfindung der Geschworenen bezieht, nichts zu tun! Wir sind noch nicht am Ende.“
Die Verurteilung Mumia Abu-Jamals wegen Mordes an einem Polizeibeamten ist noch immer nicht endgültig. Sowohl Mumia Abu-Jamal als auch Troy Davis haben, entgegen der irreführenden Presse- und Medienmitteilungen, immer noch die Chance auf Gewährung eines neuen und fairen Gerichtserfahrens, das erneut darüber befindet, ob sie das ihnen zur Last gelegte Verbrechen tatsächlich begangen haben.
Alles spricht dafür, dass sie genau das nicht getan haben. Wegen dieser offensichtlichen Monstrosität ist der Kampf gegen die Hinrichtung von Troy Davis und Mumia Abu-Jamal derzeit einer der wichtigsten Aspekte des Kampfs gegen die Todesstrafe überhaupt.

Wichtig für beide ist es, dass die öffentliche Unterstützung jetzt nicht ausbleibt. Für Mumia Abu-Jamal wird es zwischen im Dezember 2008 eine weltweite Aktionswoche geben, die Vorbereitungen in Berlin laufen auf Hochtouren.

Für Troy Davis wurden und werden Online-Proteste organisiert. Infos gibt es auf der Webseite von Amnesty International USA:  http://www.amnestyusa.org/ und der Seite der Kampgane zur Beendigung der Todesstrafe:  http://nodeathpenalty.org/content/index.php
Annette Schiffmann und Michael Schiffmann 

Kolumne von Mumia Abu-Jamal

FREE MUMIA News 07.10.2008 - 11:46
Hier eine knapp 4-minütige mp3 Aufnahme, in der jemand eine Kolumne von Mumia Abu-Jamal zur Bankenkrise und dem laufenden US-Präsidentschaftswahlkampf liest.
Mumias Kolumnen werden übersetzt regelmässig schriftlich samstags in der Tageszeitung Junge Welt (seite 6) und montags zum Hören in den FREE MUMIA News (18.00 OK-Berlin 97,2 UKW oder live stream  http://85.214.123.163:8000/metropolis.m3u ) veröffentlicht.

Online Docket

Joachim 07.10.2008 - 12:02

Im Falle von Troy: Im Online Docket des U.S. Supreme Courts steht es ganz klar: "Distributed for Conference of October 10, 2008."

Es empfiehlt sich meistens anhand der Verfahrensnummer dort nachzuschauen wenn widersprüchliche Meldungen verbreitet werden.

Joachim

Mumia und der Supreme Court

Andrea 09.10.2008 - 20:52

juristische Einschätzung vom 6.10.08

FREE MUMIA 09.10.2008 - 21:18
Am 6. Oktober ging die Nachricht um die Welt, der Oberste Gerichtshof der USA habe Mumia Abu-Jamals Berufung abgelehnt und die damit die Entscheidung niedrigerer Gerichte bestätigt, nach denen zwar das Todesurteil gegen Abu-Jamal aufgehoben ist, er aber den Rest seines Lebens in Haft verbringen muss.

Diese Berichte sind glücklicherweise nur zur Hälfte wahr. Bei dem jetzt abgelehnten Antrag ging es um die Weigerung von Abu-Jamals ursprünglichem Prozessgericht, sich mit den Aussagen von neuen Entlastungszeugen auseinanderzusetzen, die sich bei Abu-Jamals Verteidigung gemeldet hatten.

Da sich das Oberste Gericht mit solchen substanziellen Tatsachenbeweisen nur höchst selten befasst, kam die Ablehnung des Antrags für Abu-Jamals Verteidigung nicht unerwartet; sein Hauptverteidiger Robert R. Bryan erklärte sogar, er habe damit gerechnet.

Der für den endgültigen Ausgang von Mumia Abu-Jamals Berufung gegen seine Mordverurteilung von 1982 eigentlich entscheidende Antrag auf Gehör vor dem Obersten Gericht steht dagegen noch aus und wird erst am 20. Oktober, bei einer möglichen Fristverlängerung sogar erst am 20. Dezember eingereicht werden.

Bei diesem Antrag wird es um zwei sehr bedeutende verfassungsrechtliche Fragen gehen, nämlich erstens darum, ob der Ankläger bei Abu-Jamals Verfahren aus rassistischen Motiven schwarze Geschworene aus der Jury ausgeschlossen hat, und zweitens, ob er die so zustandegekommene Jury in unzulässiger Weise zur Missachtung der auch in den USA für jeden Angeklagten geltenden Unschuldsvermutung aufgefordert hat.

Wenn das Gericht den Antrag annimmt und Abu-Jamal in mindestens einem dieser beiden Punkte Recht gibt, bekommt dieser doch noch das von ihm seit langen Jahren geforderte neue Verfahren.

"Offenbarungs- statt Amtseid"

FREE MUMIA News 10.10.2008 - 14:38
Mumia empfahl vor kurzem dem zukünftigen US-Präsidenten, beu seiner Amtseinführung eher einen Offenbarungs- anstelle eines Amtseides zu schwören, da der derzeitige Sozialraub an der Bevölkerung zur Rettung der Banken wohl kaum eine andere Löseung parat hält.
Der Audiobeitrag ist Minuten lang und in deutscher Übersetzung vorgelesen.

Solche und ähnlich Beiträge gibt es jeden Montag um 18 Uhr im Berliner OKB auf 97,2 UKW oder als internet live stream von Radio Metropolis auf  http://85.214.123.163:8000/metropolis.m3u