Troy Davis -nach Protest Hinrichtungsaufschub

Anton Mestin 26.09.2008 00:01 Themen: Antirassismus Netactivism Repression Soziale Kämpfe Weltweit
US-Supreme Court setzt Hinrichtung vorläufig bis kommenden Montag aus, um zu beraten +++ Angehörige zunächst erleichtert und optimistisch +++ US-Medien berichten verstärkt über die Ungereimtheiten in ursprünglichem Verfahren +++ Anti-Todesstrafenaktivist_innen bereiten sich jedoch auf erneute Proteste in der nächsten Woche vor
Nach zahlreichen und heftigen weltweiten Protesten stoppte am vergangenen Dienstag das höchste US-Gericht nur knapp zwei Stunden vorher die Hinrichtung von Troy Anthony Davis. Es setze die Hinrichtung vorläufig aus, um am kommenden Montag, den 29. September zu beraten, ob es den Fall in die nächste Runde seiner Verhandlungen aufnimmt. (Originalgerichtsbeschluss  http://www.scotusblog.com/wp/wp-content/uploads/2008/09/davis-stay-order-9-23-08.pdf ). Damit durchkreuzte es den Versuch der Behörden des US-Bundesstaates Georgia, diese stark umstrittene Hinrichtung durchzuziehen und Tatsachen zu schaffen, bevor Troy Davis Gelegenheit hatte, seine Rechte im vollen Umfang wahrnehmen zu können.
Troy Davis und seine Verteidigung weisen seit vielen Jahren darauf hin, dass seine Verurteilung als Polizistenmörder lediglich auf Zeugenberichten, nicht jedoch auf Indizien basiert. Wäre allein das schon eine dürftige Basis, haben zusätzlich sieben der Hauptbelastungszeugen in den Jahren seit der Verurteilung ihre Aussagen entweder widerrufen oder aber völlig widersprüchliche Angaben gemacht. Einige sagten zudem aus, von der Polizei zu ihren belastenden Aussagen genötigt worden zu sein. Nun versucht Troy Davis, ein komplett neues Verfahren zu erhalten, um in der Lage zu sein, seine Unschuld zu beweisen und das Gefängnis nach 19 Jahren Haft endlich zu verlassen.

Dieser große Teilerfolg der Anti-Todesstrafenbewegung in den USA ist möglicherweise jedoch nur von kurzer Dauer. Ob der US Supreme Court diesen Fall nämlich zur weiteren Behandlung annimmt, ist nicht klar. Sollte das Verfahren abgelehnt werden, tritt der Hinrichtungsbefehl automatisch wieder in Kraft. Der Gouverneur von Georgia würde dann die Haftanstaltsleitung anweisen, einen neuen Hinrichtungstermin anzusetzen. Erfahrungsgemäß geht das sehr schnell. Im schlimmsten Fall könnte das Leben von Troy Anthony Davis bereits Anfang nächster Woche erneut in großer Gefahr sein.

In den vergangenen zwei Wochen hatte es starken Widerstand mit sehr unterschiedlichen Protestformen gegeben. Während es zu zahlreichen Demonstrationen, Kundgebungen und Blockaden in Atlanta(Hauptstadt vom Georgia)kam, organisierte z.B. das "Troy Davis Projekt" Lesungen, in denen unterschriebene eidesstattliche Erklärungen von Zeugen, die ihre Aussagen zurückgezogen hatten, sowie Briefe an den Begnadigungsausschuss in Universitäten verlesen wurden.
Auch in anderen Städten kam es zu Protesten, so z.B. in New York, Washington D.C., Seattle, Salt Lake City, Nashville, Jackson, Athens oder Rapid City.
Was auch sehr ins Gewicht zu fallen schien, waren die weltweiten Online-Proteste, zu denen verschiedene Organisationen aufgerufen hatten, so z.B. die Kampagne zur Beendigung der Todesstrafe (CEDP) oder Amnesty International. Bereits Dienstag früh gaben der Begnadigungsausschuss und die Bundesstaatsregierung zu, dass ihre Büros aufgrund von Faxen und e-mails zusammengebrochen seien. Ab Dienstagnachmittag schaltete auch der dazugehörende Internet-Server ab.
Es ist wahrscheinlich der Kombination aus hartnäckigen Büro-Belagerungen, Demonstrationen und dem offensichtlich weltweiten Interesse zu verdanken, dass Troy Davis noch lebt.

Seit dem Aufsehen erregenden Widerstand gegen die Hinrichtung haben auch viele US-Medien den Fall aufgegriffen. Waren es vor dem Termin nur wenige, die auf die offensichtlichen Ungereimtheiten und die vermutliche Unschuld des Gefangenen hinwiesen, ist dies jetzt wesentlich deutlicher in der Berichterstattung. ( CNN, NY Times, AP, Atlanta Journal  http://www.ajc.com/search/content/opinion/stories/2008/09/24/tucked.html, myFOX Atlanta etc.)
Was aber in einigen Berichten auch anklang, war die Enttäuschung der Fraternal Order of Police (FOP), die sehr auf eine Hinrichtung gehofft hatte. Diese offen rechts agierende Polizeibruderschaft betont hier wie in vielen vergleichbaren Fällen auch, dass sie "Gerechtigkeit" für den ermordeten Kollegen fordere (der übrigens zur Tatzeit nicht im Dienst war). Dass es offensichtlich einen anderen Tatverdächtigen gibt ( http://de.indymedia.org/2008/09/227730.shtml), scheint diesen legalen Arm des KuKlux-Clan nicht zu interessieren. (Interessierten ist wahrscheinlich bekannt, dass z.B. auch im Fall von Mumia Abu-Jamal der wahrscheinliche Mörder Kenneth Freeman der Polizei bekannt war - und bereits 1985 mit Handschellen gefesselt tot in einem Fahrzeugkofferraum gefunden wurde. Die Autopsie sprach damals von einer "natürlichen Todesursache").

Es besteht also durchaus die Möglichkeit, dass der Supreme Court hier lediglich ein Ventil schaffen wollte, da die Proteste alle juristischen und staatlichen Stellen bis hin zum Weißen Haus miteinbezogen hatten. Trotz den die Nachrichten bestimmenden Themen wie 11. September, Wahlkampf und der Bankenkrise hatte es der Fall von Troy Davis in der letzten Woche in die US-amerikanische Öffentlichkeit geschafft.

Die Kampagne zur Beendigung der Todeststrafe (CEDP) (  http://nodeathpenalty.org/content/index.php ) hat für kommenden Montag zum Aktionstag für Troy Davis aufgerufen. Neben vielen Aktionsvorschlägen in den USA rufen sie erneut weltweit dazu auf, dem zuständigen Oberstaatsanwalt sowie dem Bezirksstaatsanwalt per Fax, Brief, Anruf und e-mail nahezulegen, auf die Hinrichtung zu verzichten und selbst neue Ermittlungen in dem Fall anzustellen. Auch der Begnadigungsausschuss von Georgia soll erneut an seine Feststellung von 2007 erinnert werden, dass zahlreiche Ungereimtheiten und unterlassene Untersuchungen erst zur Verurteilung von Troy Davis geführt haben.

Auch im deutschsprachigen Raum beteiligten sich viele Gruppen und riefen zu Online-Protesten auf. Neben Amnesty International versuchte u.a. auch das Heidelberger Netzwerk gegen die Todesstrafe erfolgreich, viele Menschen zu mobilisieren. Auf die Frage, wie es weiter gehe, sagte ein Sprecher: "Wir müssen abwarten, was Montag beim Supreme Court geschieht. Sollten sie ein neues Verfahren für Troy Davis verweigern und wieder eine Hinrichtung ansetzen, werden wir auch die Online-Proteste erneut starten. Bei den Adressaten dieser Proteste werden wir uns an die Vorgaben der Aktivist_innen aus den USA halten. Wer teilnehmen möchte, sollte sich schnell in unsere Verteilerliste eintragen."

Sollte Troy Davis die nächste Woche überleben und es tatsächlich schaffen, als mittelloser Afroamerikaner nach zwei abgesetzten Hinrichtungen ein neues Verfahren und schließlich die Freiheit zu erlangen, wäre das einer der größten Erfolge, seit die Todesstrafe an sich in den USA auf der Anklagebank steht. Sein Fall wird in der derzeitigen Berichterstattung auch häufig als Beleg dafür gesehen, dass die Todesstrafe in den USA hauptsächlich mittellose Angeklagte und Angehörige nichtweißer Bevölkerungsgruppen trifft. (siehe dazu "The Atlanta Journal-Constitution"  http://www.ajc.com/search/content/opinion/stories/2008/09/24/tucked.html )

Auf Troy Davis und seinen Angehörigen lastet in diesen Tagen ein enormer Druck. Nachdem Troy Davis am Dienstag seine letzte Mahlzeit verweigerte, erfuhr er erst eineinhalb Stunden vor seiner angesetzten Hinrichtung aus einem Fernsehapparat, dass er einen Aufschub erhalten hatte. Am Sonntag besuchten ihn seine Familienangehörigen das letzte Mal und hatten sich von ihm verabschiedet. Ein Besuchsbericht über diese unmenschliche Situation findet sich hier  http://media.de.indymedia.org/media/2008/09//227732.pdf

Nach der Bekanntgabe des Aufschubs sagte die Schwester Martina Correia, dieser Fall werde Auswirkungen im Bundesstaat Georgia haben. „Die Wahrheit“ habe endlich ein Gericht zum Einlenken gebracht. „Wir werden die Fundamente der Todesstrafe in Georgia erschüttern“, sagte sie sichtlich emotional mitgenommen, während ihr viele Unterstützer_innen am Dienstag gratulierten.
„Es ist noch nicht vorbei, wir müssen den Fall auf die nächste Stufe bringen“, kommentierte Troy Davis Bruder, Lester Davis. „Hoffentlich gibt das den Verantwortlichen genug Zeit, die Ungerechtigkeit dieses Falles zu verstehen.“
Troy Davis selbst hatte bereits seinen letzten Willen als Tonaufnahme aufgenommen. Er stellte dort nochmals klar, dass er unschuldig ist. Er drückte jedoch auch den Angehörigen des erschossenen Polizisten MacPhail in ihrer Trauer seine Verbundenheit aus. Zu dem Aufschub sagte er: „Eine Woche erscheint keine lange Zeit. Aber wenn du nur noch zwei Stunden bis zu deinem Tod hast, dann ist eine Woche wie ein ganzes Leben.“
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Ergänzungen

wichtige Adressen für Online-Proteste

Mumia-Hörbuchgruppe 26.09.2008 - 00:24
Protestliste für Montag, den 29.09.08

Oberstaatsanwalt Georgia:
Thurbert E. Baker
Office of the Attorney General
40 Capitol Square, SW
Atlanta, Ga 30334
Phone:(404) 656-3300
Fax:(404) 657-8733

zuständiger Bezirksstaatsanwalt in Chatham:
Spencer Lawton, Chatham County District Attorney
Chief Assistant District Attorney David Locke
133 Montgomery Street
Savannah, Georgia 31401
Phone: (912) 652-7308
Fax: (912) 652-7328

Begnadigunsausschuss Georgia:
Chairman Gale Buckner
State Board of Pardons and Paroles
2 Martin Luther King, Jr. Drive, SE
Suite 458, Balcony Level, East Tower
Atlanta, Georgia 30334-4909

Telephone: (404) 657-9350
Fax: 404-651-6670 and (404)651-8502
Email:  Clemency_Information@pap.state.ga.us


deutschsprachige e-mail Liste für die erwarteten Online-Proteste am Montag:  mikschiff@t-online.de
(Netzwerk gegen die Todesstrafe, Heidelberg) Betreff: TROY DAVIS


regelmässige deutschsprachige Hintergrundartikel über Troy Davis:

Anti_Todesstrafen Blog von Brieffreund von Troy Davis  http://keinetodesstrafe-nodeathpenalty.blogspot.com/
Berliner Mumia-Bündnis  http://mumia-hoerbuch.de/stopptodesstrafe.htm

The Atlanta Journal-Constitution am Mittwoch

Zeitungsschau USA 26.09.2008 - 00:27
dieser Artikel aus dem Atlanta Journal-Constitution wird oben im Zusammenhang mit der öffentlichen Todesstrafenbetrachtung erwähnt. Hier eine deutsche Übersetzung:

Troy Davis könnte unschuldig sein
Von Cynthia Tucker
The Atlanta Journal-Constitution am Mittwoch, den 24.9. 2008

Hätte Troy Anthony Davis auf der sozialen Leiter einen etwas höheren Platz gehabt, wäre er wahrscheinlich nicht für den Mord verurteilt worden, der im August 1989 an einem Polizisten aus Savannah begangen wurde. Wäre Davis ein Arzt oder Anwalt oder ein Universitätsdozent gewesen, hätte die Polizei ihn vermutlich nicht auf die Anschuldigung eines Kleinkriminellen hin ins Visier genommen.
Aber Davis gehört nicht zur High Society; er ist weder gebildet noch wohlhabend. Er stammt aus einer zwar ordentlichen, aber höchst bescheidenen Gegend, doch als er volljährig wurde, hatte er bereits ein Kleinstrafenregister. Zur Zeit des tragischen Mordes an dem Polizeibeamten Mark Allen MacPhail arbeitete Davis für einen mageren Lohn und war auf der Suche nach einem besseren Job.
Als also Sylvestor Nathaniel „Redd“ Coles nur Stunden nach dem Mord und in Begleitung seines Anwalts gelassen das Polizeirevier betrat und Davis als den Schützen identifizierte, hatte die Polizei von Savannah kein Problem mit seiner Glaubwürdigkeit, obwohl Coles selbst auch ein Vorstrafenregister hatte. Sie machten sich daran, Beweise gegen Davis zu sammeln, und beim Prozess hatten sie neun Zeugen, einschließlich Coles, die gegen Davis aussagten.
Seitdem haben jedoch sieben der neun Zeugen widerrufen oder sich in Widersprüche verwickelt, und Davis derzeitige Anwälte sind mittlerweile überzeugt davon, dass es Coles selber war, der MacPhail getötet hat. Die meisten der Zeugen, die widerrufen haben, geben an, dass sie 1989 Angst vor der Polizei hatten und dass sie zu den Aussagen gegen Davis genötigt wurden. Angesichts der Tatsache, dass ein Kollege getötet worden war, ist es nicht unwahrscheinlich, dass die Polizei von Savannah Druck ausübte, um genügend Beweise für eine Verurteilung zu erhalten.
Am beunruhigendsten ist die Erinnerung von Tonya Johnson, die aussagt, sie habe damals der Polizei nicht alles erzählt, was sie wusste. Jetzt sagt sie, dass sie damals einen Mann aus der Richtung der Schießerei fortlaufen sah und dass sie beobachtete, wie er zwei Waffen hinter der Tür eines leer stehenden Hauses nebenan versteckte. Davis Anwälten zufolge war Coles dieser Mann. Sie gehen davon aus, dass Tonya Johnson Coles Rache fürchtete, falls sie die Wahrheit bezeugt hätte.
Trotz der widerrufenen Zeugenaussagen verweigerte der Supreme Court Georgias Anfang des Jahres ein neues Verfahren für Davis, und letzten Montag bestätigte der Gnadenausschuss seine Entscheidung, das Gnadengesuch abzulehnen. Davis hatte seinen Hinrichtungstermin am 23. September um 19 Uhr Ortszeit. Der US Supreme Court intervenierte in letzter Minute mit einer Aussetzung.
Die unentwegte Krimi-Serien-Kost aus Hollywood hat bei uns Amerikanern die Erwartung produziert, dass die Polizei immer wenigstens ein paar vernichtende Beweise findet, wenn nicht sogar den sprichwörtlichen rauchenden Colt. Das echte Leben ist selten so befriedigend. Im Fall von Davis gab es praktisch keine physischen Beweise – keine DNA, keine Fingerabdrücke, nicht einmal die Mordwaffe. Nichts.
Die Geschworenen gründeten ihre Entscheidung auf jene Zeugen, die schworen, Davis sei der Mann gewesen, der den Abzug betätigt hatte, oder dass er zumindest eine Waffe hatte, die vielleicht die Mordwaffe gewesen war. Der Mord war bei Nacht geschehen, auf einem spärlich beleuchteten Parkplatz und während einer Schlägerei. Der Beamte MacPhail, der nebenher nachts als Wachmann arbeitete, hatte versucht, ein zwischen einem Burger King und einer Greyhound-Station stattfindendes Handgemenge zu beenden.
Nun sind Augenzeugen selbst unter den besten Bedingungen notorisch unzuverlässig. Mehr als 75% aller Gefangenen, die aufgrund von DNA-Analysen freigelassen werden mussten, waren ursprünglich wegen falscher Zeugenaussagen verurteilt worden.
In diesem Fall gibt es keine DNA und deshalb keine Gewissheit. Trotz all seiner Unschulds-Beteuerungen, trotz all der Berühmtheiten, die sich für seine Begnadigung eingesetzt haben, trotz der Widerrufe der Zeugen ist es sicher möglich, dass Davis den jungen Polizisten in der heißen Augustnacht 1989 mit mehreren Schüssen getötet hat. Es ist sicher möglich, dass der Tod die Strafe ist, die er gerechterweise verdient.
Aber es ist genauso gut möglich, dass Davis einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort war, ans Messer geliefert vom tatsächlichen Täter und verurteilt von einem Rechtssystem, das danach lechzte, einen Polizistenmörder hinter Gitter zu bringen.
Falls es so ist, dann hat der US Supreme Court den Staat Georgia gerade davon abgehalten, einen unschuldigen Mann zu ermorden.

- Cynthia Tucker is the editorial page editor. Her column appears Sunday and Wednesday.
 cynthia@ajc.com

CNN über Troy Davis und den Aufschub

Mumia-Hörbuchgruppe 28.09.2008 - 19:56
Selbst das US-amerikanische Regierungssprachrohr CNN - Vorreiter des "embedded journalism" sieht ganz klar, das Troy Davis' Verurteilung nicht stichhaltig ist  http://www.cnn.com/2008/CRIME/09/23/davis.scheduled.execution/index.html#cnnSTCVideo

Demos für Troy Davis in den USA am 29.09.08

Mumia-Hörbuchgruppe 29.09.2008 - 00:02
In diesen Städten wird es am Montag, den 29.09.08 Solidaritätsdemos für Troy Davis und gegen seine Hinrichtung geben:

--Atlanta, GA
--Austin, TX
--Chicago, IL
--New York, NY
--Philadelphia, PA
--San Francisco, CA
--Washington, DC

Letztere findet direkt um 9 Uhr vor dem Supreme Court statt, wo dann zeitgleich über Troy Davis Leben beraten wird.

Heute wieder für Troy Davis unterschreiben!

Berliner Mumia-Bündnis 29.09.2008 - 13:59
Die Nacht vom vergangenen Dienstag auf den Mittwoch hat einen jener
seltenen Momente gebracht, für die wir so viel arbeiten und kämpfen.
Und die oft so weit weg zu sein scheinen. Wo die blanke Wut in
freudige Erleichterung umschlägt. Ein Sieg.

Troy Davis ist nicht hingerichtet worden!
Das ist einzig und allein die Folge der weltweiten Proteste - danke
euch allen für die Zehntausenden von Mails und Faxen, die dazu
beigetragen haben.

Zwei Stunden vor seiner geplanten Hinrichtung hat der US Supreme Court
einen Aufschub gewährt -
den der Begnadigungsausschuss in Georgia vorher verweigert hatte.

Aber auch dessen Entscheidung fiel mit 4 zu 3 Stimmen denkbar knapp
aus. Die Vorsitzende Richterin distanzierte sich in einer
„Abweichenden Meinung“ scharf von der Mehrheit: „Wenn Widerrufe von
Zeugenaussagen entweder für sich genommen oder zusammen mit anderen
Beweisen überzeugend zeigen, dass im Strafprozess falsche Aussagen
gemacht wurden, widerspricht es jeder Logik und Moral, diese Widerrufe
kategorisch zu ignorieren.“

Aber das Leben des Troy Anthony Davis steht immer noch auf Messers
Schneide.
Am Montag, den 29. September - also HEUTE - wird der Supreme Court
darüber entscheiden, ob Troy Davis ein neues Verfahren bekommt, bei
dem er die Beweise seiner Unschuld vorlegen kann.

Die Kampagne gegen die Todesstrafe, seine Familie und alle
UnterstützerInnen rufen dazu auf, weiterhin Briefe an den
Begnadigunsausschuss zu schreiben und dies über die Webseite von
Amnesty USA zu tun:

 http://www.amnestyusa.org/troydavis

Amnesty sammelt alle Schreiben und überreicht sie den zuständigen
Stellen gebündelt unter Begleitung durch eine Pressekonferenz.

Zeitgleich werden in den USA sieben Demonstrationen zur Unterstützung von
Troy Davis stattfinden. In Atlanta, GA, Austin, TX,
Chicago, IL, New York, NY, Philadelphia, PA, San Francisco, CA und Washington, DC
werden viele Menschen sich gegen die Hinrichtung und für ein neues Verfahren einsetzen.
In Washington D.C. wird das sogar zeitgleich vor dem Gebäude des Supreme Court
stattfinden, während dort der Fall verhandelt wird. Die Beratungen beginnen um 9 Uhr EST,
dass entspricht 15 Uhr MEZ. Gegen frühen abend wird dann hier wahrscheinlich die
Entscheidung bekannt sein.

Ausführliche Information über den Fall gibt es auf englisch bei:

 http://troyanthonydavis.org
 http://gfadp.org/

und auf deutsch:

 http://mumia-hoerbuch.de/stopptodesstrafe.htm
 http://jungewelt.de/2008/09-29/001.php
 http://de.indymedia.org/2008/09/227936.shtml

Bitte verbreitet den Aufruf weiter und unterschreibt bei dem oben erwähnten Brief von
Amnesty International.

DANKE !


Berliner Bündnis Freiheit für Mumia Abu-Jamal!
Freiheit für Mumia Abu-Jamal Heidelberg e.V.
Netzwerk gegen die Todesstrafe
******************************************

ihr könnt Troy Davis direkt anschreiben

Mumia-Hörbuchgruppe 29.09.2008 - 20:27
Heute hat der Supreme Court getagt. Um 9 Uhr EST = 15 Uhr MEZ trat das Gericht zusammen. Wir wissen nicht, ob sie schon zu einer Entscheidung gekommen sind. Sobald was bekannt wird, steht es auch hier.
Inzwischen könnt ihr auch Troy Davis direkt schreiben. Er hat einen direkten e-mail service von Amnesty International France  http://soutenonstroydavis.amnesty.fr/
Dort ist alles in französisch und englisch erklärt. Im wesentlichen ist es e-mail formular, wo ihr eine Nachricht reinschreiben könnt.
Solidarität durch die starken Todestraktmauern hindurch!

CBS News über Troy Davis

kurt 30.09.2008 - 12:34
Hier ein weiters Beispiel über die Wendung der grossen US-Medien, den Fall etwas fairer zu betrachten, ist diese 3-minütige Reportage auf CBS News vom letzten Sonntag. Leider muss mensch sich vorher einen kurzen werbeclip ansehen, aber die Reportage ist erstaunlich. Sie zeigt einen der früheren Zeugen am Tatort und befragt ihn zur Tatnacht und ob er Troy Davis überhaupt kennen würde. Er sagt, die Polizei habe ihn zu der Aussage genötigt. Er kenne Troy Davis überhaupt nicht. danach wird ein damals ermittelnder Polizist aus Savannah interviewt sowie der Sohn des erschossenen Polizisten.
 http://www.cbsnews.com/video/watch/?id=4484017n

Entscheidung vertagt - erste Berichte

Berliner Mumia-Bündnis 30.09.2008 - 12:57
Hier einige Infos über Troy Davis.

Es wird immer erstaunlicher. Gestern veröffentlichte der Supreme Court der USA lediglich, dass er seine Entscheidung vertage, ob er ein neues Verfahren für Troy in Erwägung zieht oder aber das Todesurteil bestätigen wird.

Als Datum dafür wurde nächste Montag, der 6.10.08 genannt.

Troy Davis Unterstützer_innen nahmen dies zunächst als weiteren Etappensieg auf. Während wir noch auf Berichte von den Demonstrationen gestern und weiteren Protesten warten, lässt sich eine deutliche Veränderung zugunsten von Troy Davis in der Öffentlichkeit beobachten.

Als Beispiel hier diese 3-minütige Reportage auf CBS News vom letzten Sonntag. Leider muss mensch sich vorher einen kurzen Werbeclip ansehen, aber die Reportage ist erstaunlich. Sie zeigt einen der früheren Zeugen am Tatort und befragt ihn zur Tatnacht und ob er Troy Davis überhaupt kennen würde. Er sagt, die Polizei habe ihn zu der Aussage genötigt. Er kenne Troy Davis überhaupt nicht. Danach wird ein damals ermittelnder Polizist aus Savannah interviewt sowie der Sohn des erschossenen Polizisten.
 http://www.cbsnews.com/video/watch/?id=4484017n

Wir werden Mitte/Ende dieser Woche über die nächsten Schritte der Aktivist_innen in den USA berichten sowie auch über weitere Möglichkeiten, sie von hier zu unterstützen.

Viele Grüsse vom Berliner Mumia-Bündnis
-------------------------
Berliner Bündnis Freiheit für Mumia Abu-Jamal!
im HdD
Greifswalderstr.4
10405 Berlin
www.mumia-hoerbuch.de/bundnis.htm
 free.mumia@gmx.net



Weitere Presseberichte über den Supreme Court gestern folgen jetzt in englisch:

Troy Davis case decision expected by Oct. 6

By BILL RANKIN

The Atlanta Journal-Constitution

Monday, September 29, 2008

When the U.S. Supreme Court meets Monday to decide Troy Anthony Davis' fate, its nine justices face a fairly straightforward question: Is there sufficient doubt about Davis' guilt to warrant further scrutiny of his case?

Davis needs four justices to vote "yes." Otherwise, his execution, halted by the high court less than two hours before it was to be carried out Tuesday evening, will be rescheduled. The court is expected to announce its decision by Oct. 6.

The high court's granting the stay at such a late hour, while not unprecedented, indicates the case has the justices' interest, court watchers said.

"The court can grant a stay and then refuse to hear a case, but they don't issue the stay lightly," said Thomas Goldstein, a Washington lawyer who specializes in arguing cases before the high court. "They are thinking about it hard."

The stay infuriated the family of slain Savannah Police Officer Mark Allen MacPhail. They had traveled Tuesday to the Georgia Diagnostic and Classification Prison in Jackson to witness the execution. But it sent Davis' family and supporters, who arrived at the prison in a church bus to stage a protest, into a jubilant frenzy.

Davis sits on death row for the Aug. 19, 1989, murder of MacPhail, a 27-year-old officer shot dead after he responded to the wails of a homeless man being pistol whipped in a Burger King parking lot. The former Army Ranger and father of two, working off-duty as a security guard, did not have time to draw his gun before being shot three times.

Davis was convicted with scant physical evidence: no DNA, no fingerprints, no murder weapon.

Since the 1991 trial, seven of nine key witnesses who testified against Davis, 39, have recanted their testimony. These include trial witnesses who testified they saw what happened, as well as witnesses who testified Davis told them he killed MacPhail. More witnesses have come forward and implicated Sylvester "Redd" Coles, who was with Davis in the parking lot, as the triggerman.

Coles, when previously approached by The Atlanta Journal-Constitution, declined comment. He was the first person to go to police and finger Davis as the suspect and is one of two witnesses who have not backed off their trial testimony.

The other, Stephen Sanders, first told police he could not identify anyone at the scene except by the clothes they were wearing. But at trial, Sanders testified he saw Davis fire the fatal shots.

Chatham County prosecutors say they are certain Davis is a cop killer, and MacPhail's relatives say the death sentence should have been carried out long ago. But Davis' lawyers contend there is too much doubt to allow the execution.

Indiana University law professor Joseph Hoffman noted that at least five justices must vote to grant a stay of execution. While this does not mean the high court will accept Davis' appeal, it indicates some justices wanted more time to look at it, he said.

With the exonerations of inmates nationwide based on DNA evidence, the U.S. Supreme Court is giving more careful scrutiny to innocence claims, said Hoffman, a death penalty expert.

"This is the kind of case that has the court on edge right now," he said. "So it's not completely surprising that out of all the death cases that come before it this would be the one granted a stay."

Davis is appealing a ruling by a sharply split Georgia Supreme Court. His lawyers are asking the high court to declare that the Eighth Amendment's ban on cruel and unusual punishment bars the execution of the innocent and requires at least a court hearing to assess the recantation evidence.

Courts have long considered the recantations of trial witnesses suspect. Trial testimony is closer to the time of the crime, when memories should be more reliable. Witnesses also are allowed to be cross-examined under a judge's supervision.

For this reason, courts erect high thresholds for convicts to clear when seeking new trials based on newly discovered evidence or recanted testimony.

In Davis' case, the question before the U.S. Supreme Court is whether the Georgia Supreme Court set the bar too high.

In a 4-3 Georgia Supreme Court decision, written by Justice Harold Melton, the court followed a precedent that demands proof, with "no doubt of any kind," that a witness' trial testimony was "the purest fabrication."

Melton cited a state Supreme Court ruling in 1983 involving a Clayton County murder conviction, obtained when a witness testified he lent his car to the defendant on the night of the killing and saw the bound and gagged victim placed in the back seat. When it was later shown the witness was in the Cobb County jail at that time and could not have been telling the truth, the court granted a new trial.

The recantations in Davis' case do not rise to such a level of proof, nor has he shown that his new evidence is "so material that it would probably produce a different verdict," Melton wrote.

Justice Leah Ward Sears, in dissent, said there is merit to requiring proof that testimony was the "purest fabrication" to warrant a new trial or hearing. "However, it should not be corrupted into a categorical rule that new evidence in the form of recanted testimony can never be considered, no matter how trustworthy it might appear."

Ezekiel Edwards, an attorney with the Innocence Project in New York, called the state Supreme Court's decision troubling.

"It sets a terrible precedent for innocent people who are incarcerated and where there isn't DNA evidence but where there may be one or multiple recanting witnesses who for a whole bevy of reasons are saying their original testimony was false," he said. "In most recantation cases, you could never meet the standard they've set."
In filings before the U.S. Supreme Court, the state Attorney General's Office noted Davis' lawyers attacked the credibility of prosecution witnesses at trial and Davis declared himself innocent on the stand, yet jurors still convicted him and sentenced him to death. Since then, state and federal courts have considered the recantation testimony, presented in the form of sworn written statements, and rejected that too, the AG's office said.



U.S. Supreme Court May Issue Statement On Troy Davis Case Wednesday

By David Spunt Reporter
News 3 On Your Side
September 29 2008

WASHINGTON, D.C.-- The U.S. Supreme Court will wait until at least
Wednesday before announcing whether or not they will hear an appeal
by convicted cop killer Troy Davis.

Davis is accused of killing, Mark MacPhail, a Savannah police officer
from Columbus.

On September 23rd, the U.S. Supreme Court gave Davis a late stay of
execution within just two hours of the scheduled execution time.

Since Davis's conviction of killing MacPhail in 1991, seven of the
nine key witnesses who helped put Davis on death row have since
recanted their statements.

The Supreme Court was originally supposed to announce Monday whether
or not they would hear the Davis case.

According to Georgia law, Governor Sonny Perdue's office says the
governor has nothing to do with the case, and cannot stop the
execution or sign a death warrant.

Davis' current death warrant, which expires at noon Tuesday, will expire.

Davis' attorney tells News 3 this afternoon the warrant must come from a judge.

News 3 spoke to Mark MacPhail's mother Anneliese MacPhail. She says
the family has no official comment at this time. They are just
waiting to see what the Supreme Court will do.