Widerstandsfrühling 08: Hessen gentechnikfrei

feldbesetzi 04.05.2008 14:48 Themen: Ökologie

Es war ein Mal ein Bundesland mit einer ambitionierten Universität in der Mitte, die sich gern als Global Player in Sachen "Agro-Biotechnologie" aufspielen wollte. Darum plante ihr Vorzeige-Gentechniker, Vize-Präsident und BASF-Patenteinhaber, Prof. Kogel, ein Versuchsfeld mit Gerste, mit dem er neue gentechnische Methoden entwickeln wollte. Sein Kollege Friedt war ein Jahr später mit zwei Maisversuchen zur Stelle. Da ließ sich auch die weltführende Gensaatenfirma Monsanto nicht lumpen und bereitete einen Versuch vor. So ging es ins Jahr 2008 - vier Versuchsfelder waren zu erwarten. Doch das Märchen der Genlobbyisten und -konzerne ist ausgeträumt. Ein überraschend starkes Frühjahr des Protestes hat alle vier Versuche vom Tisch gefegt - und das weitgehend ohne die Hilfe der üblichen FunktionärInnen. Es waren die BürgerInnen selbst sowie entschlossene FeldbesetzerInnen, die den Versuchen den Garaus machten.

Feld für Feld zum gentechnikfreien Hessen

Es liest sich wie ein Märchen - und ist es auch wirklich ein bisschen. Nämlich im doppelten Sinne: Der entschlossene Widerstand hat Wirkung gezeigt. Aber auf die Dauer wäre er so labil wie ein zerplatzendes Märchen. Nämlich dann, wenn das Frühjahr 2008 ein Strohfeuer bleiben würde. Gut gebrannt hat es - ob es aber auch in der Folgezeit hält, wird sich zeigen.

 

BürgerInnenprotest helfen: Zwei Initiativen stoppen Versuche

Den Anfang der Proteste machen zwei entschlossene BürgerInneninitiativen in Rauischholzhausen (Ebsdorfergrund) und Niedermöllrich (bei Wabern, Nordhessen). Letztere waren über ein Jahr vor Ort aktiv und starteten dann zu einer Bustour nach Düsseldorf, um der dort ansässigen Firma Monsanto deutlich zu machen, dass sie sich vom Acker machen solle. Mit Erfolg: Kurze Zeit später gab der Konzerne seine Pläne für Versuche in Niedermöllrich auf! Mehr in der FR am 3.4.2008 und auf HR-Online

Kürzer, aber zumindest zahlenmäßig noch eindrucksvoller entwickelt sich das Geschehen Rauischholzhausen. Hierhin verlegte der Gießener Uni-Professor Friedt seine Mais-Sortenprüfungen. Diese vom Bundessortenamt in Auftrag gegebenen Prüfungen hatten 2007 am westlichen Stadtrand von Gießen stattgefunden und waren schnell zerstört worden. Nun suchte der Prof. sein Heil in der Provinz - und erlitt derart Schiffbruch, dass er sich schnell wieder zurückzog. Nach massiven BürgerInnenprotesten und mehreren Sonntagsspaziergängen mit Hunderten von Menschen verkündete der Uni-Präsident Hormuth persönlich, dass der Versuch verlegt werde ... nach Groß Gerau.

 

Die erste Feldbesetzung stoppt das Gießener Gerstefeld

Noch bevor die Uni durch die BürgerInnenproteste in Niedermöllrich und Rauischholzhausen in die Knie gezwungen wurde, traf sie entschlossener Widerstand auch in der Homezone. Mitten auf dem Uni-Campus zwischen Philosophicum I und Phil II (Alter Steinbacher Weg) bauten GentechnikgegnerInnen in der Nacht vom 30. auf den 31. März ein Camp genau dort auf, wo 2006 und 2007 noch ein Genversuchsfeld stand (und jeweils zerstört wurde). Ein 12m hoher Turm und ein Betonblock mit Erdanker dienten als Ankettvorrichtungen für den Fall einer polizeilichen Räumen. Die gelungene nächtliche Aktion zeigte schnell Wirkung - der inzwischen zermürbte Versuchsleiter behauptete, dass er den Versuch ohnehin in die USA verlegen wollte. So einfach wäre das aber formal gar nicht gewesen, zudem verwirrte die Uni-Pressestelle mit der Bemerkung, dass der Versuch ohnehin nicht mehr hätte stattfinden sollen. Ein auswärtiger Prof. erzählte schließlich der Zeitung "Die Welt", was wohl eher der Grund war: Die Besetzung brachte den Genträumen das Ende.

Das Medienecho der Aktion war groß. Eine Auswahl:

Die Aktion durchbrach den Filz der Mächtigen in Gießen rund um die grün-schwarze Koalition. Die Uni ist eine Institution, die von Studierenden- und MitarbeiterInnenzahlen bereits die halbe Stadt darstellt. Die Verfilzungen sind enorm. Hinzu kommt eine starke Funktionärshaftigkeit auch in Parteien und politischen Gruppen. Die Stadtregierung blockiert jegliche emanzipatorische Orientierung - und NGOs wie BUND, Weltladen oder das hessische Aktionsbündnis gegen Gentechnik (eher ein kleiner Funktionärszirkel mit dem damals noch amtierenden, für Landwirtschaft zuständigen Grünen-Landtagsabgeordneten Martin Häusling, der den FeldbesetzerInnen auch klar sagte, kein Interesse an einer Kooperation zu haben, und BUND-Landesgeschäftsführer Rothkegel) arbeiten sogar aktiv gegen den Protest, z.B. gegen die landesweite Gentechnik-Demo am 5. April in Gießen. So war es - von der Unterstützung einiger EinzelaktivistInnen aus diesen Organisationen (z.B. Grüne Jugend Hessen - wenn auch vor allem schriftlich) und der solidarisch agierenden Linken in Gießen abgesehen - ein Protest frei von NGOs, Parteien und Organisationen.

Fallbeispiel: Auszug aus der öffentlichen Erklärung des Weltladens zur Besetzung
Der direkten Aktionsform Feldbesetzung, d. h.der Vereinnahmung von landwirtschaftlichen Nutzflächen mit gentechnisch veränderten landwirtschaftlichen Nutzpflanzen und dadurch der Verhinderung der Aussaat derselben steht der Weltladen Gießen allerdings mehrheitlich kritisch gegenüber. Konsens ist jedoch, dass der Weltladen derzeit auf andere Aktionsformen setzt und Feldbesetzungen eher als "Rabaukentum" und "Kunden-verprellend" ansieht.

Gießener Allgemeine und Universität versuchten nach einigen Tagen, mit einer ungeheuerlichen Schmutzkampagne gegen die FeldbesetzerInnen Front zu machen. Sie nutzen die Krawallaktion nahe des besetzten Feldes, bei der unter anderem Bienenstöcke zerstört worden waren, um diese den FeldbesetzerInnen unterzuschieben. Die Wahrheit lag etwas anders: Der Uni-Wachschutz hatte der Zerstörung tatenlos zugesehen (warum?), die Uni-Funktionäre sich dann um die zerstörten Bienenkästen nicht gekümmert, während FeldbesetzerInnen eine Imkerin herbeitelefonierten, die die Bienen rettete. Doch in der Presse erschien die Lügenstory von toten Bienen - ermordet von den bösen FeldbesetzerInnen.

Nichtsdestotrotz: Der Gengerstenversuch wurde beendet - und die BesetzerInnen widmeten ihre so befreite Fläche für das Jahr 2008 den Menschen in Gießen als BürgerInnenpark. Am 20. April, also drei Wochen nach Beginn der Besetzung, verließen sie die Fläche. Der Turm blieb als Fanal des Protestes und Symbol des BürgerInnenparks auf der Mitte des Geländes stehen.

 

Das Finale: Hessen wird gentechnikfrei - in Groß Gerau!

Die Uni Gießen hatte sich nach dem Aus für zwei ihrer drei Felder auf die Versuche in Groß Gerau konzentrieren wollen. Doch auch das wurde nichts. In der Nacht vom 24. auf den 25. April besetzten AktivistInnen das Feld in Groß Gerau. Und diese Besetzung hatte es in sich: Ganz anders als in Gießen kamen schon am ersten Tag viele BürgerInnen auf das Feld, um die Aktion zu unterstützen. Organisationen solidarisierten sich, Linke vor Ort und im Landtag, Grüne und etwas später auch SPD-Funktionäre (bis hin zu Landtags- und Bundestagsabgeordneten) tummelten sich auf der Fläche. Der Umweltausschuss des Landtages beschloss mit Mehrheit ein gentechnikfreies Hessen. Schon das erste Wochenende war bunt und beeindruckend. Danach kam schnell das Aus: Am 28.4.2008 um 16 Uhr, also am vierten Tag nach Besetzungsbeginn, hatten BesetzerInnen und UnterstützerInnen bereits gewonnen. Die Uni brach den Versuch ab. Prof. Friedt erscheint in Polizeibegleitung auf dem Feld und verkündet das Aus.

Die BesetzerInnen aber nutzten die Gunst der Stunde und verließen das Feld nicht sofort. Stattdessen luden sie zu einer Jubelfeier, dem "Tanz in den Mai(s)". Die Feier sollte auch dazu dienen, dass sich viele Menschen aus der Umgebung nochmals treffen konnten, um weitere Aktivitäten zu verabreden, Adressen auszutauschen und so ein Bündnis gegen Gentechnik zu schaffen, dass über die Phase der Besetzung hinaus den Widerstand gegen die Agro-Gentechnik organisierten sollte. Das gelang auch - verzögert durch Sturm und Regen erschienen ca. 50 Menschen zu einer gutgelaunten Party auf dem Feld. Am Folgetag war die Besetzung nochmals Thema bei der Mai-Kundgebung des DGB in Groß Gerau. Auch hier gab es neben einem Redebeitrag und vielen Gesprächen konkrete Verabredungen und deutliche Unterstützung für die BesetzerInnen und die Idee der Feldbesetzung. Die letzte Aktion in Groß Gerau wurde so zu einem Vorzeigestück einer breiten Akzeptanz unterschiedlicher Aktionsformen. Das war und ist leider nicht überall selbstverständlich!

Als schlechte Verlierer entpuppten sich dagegen die Zuständigen in der Uni Gießen. Während der Stationsleiter vor Ort seine Ämter in der Kirche niederlegte, nachdem diese sich hinter die BesetzerInnen gestellt hatte, machte Versuchsleiter Prof. Friedt mit einer spektakulären Aussage im RTL auf sich aufmerksam. Er wisse von weiteren Genfeldern in Hessen, sagte er. Doch angemeldet ist nichts - die Felder wären illegal und Friedt ein Mitwissen von Straftaten. Das wird aufzuklären sein, wie es unter anderem die Grüne Landtagsfraktion auch forderte.

 

Ganz nebenbei, aber richtig schön: Weitere Besetzungen und direkte Aktionen überall im Land!

Die Feldbesetzung in Gießen und das Aus für die Versuchsfelder in Niedermöllrich und Rauischholzhausen erfolgen innerhalb weniger Tage. Doch auch andersorts ging es Schlag auf Schlag - oder besser: Feld für Feld. Erstmals seit einem Jahrzehnt konnte der sich ausweitenden Gentechnikindustrie und -forschung für den Profit wieder schon zum Saisonstart Paroli geboten werden.

 

Dokumentiert: Presseinfo von FeldbesetzerInnen am 3. Mai 2008

Hessen ist gentechnikfrei
FeldbesetzerInnen rufen zu Wachsamkeit und weiteren Aktionen auf!

Mit einem spektakulären Erfolg vollendeten FeldbesetzerInnen und ihre UnterstützerInnen aus der Region um Groß Gerau einen erfolgreichen Widerstandsfrühling in Hessen. Nach massiven BürgerInnenprotesten in Niedermöllrich und Rauischholzhausen sowie einer dreiwöchigen Feldbesetzung in Gießen war die Versuchsstation der Uni Gießen in Südhessen die letzte Anbaufläche gentechnisch veränderter Nutzpflanzen. Nun warnen die FeldbesetzerInnen vor den kommenden Monaten und rufen zu kritischer Achtsamkeit und weiteren kreativen Aktionen für eine umwelt- und menschenverträgliche Landwirtschaft auf.

Aufkeimender Widerstand
Das Aus der Gentechnik auf Flächen in Hessen kam überraschend und deutet eine Stärkung vor allem der Basisbewegungen gegen die Risikotechnologie an. Denn während Umweltverbände und gentechnikkritische Parteien, Kirchen und Verbraucherinitiativen sich zunächst nur an wenigen Orten und zurückhaltend engagierten oder sogar von den direkten Aktionen wie Feldbesetzungen und -befreiungen distanzierten, entwickelte sich vor allem im ländlichen Raum ein stark von LandwirtInnen, ImkerInnen und anderen AnwohnerInnen getragener Protest. Dieser äußerte sich in Demonstrationen und Protestaktionen auch vor den Toren der Versuchsdurchführenden, wie die Busfahrt der Niedermöllricher AktivistInnen zur Düsseldorfer Konzernzentrale von Monsanto zeigte. Andernorts wurden gentechnikfreie Regionen vorangetrieben, z.B. im Vogelsberg. Mit der öffentlichen und angekündigten Zerstörung des Gengerstenfeldes in Gießen begann 2006 auch eine Reihe direkter Aktionen. Sowohl 2006 wie auch 2007 wurden alle neuen Gentechnikfelder auf diese Art zerstört.
Den Höhepunkt der Entwicklung aber bildete das Frühjahr 2008 mit den örtlichen Protesten in Niedermöllrich und Rauischholzhausen sowie zwei erfolgreichen Feldbesetzungen in Gießen und Groß Gerau. Das Ergebnis landesweit: Erstmals seit drei Jahren wird kein gentechnisch verändertes Saatgut mehr ausgesät!

Die Hungerlüge widerlegen!
Die zunehmende Zahl direkter Aktionen gegen Genfelder führt bei LobbyistInnen, ForscherInnen und Konzernen der Gentechnik zu teilweise verzweifelten Reaktionen. Vermehrt wird Geld in Kampagnen für vermeintliche Forschungsfreiheit und für einen gentechnisch geführten Kampf gegen den Hunger investiert. FeldbesetzerInnen und -befreierInnen wollen dieser Propaganda nun vermehrt etwas entgegensetzen. "Hunger ist nicht die Folge von Nahrungsmittelknappheit, sondern dieser Mangel wird künstlich erzeugt", formulierte etwa ein Feldbesetzer in seiner Rede bei der 1.-Maikundgebung in Groß Gerau und fügte an: "Die Menschen verhungern nicht, sondern sie werden ermordet." Die Gentechnik würde diese Lage verschlimmern, denn Patente auf Leben und die damit verbundene Kontrolle der Lebensmittelproduktion würden gerade die armen Menschen treffen: "Durch die künstliche Verknappung sollen höhere Preise erzielt werden. Konzerne gehen über Leichen, um Profite zu erzielen. Die ForscherInnen sind willige Helfer dieses Mordens". Der Feldbesetzer rief die ZuhörerInnen auf, wachsam zu sein und auch in der Zukunft die Propaganda von Konzernen und Zuarbeitern sowie die konkreten Genfelder zu enttarnen und zu verhindern.
Ebenso wird die vermeintliche Forschungsfreiheit von FeldbesetzerInnen als Werbetrick bezeichnet. Schließlich werde fast nur noch das erforscht, was später Profite bringt. Geld definiere die Forschungsziele: "Das Gerede von Freiheit ist nur die Tarnung für die Maximierung von Geld und Macht".

Mehr Aktionen und menschenfreundliche Perspektiven nötig!
Um das nun Erreichte zu sichern und auch in Zukunft ein gentechnikfreies Hessen zu halten, rufen FeldbesetzerInnen zu weiteren Aktionen auf. "Es geht darum, mit guten Argumenten und kreativen Aktionen die Köpfe der Menschen zu gewinnen." So sei in Groß Gerau am letzten Tag noch auf dem besetzten Feld eine Initiative gegen Gentechnik ins Leben gerufen worden, in der sich BürgerInnen aus der Stadt und Umgebung gemeinsam weiter engagieren wollen - für eine gentechnikfreie Region und für menschen- und umweltfreundliche Forschung in der Landwirtschaft. Mißtrauen erregte dabei der Leiter der nun verhinderten Genversuche, Prof. Friedt, als er am 29. April im RTL-Fernsehen davon sprach, von weiteren Genfeldern in Hessen zu wissen. Diese aber wären, wenn tatsächlich vorhanden, illegal - und damit wäre Friedt nicht nur selbst Macher riskanter Genversuche, sondern auch Mitwisser illegaler Gentechnikanwendungen. Aufklärung tue daher not. Sie reiche aber nicht: "Die Zeit bis zum nächsten Frühjahr wird entscheiden, ob Hessen weiter gentechnikfrei wird und sich zu einem Standort für eine menschen- und umweltgerechte Agrarforschung entwickeln", hoffen die AktivistInnen auf eine gentechnikfreie Zukunft des Landes. Mithelfen wollen sie aber auch über dessen Grenzen hinaus, denn in einigen anderen Bundesländern und Staaten wird weiter mit Gentechnik in der Landwirtschaft gearbeitet.

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Ergänzungen

Ca. 200 Euro Spenden fehlen noch

feldbesetzi 04.05.2008 - 19:47
Die Besetzungen sind weitgehend selbstorganisiert erfolgt - Materialspenden, Containern, Trampen und mehr führten zu sehr geringen Kosten. Doch einiges fehlt noch, damit die Kosten gedeckt werden können. Ca. 200 Euro sollten noch zusammenkommen - auf das Konto "Spenden&Aktionen", Nr. 92881806 bei der Volksbank Mittelhessen mit dem Stichwort "Feldbesetzungen". Wäre nett - danke schön!
Sollte zuviel zusammenkommen ... das Jahr ist noch lang und mehr Aktionen sollen/werden folgen!

P.S. Das Konto wird in der Projektwerkstatt geführt - wer erfahren will, was mit der Spende genau geschieht, kann sich dorthin wenden.

GenTech-Konferenzen in Bonn

muss ausgefüllt werden 05.05.2008 - 02:38
Aktionsaufruf zum Biodiversitätsgipfel – in Bonn, Mai 2008

Gentechnologie, Vertreibung von Kleinbauern, Abholzung, Pestizidgebrauch, Zugang und Vorteilsausgleich zur biologischen Vielfalt ...
... dies und mehr sind die Inhalte des UN-Gipfels in Bonn.

Protestiere mit und beteilige dich an weiteren Aktivitäten!

Es geht um 'The 4th Meeting of Parties to the Cartagena Protocol on Biosafety (MOP 4)' und 'The 9th Conference of the Parties (COP 9) to the Convention on Biological Diversitz (CBD)'. Diese Konferenzen finden vom 12. bis 30. Mai in Bonn statt. Die MOP (12.-16. Mai) befasst sich vor allem mit der Verbreitung von Gentechnologie und die COP (19.-30. Mai) mit ungefähr allem anderen, was mit biologischer Vielfalt zu tun hat.

Gruppen aus Deutschland und umliegenden Ländern organisieren zur Zeit diverse Aktivitäten und Veranstaltungen. Sie wollen der Oeffentlichkeit, den Medien und den anwesenden Delegationen die Notwendigkeit einer anderen Landwirtschaft und eines anderen Konsumverhaltens deutlich machen, um die durch die derzeitige gesellschaftliche Produktionsweise verursachten soziale und oekologische Probleme in den Griff zu bekommen. Solch ein Biodiversitaetsgipfel dreht sich nicht nur um bedrohte Pflanzen und Tiere. Weitere Themen sind u.a.:

*Kleinbauern und -baeuerinnen, die ihr Land aufgrund wachsender Plantagen und Monokulturen verlieren,
*Die Einführung von Agrotreibstoffen, die auf Kosten von lokaler Nahrungsmittelversorgung geht,
*Gentechnologie und Patente auf Pflanzen, wodurch Bauern und lokale Gemeinschaften die Kontrolle über ihre Nahrungsmittelversorgung verlieren,
*Naturschutzgebiete als Wiedergutmachung für die 'Industriegesellschaft', was jedoch die dortansässige Bevölkerung wiederum ausbaden muss, und
*die Rolle von multinationalen Konzernen in alle dem.

Für uns sind dies genug Gründe, um diesen Gipfel nicht unkommentiert stattfinden zu lassen. (Inhalt dieses Gipfels sind noch viele weitere Themen, die ihr auf der Seite der CBD nachlesen könnt.)
For further reading about the issues you can also download the special edition of the Kaperbrief, published auf Deutsch, Engels and Spanisch.

Geplante Aktivitäten
Unten stehend eine Übersicht der bereits für Bonn geplanten Aktivitäten. Jedoch wird nicht alles veröffentlicht und es bleibt genug Platz für spontane Initiativen.

* Samstagvormittag 17. Mai: eine Aktion gegen Gentechnologie und die Patentierung von Pflanzen. Es wird spannend werden, aber mehr wird vorerst nicht verraten. Mehr zu den Themen ist im letzten Kaperbrief zu finden.

* Sonntag 18. Mai: Agrotreibstoffe-Aktionstag. Der großflächige Anbau von Energiepflanzen ist fatal für die Nahrungsmittelversorgung, die Position von Kleinbauern und die Umwelt. Aber die Einführung davon geht einfach weiter, auch auf diesem UN-Gipfel. Mit unseren Aktionen auf der Strasse hoffen wir zu erreichen, dass die Bonner Bevölkerung vernünftiger handeln wird, als Betriebe und PolitikerInnen, die nichts von einer radikalen Reduzierung westlichen Energieverbrauchs hören möchten.

* Montagmorgen 19. Mai: Die Eröffnung des COP soll begleitet werden von einer Demonstration vor dem Eingang der Konferenz durch Via Campesina und solidarische AktivistInnen. Es muss deutlich werden, dass bei solchen Gipfeln bisher nur unzureichend die Interessen von Kleinbauern und Kleinbaeuerinnen beachtet wurden. (siehe call Via Campesina)

* Montagmittag 19. Mai: Übergabe des Captain Hook Awards fuer die Betriebe, die sich als “Biopiraten” am skandalösesten Patenten bemächtigten. (Eine Teilnahme ist jedoch nur für Menschen mit einer Akkreditierung für die Konferenz möglich. www.captainhookawards.org)

* Montagabend 19.Mai: Aktion rund um geraubtes Saatgut und eine Zurückgabe jenes an BaeuerInnen des Südens. In der Innenstadt von Bonn/Münsterplatz, ab 16 Uhr.

* Freitag 23. Mai: Aktion gegen Biopiraterie vor dem Konferenzgebäude. Für einen freien Zugang zu Wissen.

* Mittwoch 28 – Freitag 30. Mai: MinisterInnen und Staatsoberhaeupter werden für die letzten drei Tage des Gipfels eingeflogen. In dieser Zeit werden einige der wichtigsten Beschlüsse gefasst werden. Es werden bestimmt einige Aktionen stattfinden. Mehr Informationen folgen später, bleibt flexibel.

Vom 12. - 16. Mai findet der alternative NGO Kongress Planet Diversity statt. Mehr Infos unter  http://www.planet-diversity.org

Übernachtung und Essen
In und um Bonn sind diverse Übernachtungsmöglichkeiten geregelt. Jedoch kann noch nicht gesagt werden, wer wo unterkommt. Von Freitagabend 16. Mai bis Dienstagmorgen 20.Mai gibt es Möglichkeiten auf der Farm Gut Ostler, in der Naehe von Bonn zu Übernachten (link zur Adresse und Routenbeschreibung mit Karte). Auch die internationale Delegation von Via Campesina wird sich dort niederlassen. Da an diesem Wochenende die meisten Menschen erwartet werden, sollen einige TeilnehmerInnen in Bonn und Köln untergebracht werden. In den Tagen davor und danach ist es höchstwahrscheinlich kein Problem, einen Schlafsack bei einem/r AktivistIn in Bonn auszubreiten.

Infostand
Updates zu Aktivitäten, Übernachtungsmöglichkeiten und Entwicklungen der politischen Machenschaften auf der Konferenz können am Infostand nachgelesen werden. Dieser wird sich im Oscar Romero-Haus (Heerstrasse 205) befinden. Dieses ist vom Hauptbahnhof Bonn, 800 m an der rechten Seite der Gleise Richtung Norden laufend zu erreichen. siehe:  http://www.oscar-romero-haus.de

Biotech.indymedia.org
Vorab und während des Biodiversitaetsgipfels sollen Nachrichten, Aktionsberichte und Artikel über die aktuellen Entwicklungen der Konferenz auf biotech.indymedia.org gepostet werden. Hier können auch eigene Berichte und Fotos von Aktionen und relevante Artikel veröffentlicht werden.

Dies ist eine Initiative vom Aktionsnetzwerk globale Landwirtschaft, Via Campesina, A SEED Europe, INKOTA, BUKO Kampagne gegen Biopiraterie, Corporate Europe Observatory, Netzwerk freier Wissen, Bonner AK gegen Gentechnologie und einige einzelne Individuen. Schliess dich den Aktionen an.

Komm auch nach Bonn. Biodiversität- und Landwirtschaftthemen sind zu wichtig, als dass sie PolitikerInnen und Konzernen überlassen werden sollten.

 http://biotech.indymedia.org

eine weitere aktuelle feldbesetzung...

wendmerker 05.05.2008 - 14:26
...gibts auch im Wendland bei Laase, inkl. Dauermahnwache. Dort will ein Landwirt direkt im Naturschutzgebiet an der Elbe MON810-Mais anbauen. Bisher konnte dies durch vielfältige Aktionen wie der Errichtung eines kleinen Hauses ("massiv gegen Gentechnik"), der kreativen Veränderung des Ackers und einem starken öffentlichen Widerstand verhindert werden. Konkret stehen auf dem Feld ein Tripod mit Plattform, auf dem die Besetzer_innen ausharren und noch einige Zelte.
Die Mahnwache an der Straße, ca. 500m vom Feld entfernt ist auch noch kurzentschlossen zum "wundeRpunkt" im Rahmen der Kulturellen Landpartie geworden. Dort können sich interessierte Menschen über die Gentechnikproblematik informieren und an konkreter widerständischer Kultur teilhaben.

Schaut vorbei, es lohnt sich!

Weitere Infos unter www.gentechnik-im-wendland.blogspot.com.

Feldbefreiung = Terror?!

tp 05.05.2008 - 22:35
"Eine Aktion von Gentechnikgegnern in Portugal, die sich gegen die Pflanzung von Genmais richtete, wurde nun von der europäischen Sicherheitspolizei Europol als "terroristisch" eingestuft. Das ist zu lesen in dem aktuellen Report 2008 [extern] EU-Terrorism- Situation and Trend."

Mehr dazu im Link

Deutscher Depeschendienst zu allem

ddp 15.05.2008 - 23:51
Auszug:

Die Zukunft der Agrar-Gentechnik in Hessen sieht trübe aus: Der Landtag mit seiner Mehrheit von SPD, Grüne und Linke will keinen Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen mehr. Die geschäftsführende CDU-Landesregierung bietet als Kompromiss ein fünfjähriges Moratorium für Gensaaten «auf landeseigenen Flächen» an.

Aktuelle Nachrichten - Gießen (ddp-hes). Die Zukunft der Agrar-Gentechnik in Hessen sieht trübe aus: Der Landtag mit seiner Mehrheit von SPD, Grüne und Linke will keinen Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen mehr. Die geschäftsführende CDU-Landesregierung bietet als Kompromiss ein fünfjähriges Moratorium für Gensaaten «auf landeseigenen Flächen» an.
Nach Protesten verzichtet die Universität Gießen von sich aus auf die Aussaat von Gen-Mais auf ihren Versuchsfeldern. Wie es mit der Gensaat-Forschung weitergehen soll, ist unklar.

Der Gießener Uni-Präsident Stefan Hormuth, sonst eher als ruhiger und diplomatischer Mann bekannt, ist hörbar erregt: «Ich bin an einem Punkt, an dem ich mich Feldbesetzern beugen musste.» Zuletzt hatten sich Protestler auf einem Versuchsacker für Gen-Mais in Groß-Gerau niedergelassen. Davor hatten die Aktivisten drei Wochen lang ein Feld für Gen-Gerste direkt auf dem Gelände der Uni Gießen besetzt, das allerdings dieses Jahr schon nicht mehr bestellt werden sollte. Zurückgelassen hatten die Besetzer einen beschädigten Zaun und weitgehend ratlose Wissenschaftler.

Heute Sondersendung...

Open Radio 17.05.2008 - 14:54

Forschung muss frei bleiben

Max Weber 22.05.2008 - 15:18
Ich halte es für bedenklich in welchen Ausmaß Forschung mit vagen Angstvorstellungen vor der bösen Gentechnik sabotiert werden. Leute es ging um Forschung und nicht um den kommerziellen Anbau. Lasst den Forschern ihre Freiheit und lasst sie forschen, oder habt ihr Angst vor den Erkenntnissen? Habt ihr Angst davor, dass Gentechnik doch nicht so böse sein könnte, wie ihr alle sagt? In einem Interview wusste eine Feldbesetzerin nicht einmal, wann die Aussaatzeit für Mais war und sie eigentlich viel zu früh demonstrierten. So viel dazu, dass die Menschen wissen gegen was sie protestieren. Die ganzen Saatgutfirmen mögen Abzocke betreiben, wenn man das Saatgut im nächsten Jahr nicht mehr wieder verwenden kann. Aber warum die Forschung behindern? Wo als auf den Unis sollten Genpflanzen hergestellt werden, die eventuell im nächsten Jahr wiederverwendbar sind?
Gentechnik ist weder gut noch böse, oder würdet ihr der Züchtung von Plfanzen oder Tieren auch unterstellen, dass sie böse ist? Kein Getreide, kein Gemüse, kein Obst, wird von uns in seiner wilden "natürlichen" Form gegessen. Die moderne Form von Gentechnik ist nichts anderes als eine beschleunigte Züchtung von Sorten. Es kann durchaus sein, dass bei diesem Prozess Fehler unterlaufen, Menschen machen nun einmal Fehler, aber wenn ihr die Forschung behindert, werden diese Fehler wohl nie entdeckt werden.
Ich kenne den entsprechenden Absatz im deutschen Recht nicht, aber im österreichischen Staatsgrundgesetz steht: "Artikel 17. Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei"

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mal so gefragt nr.2 — malgfragt