Gießen: Aus Genfeld soll Bürgerpark werden!

feldbesetzi aus GI 16.04.2008 14:38 Themen: Biopolitik Ökologie
Fast drei Wochen halten GentechnikgegnerInnen das Gerstenversuchsfeld der Universität Gießen besetzt. Ihr Ziel: Eine erneute Aussaat der transgenen Pflanzen verhindern. Jetzt soll die Aktion mit einem bunten Wochenende zuende gehen. Das Programm reicht von Seilakrobatik am Turm der BesetzerInnen über Musik, Kunst und Anlage von Gärten auf der besetzten Fläche bis zu Flohmärkten, Klettertrainings und einem Camp für alle, die die letzten Tage der Besetzung noch selbst miterleben und mitgestalten wollen.
Ein Turm, ein Betonblock mit Erdanker, zwei Zelte, Pavillons, Kunstwerke, Wege durch die matschigen Flächen, ein Lagerfeuerplatz und viele Öffnungen im umgebenden Zaun sind im Laufe der Besetzungszeit entstanden. Nun soll die Besetzung gegen das Genfeld beendet werden, obwohl die Uni bislang nur für dieses Jahr die Aussaat gentechnisch veränderter Gerste abgesagt hat.

Daher: Der Universität zurückgeben wollen die BesetzerInnen die Fläche nicht. "Seit zwei Jahren wurde getäuscht und verschleiert. Daher wollen wir die Fläche für dieses Jahr den Menschen in der Stadt und ihren Ideen widmen, bis eine hoffentlich lebensfreundlichere Forschung neu gestartet werden kann", heißt es von den BesetzerInnen. Sie nehmen der Universitätsleitung auch die wenig konkreten Äußerungen zum Ende des Gengerstenversuchs übel: "Das ist das übliche Herumgeeiere von Professoren, die von Transparenz reden und Verheimlichung betreiben". Noch am Sonntag hatten die FeldbesetzerInnen den Präsidenten der Uni und den Versuchsleiter aufgefordert, endlich nachzuweisen, dass die Versuche beendet worden sind. Eine Antwort erhielten sie bislang nicht.
"Wenn die hochbezahlten Herren glauben, ständig Fakten zu schaffen und Protest einfach auszusitzen, dann irren sie. Wir werden unserer Besetzung zur Verhinderung der Gentechnik jetzt etwas Neues und Experimentelles folgen lassen: Wir widmen die von Gentechnik befreite Zone einem Park, der einen Sommer lang von den Menschen nach eigenen Ideen gestaltet werden kann", verkünden die bisherigen TurmbauerInnen. Gleichzeitig wollen einige von ihnen einen entschlossenen Widerstand ankündigen, sollten doch weitere Genversuche auf der Fläche am Alten Steinbacher Weg stattfinden: "Wer gefährliche Versuche auch noch mit Lügen vertuschen will, dem sagen wir klar: Wir können nicht nur besetzen, wir wären auch entschlossen, nach einer Aussaat zu handeln. Feldbefreiungen sind die passende Antwort auf mit Machtmitteln durchgeboxte Genversuche!"

 

Warnung an die Uni

Soweit aber, das hoffen die BesetzerInnen, wird es die Universität nicht kommen lassen - drei Feldzerstörungen hatte sie in den vergangenen Jahren schließlich bereits einstecken müssen. "Wir hoffen, die lernen daraus", fügen BesetzerInnen an, während alle die neuen Aktionen für das Wochenende vorbereiten. Am Freitag um 15 Uhr soll der Bürgerpark eröffnet werden. Dann sind alle Menschen eingeladen, sich die Fläche so zu gestalten, wie sie einen Sommer lang dann bestehen bleiben soll. Ob Grillplatz, Volleyballnetz oder Spielgeräte - alles soll möglich sein, sagen die bisherigen BesetzerInnen: "Kommt mit eigenen Ideen! Bringt Blumen mit und alles, was Ihr Euch auf der Fläche wünscht! Baut Zelte und Hütten für die nächsten Tage!" So soll die lebensfeindliche Gentechnik symbolisch durch ein buntes Leben vertrieben werden. Unterstützung erhielten die BesetzerInnen auch vom gefederten Vieh: Zwei Gänse siedeln im durch die starken Regenfälle aufgestauten Teich und hauchen neben den zwei Bienenstöcken der Fläche bereits auf ihre Weise ein neues Leben ein.

 

Terminübersicht

Für das Abschlußwochenende "Besetztes Gengerstenfeld in Gießen" und dem Beginn des BürgerInnenparks

Freitag, 15 Uhr
Eröffnung des bunten Lebens im Park

  • Ansprachen
  • Erklärung der BesetzerInnen
  • Seilakrobatik

Anschließend bis Sonntag:

  • Campen (bringt Zelte und Schlafsäcke mit für ein buntes Wochenende!)
  • Musik, Akrobatik
  • Klettertraining, Filme, Vorträge
  • Gespräche, Lagerfeuer, Grillen
  • Anlegen des BürgerInnepark: Blumen pflanzen, Spielplätze schaffen und mehr!

 

Links

 

Dokumentiert:

Schreiben der BesetzerInnen an die Universitätsleitung vom 13.4.2008 (bislang keine Antwort)

Sehr geehrte Damen und Herren,

seit 2 Wochen besetzen wir die von der Universität zu riskanten gentechnischen Versuchen verwendete landwirtschaftliche Fläche am Alten Steinbacher Weg. Unser Ziel dabei ist, dass aus dem jetzt zweijährigen Genversuchsfeld neu und dauerhaft eine gentechnikfreie Zone entsteht.

Wir fordern daher eine klare, öffentliche Aus- und Zusage der Universität mit entsprechenden Belegen, dass gentechnische Freisetzungsversuche seitens der Universität Giessen in Zukunft unterbleiben werden.

Die Nutzung der bis dahin von uns besetzten Fläche kann dann wieder in Form universitärer Forschung geschehen, allerdings ohne dabei die Produkte einer menschen- und naturverachtenden/- gefährdenden Risikotechnologie in die Umwelt freizusetzen. Transparenz, d.h. Forschung ohne Ausgrenzung der Öffentlichkeit durch Zäune und Zugangsberechtigungen sollte dabei selbstverständlich sein!
Aber auch in anderen Formen könnte die Fläche genutzt werden. Symbolkraft könnte zum Beispiel der an uns herangetragene Vorschlag entwickeln, im laufenden Jahr 2008 als einmalige Aktion die Fläche zu einer öffentlichen Gestaltungs-/ und Experimentierfläche werden zu lassen, auf der neben-und miteinander ForscherInnen, KünstlerInne, Studierende und andere BürgerInnen ihre Idee von Gärten, Anlagen, Forschen und Leben verwirklichen.

In diesem Sinne erwarten wir Ihre Rückäußerung und die Kontaktaufnahme um einen Gesprächstermin zu vereinbaren - gern auch mit externen Beteiligten, die in einer konstruktiven Diskussion ebenfalls kreative Ideen einbringen und an Streitpunkten vermitteln können.

Mit freundlichen Grüßen
Menschen aus der Runde der FeldbesetzerInnen

Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Erklärung zum Abschluß der Besetzung

feldbesetzi 18.04.2008 - 12:54
Erklärung aus dem Kreis der FeldbesetzerInnen

auf dem Gießener Ex-Gengerstefeld am 18. April 2008

In der Nacht vom 30. auf den 31. März haben wir zusammen mit etlichen MitstreiterInnen, die zum heute Schlussakkord nicht mehr alle hier sind, dieses Feld besetzt und mit Turm, Betonblock-Lockon und unserer Anwesenheit gegen die geplante Nutzung als Versuchsfeld gesichert. Denn genau hier, wo der Turm steht, wurde seit 2006 gentechnisch veränderte Gerste angebaut. Der Versuch war bis einschließlich 2008, also diesem Jahr geplant. So hat es der Versuchsleiter Prof. Kogel, ein 'Global Player' in Sachen Agro-Gentechnik, noch 2007 ausdrücklich gesagt - und so ist ist es auch im offiziellen Register aller Gentechnikstandorte und im Förderprogramm der Bundesregierung notiert. Durchgesetzt hat die Universität den Versuch mit Hilfe der zuständigen Behörden über einen Sofortvollzug - ein rabiates Mittel der Beschneidung von Mitbestimmungsrechten. Schon diese Vorgehensweise dokumentiert, wieviel von den Beteuerungen gerade des Versuchsleiters Kogel zu halten war, den Dialog zu suchen. Mehr noch wird das deutlich daran, dass er hinsichtlich des Versuches und der Frage, was hier eigentlich untersucht wird, von Anfang an gelogen hat. Am 2. April veröffentlichte die Gießener Allgemeine eine Bemerkung Kogels, dass er lieber in den USA forschen würde, weil dort gentechnische Experimente "nicht einmal angemeldet werden" müssten. Soweit ist es also mit der Neigung zur BürgerInnenbeteiligung bestellt bei denen, die vor allem wegen der eigenen Karriere, der Profite durch Vermarktung und Patente und in einem aberwitzigen Standortkonkurrenzdenken zwischen Universitäten forschen. Öffentlichkeitsarbeit war für Kogel immer nur Akzeptanzbeschaffen. Es ging es ihm um einseitige Propaganda, verwirklicht durch handverlesene Journalisten, die den Versuch als eine Form guter Gentechnik in Gießen vermarkten sollte.

Doch diese Rechnung erfolgte ohne eine Handvoll entschlossener Menschen, die sofort nach dem Bekanntwerden eine öffentliche Feldbefreiung ankündigte und am Freitag vor Pfingsten 2006 mit Hilfe der reichlich dumm agierenden Polizei auch zu großen Teilen schaffte. Erst die entschlossene Aktion schuf eine Öffentlichkeit der Kritik. Vorher dominierte Kogel mit seiner Pro-Gentechnik-Propaganda, während viele derer, deren Thema die Kritik an der Agro-Gentechnik eigentlich sein sollte, schwiegen. Leider blieb es gerade bei denen auch danach oft merkwürdig ruhig.

Die Polizei hingegen reagierte mit Inhaftierungen - illegal, wie heute feststeht. Die Uni reagierte ebenfalls - mit einem bemerkenswerten Aufgebot an Sicherheitstechnologie. Ein Wachhund, zwei Securities, Flutlicht, Videoüberwachung und ein Käfig um das Versuchsfeld sollten im Jahr 2007 eine erneute Zerstörung verhindern. Vergebens - wie wir heute wissen. Wer auch immer auf welche Weise diesen Coup schaffte, er bedeutete eine erneute Störung der machtvoll durchgesetzten Gentechnik. Diese wurde 2007 sogar ausgeweitet - ein zweiter Versuch mit Mais wurde im Westen der Stadt begonnen. Auch er fiel einer Zerstörungsaktion zum Opfer.

Darauf wollten wir FeldbesetzerInnen im laufenden Jahr nicht warten - und auch nicht hoffen, dass wieder Mutige oder Unbekannte den Genmanipulatoren das Handwerk legen. Darum haben wir dieses Feld besetzt. In unserer Erklärung nach der perfekt gelungenen Eroberung der Fläche hieß es:

Wo gentechnisch veränderte Pflanzen wachsen sollen, flattern Transparente mit Parolen gegen Gentechnik im Wind. Seit heute Nacht ist das Gengerstenfeld in Gießen am Alten Steinbacher Weg besetzt. Mit einer aufwendigen Blockadetechniken versuchen GentechnikgegnerInnen, das dritte Jahr des umstrittenen Versuchs ganz zu verhindern. Mitten auf der geplanten Versuchsparzelle errichteten sie einen dreibeinigen Turm (sog. "Tripod"), auf dem sich klettererfahrene AktivistInnen angekettet haben. Darunter steht ein speziell für diese Aktion gebauter Betonklotz mit Ankettrohren ("Lock-on"). Die darin befestigten Personen sind zusätzlich im Boden verankert, so dass der Klotz auch von schweren Maschinen nicht ohne Verletzungsgefahr gehoben werden kann. Rundherum verkünden Schilder frech, dass hier nun eine "Gentechnikfreie Zone" eingerichtet wurde.

Wir wollen dieses Ziel ein zweites Mal erreichen. Wenn die Universität auf ihre Risikospielchen mit den profitorientierten Technologien verzichtet, könnte Hessen erneut gentechnikfrei werden. Luftballons und Postkarten werden nicht reichen, um das zu schaffen! Und letztlich reicht auch ein gentechnikfreies Hessen nicht!

Seitdem sind fast drei Wochen vergangen - voller unterschiedlicher Erlebnisse. Der Aufbau von Turm und Betonblock war bilderbuchmäßig. Fast ohne technische Fehler entstanden die Blockaden, wurden Zelte gebaut und Spruchbänder aufgehängt. Erst als es hell wurde, entdeckten Versuchsbedienstete und Polizei die Aktion. Wenige Stunden später stand der Feld voller JournalistInnen. Deren Berichte waren unterschiedlich - von schönen Fotos und Filmschnitten bis zum verbiesterten Kampf des Gießener-Allgemeine-Reporters Sippel, der einem Besetzer mit dem Fuß ins Gesicht trat und wenige Tage später die absurde Lügengeschichte mit den toten Bienenvölkern in Umlauf brachte. In der Allgemeinen sind bis heute die FeldbesetzerInnen nicht zu Wort gekommen, während neben den genannten Lügen wieder einmal Versuchsleiter Kogel sich ausbreiten durfte. Prägender aber war für den Alltag auf unser Fläche das Wetter: Regen und eine spektakuläre Schneenacht verwandelten den Ackerboden in eine dauerhafte riesige Schlammfläche, aus der wir uns Stück für Stück herausarbeiteten. Versorgt von Essens-, Holz- und weiteren Spenden erlebten wir aber viele schöne Momente:

Vier Tage nach unserer Besetzung kam Jubel auf, als wir hörten, dass ein weiteres Feld besetzt wurde, nämlich in Oberboihingen bei Stuttgart. Schon eine Woche später war die Auseinandersetzung dort entschieden ... die FH Nürtingen verkündete eine fünfjährige Pause aller Feldversuche und verordnete sich selbst eine Zeit des Nachdenkens. Und am letzten Wochenende gab es noch eine Besetzung - gegen ein Genrübenfeld der Firma KWS in Northeim. Diese Besetzung läuft bis heute und wir drücken all denen, die dort mit Zelten und Türmen die Gentechnik verhindern wollen, viel Erfolg. Solidarische Grüße nach Northeim!

So bleibt: Geprägt durch Matsch, Regen und eine setzte unser Turm ein Fanal für eine gentechnikfreie Landwirtschaft. Er fand UnterstützerInnen vor allem bei vielen Einzelpersonen aus Gießen und Umgebung, die uns besuchten, uns unterstützten, mithalfen und Öffentlichkeit schufen. Wir fanden NachahmerInnen auf bisher zwei weiteren Flächen in Deutschland. Zudem beendeten weitere Gruppen auf andere Art und Weise Feldversuche, z.B. durch das Eingraben von Kartoffeln auf einem geplanten Versuchsfeld in Falkenberg. Das ist ein spektakulärer Start in die Anbausaison 2008 - wir hoffen auf Fortsetzungen auch dann, wenn die Saaten ausgebracht werden. Wir hoffen auf LandwirtInnen und Institutionen, die in der Sache überzeugt sind oder werden und sich der Idee gentechnikfreier Regionen anschließen. Und darauf, dass die wenigen anderen, denen Profite wichtiger sind, dann wenigstens den Widerstand fürchten und deshalb nicht mehr aussäen. Etliche von uns hatten am Anfang des Jahres an Aktionen teilgenommen mit dem Motto "2008 wird auch Deutschland gentechnikfrei - so oder so!" Unser Turm und unsere Besetzung sind eine Form, diese Ansage ernst zu nehmen und auf diesen Quadratmetern Wirklichkeit werden zu lassen.

Heute und mit dieser Erklärung leiten wir nun das Ende dieser Besetzung ein. Doch das ist nicht das Ende unserer Idee. Denn erstens hat die Uni nur verkündet, dieses Jahr hier nicht aussäen zu wollen. Das behauptet, dass wir wachsam bleiben müssen, damit die Universität nicht wieder beginnt mit Forschungen, die Leben gefährden zugunsten von Karriere und Profit. Zum zweiten aber bleibt damit diese Fläche, die durch die Experimente mit der Gentechnik ja anderen Forschungen entrissen wurde, in diesem Jahr ohne Nutzung. Das eröffnet die Chance, auf dieser Fläche einen Ort des bunten Lebens zu schaffen - als Symbol des Übergangs von der Technik des Todes zu einer anderen Forschung im kommenden Jahr. Daher laden wir ein zur Idee des BürgerInnenparks 2008: Lasst uns einen Sommer lang diese Fläche erobern und gestalten - ForscherInnen, Studierende, NachbarInnen und alle, die Lust haben zusammen mit ihren Ideen.

Das Vertrauen in die Universitätsinstitutionen allerdings ist gebrochen. Daher wollen wir dieser Universität Gießen noch eine deutliche Ansage auf den Weg geben. Wir tun das, weil aus unserer Sicht der gesamte Versuch eine einzige Lüge ist. Hier wird nicht an Biosicherheit geforscht, sondern hier werden neue Pflanzensorten entwickelt und Methoden der Gentechnik geschaffen. Versuchsleiter Kogel ist ein Global player der Gentechnik - und leider hat er auch die passenden Verhaltensweisen dazu entwickelt: Die Durchsetzung des Versuchs erfolgte per Sofortvollzug. Die Täuschung der Öffentlichkeit wurde schnell zum Normalfall. Propagandashows der Spitzenklasse vernebelten die dahinterliegenden Interessen.

Und nun weigert sich die Universitäts- und Versuchsleitung, klare Ansagen zur Zukunft dieses Feldes zu machen. Das wird im zeitlichen Ablauf ersichtlich:

  • 2005: Die Universität Gießen beantragt die Genehmigung eines Gerstenversuchs für die Jahre 2006, 2007 und 2008
  • 2006: Der Versuch wird genehmigt und ins Standortregister eingetragen. Dort steht: Beginn Freisetzung 29.4.2006, Ende Freisetzung 30.9.2008.
    Auch die Mittelbewilligung durch das Bundesministerium für Forschung zeigt die Jahre 2006 bis 2008, für 2008 sind 122.000 Euro bewilligt.
  • 2007: Nach der Zerstörung des Gerstenfeldes kündigt Versuchsleiter Kogel mehrfach öffentlich an, den Versuch 2008 weiterführen zu wollen.
  • Anfang 2008: Die Obstplantage am Feld wird radikal beschnitten. Der Verdacht entsteht, dieses könnte einer besseren Überwachung dienen. Das Flutlicht ist weiter installiert, auch die Bauteile für den Käfig um die Parzelle liegen weiterhin auf dem Hof des Instituts. Nichts deutet darauf hin, dass der Versuch nicht weiter stattfinden soll.
  • 30./31.3.2008: Das Gengerstenfeld wird besetzt.
  • 31.3. vormittags: Versuchsleiter Kogel verweigert jegliches Gespräch mit der Presse.
  • 31.3. nachmittags: Uni-Pressestelle und Kogel reden .... und behaupten plötzlich, es sei ohnehin keine Aussaat vorgesehen, u.a. in einer Pressemitteilung der Uni-Pressestelle.
  • 1.4.: Versuchsleiter Kogel sagt gegenüber der Gießener Allgemeinen, der Versuch werde in die USA verlagert. Das veröffentlicht die Gießener Allgemeine am Folgetag. Es entstehen Zweifel, ob das überhaupt mit den Förderbestimmungen des Biosicherheitsprogramms der Bundesregierung übereinstimmt.
  • 10. April: Auf der Seite der Bundesregierung zum Genforschungsprogramm www.biosicherheit.de wird ein Text veröffentlicht, in dem es heißt: "In der Saison 2008 sind keine Freisetzungsversuche mit gv-Gerste geplant. Nun wollen die Aktivisten das Feld so lang besetzt halten, bis das Forschungsprojekt vollständig eingestellt sei und auch in Zukunft auf Freilandversuche mit gv-Gerste verzichtet werde."
  • Auch gegenüber der Presse heißt es nun immer: "In diesem Jahr sei nicht geplant gewesen ..." (HNA, 12.4.2008)
    Das würde bedeuten, der Versuch wird 2008 nicht ausgesät, aber möglicherweise später fortgesetzt. Dann hätte die Besetzung eine Pause erzwungen. Mit dem Eintrag im Standortregister und der bewilligten Förderung steht das allerdings nicht im Einklang.
  • Prof. Andreas Schier von der FH Nürtingen gibt bei Welt Online ein Interview, dass am 17.4. veröffentlicht wird. Dort jammert er, zum Abbruch seines Versuchs durch die Feldbesetzung in Oberboihingen gezwungen worden zu sein und vergleicht das mit dem Ablauf in Gießen. Zitat: "In Gießen gab es ebenfalls eine Feldbesetzung. Die Entscheidung zur Teileinstellung der Forschungsarbeiten wurde dann meines Wissens aber immerhin einvernehmlich zwischen Hochschulleitung und dem zuständigen Lehrstuhlinhaber getroffen." (Welt-online, 17.4.2008, Quelle: http://www.welt.de/wissenschaft/article1910743/Erkenntnisse_werden_Parolen_untergeordnet.html) Das nun bedeutet: Der Versuch in Gießen ist durch die Besetzung beendet worden.

Oder anders ausgedrückt: Es ist nicht wirklich klar, was in Zukunft geschehen wird. Der Versuch ist für dieses Jahr abgewendet. Zusammen mit der Aufgabe von Versuchsflächen in Niedermöllrich und Rauischholzhausen aufgrund der Gegenwehr von BürgerInnen dort ist die Gentechnik in Hessen damit auf einen einzigen, hochgesicherten Standort zusammengeschrumpt: Nördlich von Groß Gerau an der B44 auf der dortigen Versuchsstation der Uni Gießen. Die Forderung der BesetzerInnen an die Uni, endlich Klarheit zu schaffen über weitere gentechnische Experimente, war und ist mehr als berechtigt. Wie üblich, wird aber mit Informationen gespielt statt aufgeklärt.

Daher haben sich mehrere der FeldbesetzerInnen und weitere Personen entschlossen, folgende Ankündigung zu machen: Wenn die Universität Gießen wieder einmal nur verschleiert und täuscht, d.h. wenn sie hier wieder gentechnisch veränderte Gerste ausbringen will, so werden wir nicht zögern, den Versuch mit eigener Kraft zu beenden. Wir akzeptieren nicht, dass ausgerechnet die Herren Hormuth und Kogel, die in der Vergangenheit vor allem profit- und karriereorientierte Standortinteressen durchzusetzen versuchten, mit ihrer Art der Macht des Faktischen durchkommen. Wer per Sofortvollzug aussät und dann Gesprächsbereitschaft zeigt, wer einfach rücksichtslos handelt, aber von anderen den Verzicht auf Handeln einfordert, der treibt ein doppeltes Spiel und muss sich gefallen lassen, dass wir eine gleichberechtigte Gesprächsposition zurückerlangen, in dem auch wir sagen: Wir werden handeln! Dann, wenn es nötig ist. Nichts und niemand kann dieses gefährliche Feld bewachen - dass haben mutige Menschen im Jahr 2006 mit einer offenen und 2007 mit einer heimlichen Aktion, deren AkteurInnen bis heute unbekannt blieben, gezeigt.

Danke an ...

  • alle, die mit dabei waren.
  • alle, die uns hier am Feld und von draußen unterstützt haben.
  • alle, die uns mit Lebensmitteln, Holz, Geräten und anderen Sachspenden halfen.
  • alle, die die Ideen von Mund zu Mund, per Flugblatt, Pressetexte oder LeserInnenbrief, Internetseite oder Aktionen verbreitet haben.
  • alle, die wir in dieser Aufzählung vergessenen, die direkt oder indirekt dabei waren oder dieses noch tun werden,
  • und an alle, die in den kommenden Wochen, Monaten und Jahren auf ihre Weise beitragen wollen und werden zum Kampf um eine gentechnikfreie Landwirtschaft und Lebensmittelverarbeitung: Durch gentechnikfreies Wirtschaften, durch öffentlichen Protest und gentechnikfreien Alltag und durch die Beteiligung an Aktionen wie Feldbesetzungen, Protestaktionen oder das gentechnikfreie Aktionswochenende von „Gendreck weg!“ im Sommer dieses Jahres (www.gendreck-weg.de).

Ebenso aber gab es auch Enttäuschungen. Daher erfolgt an dieser Stelle auch ein Appell an all die, die sich nicht trauten, unsere Besetzung zu unterstützen aus Angst vor Repression, Angst vor Nachteilen im Studium oder der Sorge um das gute Image des eigenen Verbands bei Presse, Herrschenden und Geldgebern. Lange Zeit schliefen hier in Gießen gerade die Parteien und Verbände, die den Protest gegen die Gentechnik sonst selbst auf ihre Fahnen schreiben, einen Dornröschenschlaf. Einige tun das bis heute, ignorierten auch unsere Aktion und die bunte Demonstration durch am 5. April. Offenbar leben sie in vorauseilendem Gehorsam gegenüber einer Obrigkeit, die in Sachen Gentechnik aber nichts ist als die machtvolle Vertretung einer kleinen Minderheit, der es um Profit und Standortdenken geht. Nur ganz langsam entstehen Aktivitäten gegen die Agro-Gentechnik in deren Hochburg Gießen. Wir wünschen all dem, was gestartet wurde, weiterhin und in Zukunft viel Erfolg - sei es den AkteurInnen der gentechnikfreien Regionen in Gießen und anderswo, sei es den politischen Initiativen zu Verhinderung der Agro-Gentechnik oder dem Protest von BürgerInneninitiativen und Aktionsbündnisses. Wir hoffen, dass LandwirtInnen, ImkerInnen, Bäckereien, Brauereien und überhaupt alle Menschen in und um Gießen ihre Scheu verlieren, denen entgegenzutreten, die die riskante und für ein besseres Leben nutzlose Technologie vorantreiben. Dieser Turm am den ersten und inzwischen ehemaligen Genversuchsfeld dieses Jahrtausends in Gießen sollte der Auftakt für Forschung und Landwirtschaft, die den Menschen und dem Leben dienen sein - ohne Gentechnik, aber gerade deshalb mit mehr Kraft, Anbau und Forschung für ein gutes Leben zu verwirklichen.

Schafft 1,2,3 ... viele besetzte Felder und gentechnikfreie Regionen!

Mehr Informationen: www.gendreck-giessen.de.vu

Eröffnung BürgerInnenpark

feldbesetzi 18.04.2008 - 18:15
Ein paar Bilder vom ersten Tag des Endes der Feldbesetzung und des Anfangs vom BürgerInnenpark (okay, ist Gießen ... waren also nicht viele Leute da).

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige den folgenden Kommentar an

häh? — Nichtlinks