Letztes hessisches Genfeld (GrGerau) besetzt!
Vier Genversuchsfeldern sollte es dieses Jahr in Hessen geben. Doch drei wurden bereits verhindert:
- BürgerInneninitiativen in Niedermöllrich (bei Wabern) und Rauischholzhausen (Ebsdorfergrund) stoppten den Anbau gentechnik veränderter Pflanzen von Monsanto und der Uni Gießen.
- Eine spektakuläre Feldbesetzung vom 30. März bis 18. April brachte dem Gengerstenversuch in Gießen ein jähes Ende.
Damit bleibt nur noch die Versuchsstation der Uni Gießen am Woogsdammweg in Groß Gerau (nördlicher Stadtrand an der B 44). Zwei Versuchsfelder sollen dort zusammengelegt werden - trotz einer eindeutigen Aufforderung des Landkreises Groß Gerau an die Universität, auf den Versuch zu verzichten. Nun ist diese Fläche besetzt, die Aussaat damit zunächst be- oder verhindert. Eine Räumung dürfte aufwendig werden, denn die BesetzerInnen sind gut gesichert: An einem hohem Turm und ein Betonblock plus Erdanker können sie sich blitzschnell festketten.
Wird Hessen gentechnikfrei?
Das einzig verbliebene Genversuchsfeld ist besetzt!
Die BesetzerInnen rufen alle Menschen, insbesondere die EinwohnerInnen von Groß Gerau und den umgebenden Orten auf, sich am Protest zu beteiligen:
"Helfen Sie mit, Groß Gerau gentechnikfrei zu machen! Und damit ganz Hessen! Ihr Protest hier ist besonders wichtig und wertvoll. Welche Form Sie wählen - jede Handlung ist richtig: Das Gespräch mit NachbarInnen, der LeserInnenbrief in der Zeitung, das Aufstellen von Plakaten im Fenster oder Vorgarten, das Mitmachen von Aktionen in Groß Gerau oder Umgebung, der direkte Protest am Feld oder der Anruf bei den Verantwortlichen der Uni."
Für das erste Wochenende sind bereits einige Aktionen am Feld geplant (siehe unten).
- Erklärung und Flugblatt der BesetzerInnen (PDF)
Worum geht's? Mon810 - gefährliche Pflanzen am Rande Groß Geraus
Die Geschichte der Agrogentechnik insgesamt und des Genmais im Speziellen ist eine zum Haareraufen. Was einem da WissenschaftlerInnen ständig erzählen, um einzulullen, wirkt zum Teil nur noch komisch ...
- Jahrelang wurde erzählt, der Pollen von Mais würde nicht weit auskreuzen. Falsch, wie sich später herausstellte.
- Überwacht wurden Pflanzen in der Umgebung. Vergessen wurden Bienen. Ja - vergessen! Welch ein Niveau von Wissenschaft, gar nicht auf die Idee zu kommen, da der Maispollen in den Honig gelangen könnten. Erst als Imker Alarm schlugen, wurde das Problem wahrgenommen. Eine Lösung gibt es bis heute nicht. Die Uni Gießen behauptet, die männlichen Blüten einfach abzuschneiden. Ob sie das tut, ist unbekannt - absurd ist das ganze Vorgehen aber auf jeden Fall. Denn auf den Äckern wird das mit den zugelassenen Sorten sicher nicht geschehen ...
- Bis letztes Jahr behaupteten ExpertInnen, Mais würde nicht überwintern und im Folgejahr neu keimen können (Durchwuchs). Inzwischen musste sie kleinlaut einräumen: Kann er doch.
So oder ähnlich liest sich die ganze Geschichte der Gentechnik. Ständig passieren Dinge, die WissenschaftlerInnen vorher für ausgeschlossen hielten. Offensichtlich wurde, dass Studien nur der Beruhigung dienten und keine wirklichen Untersuchungen zur Grundlage hatten. Genforschung ist längst zum Erfüllungsgehilfen der profitorientierten Konzerne und karrieresüchtigen Professoren geworden. Die Geschichte des Genmaises der Firma Monsanto ist ein schillerndes Beispiel dieser Machtspielchen ... eines für viele, denn BASF, Bayer, Syngenta - sie alle handeln genauso und wären gern genauso groß wie Monsanto, der Marktführer in Sachen Gentechnik-Saatgut. Frankreich, Griechenland, Österreich, Polen die Schweiz und Rumänien haben den Mon810-Mais schon verboten, 2007 wurde er in Deutschland trotz ausgelaufener Genehmigung angebaut - also illegal. Auch in Groß Gerau. 2008 soll das wieder passieren. Es sei denn, ausreichend Menschen wehren sich jetzt gegen das Experiment der Uni.
Krude Argumente der Befürworter
Wer die Fans der Genversuche hört, bekommt schnell einen Eindruck, um was es hier geht: Standortdenken, Profilierung, Geld. Ganz unumwunden formulierte etwas der Präsident der Uni Gießen, Hormuth, dass es um das Renomee des Agrarstandortes geht: "Es ist wichtig, dass wir als einer der bedeutendsten Uni-Agrarstandorte ein verlässlicher Partner des Bundessortenamtes sind und auch bleiben". Auch der CDU-Chef von Gießen, Klaus Peter Möller (auch Landtagsabgeordneter), holt den argumentativen Holzhammer hervor: "Wenn wir uns in Deutschland nicht beteiligen, geht die Forschung ins Ausland." Es geht also um das Wohl von Uni und Deutschland - nicht um ein besseres Leben, die Umwelt, LandwirtInnen und ImkerInnen."
Kennen Sie Riedstadt?
Sicherlich, denn der Ort liegt nicht weit von Groß Gerau entfernt. Dort kämpfen noch heute ExpertInnen mit einem außer Kontrolle geratenen Feldversuch. Der wurde Anfang dieses Jahrzehnts durchgeführt - geheim und im Auftrag von Regierungen. Der damals in Riedstadt und Adelshausen angebaute Raps kreuzte stark aus und muss bis heute auf Durchwuchs kontrolliert werden, weil selbst auf dem Standort noch immer gv-Rapspflanzen auftauchen (u.a. mehrfach im Zeitraum Januar bis März 2007 laut Mittelung der Aufsichtsbehörde am 6.2.2008). Wohin die gentechnisch veränderten Gene inzwischen sonst noch ausgestreut sind, wird nie jemand feststellen können.
Direkte Aktionen gegen Genfelder überall
Hessen hat eine interessante Tradition widerständiger Aktionen gegen die Gentechnik. Drei Jahre lang war Mitte der 90er Jahre ein Versuchsfeld in Melbach (Wetterau) besetzt oder beschädigt worden. Später verhinderte eine Feldbesetzung in Iba (bei Bebra) dort geplante Versuche. Der Gießener Uni-Professor Friedt, auch heute für den Versuch in Groß Gerau verantworlich, experimentierte mit Rapspflanzen in Rauischholzhausen - vergebens. Die Felder wurden von Unbekannten zerstört. Danach war Pause ... Industrie und Universitäten mieden Hessen bei ihren gefährlichen Experimente. Doch auch der Widerstand ließ nach, übrig blieben wenig druckvolle Postkartenaktionen und Appelle an die Herrschenden. Das half nur begrenzt - die Gentechnik dehnte sich aus. Ab 2005 regte sich wieder Widerständiges. Die Feldbefreiung 2006 in Gießen war die erste gelungene ihrer Art, zwei weitere folgten im gleichen Jahr. Nun, zwei weitere Jahre sind vergangen, fällt der Saisonstart beeindruckender aus:
- 1. und 2. Januar: Mit dem Slogan "2008: Auch Deutschland wird gentechnikfrei - so oder so!" starten AktivistInnen symbolische Aktionen in mehreren Städten. Ehrgeizig kündigen sie an, bei weiterem Versagen in der Politik selbst dafür sorgen zu wollen, dass die Gentechnik nicht mehr durchführbar sei, zumindest nicht profitabel.
- März: Erfolgreicher BürgerInnenprotest gegen Versuchsfelder in Rauischholzhausen und Niedermöllrich
- 30. März bis 18. April: Genfeld in Gießen besetzt - der Versuch wird abgebrochen
- 4. bis 13. April: Feldbesetzung in Oberboihingen erfolgreich! Die Fachhochschule Nürringen beendet ihre Feldversuche
- Anfang April: Kartoffelversuch in Falkenberg gestört oder sogar verhindert
- Seit April: Mahnwache am Genfeld im Wendland
- Ab 13. April: Genfeld in Northeim besetzt
- 21. April: Genweizenfeld in Gatersleben befreit
- 24. April: Genfeld in Forchheim (bei Karlsruhe) besetzt
- Und nun ... Groß Gerau!!!?
Aktionen und Veranstaltungen am Feld in Groß Gerau
Rund um das Feld soll es bereits ab heute vielfältige Aktionen geben. Dazu verteilen UnterstützerInnen Flugblätter in den angrenzenden Wohnsiedlungen und in der Innenstadt von Groß Gerau. Gäste und Mitwirkende sind gern gesehen. Nähere Informationen können (soweit möglich) vom Feld aus oder von UnterstützerInnen auf der Seite www.gentech-weg.de.vu untergebracht werden.
Die Termine am Feld ab heute:
- Freitag, 25. April, 17 Uhr am Feld: Infospaziergang mit Kurzansprachen
- Ab Freitag täglich 19 Uhr am Feld: Musik und Feiern gegen Gentechnik (bringt Essen, Musik, Instrumente und mehr mit!!!)
- Samstag, 26. April, 14 Uhr am Feld: Klettertraining
- Samstag, 16 Uhr am Feld: Workshop „Warum gegen Gentechnik?“
- 19 Uhr am Feld: Musik und Feiern gegen Gentechnik
- Sonntag, 27. April, 15 Uhr am Feld: Infospaziergang mit Kurzansprachen
- 19 Uhr am Feld: Musik und Feiern gegen Gentechnik
Weitere Termine am Aktionshandy 01522-9990199 oder im Internet.
Offizielle Stellen
Auch Landrat Enno Siehr hat die Universität Gießen aufgefordert, auf die Aussaat von genmanipuliertem Mais in Groß-Gerau zu verzichten. In einem Schreiben an den Leiter des dortigen Instituts für Agrarwissenschaften, Ökotrophologie und Umweltmanagement, Professor Dr. Friedt, weist Siehr auf die ablehnende Haltung hin, die sowohl der Kreistag als auch die Groß-Gerauer Stadtverordnetenversammlung zum Genmais-Anbau eingenommen haben. Die Universität Gießen hatte unlängst auf die Bepflanzung eines entsprechenden Versuchsfelds in Nordhessen verzichtet und dies mit dem Widerstand vor Ort begründet. Nachfolgend das Schreiben des Landrats im Wortlaut:
„Sehr geehrter Herr Professor Dr. Friedt,
mit großem Interesse habe ich Pressemeldungen zur Kenntnis genommen, wonach die Universität Gießen in diesem Jahr keine Versuche mit gentechnisch veränderten Maissorten im nordhessischen Ebsdorfergrund durchführen wird. Als Begründung wurde – laut diesen Pressemitteilungen – angegeben, dass die Universität weiterhin an einer guten Nachbarschaft zur Standortgemeinde gelegen sei.
Ich möchte Sie heute nachdrücklich bitten, auch am Standort Groß-Gerau auf die Aussaat von Genmais zu verzichten. Wie Ihnen sicher bekannt ist, hat sich der Kreistag des Kreises Groß-Gerau gegen einen solchen Anbau ausgesprochen. Auch die Stadtverordnetenversammlung der Kreisstadt Groß-Gerau hat m. W. einen entsprechenden Beschluss gefasst.
Die Universität Gießen weist jetzt als Begründung für den Anbauverzicht in Nordhessen darauf hin, dass es keinen Sinn mache, die Versuche gegen den Widerstand vor Ort durchzusetzen. Ich bitte Sie, zur Kenntnis zu nehmen, dass es auch im Kreis Groß-Gerau beträchtliche Widerstände gegen Ihr Vorhaben gibt. Entsprechend bitte ich Sie, auch bei uns auf eine Aussaat von gentechnisch veränderten Maissorten zu verzichten.“
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)
Ergänzungen
Lage auf dem Feld, 6 Uhr
Jetzt dämmerts gerade ... wer Lust hat, ist herzlich eingeladen, nach Groß Gerau zu kommen.
Der erste Tag ...
Grund hoffentlich auch noch für Menschen, hier mit Schlafsack für ein paar Tage dazuzustossen.
Prof. Friedt (Versuchsleiter) war vor Ort und auch auf dem Feld. Nettes Gespräch mit sehr unterschiedlichen politischen Positionen. Auf Räumung wird wohl verzichtet. Gentechnikfreies Hessen rückt näher ...
Wie ist der Stand
Zweiter Tag
Das Gerauer Echo (Kopfblatt vom Darmstädter Echo) wirbt mit einem Plakat in der Stadt, ihre Zeitung zu kaufen, auf dem die Besetzung zu lesen ist mit Verweis, dass mehr in der Zeitung zu lesen ist.
Kuchen, Obst, Gemüse, Brot ... kommt alles aufs Feld. Wir hoffen jetzt, dass auch Veranstaltungen und Aktionen von Menschen aus der Region angezettelt werden. Die Grüne Jugend lädt für Sonntag (morgen) zu einem Fußballturnier (15 Uhr).
Aktuelle Termine und Infos auf dem Acker
Tagsüber: Krisentreffen in der Uni Gießen
Versuchsleiter und Uni-Präsidium beraten zum weiteren Vorgehen in Sachen Genmaisversuche in Groß Gerau. Protestanrufe, -mails und -faxe können helfen, eine Entscheidung gegen die riskante Technologie zu fällen.
16 Uhr auf dem Feld: Anti-Gentechnik-Buttons selber machen ... eigene Motive (ca. 2cm Durchmesser) können mitgebracht werden
Gleiche Zeit und Ort: Kletterworkshop für AnfängerInnen und Interessierte
18 Uhr: Fraktionstreffen im Historischen Rathaus
Gerauer Parteien bereiten die Stadtverordnetenversammlung vor. Wer spricht sie an auf das Genversuchsfeld?
Dienstag
Stadtverordnetenversammlung im Historischen Rathau
Ideen für Montag und Dienstag: Flugblätter, Transparente und Gespräche vor dem Eingang. Direkte Gespräche mit den Fraktionen. Was sonst noch gefällt ...
Tanz in den Mai
FeldbesetzerInnen und UnterstützerInnen laden ein zu einem fröhlich-widerständigen Abend: Feiern gegen Gentechnik "so oder so" - als Protest, wenn die Uni weitermachen will, oder Freude über das Ende des Versuchs!
Rund um die Uhr
Besucht das besetzte Genversuchsfeld am Woogsdammweg (nördlicher Stadtrand östlich der B 44).
Tragt Euch in die Telefonkette auf dem besetzten Feld ein. Dann bekommt Ihr Nachricht, wenn Unileitung und Polizei räumen lassen, um die Gensaat in die Erde zu bringen!
Auf dem Feld gibt es eine Liste, was an Material gebraucht wird!
Und sonst?
Wer Lust hat, die FeldbesetzerInnen kennenzulernen, über Gentechnik zu diskutieren, mehr über das geplante Versuchsfeld und die Kritik daran zu erfahren oder BestzerInnen zu einem eigenen Treffen, in die Schule u.ä. einzuladen, kann einfach aufs Feld
kommen oder auf dem Camp unter 01522-9990199 anrufen.
3. Tag abends
Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen
Polizei aufgefahren — feldbesetzi
Betrachter — Name