Sozis schenken Ultrarrechten Navarra

Ralf Streck 16.08.2007 21:00 Themen: Weltweit
Krise bei den Sozialisten nach dem die Sektion in Navarra von Madrid gezwungen wurde, eine rechte Minderheitsregierung zu dulden. Sozialisten stehen vor einer möglichen Spaltung, die Parteijugend in Navarra ist komplett zurückgetreten, weil Zapatero der rechtsradikalen UPN die Macht aus Angst vor deren Angriffen geschenkt hat. Im Baskenland insgesamt spitzt sich die Lage derweil zu.
Spanien befindet sich im Wahlkampf für die Parlamentswahlen im Frühjahr, deshalb haben die Sozialisten (PSOE) eine interne Krise provoziert. Sie brachen in Navarra ihr Versprechen, die ultrarechte "Partei des Volks von Navarra (UPN)", lokale Schwester der Volkspartei (PP), die Macht zu nehmen. Heute übernahm Miguel Sanz erneut die Präsidentschaft. Damit wurde eine von zwei Provinzen im spanischen Staat, in denen ein Machtwechsel nach den Wahlen im Mai möglich war, der Rechten freiwillig übergeben. Auf den Balearen hat die PSOE dagegen eine instabile Fraktion mit sechs Parteien gebildet, um der PP die Macht zu nehmen. Die hatte dort eine absolute Mehrheit nur knapp verfehlt.

Für den Madrider Kurs mussten die Sozialisten in Navarra (PSN) unter die Knute gezwungen werden. Mit Ausschlussdrohungen gelang es dem spanischen Ministerpräsidenten José Luis Rodríguez Zapatero sich durchzusetzen. Die PSN hatte sich mit moderaten baskischen Nationalisten von "Nafarroa Bai" (Ja zu Navarra) zuvor auf eine Koalition geeinigt. Die Wahlplattform war als zweitstärkste Kraft aus den Wahlen hervorgegangen und wollte der PSN als drittstärkster Kraft sogar die Präsidentschaft lassen, um die UPN nach 11 Jahren wieder in die Opposition zu schicken. Der Stil des Politikhooligans Sanz sollte damit ein Ende gesetzt werden. Doch Zapatero fürchtete, diese Koalition werde ihm in Spanien zu viele Stimmen kosten.

Ob das stimmt, ist unklar. Klar ist, dass ihm der Bruch des Wahlversprechens n Navarra und in der Linken viele Stimmen kosten wird. In der PSN wird über eine Spaltung diskutiert. Die gesamte Führung der Sozialistischen Jugend Navarras (JSN) trat aus Protest geschlossen zurück. Gewerkschaftler der PSOE-nahen UGT verbrennen öffentlich ihre Mitgliedsausweise. Zapatero hat allen gezeigt, wie es um die Autonomie der PSN steht, die eigentlich in deren Statuten verankert ist. Eingeknickt war er schon zuvor in Katalonien. Das neue Autonomiestatut, dass dort von 90 Prozent getragen wurde, ließ er beim Gang durch die Madrider Instanzen auf Druck der Rechten heftig verstümmeln.

"Bamby", wie Zapatero genannt wird, hat erneut gezeigt, dass er vor den absurden Attacken und Lügen der Politrowdys der PP und UPN nicht gewachsen ist. Die behaupteten, die PSNE wolle quasi mit der Untergrundorganisation ETA Navarra regieren. Dabei steht die große Baskisch-Nationalistische Partei (PNV) hinter Na-Bai, mit der die PP bis zur ihrer Abwahl 2004 in Madrid auch immer wieder koalierte.

Die Provinz Navarra hat für eine friedliche Lösung des "Baskischen Konflikts" eine zentrale Bedeutung, der Zapatero so erneut eine deutliche Absage erteilt hat. Seit dem Ende der Franco-Diktatur wartet deren Bevölkerung auf ein Referendum über den Anschluss an die drei Autonomen Baskischen Provinzen. UPN und PP versuchen weiter den Vorbehalt aus der Verfassung zu streichen, der den Anschluss ermöglicht. Das "Vascuence", wie sie die baskische Sprache "Euskara" abfällig nennen, wird weiter marginalisiert. In der Schule wird Spanisch, Französisch und Englisch gelehrt und in der Verwaltung ist die Muttersprache von Navarra dem Polnisch und anderen EU-Sprachen gleichgestellt.

Im Baskenland kommt es insgesamt zu einer Zuspitzung. Zwar hat die ETA, nach dem Ende ihrer Waffenruhe im Juni bisher nur winzige Anschläge verübt, um die Tür zu einem Dialog offen zu lassen, doch das dürfte sich nun ändern. Das zeigen auch stärker werdenden Angriffe von militanten Jugendlichen auf öffentliche Einrichtungen und Banken. Nach dem Verbot einer Ehrung für drei ETA-Mitglieder, die 1991 von der Guardia Civil in Donostia erschossen wurden. Trotz des Verbots hält die Amnestiebewegung an der Mobilisierung morgen im Stadtteil Morlans fest, die bisher jedes Jahr durchgeführt wurde.


© Ralf Streck, 16.08.2007
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Ergänzungen

Siehe auch

Ralf 16.08.2007 - 21:13
Seit Juni ist der Sprecher der verbotenen baskischen linken Partei Batasuna, Arnaldo Otegi, in Martutene inhaftiert. Aufruf zur Unterzeichnung eines Apells für seine Freilassung (mehrsprachig ) sowie ein aktuelles Interview mit ihm, geführt von Iñaki Iriondo...  http://de.indymedia.org/2007/08/190590.shtml

AUFRUF:
Die Unterzeichner dieses Aufrufs fordern die sofortige Freilassung Arnaldo Otegis vor allem aus folgenden Gründen:

1. Politische Gespräche sind grundlegendes Instrument für die notwendige und kontinuierliche Kommunikation zwischen Konfliktparteien. Nur durch sie können Alternativen vorgestellt, debattiert und verhandelt werden. Solche Gespräche sind Voraussetzung dafür, daß politische Vereinbarungen zustande kommen, die dem Baskenland (Euskal Herria) die Chance für eine Zukunft in Frieden und Freiheit eröffnet.

2. Einer der Hauptunterhändler der linken Unabhängigkeitsbewegung ist Arnaldo Otegi. Seine Inhaftierung (aus nichtigem Grund) ist eine schwerwiegende Beeinträchtigug dieser Chance, zumal Arnaldo Otegi eine zentrale Rolle in den Gesprächen und bei der Suche nach einer politischen Lösung des langandauernden Konfliktes um die Zukunft des Baskenlandes spielt.

3. Vor allem deshalb erklären wir Unterzeichner öffentlich unsere Ablehnung der Inhaftierung Arnaldo Otegis und verurteilen sie als eine politisch motivierte Maßnahme. Wir verlangen von den Verantwortlichen seine sofortige Freilassung.

Der Aufruf in mehreren Sprachen sowie die bislang weit über 6000 Unterschriften kann eingesehen und unterzeichnet werden unter:  http://www.arnaldoaskatu.org/

VERHAFTUNGEN IN ITOITZ

tierr@ 18.08.2007 - 13:29
VERHAFTUNGEN IN ITOITZ

Am Morgen des17/08/07 wurde das Mitglied des Solidaritätskomitees mit Itoitz/colectivo Solidari@s con Itoitz, Julio Villanueva Villanueva verhaftet, als die Bezirkspolizei bei einer Kontrolle seinen Füherschein sehen wollte.
Julio Villanueva ist eine der acht Personen die am 06- April 1996 Kabel, die zum Stahltransport für den Bau des Staudamms nötig waren, gekappt hatten. Für den Sabotageakt ist eine Haftstrafe von 4 Jahren und 10 Monaten gegen ihn offen. Mit ihm sind bereits drei Mitglieder des Kollektivs wegen dieser Aktion inhaftiert.

Zur Erinnerung: Der Staudamm von Itoitz im Irati-Tal (Navarra) ist Teil eines Energiegewinnungsplans, der von den GegnerInnen als "die grösste ökologische, wirtschaftliche und soziale Katastrophe in der Geschichte des spanischen Staates" bezeichnet wurde.
Im Sommer 2006 hatten Mitglieder des colectivo de Solidari@s con Itoitz eine Besetzung aufrechterhalten, nachdem die EinwohnerInnen von Itoitz brutal vertrieben worden waren, um den Bau des Staudamms durchzusetzen. Die repressiven Räumungen wurden im September in den Orten Artozki und Muniain fortgesetzt, die "Spiegelungen einer ererbten Lebensweise, die auf der Respektierung der Natur basiert" darstellten und die erbitterten Widerstand gegen ihre Zerstörung leisteten.
 http://euskalherria.indymedia.org/

Leider

Ralf 21.08.2007 - 12:21
Hatte der wohl schnell geschriebene Artikel auf EH-INDY große Schwächen, die sich dann in der Übersetzung spiegeln. Deshalb hier mal neues zum Thema.

Am letzten Freitag wurde das Mitglied des Solidaritätskomitees mit Itoiz, Julio Villanueva Villanueva verhaftet, als er seinen Führerschein verlängern wollte. Zahlreiche Menschen solidarisierten sich gestern am Knast von Iruna (Pamplona) mit ihm (  http://www.gara.net/paperezkoa/20070821/34474/es/Amigos-solidarios-Julio-Villanueva-denuncian-castigo-defender-tierra). Sie forderten seine Freiheit und die sofortige Stilllegung des Projekts, bevor es zu einer Katastrophe wie einem Dammbruch kommt.

Vergessen sollte man nicht, dass noch immer Batasuna Chef Arnaldo Otegi im Knast sitzt. Der Vermittler im Friedensprozess wurde nach dem Ende des Friedensprosses plötzlich unter einem Vorwand inhaftiert. Zahllose Menschen solidarisierten sich auf einem Kongress in Korsika mit ihm oder haben einen Aufruf für seine Freilassung unterzeichnet.
Julio Villanueva ist einer der Personen, die 1996 ein Kabel, das zum
Betontransport für den Bau des Staudamms nötig war, gekappt hatten. Damit
haben sie das Urteil des Obersten spanischen Gerichtshof umgesetzt, das
das Projekt für "Null und Nichtig" erklärt hatte. Sehenswerte und preisgekrönte Multimedia-Darstellung  http://www.eitb.com/itoiz/es/eitb24_itoiz_es.asp

Die Aktion war gut durchdacht und vorbereitet (  http://de.indymedia.org/2005/08/125316.shtml). Es ging darum, ein System von Kabeln zu zerschneiden (mittels Winkelschleifer), mittels der großen Behälter mit Beton transportiert werden, die zur Errichtung der Staumauer benötigt wurden - über die gesamte Länge der riesigen Staumauer, die so hoch wie der Kölner Dom ist. Die Aktion verlief frielich und an sich perfekt. Die Auswirkungen konnten sich die Gruppenmitglieder nicht einmal selbst vorstellen: Der Baustopp den das Gericht nicht verfügt hatte (dafür hätten die Gegner Millionen hinterlegen müssen) wurde faktisch für ein Jahr umgesetzt.

Die Antwort des „Rechtsstaates“ war allerdings brutal und radikal. Acht des Kollektivs wurden zu fast fünf Jahren Haft verurteilt. Als Vorwand wurde dafür eine "Entführung" konstruiert, weil sie den Wachmann für fünf Minuten in seiner Wachhütte eingesperrt haben. Zwei der Betroffenen haben ihre Strafe bisher schon abgesessen. Nach welchen Kriterien die
Verurteilten verhaftet werden ist unklar. Sicher ist es kein Zufall, dass
dies genau nach der Bildung der neuen Regionalregierung geschah. Siehe auch  http://de.indymedia.org/2007/08/191072.shtml.

Zur Erinnerung: Der Staudamm von Itoitz im Irati-Tal (Navarra) ist Teil eines Wasserplans, der von den GegnerInnen als "die grösste ökologische, wirtschaftliche und soziale Katastrophe in der Geschichte des spanischen Staates" bezeichnet wurde (  http://de.indymedia.org/2003/06/55728.shtml). Mit dem Staudamm wurden nicht nur Naturschutzgebiete geflutet, sondern die linke Seite ist in einem unsicheren Hang verankert, der längst ins Rutschen gekommen ist. Noch dazu kommt, was die Planer auch nicht vorausgesehen hatten, dass das Gewicht des Staudamms auf eine Erdfalte drückt und mehr als 1000 Erdbeben seit der Befüllung ausgelöst hat. Die Katastrophenszenarien, die angesehenste Staudammbauer entwickelt haben, gehen von Tausenden Toten aus, wenn der Damm wie erwartet bricht. Vergleiche auch:  http://de.indymedia.org/2007/06/186085.shtml)

Letztlich wurde das absurde Vorgehen sogar vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte abgesegnet, auf den ein ernormer Druck aus Spanien ausgeübt wurde. (  http://de.indymedia.org/2003/09/62688.shtml).