Mexiko/Oaxaca: aktuell

homebase 16.10.2006 18:07 Themen: Bildung Repression Soziale Kämpfe Weltweit
  • Oaxaca: Beerdigung des ermordeten A. García und Reaktionen
  • Oaxaca/D.F.: Konflikt in der Bildungsgewerkschaft verschärft sich
  • Tabasco: PRI-Kandidat erklärt sich zum Wahlsieger / Unregelmäßigkeiten

Oaxaca: Beerdigung der ermordeten Alejandro Garcia

Gestern abend wurde Alejandro García in Oaxaca-Stadt zu Grabe getragen. Die Angehörigen machten den Gouverneur Ruiz für seinen Tod verantwortlich. Auch dieses neue Verbrechen zeige einmal mehr den Zustand der Unregierbarkeit des Staates Oaxaca.

"Sie müssen es wissen im Senat, sie dürfen nicht blind sein: hier gibt es Killer, und die acht Ermordeten fordern Gerechtigkeit!", so der Schwager des am Samstag erschossenen Alejandro García. Ein anderer Angehöriger sagte: "Ulises Ruiz ist für seinen Tod verantwortlich. Er ließ ihn töten, weil er alle diejenigen zum Schweigen bringen will, die die Entwürdigung der Menschen nicht mehr unterstützen. Tod Ulises Ruiz!" Sein Ruf wurde von der Menge aufgenommen: "Alejandro ist nicht gestorben, Ruiz hat ihn ermordet!"

Die Schauspielerin Ana Colchero bot an, als Zeugin für die lange verweigerten Behandlung Garcias zu fungieren und forderte außerdem, eine Kommission zu bilden, die sich um die Familie des Opfers kümmere: "Wir müssen alle Verantwortung für die Familien der Gefallenen übernehmen. Wir dürfen uns nicht auf den Senat verlasen, auf niemanden als auf uns selbst!" Schnell fanden sich sieben Leute, die eine solche Kommission bilden wollten.

Die 77jährige Marina Colmenares äußerte sich am kritischsten und härtesten: "Das Blut mancher Leute ist vom Hass vergiftet, wir wissennicht, wie sie erzogen worden sind. Sie kennen die Liebe nicht. Heute haben sie uns einen Bruder genommen, der von unserem Blute ist. Wir müssen weitermachen, selbst wenn sie uns töten!"

Derweil gab es den Verdacht, Geschäftsleute des historischen Zentrums wollten mit Hilfe von Schlägerbanden die Gegend um den Zócalo für sich zurückerobern. Zur Erhöhung der Sicherheit wurden die mobilen Brigaden der APPO in der Stadt verstärkt.

Drei Feuerwehrleute wurden durch die APPO festgenommen, als sie versucht hatten, mithilfe eines Krans einen Tanklastwagen zu bergen, der Bestandteil der Barrikaden um den Radiosender der APPO La Ley war. Sie wurden auf dem Zócalo gebracht, gefesselt und man setzte ihnen Kapuzen auf. Sie sagten aus, der Feuerwehrchef hätte ihnen im Auftrag von Ulises Ruiz den Befehl erteilt. Am späten Abend löste man ihre Fesseln und brachte sie weg. "Uns geht es gut", sagten sie.

Der Soldat, der aufgrund von aufgefundenen Indizien für die Ermordung Garcias und die Verletzung eines weiteren Mannes verantwortlich gemacht wird, wurde derweil einem Richter vorgeführt. Der Soldat, dessen Namen und Aufenthaltsort von den Behörden geheim gehalten wird, erklärte wiederholt, er habe allein und unter dem Einfluß von Alkohol gehandelt. Dies steht im Gegensatz zu den AUssagen der Zeugen, denen zufolge wenigstens ein weiterer Mann geschossen hat.

Konflikt um die Bildungsgewerkschaft

Im Streit über die Wiederaufnahem des Unterrichts in Oaxaca verschärft sich die Konfrontation zwischen der Sektion Oaxaca und dem nationalen Verband.

Der nationalen Vorsitzenden der Gewerkschaft der BildungsarbeiterInnen SNTE, Elba Esther Gordillo, verkündete ein Abkommen mit der Regierung und dem gewählten Präsidenten Calderón, das 41 Milliarden Pesos (3 Mrd. Euro) an zusätzlichen Zahlungen für die Bildungsgewerkschaft vorsieht. Dieses ANgebot müsse unbedingt angenommen werden. Zugleich drohte sie der streikenden Sektion 22 (Oaxaca) mit dem Entzug der Anerkennung als Gewerkschaftssektion. Die Sektion solle nach einer Untersuchung ggf. aus dem "Consejo Central de Lucha" (Zentraler Kampfrat) neu gebildet werden; dieser Rat wird von der Sektion 22 als ANsammlung von PRI-Leuten und Werkzeug des Gouverneurs Ruiz bezeichnet. Laut Gordillo sollen ihm 15.000 LehrerInnen angehören. Gordillo ist ehemaliges PRI-Mitglied und Unterstützerin des designierten Präsidenten Calderón. Das Geld solle innerhalb von ca. sechs Monaten ausgezahlt werden. Die Sektion 22 hatte diesen Regierungsplan abgelehnt. Das Abkommen wurde hinter verschlossenen Türen ausgehandelt. Das Schreiben, in dem angeblich "eine breite Gruppe" von LehrerInnen die Anereknnung einer neuen Sektion gefordert hatten, wurde "zum Schutz der Leben der Unterzeichner" nicht veröffentlicht.

Von Seiten der Sektion 22 wird Elba Esther Gordillo vorgeworfen, im Gegenzug für 41 Milliarden Pesos (3 Mrd. Euro), die ihr der neugewählte Präsident Calderón auch nur versprochen habe, die Protestbewegung der APPO durch die Entziehung der Anerkennung sprengen zu wollen.

Der Sprecher der vor dem Senat in der Hauptstadt protestierenden LehrerInnen, Omar Olivera, drehte die Drohung um und erklärte, die Leute aus Oaxaca würden dann Gordillo nicht mehr als ihre Vorsitzende anerkennen. Er kündigte an, die geschätzt 15.000 LehrerInnen aus Oaxaca, die die Gründung einer parallelen Organisation zur SNTE verlangten, würden den Unterricht nicht wiederaufnehmen.Der Hungerstreik für den Rücktritt des Gouverneurs Ruiz werde am heutigen Montag um 11h (Ortszeit, -7h) aufgenommen. Für Oaxaca kündigte er eine "Arbeitsgruppe für Bildung" an, an der neben den LehrerInnen andere Gruppen aus der APPO teilnehmen würden.

Wahl in Tabasco/Mexiko: PRI-Kandidat erklärt sich zum Sieger / PRD beklagt Unregelmäßigkeiten

Nach dem vorläufigen Ergebnis gewinnt der Kandidat der PRI (bzw. des Wahlbündnisses des PRI mit der Grünen) Andrés Granier Melo die Gouverneurswahl. Bei 79% ausgezählten Stimmen entfallen auf Granier 53%, auf den Kandidaten des oppositionellen Bündnisses "Por el Bien de Todos" (Für das Wohl aller), César Raúl Ojeda Zubieta (PRD), nur 43%. Bei den Bürgeremisterwahlen in 17 Orten habe der PRI 12 gewonnen, der PRD 4 und der PAN 1.

Auch am gestrigen Wahlsonntag gab es etliche Festnahmen von Unterstützern des PRD. Der amtierende Gouverneur von Tabasco, Andrade, erklärte, es werde keinen Konflikt nach der Wahl geben: "Wer gewonnen hat, hat gewonnen. Wer verloren hat, hat verloren. Hier geht es nicht an, dass nach der Ergebnisverkündung Betrugsvorwürfe und Beschuldigungen losgehen und dass man gewalttätig wird."

Auch am Wahltag wurden etliche Zusammenkünfte von PRD-Anhängern gestört. PRI-Anhänger mit grünen Armbinden beschimpften vor allem die Abgeorneten und PRD-Angehörigen aus anderen Bundesstaaten, die als Wahlkämpfer und -beobachter aus anderen Bundesstaaten und der mexikanischen Hauptstadt gekommen waren: "Raus mit den Hauptstädtern, raus mit den Agitatoren!" In der Folge kam es zu Einsätzen schwer bewaffneter Polizei, bei denen etliche PRD-Leute ohne ersichtlichen Grund festgenommen wurden, darunter auch eine Senatorin des PRD, die aufgrund von Presseberichten allerdins bald wieder freigelassen wurde.Schlägertruppen der PRI sollen mit Unterstützung der staatlichen Polizei von Taasco gegen PRD-Leute vorgegangen sein, Urnen geraubt und ein Klima der Einschüchterung erzeugt haben. Am Nachmittag berichtete der PRD von 29 festgenommenen und 9 entführten Aktivisten, der nationale Vorsitzende des PRD bat die Wahlbehörde von Tabasco um die Hinzuziehung der Armee, um den reguläen Ablauf der ahlen zu gewährleisten. Die Polizei von Tabasco handle als "Alliierter des PRI", um eine Stimmung der Provokation zu erzeugen. Deswegen müsse die Armee die Wahlbüros und den Transport der Wahlunterlagen überwachen. Es gab Berichte, wonach der PRI Geld für Stimmen austeilte. Auch PAN-Kandidaten berichteten von Einschüchterung und Stimmenkauf (300 Pesos, d.i. ca. 20 Euro pro Stimme) durch den PRI.

Der PRI wiederreum sprach über vom PRD gedungene Provokateure, die teilweise als Polizisten verkleidet seien und die Bevölkerung einschüchterten.

Nach PRD-Angeaben soll es besonders in den PRD-Hochburgen zu Repressionen durch Schlägertrupps und Polizei gekommen sein. Zudem häuften sich gegen Abend die Meldungen über geraubte Wahlurnen.Das Bündnis "Por el Bien de Todos" und der PRD kündigten an, das Endergebnis abwarten zu wollen und machten auf die vielen Unregelmäßigkeiten aufmerksam. Anfechtungen seien unter Umständen notwendig.

Ereignisse der vergangenen Tage:
Oaxaca: Mord an Barrikade / Hungerstreik
OAXACA: Ultimatum / TABASCO: Folter
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