Iv.I.-Rundbrief wirft Funktionär_innen von Rote Hilfe und anderen Rechtshilfegruppen Unterstützung staatlicher Repression vor!

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Peter (Pit) Scherzl erhebt harte Vorwürfe in einem aktuellen Rundbrief der Interessenvertretung Inhaftierte: Paktieren Rechtshilfe-Funktionär_innen mit Polizei und Justiz, um missliebige Kritiker oder vermeintliche Konkurrenz wegsperren zu lassen?

Pit Scherzl sitzt seit über einem Jahr (wieder) im Gefängnis – zuerst in Koblenz, jetzt in Diez. Vorläufig verurteilt (Revision  läuft noch) wurde er vom Landgericht Koblenz zusammen mit Günter Finneisen. Beide waren wegen etlicher Überfälle schon mehrfach bestraft und lange Zeit inhaftiert. Nun planten sie einen Überfall auf einen Supermarkt im Westerwald, verwarfen diesen Plan aber selbst. Was sie nicht wussten: Die Polizei war immer dabei – per Kamera, Mikrofon und direkter Observation. Offenbar herrschte dort Enttäuschung, dass die als Ganoven betrachteten Beschuldigten nicht handelten – wartete doch ein feuerbereites Sondereinsatzkommando vor Ort. Mit einigen Mühen verurteilte das Gericht sie nun wegen Planung eines Überfalls. Dabei drehte es abenteuerliche Beweispirouetten – aber das reichte, um gegen beide Sicherungsverwahrung zu verhängen. Das Fatalste aber lief außerhalb ab: Aus Kreisen von Political Prisoners und Roter Hilfe wurde mit Lügen und trotz bereits vorliegender Richtigstellung öffentlich gegen Pit Scherzl, also einen der Angeklagten, polemisiert. Sollten hier missliebige Knastkritiker entsorgt werden – mit Hilfe der Repressionsorgane des Staates? Alles spricht dafür …

Der aktuelle Rundbrief von Pit Scherzl stammt vom 1. Mai 2016 (zu finden auf http://www.ivi-info.de). In ihm werden die Abläufe beschrieben und klare Beschuldigungen erhoben. Alles wirkt gut belegt – das macht es noch schockierender: Opfern „linke“ vermeintliche Rechtshilfeorganisationen missliebige Personen? Das wäre ein neuer Höhepunkt in einer Kampagne, die erkennbar dem Machterhalt dient: Statt Menschen bei der Selbstermächtigung zu helfen, werden sie in Abhängigkeit gebracht und für dumm erklärt. Kommen emanzipatorische Gegenideen zu solchen hierarchischen Bewegungsmodellen auf, so werden diese massiv bekämpft – aber nicht mit Argumenten in der Sache, sondern mit Diffamierungen. Das machen Gefangenen-Info, Rote Hilfe und andere schon seit Jahren mit der (äußerst erfolgreichen) Idee der Selbst- und Laienverteidigung vor Gericht. Ständig werden absurde Gerüchte gestreut von Behauptungen, dort würden Menschen zu Kooperationen oder Aussagen mit Repressionsbehörden gebracht, bis zu Diffamierungen von Personen als VS-Mitarbeiter oder Nazis. Auch die Interessenvertretung Inhaftierter war im Schussfeld, geht es dort doch ebenfalls um Selbstermächtigung statt um Aufträge für Funktionärsschichten. Angesichts dieser seit Jahren bestehenden Praxis ist die Behauptung z.B. der Roten Hilfe, sie sei eine strömungsübergreifende Solidaritätsbewegung, schlicht gelogen. Gut erkennbar ist das an den Listen sogenannten „politischer“ Gefangener, die z.B. in den 18-März-Zeitungen oder im Internet zu finden sind. Die Einteilung und die damit verbundene Forderung, nur die „politischen“ Gefangenen zu befreien, ist schon als solches skandalös – wird aber noch absurder, wenn es sich dabei nur um 2 oder 3 Handvoll Menschen handelt. Von den erkennbar in deutschen Kontexten inhaftierten Gefangenen bleibt sogar nur eine Person – und das ist genau der, der vor einigen Jahren schon Pit Scherzl mit üblen Methoden in Schwierigkeiten bringen wollte. Pit saß damals hinter Gittern und Thomas Meyer-Falk schickte ihm unaufgefordert eine pornografische Aufnahme eines vermutlich minderjährigen Mädchens. Aus Rote Hilfe-Kreisen wurde dann die Frage gestellt, ob Pit ein Kinder“schänder“ sei – ein unglaublich mieses Spiel, ungewünschte Leute fertig zu machen (näher beschrieben in den beiden Rundbriefen 1 und 2/2016 der Iv.I., siehe http://www.ivi-online.de).
Das aber scheint eher die Tagesordnung als eine Ausnahme zu sein. Seit Jahren verbreiten Rote Hilfe und andere Lügen z.B. über Menschen, die Selbst- und Laienverteidigung vor Gericht wollen. Im Zusammenhang mit dem Koblenzer Prozess verweigerten alle angeschriebenen Rote-Hilfe-Ebenen (Ortsgruppe, Bundesverband usw.) den Kontakt und damit auch die übliche Unterstützung der Angeklagten. Alles Weitere liest sich minutiös im 2. Rundbrief in 2016 der Interessenvertretung Inhaftierter (siehe angehängtes PDF). Wenn Rote Hilfe & Co. so weiter beliebig Leute fertig machen und dabei mit staatlichen Repressionsbehörden quasi gemeinsame Sache machen können, sähe es schlecht um die Soli-Arbeit aus. Wer wagt, sich gegen die Platzhirsche der linken Szene aufzulehnen? Solidarische Bewegung jedenfalls sieht anders aus.

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Ergänzungen

Bergstedts "kreative" Aussagerei vor Gericht als "Selbstermächtigung" zu verkaufen, ist einfach nur peinlich. Schade, dass Pit Scherzl darauf reingefallen ist. Anna, Arthur und alle anderen lassen sich nicht auf's Glatteis ziehen. Und die Funktionärsvorwürfe gegen die Rote Hilfe zeigen lediglich, wie weit die AutorInnen von der Realität entfernt sind.

Wer auch immer diesen Artikel veröffentlicht hat, ist entweder eine ganz arme Haut oder aber (auch noch un?)bezahlter Spaltpilz.

Nun, schauen wir mal auf die Internetseiten zu kreativer Antipression, was dort über Aussagen steht:

"Wichtig ist immer, keine Angaben über gelaufene Aktionen oder Zusammenhänge zu machen. Hilfreich dafür sind vorherige, intensive Trainings, bei denen ihr euch gegenseitig bewusst macht, welche Sätze z.B. unfreiwillig für staatliche SchnüfflerInnen nützliche Informationen enthalten. Oder, dass Verneinungen wie „Ich war es nicht“ immer Aussagen darstellen."

"Wichtig: Auf keinen Fall selbst irgendwelche Aussagen zur Sache, zu anderen Sachen, zu eigenen Person oder zu anderen Menschen machen. Alles kann gegen Dich oder andere verwendet werden. Auch ein „Nein“ auf die Frage „Waren Sie da und da?“ ist eine Aussage!!! Nur Schweigen, ein Lied singen oder offensive Gegenfragen wie „Müssen Sie diese Frage stellen oder interessiert Sie das persönlich?“ oder „Woher haben Sie eigentlich diese schicke Krawatte?“ bis zu „Macht Ihr Beruf eigentlich Spaß?“ usw. sind keine Aussagen."

"Aufpassen ist angesagt, wenn ein Strafbefehl kommt. Das ist eine etwas ärgerliche Form der Verfahrensverkürzung. Statt einer Anklage schwirrt gleich die Verurteilung ins Haus. Kurze Frist – und wer die verpasst, ist rechtskräftig verurteilt und vorbestraft. Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand (so heißt das förmliche Verfahren, wenn jemand die Post schuldlos nicht erhalten hat, z.B. wegen Urlaub) ist immer eine unsichere und nervige Sache. Daher möglichst aufpassen – und sofort Widerspruch einreichen. Begründungen sind überflüssig und helfen der anderen Seite. Wer will, kann einen Liedtext oder ein Gedicht beilegen – aber nichts zur Sache oder zu sich selbst."

"Jede Aussage zur Sache kann verwendet werden. Wer erst mal anfängt zu erzählen, kann sich hinterher nicht mehr schadlos bei Fragen einfach durch Schweigen aus der Affäre ziehen. Geständnisse kürzen den Prozess ab, weil die Beweisaufnahme nicht oder nicht mehr in dem Umfang nötig ist. Auch wenn Menschen zu ihren Handlungen stehen wollen, hilft ein Geständnis nicht weiter. Gerichte sind nicht der richtige Ort heroischer Tateingeständnisse – die politische Erklärung zum eigenen Handeln kann zudem an vielen Orten und auch während der Gerichtsverhandlung später noch vielfach geschehen, z.B. persönliche Erklärungen abzugeben, ein politisch offensives Plädoyer zu halten, das letzte Wort zu nutzen, das dem Angeklagten zusteht - und vor allem intensiv selbst Anträge zu stellen, ZeugInnen zu laden (z.B. PolizeibeamtInnen, Nazis oder wer kenntlich gemacht und vorgeführt werden soll) und zu befragen. Bedenkt: ZeugInnen müssen antworten (sonst Beugehaft beantragen!), d.h. aus Polizei, HausbesitzerInnen, GenfeldbetreiberInnen, Nazis u.ä. lässt sich viel herausbekommen, was sonst verschwiegen wurde. Wer dagegen eigene Bekannte lädt, gefährdet die."

"Richtig bleibt äußerste Vorsicht bei Aussagen zur Sache. Es sind nur wenige, gut zu durchdenkende Situationen vorstellbar, bei denen eine Aussage zur Sache Sinn macht. Denn jede Aussage kann gegen jemanden verwendet werden - z.B. als Teilschuldeingeständnis, als sich selbst belastend, als widerlegbare Lüge oder als Belastung anderer Personen. Auf eine Aussage zur Sache zu verzichten, heißt aber nicht, nichts zu sagen. Wer z.B. formuliert „ja, zu der Nacht kann ich was sagen“ und trägt dann die Monddaten, Sonnenauf- und –untergangszeit, Nachrichten der Tagesschau oder sogar justizkritische Informationen wie die Anzahl von Inhaftierten an diesem Tag, Verurteilungen usw. vor, sagt gar nichts zur Sache. Anders wären Aussagen wie „Ich war nicht da“ oder „Weiß nicht“ - das könnte aus irgendeinem Grund widerlegt wird und dann würde es eng. Auch die Aussage „Ich sage nichts, denn Entlastendes für mich könnte andere belasten - und ich helfe Ihnen nicht, weil ...“ kann eine gute Überleitung zur Justizkritik sein, ohne zur Sache etwas zu sagen. Anders als ZeugInnen müssen Angeklagte nämlich weder überhaupt was sagen noch müssen sie die Wahrheit sagen. Sie können zur Sache jede Aussage verweigern und dennoch offensiv am Prozess teilnehmen durch Fragen, Anträge und Erklärungen. Die Gratwanderung ist manchmal schwierig - aber statt plattes Schweigen ist reflektiertes Vorgehen sinnvoll. Genau überlegen - niemand kann Angeklagte zum Schnell-reden und -denken zwingen. Pausen beantragen, um mit anderen zu diskutieren und zu reflektieren, ob in einem Antrag nicht doch eine Aussage zur Sache drinsteckt. Aber immer selbst (mit)agieren und (mit)entscheiden! Sonst hat Selbstbestimmung mit linker Politik sowenig zu tun wie Sozialpolitik mit der SPD."

Wer aus solchen Zitaten ableitet, dass bei kreativer Antirepression zu Aussagen aufgerufen wird, muss schon machthungriger Rote-Hilfe-oder-was-auch-immer-Funktionär_in, willfährige_r Mitläufer_in oder Beamt_in sein mit dem Auftrag, die Szene zu spalten (was ja immer sehr leicht ist, weil die Führer_innen das gleiche Interesse haben).

Zitate nachzulesen unter www.projektwerkstatt.de/antirepression und www.prozesstipps.de.vu