Zur Debatte über eine linke Strategie gegen die Rechtsentwicklung

Zur Debatte über eine linke Strategie gegen die Rechtsentwicklung

 Only local images are allowed.
Only local images are allowed.
Only local images are allowed.
Zur Debatte über eine linke Strategie gegen die Rechtsentwicklung

Only local images are allowed.Only local images are allowed.Only local images are allowed.
Bildmontage: HFOnly local images are allowed.
27.02.16
Only local images are allowed.Linksparteidebatte, Politik, Antifaschismus, Debatte 

 

 

von Thies Gleiss

Es geht um wirklich linke Regierungen

In der »Frankfurter Rundschau« und im »Neuen Deutschland« läuft seit drei Monaten eine Debatte darüber, wie die gesellschaftliche Linke und in und mit ihr die Partei DIE LINKE sich dem wachsenden Rechtstrend in Deutschland und Europa entgegenstellen können.

Die meisten der Wortmeldungen (so Klaus Ernst in seinem den Reigen eröffnenden FR-Beitrag und auch hier; Petra Sitte und Jan Korte in ihrem nd-Beitrag; die zweite Hälfte des FR-Beitrages von Michael Brie und auch der auf seine Art der etwas philosophisch-schrullige Beitrag von Thomas Seibert vom Institut für solidarische Moderne) sehen im Mittelpunkt einer linken Gegenoffensive die verstärkten Bemühungen um eine linke Regierung. Darunter verstehen sie das konventionelle Modell einer Mitte-Links-Regierung. Für Deutschland wird das in das schon ziemlich ausgelutschte »Rot-Rot-Grün« übersetzt, für andere europäische Staaten gibt es gar nicht erst konkrete Vorschläge. Zur Ermöglichung einer solchen Regierungsmehrheit müsste die LINKE mal wieder über einige ihrer Schatten, vor allem in der Außen- und Friedenspolitik springen. Im Zentrum einer solchen »linken Regierung« müsste ansonsten eine Demokratisierungsoffensive stehen, wie sie auch das übergreifende Projekt DIEM25 von Yanis Varoufakis und anderen vorschlägt.

Es verwundert nicht wirklich, dass dieselben Protagonisten das gleiche politische Modell schon immer als Option Nummer Eins angesehen haben. Selbst zu Zeiten, in denen die LINKE in Deutschland gerade aus der tiefen Krise der Regierung aus »Rot-Grün« entstanden ist und es eher einen schönen Linkstrend gab. Ob es regnet oder die Sonne scheint: Rot-Rot-Grün ist so leblos, das passt immer. Da die neue Rechte heute allerdings real und lebensbedrohend ist, ist die Beliebigkeit, mit der hier führende Mitglieder einer der größten linken Parteien in Europa Vorschläge zum Kampf gegen Rechts vortragen an dieser Stelle auch ziemlich ärgerlich.

Dass es auch klüger geht, beweist Michael Brie im ersten Teil seines Beitrages – was ihn leider nicht hindert, im Rest dann umso platter das Modell »Mitte-Links-Regierung« und die Neupositionierung der LINKEN in der Kriegsfrage herbeizurufen. Ich zitiere mal die Klugheit:

»In allen drei genannten Fragen möchte ich widersprechen: Erstens war es die neoliberale Politik der Allparteienkoalition, die das permanente Erstarken der Rechten ermöglicht hat. Von dieser Politik geht keine Hoffnung aus, und wo die Hoffnung verkümmert, wachsen Nationalismus und Ausgrenzung. Zweitens können wir uns nicht von der Abwehrlinie aus neu erfinden. Wir dürfen uns nicht vors eigene Tor stellen, sondern müssen den Angriff ins gegnerische Feld tragen (...). Und drittens und vor allem: Es geht nicht um eine Mitte-Links-Regierung. Von denen gab es in der Europäischen Union schon viel zu viele. Mitte-Links hat die umfassende Durchsetzung des Neoliberalismus mit modifizierten Mitteln erst ermöglicht. Die Regierung Schröder-Fischer war die Probe aufs Exempel. (...) Es ist Zeit, den Kampf um wirklich linke Regierungen aufzunehmen.«

Genau so ist es. Um die politische Mobilisierung für wirklich linke Regierungen in Europa zu erfassen, ist es sinnvoll, sich darüber genauer im Klaren zu sein, warum die neoliberale Politik die Hoffnung zerstört und die Saat für den aktuellen Rechtstrend gelegt hat.

Die Krise der Europäischen Union

Als im Jahre 1998 in fast allen Staaten der damaligen EU Mitte-Links-Parteien unter der Führung sozialdemokratischer Parteien oder die Sozialdemokratie allein die Regierungen stellte, waren die Hoffnungen in das Projekt der EU auf ihrem Höhepunkt. Die herrschenden Klassen in den europäischen Staaten standen vor der Umsetzung ihres Planes, ein kapitalistisch vereintes Europa zu schaffen, das zu so viel gemeinsamer Politik fähig sei, wie der Konkurrenzkampf mit den anderen Großmächten es erforderte. Der gemeinsame Binnenmarkt, einschließlich eines Netzes von assoziierten Staaten an Peripherie, mit mehr als 500 Millionen Arbeitskräften und Konsument*innen war etabliert und die Konkurrenzen zwischen den einzelnen EU-Mitgliedern im notwendigen Umfang zurückgedrängt. Gemeinsame Großinvestitionen im Verkehrs- und Chemiesektor und vor allem der Informationstechnologie wurden ermöglicht. Ein System der gemeinsamen Verträge ermöglichte eine Vereinheitlichung im staatlichen Überbau mittels Gesetzen und Verordnungen, wie es von Kapitalseite gefordert wurde. Und selbst auf dem heiklen Gebiet der Außen- und Verteidigungspolitik wurden Grundlagen vereinbart, auf denen im Rahmen der Nato und der Akzeptanz der Vorherrschaft der USA auch ein wachsender eigener europäischer Beitrag und entsprechende Geschäfte der europäischen Rüstungsindustrie möglich wurden. Der Wunsch nach einem größeren Anteil für das europäische Kapital bei der seit 1990 andauernden Großauseinandersetzung um die Neuaufteilung der Weltmärkte nach dem Ende der nicht-kapitalistischen Staaten in Osteuropa und dem zunehmenden Wandel Chinas in eine sich dem Weltmarkt unterordnende Volkswirtschaft wurde zum Teil realisiert. Und letztlich wurde das neue starke Deutschland in diese europäische Einigung eingebunden. Das Hauptmittel dafür war die etwas übereilte Einführung des Euro, mit der eine zu große Vormachtstellung Deutschlands verhindert werden sollte.

Der Optimismus war groß, dass die mit den Verträgen von Amsterdam, Maastricht, und später Lissabon angelegte Entwicklung alle noch offenen Probleme schrittweise lösen würde. Insbesondere vom Euro versprachen sich die europäischen Banker nicht nur viele neue Finanzgeschäfte, sondern auch so viel Wirtschaftswachstum für alle Teile Europas, dass die realen großen Unterschiede in der Produktivität der einzelnen Mitgliedsstaaten – die vor dem Euro mittels währungspolitischer Maßnahmen neutralisiert werden konnten – im Gegensatz zu vielen Voraussagen von »Experten« keine zerstörerische Kraft mehr würden ausüben können.

Die schweren Defizite in der demokratischen Verfasstheit dieser EU versprachen insbesondere die Mitte-Links-Parteien kontinuierlich mindern zu wollen: Die Rolle des Europäischen Parlaments sollte gestärkt und ein allgemeiner verfassungsgebender Prozess beschleunigt werden. Die mächtige Bürokratie mit ihrer Tendenz zur Verselbständigung sollte abgebaut und in transparente politische Entscheidungsprozesse integriert werden. Schließlich wurde auch mit mal mehr mal weniger Fanfarenmusik behauptet, die EU sei eine große Friedensinitiative und allgemeine Fortschrittskraft, die alle großen Menschheitsfragen – allen voran die Sicherung des Friedens in der Welt sowie die Rettung des Klimas und der Stabilität der Biosphäre – Schritt für Schritt lösen würde.

Die EU sollte, davon träumten wieder mal vor allem die Mitte-Links-Parteien, der neue Hoffnungsträger der bürgerlichen Politik werden, der sogar zu so etwas wie einem europäischen Nationalbewusstsein bei der Masse der Menschen führen würde.

Heute ist völlig unstrittig, dass dieses Projekt der EU und die damit verknüpften Hoffnungen in einer existenziellen Krise sind. Die größte Weltwirtschaftskrise seit 1929, die 2007 begann, hat die zentralen Träume der EU-Architekten zerplatzen lassen. Die Bankenrettungsprogramme und die damit verbundene Vergesellschaftung der vorherigen privaten Bankschulden haben die ökonomischen Gefälle zwischen den Mitgliedstaaten nicht etwa nivelliert, sondern vertieft. Der Zwang zum Euro hat die Volkswirtschaften in Südeuropa, besonders Griechenland, Spanien, Portugal, Italien zum Daueropfer der realen Produktivitätsunterschiede zu den starken Ökonomien, allen voran Deutschlands, werden lassen. Die Debatten um einen Austritt aus dem Euro sind sowohl auf der rechten als auch auf der linken Seite der politischen Kräfte nicht mehr zu bremsen – überflüssig zu sagen: dass es keine identischen Debatten von Rechts und Links sind, sondern sich konträr gegenüberstehende.

Die deutschen Regierungen – erst Rot-Grün, dann Schwarz-Gelb, dann Schwarz-Rot – verfolgten einen ökonomischen Kürzungs- und Sanierungskurs, der die Vorherrschaft der deutschen Volkswirtschaft in Europa zu größeren Höhen führte, als das deutsche Kapital selbst zu Hitlers Zeiten sich vorzustellen wagte. Andere Regierungen in Europa taten es der deutschen durchaus nach, aber die Summe ihrer Aktivitäten war lediglich die Vertiefung der ökonomischen Hierarchie und die Steigerung der ungleichen Verteilung der Kosten der Weltwirtschaftskrise. Heute propagiert die deutsche Regierung offen, alle Regierungen Europas sollen ihr EU-feindliches Rezept nachmachen., was die EU-Krise zusätzlich politisch-ideologisch vertieft. Die neuen rechten Führungsfiguren – in Ungarn, Frankreich, Britannien, Skandinavien usw. – sind zu einem guten Teil auch »Anti-Deutsche«.

Weltweit hat die neoliberale Wende in den achtziger Jahren, aber noch mehr die Krisenpolitik nach der großen Krise von 2007 zu einer gigantisch ungleichen Verteilung der Einkommen und Vermögen in der Welt geführt. Das Bild der 62 Multimilliardäre, die die Hälfte des Reichtums auf der Welt besitzen, sagt alles. Der freie Welthandel und die ökonomische Zurichtung aller Sektoren der Welt entlang seiner Gesetze haben zu Massenelend und Vertreibung von Millionen Menschen aus ihren volkswirtschaftlichen Strukturen geführt. Die beschleunigte Zerstörung des Klimas und der Biosphäre in Folge dieser weltweiten kapitalistischen Produktionsweise hat sich selbst zu einem weiteren großen Grund für Flucht und Verarmung entwickelt.

Gleichzeitig sind die Versuche, die Welt im Sinne des Kapitals neu zu ordnen, in furchtbaren Neuordnungskriegen, mit failed states, Massenelend und Massenflucht gescheitert. Diese Kriege und ihre Ergebnisse haben den linken, oder auch nur republikanisch-säkularen Antiimperialismus geschwächt und sowohl eine rechte Radikalisierung des Islam als auch eine rechte Radikalisierung der Islamfeindschaft hergebracht.

Der Versuch, die EU als Alternativmodell zu dieser Politik, als Hoffnungsträgerin zu etablieren ist restlos gescheitert. Die alten nationalen Differenzen der Mitgliedstaaten sind nicht geringer geworden, sondern auf höherer Ebene erneut ausgebrochen.

Die Ambitionen der EU-Elite, sich eigenständig in den militärischen Konflikten entweder als schlichtende oder als parteiisch eingreifende Kraft zu etablieren, sind zugunsten der alten militärischen Mächte USA, Frankreich, Britannien, Italien usw. geschwunden.

Die Demokratie-Defizite der EU sind nicht kleiner, sondern größer geworden. Sowohl die Regierungen der Einzelstaaten, als auch die EU-Verwaltung sind in eine hektische Phase der Politik mittels tagespolitischer Verordnungen geraten. Die Parlamente, das EU-Parlament natürlich zuerst, werden zu Abnickbuden der Regierungsvorgaben degradiert und selbst Wahlen werden kurzerhand ausgehebelt, wenn das Ergebnis nicht stimmt. Selbst die wenigen demokratischen Vorzeigeprojekte, wie die Abschaffung der Grenzkontrollen, werden im Zuge der Politik zur Eindämmung der Flüchtlingsströme kurzfristig aufgehoben.

Die EU wird bei der Mehrzahl der Menschen in Europa nicht als Hoffnung, sondern als Bedrohung wahrgenommen. Die Angebote zur scheindemokratischen Partizipation werden nicht angenommen, die Wahlbeteiligungen sinken auf Tiefststände und es ist von einer tiefen Legitimationskrise der EU die Rede, selbst bei der Elite der EU. Niemand entwickelt zurzeit ernsthaft eine Perspektive, mit der die kapitalistische EU aus dieser Todeskrise wieder herauskommen kann.

Das ist der Nährboden für den neuen Aufschwung von rechtspopulistischen und nationalistischen, bis hin zu neo-faschistischen Parteien und Bewegungen fast überall in Europa. Eine linke Bewegung gegen diese neue Rechte hat deshalb als erste Aufgabe, das EU-Projekt scharf zu kritisieren und jede Illusion, es könnte von innen heraus saniert werden, zu zerstören. Links muss heute heißen: Ein neuer Internationalismus, eine neue politische Internationale und ein sozialistisches Europa von unten. Das wäre auch ein schönes Aufgreifen des Erbes von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, deren Namen sich die Einrichtungen der LINKEN gegeben haben.

Die neuen Linkskräfte und der Kampf gegen Rechts

Das erste große politische Opfer dieser Krisenentwicklung in Europa waren die Mitte-Links-, insbesondere die sozialdemokratischen Parteien. Sie haben in fast allen Ländern ihren Einfluss und ihre Mitglieder massenhaft verloren. Die Führungen dieser Parteien haben fast ausnahmslos den Kurs der EU und der Krisenbewältigung der letzten Jahre mitgetragen, wenn nicht verantwortlich geführt. Nachdem eine ganze Generation von Parteimitgliedern und Führungen den Schwenk vom Keynesianismus zur Unterstützung der neoliberalen Politik im letzten Jahrzehnt des 20 . Jahrhunderts vollzogen hat, ist die folgende Generation fest mit der Bewältigung der Krise dieser Politik verbunden, ohne aber die politischen und personellen Konsequenzen daraus ziehen zu wollen und zu können.

Mit Ausnahme der britischen Labour-Party – und ob die Rückkehr von New zu Old Labour wirklich eine Ausnahme ist, wird sich noch zeigen, die vielen neuen jungen Mitglieder im Zuge der Corbyn-Kampagne sprechen eher dagegen – sind alle neuen Linkskräfte in Europa deshalb außerhalb und gegen die alten Mitte-Links-Parteien entstanden. In Deutschland ist die LINKE zur Hälfte Ergebnis der tiefen Krise der Sozialdemokratie und der Bewegung gegen die konkrete Politik der von ihr geführten Regierung.

Wer sich der neuen Rechtsentwicklung entgegenstellen will, kann dies nur mit diesen neuen Linkskräften tun. Sicherlich werden einzelne, gelegentlich sogar ganze Gruppen von Sozialdemokraten sich dieser neuen Linken anschließen. Das ist zu unterstützen, es wird aber immer nur als Bruch mit der vergangenen Politik erfolgen und wahrscheinlich auch als persönliche Abgrenzung zum alten Führungspersonal der Sozialdemokratie. Darunter wird es nicht gehen. Nur eine starke autonome Linke, die nicht verstrickt ist in die Verbrechen der Sozialdemokratie der letzten Jahrzehnte, verhindert letztlich die Stärkung der Rechten.

Inhaltlich ist nach der oben skizzierten Analyse völlig klar, dass die Linke sich um eine Kritik und um scharfe Ablehnung des kapitalistischen EU-Projekts und des darin innewohnenden Nationalismus sowie der Entwicklung eines neuen, linken Internationalismus ausrichten muss. Die EU ist nicht nur ökonomisch gescheitert, wie es die Initiator*innen der »Plan-B«-Kampagne richtig anmerken, sondern vor allem auch als politisches Projekt. Auf dieser Ebene wird zurzeit das Feld im starken Maße den neuen Rechten überlassen. Das muss sich ändern: Für eine Aufkündigung der EU-Verträge und die Begründung eines sozialistischen Europas, eines Europas von unten.

Die weiteren großen inhaltlichen Linien sind von den verschiedenen Autoren der Debatte in der LINKEN, vor allem in dem Beitrag von Bernd Riexinger, richtig aufgezeigt worden: Radikale Umverteilung von Einkommen und – wichtiger noch – Arbeitszeit sowie ein sozialökologischer Umbau der Gesellschaft, der nicht vor radikalen Eingriffen in die Eigentumsverhältnisse halt machen darf. Dazu kommt, gerade in der Kritik der konkreten Wirklichkeit der EU, die Skizze einer umfassenden basisdemokratischen Neukonstituierung »Europas«, die an den realen sozialen Bewegungen und den europäischen Gewerkschaftsmobilisierungen anknüpft.

Eine solche Linke könnte ein wenig die Hoffnung neu erfinden, die durch die Politik der Mitte-Links-Kräfte, gar nicht zu reden von den bürgerlichen Parteien der EU, zerstört wurde.

Die neuen Rechtskräfte versuchen zurzeit massiv den öffentlichen Diskurs und die Straßen zu erobern. Die LINKE und die Linke müssen sich dabei entgegen stellen und dabei nicht die schweren Fehler der Arbeiterparteien aus der Weimarer Republik wiederholen. Christine Buchholz, Nicole Gohlke und Hubertus Zdebel haben sich dieser Notwendigkeit einer neuen modernen Einheitsfrontpolitik in ihrem Debattenbeitrag gewidmet, ein wenig auch Klaus Ernst in seinen Beiträgen.

Dem ist nur eines hinzuzufügen: Es sollten in solchen konkreten Bündnissen gegen Rechts keine Unvereinbarkeiten und selbstkritische Distanzierungen der Sozialdemokraten von ihrer Verantwortung für den Aufschwung der Rechten verlangt werden, aber das Gegenteil darf auch nicht Grundlage der Aktionen sein: Die Ausklammerung der Kritik an der EU und an der Politik der europäischen Regierungen.

Die Krise der EU und des kastrierten Internationalismus der Sozialdemokratie hat aktuell ein dramatisches, menschliches Gesicht. Hunderttausende von Flüchtenden versuchen, in die reichen Zonen Europas zu gelangen. Das ist ihr gutes Recht und die LINKE sollte die drei großen Einwände der bürgerlichen Parteien wie der SPD massiv angreifen: Erstens, es gibt keine Obergrenzen bei der Wahrnehmung des Grundrechts auf Asyl; zweitens, Deutschland und die EU haben genug Geld, alle Flüchtlinge menschenwürdig aufzunehmen und zu integrieren und drittens, die Politik zur Eindämmung der Fluchtursachen fängt hier und heute an und ist mit den Grundlagen der EU-Politik nicht vereinbar. Der Kampf gegen Krieg, Freihandel und Klimakatastrophe ist Gegenstand der konkreten Alltagspolitik von heute – oder er findet nicht wirklich statt.

Die LINKE sollte darüber hinaus ihre politischen Kräfte dafür einsetzen, dass die große Wanderungsbewegung der Flüchtenden auch eine politische Bewegung von selbstbewussten Akteuren und Akteurinnen wird, wie es 2013 und 2014 teilweise schon der Fall war. Dies muss die Ergänzung zur so genannten Willkommenskultur werden.

Die deutsche und europäische Linke, die Europäische Linkspartei und die LINKE können in diesem Prozess wachsen, wenn sie seine authentischen Wurzeln und Dynamiken nicht ignorieren. Wer meint, die Etablierung einer neuen Linken mit parlamentarischen und Regierungsabsprachen mit der alten Sozialdemokratie und Mitte-Links-Parteien garnieren zu wollen, wird bestenfalls nichts erreichen, wahrscheinlich aber sehr schnell Mit-Opfer des Abwendungsprozesses von der Sozialdemokratie.

Auf Basis einer solchen konkreten Politik gegen die neuen Rechten, wird dann auch sehr schnell die Möglichkeit von neuen, wirklich linken Regierungen auftauchen. Die Ereignisse in Griechenland waren dafür nur ein Vorspiel, so wie der Ausgang der griechischen Ereignisse nur die erste Lehrstunde war, alle anderen können dann nur besser werden, denn die linke, sozialistische Alternative in Europa (und, wenn die Kampagne von Bernie Sanders in den USA betrachtet wird, auch darüber hinaus) ist deutlich populärer als die zaghaften »Rot-Rot-Grün«-Phantasten in der LINKEN es wahrhaben wollen. Auch diese und nur diese radikale Linke ist regierungsfähig.

webadresse: 
Lizenz des Artikels und aller eingebetteten Medien: 
Creative Commons by-sa: Weitergabe unter gleichen Bedingungen

Ergänzungen

Vielleicht liegt s ja an mir, aber irgend etwas scheint mir zu fehlen in deinem Beitrag. Was soll das für eine Linke sein von der du so ausführlich berichtest. Wofür oder wogegen ist diese strategisch gerichtet. Nur gegen Rechte oder gibt es da noch etwas anderes. Welches Gesellschaftssystem herrscht hier, wollen wir dieses zerschlagen und was wollen wir gegebenenfalls als Linke stattdessen errichten. Mit wem wollen wir ein solches Ziel erstreiten und mit welchen Forderungen gewinnen wir die Menschen.

Im Moment vertreten sogenannte Rechtspopulisten offensichtlich diverse Positionen mit denen sie einen beträchtlichen Teil der Bevölkerung erreichen und damit meine ich keine rassistischen Aussagen. Warum finden besorgte und an den Rand gedrängte Menschen dieses Landes in der Linken kein Sprachrohr, fühlen sich nicht vertreten, diese Frage drängt sich doch auf.

Anstatt die Herrschaftsverhältnisse anzugreifen, drängt die Partei DIE LINKE in Komplizenschaft mit zwei anderen hartnäckig neoliberalen verschworenen Partien in die institutionelle Verwaltung des Kapitalismus. Ein wenig Umverteilung, ein wenig mehr Lohn, weniger Harzt-4-Sanktionen, mehr Konzerte gegen Rechts usw. Wie die Beispiele Berlin (Rot-Rot mit Gysi, Thüringen (Abschiebungen mit LINKS) und Hamburg (Bezirksvertretung Hamburg Altona und Landesverband DIE LINKE für Verlängerung der 1-Euro-Jobs - http://www.scharf-links.de/114.0.html?&tx_ttnews[tt_news]=54782&tx_ttnew... - ) zeigen, stellt diese Partei keine Alternative zu den herrschenden Verhältnissen dar.

 

Vor den Wahlen sagen sie uns stets: "Um etwas verändern zu können, müssen wir an die Schalthebel der Macht!" Und nachher, einmal dort angekommen, heißt es "Das sind Sachzwänge. Mit Rücjsicht auf die Koalitionspartner konnten wir nicht anders entscheiden."