Über Sexismus – auch in der linken Szene – und warum wir Frauen*kneipen brauchen

Event Datum: 
Freitag, Januar 15, 2016 - 19:00
Stadt/Region: 
Sexismus ist noch längst nicht überwunden, auch nicht in der Linken. Um frei von Geschlechterdruck und Tabus über ihre Situation reflektieren und Handlungsstrategien erarbeiten zu können, brauchen Menschen, die sich als Frau definieren oder als solche wahrgenommen & behandelt werden einen Freiraum.

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Über Sexismus – auch in der linken Szene – und warum wir Frauen*kneipen brauchen

Das Ziel einer linken Bewegung ist klar eine Gleichberechtigung, die sich aus der Gleichwertigkeit jeden Lebens ergibt, bzw. die gleichen Voraussetzungen und Möglichkeiten für ein selbstbestimmtes und freies Leben, unabhängig von der Geschlechterzuordnung, und zwar für alle. So zu tun, als  gäbe es zum jetzigen Zeitpunkt bereits keine physischen wie gesellschaftlichen Unterschiede, führt jedoch nicht dorthin. Die Eigenheiten sowie die aktuelle soziale Situation und Beschränkungen von Individuen müssen anerkannt und eine differenzierte Auseinandersetzung unter Berücksichtigung der faktischen Geschlechterdynamiken angestrebt werden!

Es ist jedoch nicht nur der offensichtliche Sexismus von anderen (wie z.B. sexistische Beleidigungen, die gender gap in der Bezahlung der Arbeit von Männern und Frauen, Rollenverteilung bei der Betreuung von Kindern und vieles mehr), der Menschen in ihren Möglichkeiten, Handlungen, Selbstverwirklichungen beschränkt und mundtot macht, sondern auch die gesellschaftlichen Normenvorstellungen und geschlechterspezifischen Maßstäbe, die von jeder*m selbst verinnerlicht wurden. Dies trifft sowohl auf Frauen als auch auf Männer zu. Jeder Sexismus und jedes Rollenbild hat deshalb seine zwei Seiten. Vorab sei gesagt, dass als männlich wahrgenommene Menschen keineswegs hier als die Sexisten oder als Unterdrücker – also Täter – und die als Frauen wahrgenommenen Menschen auf die Opferrolle reduziert werden dürfen! Diese Assoziation von Männern als Tätern und Frauen als Opfern, die sich in vielen Bereichen des Alltags, der Gesetzgebungen und vorschnell gefällten Urteilen wiederfindet, ist ein gutes Beispiel für die eben genannten zwei Seiten.

Die alternativ-linke Subkultur ist von mainstreamkulturellen Rollenbildern keineswegs frei, sondern verkehrt diese zum Teil oder führt sie automatisiert weiter. Während Frauen in der Leitkultur in erster Linie noch immer an ihrer Attraktivität bzw. Übereinstimmung mit künstlichen  Idealbildern gemessen werden, sich enthaaren, aufwendig stylen, körperbetont kleiden und sich auf sonst jede denkbare Weise optisch „optimieren“ und teilweise sogar immobilisieren (bspw. durch hohe Absätze) sollen, gilt es für Frauen in der Linken als „un-feministisch“, wenn sie all dem nicht konsequent entsagen. Linke, die als Frauen wahrgenommen werden, müssen sich schnell mal rechtfertigen, wenn sie sich schminken oder müssen gar mit Anfeindungen rechnen, wenn sie zu viel Haut zeigen. In beiden Teil-Kulturen wird der Körper des als Frau wahrgenommenen Menschen durch das Umfeld bestimmt, und nicht durch sich selbst und seine Bedürfnisse, Launen und Vorlieben. Der Körper der Frau wird entweder sexualisiert und objektiviert oder tabuisiert. Eine Tabuisierung von Körperfunktionen wie beispielsweise der Menstruation gilt auch in der alternativen Linken.  Dies sind gesamtgesellschaftliche Dynamiken, die sehr subtil wirken und kaum von einzelnen tatsächlich präsenten Individuen und deren Einstellung zum jeweiligen Thema abhängt, da sie auf lebenslanger allgemeiner Erfahrung und dualistischer Geschlechterzuordnung (Mann-Frau) basieren. So gelten jene Tabus, Wertesystem und Maßstäbe und Erfahrungen, die sich unter „Geschlechterdruck“ zusammenfassen lassen, zumeist auch in Anwesenheit reflektierter, feministischer oder auch asexueller Menschen, die als Männer wahrgenommen werden.

Nicht nur diese Sicht auf den Körper bzw. dessen von der männlichen Norm abweichende Eigenschaften, sondern auch die Folgen, die die soziale Position von als Frau Wahrgenommenen mit sich bringt, werden versucht durch Ignorieren zum Verschwinden zu bringen. Selbst in linken Freiräumen wird von Menschen mit alternativer Einstellung noch immer versucht diese Probleme zu individualisieren, wodurch die stattfindende strukturelle Diskriminierung geleugnet wird. So fallen selbst dort auch mal Sätze wie „Wenn 'ne Frau im Job weniger Geld bekommt als ihr männlicher Kollege, muss sie halt's Maul aufmachen oder sich eben 'nen Chef suchen, der ihr gleich viel bezahlt.“

Wir meinen nicht, dass jede Frau allein jeden Tag aufs Neue für eine gerechte Behandlung in Einzelfällen kämpfen müssen sollte und auch nicht, dass dies das grundlegende Problem lösen wird. Um das Ausmaß und die Facetten von Sexismus reflektieren und Handlungsmöglichkeiten entwickeln zu können, müssen die Betroffenen unter sich diesen Prozess durchlaufen, und zwar ohne dabei von Hemmnissen durch Sozialisierung, Tabus und stetige Beweispflicht der Erfahrungen und Empfindungen aufgehalten zu werden. Dazu muss jener Geschlechterdruck für einen Moment aufgebrochen oder zumindest leiser gestellt werden. Wir halten das derzeit nur für möglich, wenn die Betroffenen unter sich sind und keine Gefahr von Mackerei, Unverständnis und Ablehnung von Nicht-Betroffenen (als Männer wahrgenommene Menschen) empfunden wird.

Deshalb möchten wir all jenen, die als Frau wahrgenommen werden oder die sich selbst als Frau definieren, einen Ort bieten, an dem sie erfahren können wie es ist, einen netten Abend in einer Bar zu verbringen, ohne die gängige Normalität erleben zu müssen, „abgecheckt“, ständig angegraben oder gar angegrabscht zu werden und sich frei über Themen, die sie als  Frau beschäftigen, austauschen zu können.

Wie genau dieser Abend gestaltet wird, ob mit Vorträgen, Workshops, Lesungen und zu welchen Themen, hängt von den Rückmeldungen und den Wünschen der Teilnehmer*innen ab.

Daher kommt zahlreich jeden 3ten Freitag im Monat ab 19 Uhr in die Frauen*kneipe im Café Flop (Unser Haus e.V., Wentorfer Str. 26, 21029 Hamburg) oder betreibt auch selbst eine in eurer Gegend! Die Veranstaltung und News auch unter https://www.facebook.com/events/826145424161548/

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