Weitere Einschränkungen im Knast wegen Corona-Virus
Erst am 9. März berichtete ich über Restriktionen im Justizvollzugsbereich (JVA) wegen der Corona-Epidemie. Nun haben sich weitere Einschränkungen hinzugesellt.
Keine Freizeitveranstaltungen mehr
Durch einen schmucklosen Aushang des „Bereichsdienstleiters 5“ wurden die Sicherungsverwahrten am Spätnachmittag des 9.3.2020 informiert, dass bis auf weiteres alle Freizeitgruppen im Strafhaftbau entfallen. Darunter alle Gesprächsgruppen. Ich selbst nahm am sogenannten „Bürgerkreis“, veranstaltet von Studis der Uni Freiburg, teil. Aber es gab bislang auch Sprachkurse, auch religiöse Gruppen und anderes mehr. Näher begründet wurde das nicht, nur informell wurde auf die Corona-Epidemie verwiesen.
Einschränkungen für Ausführungen
Wer die Anstalt als Insasse im Rahmen von Ausführungen verlassen darf - Sicherungsverwahrte haben einen Anspruch auf vier Termine pro Jahr, aber auch Strafgefangene erhalten solche - konnte bislang FreundInnen, Angehörige treffen, konnte in die Stadt zum bummeln und einkaufen gehen, oder auch Museen besichtigen. Manche Insassen nutzten die Ausführungen zudem dazu, in einem Restaurant essen zu gehen.
All das wurde jetzt beschränkt. Durch Aushang vom 10.3.2020 verfügte - so der Wortlaut - „zum Schutz der Untergebrachten“ der Anstaltsleiter eine Reduzierung des Kontakts mit „anstaltsfremden Personen auf ein Minimum“, was bedeutet, dass die oben genannten Aktivitäten weg fallen. Allerdings dürfe man „Ausflüge in die Natur und den Stadtpark“ unternehmen. Sogenannte Teilbegleitausgänge, dort dürfen Insassen einige Stunden alleine in der Freiheit unterwegs sein und werden von einem Therapeuten/einer Therapeutin vors Tor gebracht und dort abgeholt, werden bis auf weiteres ausgesetzt.
Reaktion der Insassen
Es riefen erste Angehörige in der Haftanstalt an und beschwerten sich telefonisch. Andere reagierten lautstark empört und stellten insbesondere die Verhältnismäßigkeit in Frage. Zumal sich für jene die sich in Therapie befinden, auch weitere Nachteile ergeben, da externen TherapeutInnen der Zutritt zur Anstalt untersagt wurde, ebenso ehrenamtlichen BetreuerInnen, die Gruppenangebote leiten.
Herr H., über den ich kürzlich berichtete, weil eine Therapeutin ihm im Rahmen einer „paradoxen Intervention“, wie sie es später verteidigte, den Ratschlag gegeben hatte, „er möge doch in seine Zelle gehen und sich aufhängen“, wurde am 10.3. in den „besonders gesonderten Haftraum“ verbracht, weil die Anstalt nun von Suizidgefahr ausging. Dort sitzt mensch in einer leeren Zelle, mit Kameraüberwachung und Loch im Boden als WC. Er hatte massiv gegen die oben beschriebenen Beschränkungen protestiert.
Aber es trifft auch Beamte. Herr A. lebt offenbar im Elsass und wurde noch am 10.3. deshalb nach Hause geschickt und darf vorerst nicht zum Dienst erscheinen.
Manche Insassen überlegen, ob Protestaktionen zielführend wären, wobei angesichts der stellenweise hysterisch zu nennenden Reaktionen vor den Mauern, solche wohl eher wirkungslos verpuffen würden. Mittlerweile scheint die behördliche und publizistische Maschinerie derart in Schwung, dass rationale Argumente nicht mehr durchdringen und inhaftierte Menschen, sowie deren Angehörigen und FreundInnen als „Kollateralschäden“ in Kauf genommen werden.
Auch wenn ich mir anhöre, wie Bundesinnenminister Seehofer vor wenigen Tagen hinsichtlich der dramatischen Situation an der griechisch-türkischen Grenze ein knappes: „Erst Grenzsicherung, dann Humanität“, und die auch erst dann, wenn es zeitlich ins Konzept passt, von sich gab, braucht wohl kein gefangener Mensch hoffen, dass sich das breitere Publikum für die Befindlichkeit von Inhaftierten allzu sehr bewegen lässt.
Thomas Meyer-Falk, c/o JVA (SV), Hermann-Herder-Str. 8, 79104 Freiburg
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