Neonazistische Parteien nach 1945

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Folgende Parteien waren in der Nachkriegszeit im rechten Lager bedeutsam:

) Deutsche Konservative Partei-Deutsche Rechtspartei (DKP/DRP)

 

 

Die Deutsche Konservative Partei-Deutsche Rechtspartei (DKP-DRP) entstand am 22.03.1946 in Essen unter der Führung von Leonard Schlüter und Adolf von Thadden durch Zusammenschluss der Deutschen Aufbau-Partei (DAP) und der Deutschen Konservativen Partei (DKP), die beide nur in der britischen Zone existierten. Im Vereinigungsprotokoll hieß es: „Die Deutsche Aufbau-Partei vereinigt sich mit der Deutschen Konservativen Partei zu einer einheitlichen politischen Partei unter Anerkennung voller gegenseitiger Gleichberechtigung. Der Zweck der Vereinigung ist die Schaffung einer einheitlichen großen Rechtspartei, in der alle konservativ, christlich und national eingestellten Deutschen ihre politische Heimstatt finden sollen.“[1]

Als Name wurde zunächst die Bezeichnung „Deutsche Konservative Partei“ (DKP) festgelegt. Die DKP wandte sich gegen die Entnazifizierung und verlangte die Wahrung aller Rechte der ehemaligen Mitglieder der NSDAP und aller Soldaten der deutschen Wehrmacht.[2] Auf einer Konferenz am 23.04.1948 in Hamburg beschlossen die Delegierten, den Namen in „Deutsche Konservative Partei-Deutsche Rechtspartei“ (DKP-DRP) zu ändern.

Die Partei knüpfte an die Tradition der antidemokratischen Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) in der Weimarer Republik an, die bis zu ihrer Selbstauflösung 1933 Koalitionspartner der ersten Hitler-Regierung war.[3] Zunächst fanden sich im Parteiprogramm Forderungen nach der Wiedererrichtung der Monarchie, doch bald trat dieser Gedanke in den Hintergrund, und die Partei übernahm zunehmend nationalistische Ziele und autoritäre Staatsvorstellungen. In der britischen Zone erhielt die DKP-DRP zunächst eine Lizenz auf Kreisebene, 1949 für die gesamte Zone.

Für die weitere Entwicklung der DKP-DRP waren kontinuierlichen Auseinandersetzungen um die politische Strategie prägend, die gravierende Unstimmigkeiten hervorriefen.[4] Diese ideologische Heterogenität führte schon ein Jahr nach der Gründung zu zahlreichen Desintegrationsprozessen. Diese unterschiedlichen politischen Konzepte, die von einer vorsichtigen Annäherung an die bürgerlichen Parteien bis zu neonationalsozialistischen Positionen reichten, waren letztlich für den Zerfall der DKP-DRP verantwortlich.

Nach einer Sitzung am 27.03.1947 in Düsseldorf gründete sich eine „Interessengemeinschaft der Kreisverbände der DRP im Lande Nordrhein-Westfalen“. Die einflussreichsten Mitglieder des Vorstandes auf Zonenebene und auf Landesebene in Nordrhein-Westfalen waren Wilhelm Jaeger, Hermann Klingspor, Joachim von Ostau sowie Franz Sonntag, der während seiner Zugehörigkeit zur Zonenleitung Bürgermeister der bergischen Gemeinde Neuenkirchen war. Fast alle Mandatsträger und führenden Parteiaktivisten waren schon in der Weimarer Republik Mitglieder extrem rechter Parteien, hauptsächlich der DNVP, gewesen.[5] Kurz vor den nordrhein-westfälischen Landtagswahlen wurde beschlossen, sich nicht an den Wahlen zu beteiligen, da die DKP-DRP nicht in allen Kreisen eine Lizenz besaß und daher keine Landesliste aufstellen konnte.[6] Sie war bis Juli 1949 nur in sechs Kreisen zugelassen, mit dem Schwerpunkt Wuppertal.

Nach Verhandlungen mit der FDP wurde ein Abkommen geschlossen, das bei der Bewilligung sicherer Listenplätze der FDP die öffentliche Unterstützung der DKP-DRP sichern sollte. Der DKP-DRP-Vertreter Piepenbrink schloss sich in Wuppertal, wo es zwei Wahlkreise gab, einem Abkommen zwischen der CDU und der FDP an, einen Wahlkreis lediglich mit einem Kandidaten der FDP, den anderen nur mit einem der CDU zu besetzen. Gemeinsam wurde zur Wahl dieser Kandidaten aufgerufen.[7]

Kurz nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen initiierten Mitglieder der DKP-DRP ein Treffen mit Vorstandsmitgliedern der Deutschen Partei (DP), um über eine Fusion zu beraten.

Auf einer Sitzung des Landesverbandes der DKP-DRP am 09.09.1949 in Wuppertal stellte ein Vorstandmitglied folgenden Antrag: „Der Landesverband NRW erklärt mit dem heutigen Tag seinen bedingungslosen Übertritt zur DP.“[8] Dieser Antrag wurde jedoch abgelehnt, was den Austritt zweier Vorstandsmitglieder zur Folge hatte. Am 25.09.1949 kam es wiederum zu einer Abstimmung während einer Delegiertentagung in Essen. Die Deputierten lehnten zu Beginn einen Antrag, den sofortigen Übertritt des Landesverbandes zur DP ohne Fusionsverhandlungen zu vollziehen, ohne dabei Rücksicht auf die übrigen Parteiverbände zu nehmen, mit überwältigender Mehrheit ab. Im Laufe der Versammlung gewannen gemäßigter formulierte Anträge immer stärkere Zustimmung. Am Ende verfehlte ein Antrag, den Übertritt erst dann zu vollziehen, wenn Verhandlungen gescheitert waren, mit 63:77 Stimmen nur noch knapp die Mehrheit. Nach dieser Niederlage zogen die Befürworter der Fusion mit der DP die Konsequenzen: Am 30.09.1949 konstituierten sich in Essen Vertreter von zehn DKP-DRP Kreisverbänden als Landesverband der DP. Die DKP/DRP-Kreisverbände Remscheid-Solingen, Oberhausen, Düsseldorf-Mettmann, Oberberg, Rhein-Wupper sowie verschiedene Einzelpersonen erklärten ihren Übertritt zur DP.[9]

Damit wurde der DKP-DRP-Landesverband in Nordrhein-Westfalen wesentlich geschwächt.[10] Das Gründungsbündnis der Partei war nun auf den rechten Flügel der Deutschen Volkspartei (DVP) und der DNVP reduziert. Die Partei war nun darum bemüht, sich an die Politik der bürgerlichen Parteien anzulehnen, was jedoch auch nicht von Erfolg gekrönt war. Schließlich beschloss die Partei auf einem außerordentlichen Vertretertag in Hamm am 29.01.1950, sich in „Nationale Rechte“ (NR) umzubenennen. Damit war das Ende des Landesverbandes der DKP-DRP in Nordrhein-Westfalen besiegelt.

In Nordrhein-Westfalen nahm die NR rasch Kurs auf die FDP. Im Mai 1950 kam es zu einer Vereinbarung zwischen der NR und der FDP, die der NR acht teils aussichtsreiche Plätze auf der Landesliste zur Landtagswahl sicherte. Nach den Landtagswahlen schlossen sich die auf der FDP-Landesliste gewählten NR-Mitglieder Piepenbrink, von Rohr und Steuer der FDP-Fraktion als Hospitanten an. Damit waren die Weichen für eine weitere Annäherung an diese Partei gestellt, die schließlich den Übertritt der NR-Vertreter zur FDP zur Folge hatte.[11] Im Laufe ihrer Entwicklung, die als kontinuierlicher Desintegrationsprozess beschrieben werden kann, hat sich die DKP-DRP also im Wesentlichen zugunsten der DP und der FDP aufgelöst. Ein kleiner Teil der Parteimitglieder schloss sich der Sozialistischen Reichspartei (SRP) oder anderen neofaschistischen Organisationen an.

Bei Wahlteilnahmen blieb die DKP-DRP in Nordrhein-Westfalen relativ bedeutungslos. Die Partei bekam bei den Landtagswahlen am 20.04.1947 0,5% der Stimmen. Bei der Bundestagswahl 1949 konnte sie 1,8% und bei der NRW-Landtagswahl 1950 1,7% der gültigen Stimmen auf sich vereinen.[12] Es gelang der DKP/DRP jedoch, nach den Bundestagswahlen 1949 fünf Abgeordnete in den Bundestag zu entsenden: Adolf von Thadden, Fritz Rößler (der sich Franz Richter nannte), Fritz Dorls, Hermann Miessner und Heinz Frommhold. Zu ihnen gesellte sich am 15.09.1949 der Vorsitzende der Nationaldemokratischen Partei (NDP), Heinrich Leuchtgens, der auf einem Spitzenplatz der hessischen FDP in den Bundestag gelangt war.

Diese schlechten Wahlergebnisse sind auf die mangelnde organisatorische Verankerung der Partei zurückzuführen. In Nordrhein-Westfalen existierte die Partei nur in einem Drittel der Wahlkreise; davon verfügten jedoch nur wenige über mehr als die zur Gründung notwendigen drei Mitglieder.

Nach dem Ende des Lizensierungszwanges am 21.01.1950 schloss sich die DKP-DRP mit der NDP unter Heinrich Leuchtgens zur Deutschen Reichspartei (DRP) zusammen.

Die Gründe der Erfolglosigkeit der DKP-DRP fasste Stöss folgendermaßen zusammen: „Eine der schwerwiegendsten Voraussetzungen ihrer Erfolglosigkeit als deutschnationale Partei mit identifizierbarem politischen Profil und hinreichender sozialer Basis war die, daß sie in den Westzonen nicht auf diejenigen historischen Bindungen zurückgreifen konnte, die sie in ihren - verlorenen - ostdeutschen Weimarer Domänen hatte. (…) Vor allem ihre politische und sozialstrukturelle Heterogenität war es jedoch, die es ihr unmöglich machte, ein hinreichend ausgearbeitetes Konzept zu entwickeln und mithin auch eine Voraussetzung der einheitlichen politischen Aktion zu erfüllen.“[13]

 

 

Es lässt sich festhalten, dass die Gründung der DKP/DRP den Versuch darstellte, kurz nach dem Ende der NS-Herrschaft eine einheitliche große Rechtspartei zu schaffen. Die DKP/DRP wandte sich gegen die Entnazifizierung und verlangte die Wahrung aller Rechte der ehemaligen Mitglieder der NSDAP und aller Soldaten der deutschen Wehrmacht. Auseinandersetzungen um die politische Strategie führten schon ein Jahr nach der Gründung zu zahlreichen Desintegrationsprozessen. Diese unterschiedlichen politischen Konzepte von einer Annäherung an die bürgerlichen Parteien bis zu neonationalsozialistischen Positionen waren letztlich für den Niedergang und den Zerfall der DKP-DRP verantwortlich. Der Landesverband NRW trat kaum öffentlich in Erscheinung, bei der NRW-Landtagswahl 1950 wurden 1,7% der Stimmen erreicht.

 

 

 

6.2) Deutsche Partei (DP)

 

 

Die Deutsche Partei (DP), die von 1949 bis 1960 an der Bundesregierung beteiligt war, hat sich 1961 auf Bundesebene de facto aufgelöst, existierte jedoch auf Landesebene bis 1980 als Partei, dann als Verein weiter.[14] Sie war eine nationalkonservative Partei mit internen rechtsextremen Strömungen. Die DP ging auf die Deutsch-Hannoversche Partei (DHP) zurück, die 1866 als Protest gegen die Annexion des Königreichs Hannover durch das Königreich Preußen gegründet wurde.[15] Nachdem die DHP durchgehend im Preußischen Landtag und zeitweise auch im Deutschen Reichstag vertreten war, wurde sie nach der nationalsozialistischen „Machtergreifung“ im Jahr 1933 verboten und zwangsweise aufgelöst. In Anlehnung an die DHP gründete sich 1945 die Niedersächsische Landespartei (NLP). Im März 1946 wurde Heinrich Hellwege zum Vorsitzenden der NLP gewählt.[16] Als im November 1946 die britische Militärregierung das Bundesland Niedersachsen bildete, benannte sich die NLP in „Deutsche Partei“ (DP) um und bildete Landesverbände in den Bundesländern Schleswig-Holstein, Bremen und Hamburg. Mit der Umbenennung sollte einerseits der christlich-konservative Anstrich der Partei, andererseits das Ziel einer deutschlandweiten Ausdehnung zum Ausdruck gebracht werden.[17] Die DP wurde durch Übertritte von bestimmten Verbänden der DKP-DRP, vor allem in Schleswig-Holstein und Hamburg, zu einem ernst zu nehmenden politischen Faktor in der Bundespolitik. Der DP gelang auf Anhieb bei der Wahl 1949 der Sprung in den Bundestag. Nach der Bundestagswahl wurde Hellwege am 20.09.1949 als Bundesminister für Angelegenheiten des Bundesrates in die vom damaligen Bundeskanzler Konrad Adenauer geführte Bundesregierung berufen. Hellwege schied am 26.05.1955 aus der Bundesregierung aus und wurde am selben Tag zum Ministerpräsidenten des Landes Niedersachsen gewählt. Neben Hellwege wurden zwei weitere DP-Mitglieder Mitglied der Bundesregierung unter Adenauer. Hans-Joachim von Merkatz wurde Bundesminister der Justiz (1956–1957) und Hans-Christoph Seebohm Bundesminister für Verkehr (1949–1960). Beide traten am 01.07.1960 zur CDU über.

Ende der 1940er Jahre und in den 1950er Jahren setzte sich die DP vor allem gegen Kommunismus, gewerkschaftliche Mitbestimmung und Bodenreform ein und engagierte sich überwiegend für ehemalige Wehrmachtsangehörige und „Heimatvertriebene“. Nach dem Zweiten Weltkrieg sollte das politische System der BRD der „Erneuerung Deutschlands aus geistig-moralischer Krise und innerer Zerrissenheit dienen und die wiedergewonnene nationale Einheit nach innen und außen festigen helfen“.[18] In ihrer Programmatik verurteilte die DP die Nürnberger Prozesse als Akte von „Hass und Rachsucht“, leugnete die Schuld Deutschlands am Ausbruch des 2. Weltkrieges und verlangte ein Ende der Entnazifizierung in Westdeutschland sowie eine öffentliche „Anerkennung der Ehre des deutschen Soldatentums“.[19] Auf dem Bundesparteitag der DP im November 1955 in Bielefeld stellte die DP fest, dass das „Deutsche Reich“ weiter bestehe: „Zusammenbruch und Kapitulation haben im Jahre 1945 das Deutsche Reich als Völkerrechtssubjekt nicht beseitigt. Lediglich die einheitliche Staatsorganisation ist weggefallen. (…) Die Grenzen des fortbestehenden Deutschen Reiches sind nach Völkerrechtsgrundsätzen nach wie vor diejenigen vom 31.Dezember 1937.“[20]

Weiterhin setzte sich die DP dafür ein, dass „jede kollektive Benachteiligung bestimmter Berufsgruppen und Staatsdiener sowie der ehemaligen Waffen-SS ausgeschlossen wird und daß die im Gesetz noch vorhandenen Härten und ungerechtfertigen Einschränkungen gegenüber Berufssoldaten und Angehörigen des ehemaligen Reichsarbeitsdienst beseitigt werden. Eine unterschiedliche Behandlung der Angehörigen der ehemaligen Waffen-SS muß auch hinsichtlich ihrer Wiederverwendung in der neuen Wehrmacht unterbleiben.“[21]

Die DP duldete auch immer wieder extrem rechte Personen in ihrer Führungsspitze. In Hamburg wurde der ehemalige nationalsozialistische Polizeisenator Alfred Richter stellvertretender Parteivorsitzender. Hans W. Schmollinger charakterisiert die DP als „Partei des einheimischen niedersächsischen Mittelstandes“, die extrem „föderalistische, monarchistische und teilweise auch völkische Positionen“ vertrat.[22] Möller vertrat die Auffassung, dass die Abgrenzung innerhalb der DP zwischen Rechtsextremismus und Konservatismus in der politischen Praxis wie auch auf geistigem Gebiet nicht mit völliger Klarheit gelungen ist.[23]

Da die CDU sich im Vorfeld der Bundestagswahl 1961 weigerte, Abgeordneten der DP wieder zu Direktmandaten zu verhelfen, wechselten 1960 neun der fünfzehn DP-Bundestagsabgeordneten zur CDU.[24] Am 15.04.1961 fusionierte die Bundespartei mit dem BHE zur Gesamtdeutschen Partei (GDP). Der Landesverband Bremen und einige niedersächsische Kreisverbände sprachen sich jedoch gegen die Fusion aus und führten die DP als Neugründung ab dem 24.06.1962 weiter.

Wolfgang Hedler (07.11.1899-26.02.1986) gehörte während der Weimarer Republik dem Stahlhelm und während der Zeit des Nationalsozialismus der NSDAP an. 1949 wurde er für die DP in den Deutschen Bundestag gewählt.[25] Hedler hielt am 26.11.1949 einen Vortrag in der Gaststätte „Deutsches Haus“ in Neumünster-Einfeld, in dem er die Mitglieder des deutschen Widerstandes als „Vaterlandsverräter“ beschimpfte und die deutsche Kriegsschuld leugnete. Dabei kam er auf den Holocaust zu sprechen und sagte: „Man macht zuviel Aufhebens von der Hilterbarbarei gegen das deutsche Volk. Ob das Mittel, die Juden zu vergasen, das gegebene gewesen sei, darüber kann man geteilter Meinung sein. Vielleicht hätte es auch andere Wege gegeben, sich ihrer zu entledigen.“[26] Fast alle Parteien des deutschen Bundestages (SPD, CDU/CSU, FDP, Bayernpartei, Zentrum) verurteilten Hedlers antisemitische Äußerungen, nur die rechten Parteien (WAV, DP, Nationale Rechte) lehnten zunächst eine Stellungnahme ab.[27] Hedler versuchte nicht, seine Äußerungen abzustreiten, sondern bestätigte und ergänzte sie in einem Schreiben an die Frankfurter Rundschau, wo seine Rede in Neumünster-Einfeld wortwörtlich abgedruckt wurde. Er schrieb: „Ich habe die Äußerungen des Alterspräsident Löbe, daß das deutsche Volk ein Riesenmaß von Schuld auf sich geladen habe, mit aller Entschiedenheit abgelehnt. Das deutsche Volk trage die geringste Schuld am Aufbruch des Krieges. Ich bemerkte, daß ich der Ansicht bin, daß überstaatliche Kräfte am Ausbruch dieses Weltkrieges die Schuld hätten und nicht das deutsche Volk.“[28]

Der Fall Hedler erregte auch deshalb so viel Aufsehen, weil es sich um einen Bundestagsabgeordneten einer Regierungspartei handelte. Hedlers Äußerungen standen diametral zur Ankündigung Adenauers, dass die Bundesrepublik zur „Wiedergutmachung“ an den Verfolgten des NS-Regimes, besonders den Juden, bereit sei.

Hedler wurde vorläufig aus dem Bundestag ausgeschlossen und seine Immunität aufgehoben, so dass er angeklagt werden konnte. Obwohl die DP die antisemitischen Äußerungen als nicht erwiesen ansah[29], schloss sie ihn im Dezember 1949 aus der Partei aus und kündigte an, sich von „radikalen Elementen“ trennen zu wollen.[30] Am 31. Januar 1950 begann der Prozess am Landgericht Kiel gegen Hedler, wo er wegen „Verleumdung“ und „Verunglimpfung“ angeklagt wurde. Der Staatsanwalt beantragte sechzehn Monate Gefängnis für Hedler, wobei die Äußerungen über die Juden als schwerster Belastungspunkt gewertet wurden. Das Gericht, das selbst aus ehemaligen NSDAP-Mitgliedern bestand, sprach ihn „aus Mangel an Beweisen frei“. Die Staatsanwaltschaft legte daraufhin Berufung ein. Zum Punkt „Judendiffamierung“ führte der Richter aus: „Wenn die zur Last gelegten Äußerungen sich als wahr erwiesen hätten, würden sie eine grobe Verunglimpfung der Juden bedeuten. Dann hätte das Gericht eine exemplarische Strafe ausgesprochen.“[31]

Nach der Urteilsverkündung feierte eine große Menschenmenge auf der Straße Hedlers Freispruch. Dieses Urteil wurde von führenden deutschen Politikern mit Ausnahme der Vertreter der extremen Rechten mit Bestürzung aufgenommen. Im Februar 1950 protestierte der Vorsitzende der Synagogengemeinde Köln, Goldmann, in einem Telegramm an Bundespräsident Heuss „gegen den kurz zuvor erfolgten Freispruch des Bundestagsabgeordneten der nationalkonservativen DP, Hedler, vom Vorwurf der Beleidigung von Widerstandskämpfern und Juden durch eine Strafkammer des Landgerichts Kiel.“[32] Goldschmidt wies dabei auf die Folgen einer solchen Gerichtsentscheidung hin: „Durch solche Urteile werden alle Bemühungen der verständigungs- und versöhnungsbereiten Juden in Deutschland zum Scheitern verurteilt, die im Ausland dafür eintreten, der Bundesrepublik eine Chance für den Beweis des guten Willens, mit allen demokratisch denkenden Völkern wieder in Kontakt zu kommen, zu geben.“[33] Nach dem Freispruch für Hedler sorgte er sich um ein Anwachsen des Antisemitismus: „Wir (die Juden in Deutschland, M.L.) müssen überlegen, ob wir nicht daraus unsere Konsequenzen ziehen. Wir können es nicht verantworten, unsere kleine, den Verfolgungen des Naziregimes entgangene Substanz neuen Gefahren auszusetzen.“[34]

Das Hedler-Urteil wurde auch im Ausland als ein „bedenkliches Zeichen“ sowohl für den Zustand der deutschen Justiz als auch für die gesellschaftliche und moralische Entwicklung im postfaschistischen Deutschland gewertet.[35]

In der Berufungsinstanz wurde Hedler schließlich am 20.07.1951 wegen „öffentlicher Beleidigung in Tateinheit mit öffentlicher Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener und mit öffentlicher übler Nachrede“ zu neun Monaten Haft verurteilt. Hedler legte zwar Revision beim Bundesgerichtshof ein, scheiterte damit jedoch im Mai 1952.[36] Nach seinem Ausschluss aus der DP schloss er sich der DRP an, die er allerdings bereits im September 1950 wieder verließ. Im Januar 1952 gründete er mit Günter Goetzendorff die kurzlebige „Nationale Reichspartei“. Anfang März 1952 verhandelte er mit der FDP-Fraktionsführung um August-Martin Euler darüber, der FDP-Fraktion als Hospitant beizutreten; diese Gespräche führten aber letztendlich nicht zu einem Ergebnis.[37]

Nach dem 2. Weltkrieg wollte die DP ganz bewusst an „nationale Traditionen“ anknüpfen. Auf vielen ihrer Parteitage war der Badenweiler Marsch und preußische Militärmusik zu hören, eine schwarzweißrote Fahne wurde gezeigt. Die „Volksgemeinschaft“ stellte einen wichtigen Programmpunkt dar, einige Parteimitglieder redeten sich mit „Volksgenossen“ an.

Innerhalb der DP waren viele der leitenden Kader ehemalige Nationalsozialisten, etwa Hans-Christoph Seebohm, der an der „Arisierung“ ausländischen Eigentums in der ehemaligen Tschechoslowakei beteiligt war, oder der Bundesminister Hans-Joachim von Merkatz, der im nationalsozialistischen Deutschland Vertrauensstellungen besaß. Einer der beiden Vorsitzenden der hessischen DP war der ehemalige NSDAP-Kreisleiter Fritz Krebs. Der frühere SA- und SS-Führer Fritz Pfeffer von Salomon wurde Bezirksvorsitzender in Wiesbaden, der ehemalige NS-Oberbürgermeister von Offenbach, Helmuth Schranz, übernahm den Frankfurter Bezirksvorsitz.[38] Ein weiteres Beispiel war der überzeugte Nationalsozialist Thies Christophersen.[39] Als Mitglied des Deutschen Jungvolks, einer Vorläuferorganisation der HJ, wurde Christophersen schon als Jugendlicher durch die nationalsozialistische Ideologie nachhaltig geprägt. 1943 trat er in die Waffen-SS ein und wurde im folgenden Jahr als „SS-Sonderführer für Pflanzenschutz“ im Auschwitz-Nebenlager Raisko in der Abteilung für Pflanzenkautschuk eingesetzt. Sein politischer Werdegang nach dem Ende des 2.Weltkrieges führte von der CDU zur DP.

Der NRW-Landesverband der DP, der sich aus 11 Kreisverbänden zusammensetzte, wurde am 30.09.1949 hauptsächlich von früheren Mitgliedern der DKP-DRP gegründet. Das Landesbüro der DP wurde in Essen eingerichtet. Zum Vorsitzenden des Landesverbandes wurde Günther von Einem gewählt, der den Verband nach militärischen Prinzipien organisierte. Von Einem arbeitete für die DNVP, bis die Partei von den Nationalsozialisten aufgelöst wurde. Er bezeichnet sich selbst als „Antidemokraten“. Der ehemalige Oberstleutnant von Einem erklärte bei der Gründung der DP im Bezirk Düsseldorf, dass „die Zeit unter dem letzten deutschen Kaiser sehr schön gewesen sei. Selbst in der Nazizeit hatten wir nicht soviel Freiheit wie damals unter dem Kaiser. Heute führten die Deutschen ein elendes und infames Sklavendasein.“[40]

Die DP bemühte sich in Nordrhein-Westfalen besonders um ehemalige Nationalsozialisten. Helmut Lange, Mitglied des DP-Kreisverbandes Duisburg, war früherer Exekutivbeamter der Gestapo und trat im Jahre 1938 der NSDAP bei. Sein Kollege im Kreisverband Duisburg, Karl-Heinz Lex, bekleidete in der HJ nach 1933 eine regional führende Position. Im Kreisverband Krefeld-Uerdingen bestand der Vorstand aus mehreren ehemaligen Nationalsozialisten. Horst Wendt war in den Jahren 1935-1940 Angehöriger der HJ. Max Drews, Erich Krielich und Hermann Krahe waren Mitglieder der NSDAP. Karl Willner, der bis zum 14.07.1952 Kreisleiter der SRP war, wurde im April 1953 zum hauptamtlichen Geschäftsführer der DP in Nordrhein-Westfalen ernannt.

Der Landesverband trat betont nationalistisch und revisionistisch auf. Auf einer Versammlung der DP in Bielefeld am 10.05.1950 sagte der Fraktionsführer der DP in der Bundesregierung von Markatz: „Wir leiden an menschlichen Substanzverlusten und Raumverlusten, die zu ergänzen und wieder herzustellen unsere Aufgabe ist. Es ist ein Wahnsinn zu behaupten, jenseits der Oder-Neiße-Linie sei schon immer polnischer Kulturboden gewesen. Als vor 800 Jahren Deutsche in diese Gebiete kamen, waren sie überhaupt kein Kulturboden, wurden es aber durch deutschen Fleiß, Schweiß und deutsches Blut. Wir haben dies deutsche Land aufgebaut. (…) Die DP ist die einzige Partei, die sich für die endgültige Abschließung der Entnazifizierung – den größten Rechtsirrtum der Weltgeschichte - mit allen Folgeerscheinungen einsetze.“[41]

Die DP erhielt monatlich anonyme Spenden von Industriellen, einer der Hauptfinanziers soll Gottfried Bischoff, Unternehmer für Gasreinigungsanlagen in Essen, gewesen sein.

Die „New York Times“ berichtete im Dezember 1954, dass Mitglieder der DP, die insbesondere im Bonner Auswärtigen Amt beschäftigt waren, „moralisch oder auf eine andere Weise“ eine Bewegung unterstützt haben sollen, die sich „die materielle Hilfe für die früheren osteuropäischen Hitler-Kollaborateure“ zum Ziel gesetzt hätten. Es handele sich bei diesen Unterstützern um ehemalige Angehörige der früheren faschistischen Organisationen in Ungarn, Rumänien, in der Slowakei, im ehemaligen „Protektorat Böhmen und Mähren“ sowie frühere Angehörige der ehemaligen Freiwilligen-Organisationen der Wehrmacht in Russland.[42]

Nachdem der nordrhein-westfälische Landesverband der DP Ende Februar 1953 vom Bundesvorsitzenden Hellwege aufgelöst worden war, weil er ohne Wissen des Parteidirektoriums Fusionsverhandlungen mit der FDP geführt hatte, wurde in Düsseldorf Ende Juni 1953 auf einer Delegiertentagung der neue Landesverband konstituiert, zu dessen Vorsitzenden Herbert Grillo aus Duisburg gewählt wurde. Die weiteren Mitglieder Hans Wolf aus Gütersloh, Willy Schumacher aus Bonn und Franz Kubowitz aus Gelsenkirchen stammten aus den Reihen des ehemaligen Vorstandes.[43]

Obwohl die DP in NRW maximal 1,7% der Zweitstimmen erhielt, erreichte sie bei der Bundestagswahl 1953 durch Teilnahme am Verhältnisausgleich ein und 1957 sogar zwei Landeslistenmandate. Bei den Bundestagswahlen am 06.09.1953 erreichte die DP mit 1,9% im Oberbergischen Kreis die meisten Stimmenanteile in ganz Nordrhein-Westfalen. Dahinter rangierten die Wahlkreise Wuppertal (1,7%), sowie Bonn und Mülheim an der Ruhr (jeweils 1,5%). Bei den Landtagswahlen 1950 erreichte die DP mit 3,1% der Stimmen in Bonn sowie 2,6% der Stimmen in Krefeld ihr bestes Ergebnis. Dies konnte bei den folgenden Landtagswahlen nicht mehr erreicht werden. Ihre stärksten Wahlkreise bei der Kommunalwahl 1952 waren Bonn (4,0%) und Krefeld (3,5%). Diese Ergebnisse zeigen, dass die DP keine wesentliche Rolle in der Landespolitik spielte.

 

 

Die Untersuchung der DP, die von 1949 bis 1960 verschiedene Ministerposten innerhalb der Bundesregierung stellte, ergab, dass es sich um eine nationalkonservative Partei handelte, die in ihren Reihen rechtsextreme Tendenzen duldete. Die DP leugnete die Schuld Deutschlands am Ausbruch des 2. Weltkrieges und forderte ein Deutschland in den Grenzen von 1937. Sowohl innerhalb der Bundespartei wie auch im nordrhein-westfälischen Landesverband waren viele der leitenden Kader ehemalige Nationalsozialisten, die autoritäre und antidemokratische Staatsvorstellungen verfolgten.

 

 

 

6.3) Sozialistische Reichspartei (SRP)

 

Die Sozialistische Reichspartei (SRP) wurde am 02.10.1949 in Hannover gegründet. Zu den wichtigsten Gründungsmitgliedern zählten Fritz Dorls, Gerhard Krüger, Otto Ernst Remer, Hermann Ströbel und August Finke. Die meisten Gründungsmitglieder waren überwiegend Akademiker, die nach Herkunft und Beruf zur gehobenen Klasse gehörten. Ihre politische Laufbahn erfuhr zur Zeit der Gründung der SRP sowohl durch die Entnazifizierung oder die Abschaffung des Berufssoldatentums einen Karriereknick. Nach ihrem Alter zu urteilen gehörten sie der Generation an, die zur Zeit der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten Anfang bis Mitte 20, beim Ausbruch des 2. Weltkrieges ca. 30 und nach der Befreiung ca. Mitte 30 Jahre alt war.[44] Fritz Dorls wurde bei der Gründungsversammlung zum ersten Parteivorsitzenden gewählt, Gerhard Krüger wurde sein Stellvertreter. Die wichtigsten Organe der SRP waren der Parteivorsitzende, der aus fünf Mitgliedern bestehende Vorstand, der Parteirat, der sich aus 21 Mitgliedern zusammensetzte, und die Parteiversammlung. Regional gliederte sich die SRP in Landes-, Kreis- und Ortsverbände, die jeweils von einem Vorsitzenden autokratisch geleitet wurden.

Die Vertreter der höheren und mittleren Parteiebene waren fast alle langjährige Mitglieder der NSDAP und anderer völkischer Organisationen. Diese Personen besaßen bis 1945 zum Teil einflussreiche Funktionen im Partei- und Regierungsapparat der NSDAP.[45] Dies lässt sich an den Biographien des Vorsitzenden Fritz Dorls und des stellvertretenden Bundesvorsitzenden Otto Ernst Remer nachweisen.

Fritz Dorls wurde am 01.07.1929 Mitglied der NSDAP. Im 2. Weltkrieg diente er als Soldat bis zur Ernennung zum Lehrer für Geschichte an der DAF-Reichschule in Erwitte.[46] Im Mai 1945 wurde er von den Alliierten verhaftet und in ein Internierungslager gebracht. Dort wurde er 1946 entlassen und schloss sich der neu gegründeten CDU an. 1947 wurde er hauptamtlicher Schriftleiter des CDU-Blattes „Niedersächsische Rundschau“. Im Frühjahr 1949 war er einer der Mitbegründer der „Gemeinschaft unabhängiger Deutscher“ (GuD). Nach dem Abschluss eines Wahlabkommens mit der Deutschen Konservativen Partei/Deutsche Rechtspartei (DKP-DRP) kandidierte Dorls erfolgreich für die Bundestagswahl 1949. Er wurde Mitglied des Bundestages, bis er am 02.10.1949 von der DKP-DRP ausgeschlossen wurde. Daraufhin wurde er Mitbegründer und Vorsitzender der SRP bis zu ihrem Verbot 1952. Otto Ernst Remer war neben seiner Funktion als stellvertretender Bundesvorsitzender der SRP auch Vorsitzender des Landesverbandes Schleswig-Holstein. Remer trat 1933 als Berufssoldat in die Reichswehr ein.[47] Als Kommandeur des Berliner Wachbatallions spielte er bei der Niederschlagung des Putschversuches vom 20. Juli 1944 eine maßgebende Rolle. Für seine „Verdienste“ belohnte ihn Hitler durch die Ernennung zum Generalmajor. Genauso wie Dorls war Remer einer der Begründer der GuD und später der SRP. 1951 wurde er wegen übler Nachrede zu vier Monaten Haft verurteilt. 1952 verurteilte ihn das Landgericht Braunschweig wegen Beleidigung der Putschisten des 20. Juli zu einer zweimonatigen Haftstrafe. Er flüchtete daraufhin nach Ägypten, wo er mehrere Jahre lang als Militärberater für Abdel Nasser und als Waffenhändler in Syrien arbeitete. 1954 kehrte er in die Bundesrepublik zurück, wo er von einer Amnestie profitierte und seine Haftstrafe nicht antreten musste.

Aus einer Fülle von Quellen lässt sich nachweisen, dass ein Bekenntnis zum Nationalsozialismus kein Nachteil, sondern eher eine Empfehlung für Führungsaufgaben innerhalb der SPR war.[48] Der Führungsstab der SRP zielte darauf ab, frühere Nationalsozialisten durch die mögliche Vergabe einflussreicher Parteipositionen an sich zu binden und sie wieder mit wichtigen Aufgaben auszustatten. In den Akten des Bundesverfassungsgerichtes hieß es: „Der Zeuge Heller teilte am 28. September in seiner Funktion als Hauptgeschäftsführer der SRP dem Zeugen Finke einige Anschriften mit und schreibt dazu wörtlich: Ich bitte, die Anschriften vertraulich zu behandeln und eine persönliche Fühlungsnahme herzustellen, da die genannten Personen auf Grund ihrer früheren Tätigkeit wahrscheinlich unserem Gedankengut nahe stehen (…).“[49]

Bei den Mitgliedern der SRP war die Altersgruppe der 20-bis 40jährigen und der Anteil von Vertriebenen, der regional zwischen 30 und 60 Prozent schwankte, überdurchschnittlich stark vertreten.[50] Eigenen Angaben zufolge zählten insbesondere Arbeiter und Landwirte zu den Mitgliedern. Entsprechend ihres Selbstverständnisses der Einigung aller Deutschen in einer „Volksgemeinschaft“ wollte die SRP suggerieren, dass sie sowohl Mitglieder als auch  Wähler aus allen Teilen der Bevölkerung anzuziehen vermochte. Von ihren insgesamt 10.300 Mitgliedern stammten 6.500 aus Niedersachsen, 1.300 aus Nordrhein-Westfalen und 800 aus Schleswig-Holstein. Die Mitglieder der SRP wurden durch zwei Faktoren zusammengehalten: die unzureichende soziale Situation und die diffuse extrem rechte Einstellung. Nach dem Verbot der SRP fehlte dieser Gruppe eine attraktive parteipolitische Alternative, was dazu führte, dass sich viele der ehemaligen Mitglieder der SRP auch bedingt durch den wirtschaftlichen Fortschritt den bürgerlichen Parteien annäherten.

Die politische Programmatik der SRP ging von der Konstruktion aus, dass das „Deutsche Reich“ nach der Kapitulation des deutschen Faschismus weiter bestehe.[51] Der Nachfolger Hitlers, Karl Dönitz, werde von den „alliierten Besatzern“ an der Ausübung der Regierungsgewalt gehindert. Aus dieser Fiktion wurde ein Widerstandsrecht gegen die Verfassungsordnung der BRD abgeleitet. Das „Deutsche Reich“ sollte auf der Basis einer „völkischen Gemeinschaft“ wiedererrichtet werden, die parlamentarische Demokratie sollte dabei durch eine wie immer geartete „Führungsdemokratie“ ersetzt werden.

Aus ihrer Gegnerschaft zur parlamentarischen Demokratie machte die SRP keinen Hehl. Ein Parteiredner stellte fest: „Wir lehnen die westliche Parteidemokratie genauso ab wie die ostzonale Volksdemokratie, erstreben aber die wahre Demokratie der verantwortlichen und gemeinschaftserhaltenden Persönlichkeiten.“[52] Auf einer anderen Veranstaltung der SRP hieß es: „Die Parteiendemokratie ist die Staatsform, die wir nach dem ersten Weltkrieg schon einmal am eigenen Leibe erfahren durften. Ihre Unfähigkeit, dem deutschen Volk eine gerechte Lebensordnung zu schaffen, hat sie klar bewiesen. Sie bedeutet für uns die Zerreißung des deutschen Volkes in einander bekämpfende Gruppen und die Lähmung der nationalen Energie. Sie ist als Kampf aller gegen alle das System der deutschen Selbstzerfleischung.“[53] In ihrem offiziellen Parteiprogramm machte die SRP Stimmung gegen die demokratischen Parteien der BRD: „Die Restaurationsparteien haben bereits in der Weimarer Republik ihre Unfähigkeit ausreichend unter Beweis gestellt. Die gleichen überalterten Vertreter, die früher versagt haben, liefern auch heute wieder eindruckvolle Beweise ihrer politischen Einsichts- und Talentlosigkeit. Wir wenden uns nicht an die Masse der Mitläufer, Postenjäger und Opportunisten, sondern den anständigen, zur aktiven Mitarbeit entschlossenen Teil unseres Volkes. Wir wollen keine Auferstehung des Weimarer Schaukel- und Splitterparlamentarismus. Der politischen Linken und dem schwarz-roten Kollisionen muß eine große, starke Rechtspartei entgegengestellt werden.“[54]

Auch innerparteilich war die SRP nicht demokratisch strukturiert. Entscheidungen wurden in der Regel nicht durch das Mehrheitsprinzip, sondern durch die Anordnung der Parteileitung an ihre Gefolgschaft getroffen.

In der Publizistik der SRP fanden sich Anzeichen zu einer neuen „Dolchstoßlegende“. Die Niederlage der deutschen Wehrmacht und damit auch des nationalsozialistischen Deutschlands sei in erster Linie das Ergebnis eines von der deutschen Widerstandsbewegung betriebenen „Verrates“.[55] Durch die Widerstandsbewegung sei die „Front sabotiert“ und dem „Feind“ ausgeliefert worden. Dieser Zusammenbruch hätte den Einsatz neuer, kriegsentscheidender Waffen verhindert, die den „Endsieg“ gesichert hätten. Mit dieser waghalsigen Konstruktion wollte die SRP die Schuld für die Niederlage im 2. Weltkrieg dem „inneren Feind“, also dem deutschen Widerstand gegen den Nationalsozialismus, zuschreiben.

Das politische Programm der SRP basierte auf der Weltanschauung des Nationalsozialismus. Es war vor allem gekennzeichnet durch eine totalitäre Staatsordnung, eine aus dem „Führerprinzip“ resultierende, diktatorische Regierungspraxis, das Einparteiensystem und die „Einheit von Partei und Staat“ sowie den Mythos vom „Reich“ und vom „Rassenfeind“. Der auf dem Rassismus gründende weltgeschichtliche deutsche Führungsanspruch wurde fortgesetzt. Die Anschauung, dass Deutschland nicht mehr einem absoluten Recht verpflichtet, sondern dass der Wille des „Führers“ oberstes Gesetz sei, wurde nicht geleugnet.

Die SRP verstand sich nicht nur als Partei, sondern als „Sammlungsbewegung des nationalen Widerstandes und deutschen Selbstbehauptungswillens“ innerhalb des politischen Lebens der BRD.[56] Dieses Selbstverständnis enthielt den Widerstand gegen die Herrschaft der Alliierten und die Restauration deutscher Großmachtpolitik. Die SRP verfolgte weiter die Idee der „nationalsozialistischen Revolution“: „In Europa ist in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen an verschiedenen Stellen der Versuch einer echten Lösung der nationalen und sozialen Probleme unternommen worden. Mag man diesen Versuch im wesentlichen als geglückt oder gescheitert ansehen, der Wille zu einer echten Lösung im Gegensatz zu der bolschewistischen Scheinlösung war zweifelsohne vorhanden. Und man wird schwerlich bestreiten können, daß er hier und da bereits sichtbare Früchte zu tragen begann. Daß ein so gewaltiges Unternehmen mit Härten, sogar mit grausamen Eingriffen verbunden war, ist für den Kenner revolutionärer Epochen im Leben der Völker nicht weiter verwunderlich. In Zeiten, in denen sich die Völker aus langem Dämmerschlafe erheben, um aus einer nachgerade unerträglich empfundenen Lage zur Neugestaltung ihres Daseins zu schreiten, wird selten auf das persönliche Wohlbefinden Rücksicht genommen.“[57]

In ihrem Parteiprogramm stellte die SRP fest, dass die „Wiederherstellung des deutschen Reiches“ oberste Priorität habe.[58] Der Grundsatz, dass keine deutsche Regierung das Recht habe, auf „deutschen Boden“ zu verzichten, sollte verfassungsgemäß verankert werden. Dabei stützte sich die SRP auf den sich „aus Geschichte, Menschen und Völkerrecht ergebende deutsche Anspruch auf den Reichsraum.“ Die SRP machte sich zur Aufgabe, gegen die „äußeren Feinde des Reiches“ und ihrer Stellvertreter im Inneren („Lizenzparteien“) zu kämpfen und die „sozialistische Volksgemeinschaft aller Deutschen“ wiederherzustellen: „Die verhängnisvolle Aufspaltung des deutschen Volkes in Ost und West, Nord- und Süddeutsche, Einheimische und Vertriebene, Besitzende und Besitzlose, Arbeitnehmer und Arbeitgeber, Kirchengläubige und Freigeistige, Katholiken und Protestanten muß überwunden werden. Stattdessen fordert die deutsche Not gebieterisch die Willens- und Tatgemeinschaft aller Deutschen zur Steigerung unserer schöpferischen Kräfte und unserer Leistung für den Wiederaufbau und die Meisterung des gemeinsamen Schicksals.“[59]

Es wurde weiterhin die sofortige Beendigung der Entnazifizierung gefordert: „Die sofortige Beendigung der entwürdigenden Entnazifizierung als eines mit den Grundsätzen des Rechtsstaates unvereinbaren Vorganges, für den KPD; SPD; CDU verantwortlich zeichnen. Die im Zusammenhang mit der Entnazifizierung straffällig gewordenen Spruchkammerorgane sind strafrechtlich zu verfolgen.“[60]

Parteiinterne, in öffentlichen Reden vertretene oder auch publizierte Äußerungen von SRP-Mitgliedern zum Judentum oder zu Israel verrieten eine eindeutige antisemitische Haltung. In einem Rundschreiben des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen hieß es: „Alles geschieht im Zeichen der Nationalökonomie unter jüdischer Aufsicht, die die verschiedensten Kräfte wie ein roter Faden durchzieht. (…) Ob es ein Jude war, der den Zins erfand, weiß die Geschichte nicht zu berichten – wenn sich nicht ein Hinweis darauf in den ‚Heiligen’ Büchern der Juden finden sollte. Aber wir wissen wenigstens aus der Geschichte, welche riesigen Reichtümer sich diese Religions-Praktiker ergatterten durch Ausleihen und gnadenlosen Rückgriff auf das Eigentum des Schuldners zur Abdeckung von dessen Schulden. Mit dieser Methode, sich schnell und auf Kosten der arbeitenden Menschen Reichtümer anzueignen, hatten die Juden jene Tätigkeit erfunden, die ihrem Wesen am meisten entsprach.“[61]

Ein Mitglied des SRP-Landesverbandes Hamburg bemerkte gar: „Die Juden haben eigentlich Hitler allerhand zu verdanken. Gutes meine ich. (…) Ich bin kein Antisemit. So dumm bin ich nun wiederum nicht, daß ich auf diesen Leim krieche. (…) Man hat lange nicht gewagt (den jüdischen Schwarzmarkthändlern, M.L.) auf den Pelz zu rücken, weil das ja Antisemitismus gewesen wäre. Ich schlage ernsthaft vor, daß die verbrecherischen Juden Hitler ein Denkmal errichten, weil er ihnen so ein bequemes Schutzschild geliefert hat.“[62]:

Am 15.11.1951 hielt der SRP-Bundestagsabgeordnete Franz Richter im Rahmen einer Debatte um die „Wiedergutmachung“ an Israel und die Rückerstattung ehemaligen jüdischen Vermögens eine antisemitische Rede, in der er den Staat Israel als „Aggressor“ im Nahen Osten brandmarkte und alle Personen, die sich für eine deutsch-jüdische Verständigung einsetzten, als „Kollaborateure“ beschimpfte.[63] Ein Redekonzept der SRP enthielt folgende Passage: „Glaubt man, den Antisemitismus zu besiegen dadurch, dass Emigranten in amerikanischer oder englischer Uniform 1945 einströmten, die man an den Nasen erkannte?“[64] Dem israelischen UNO-Delegierten Fischer wurde „Gehässigkeit und Flegelhaftigkeit“ vorgeworfen und in diesem Zusammenhang von der „seiner Rasse eigentümlichen Schnoddrigkeit“ gesprochen.

Der SRP-Vorsitzende Fritz Dorls versuchte auf einer Pressekonferenz im Mai 1950, die Konzentrationslager als historische „Notwendigkeit“ hinzustellen: „Die Ära von 1933 bis 1945 war der Höhepunkt einer revolutionären Epoche des Abendlandes gewesen, in deren Mittelpunkt Deutschland gestanden hat. Die KZ’s und Gaskammern waren die revolutionäre Methodik dieser Epoche, in der ein neues Lebensprinzip geboren worden ist.“[65]

Am 21.06.1952 hielt Fritz Dorls in Detmold im Rahmen einer Versammlung der SRP ein Referat. In seinem Schlusswort verglich Dorls die Verhältnisse im Jahre 9 n. Chr., als Varus Statthalter des Römischen Reichs in der damaligen Provinz Germanien war, mit den heutigen Verhältnissen in Deutschland und nannte Mc Cloy einen Statthalter der USA in Deutschland. In seinen weiteren Äußerungen schilderte Dorls, wie Arminius unter der Ausnutzung der politischen Streitigkeiten zwischen Rom und dem Osten Germanien von der „Knechtschaft“ befreit habe. Weiterhin führte er aus, dass der Schwiegervater des Arminius, Segestes, aus Furcht vor Rom und um sich ein Alibi zu verschaffen, Meuchelmörder gedungen habe, die Arminius ermordeten. Seine Rede gipfelte in der These: „Diese Aufgabe hat in zivilisierter und demokratischer Form auf Anordnung der USA und nach dem Wunsche des Bundesinnenministers Lehr nunmehr das Bundesverfassungsgericht übernommen.“[66] Die Versammlung wurde von anwesenden Polizisten daraufhin sofort aufgelöst, da diese Äußerungen eine „Verunglimpfung und öffentliche Beleidigung“ des Bundesverfassungsgerichtes und des damaligen Bundesinnenministers Lehr darstellten.

Die Parteiarbeit der SRP wurde hauptsächlich durch Mitgliederbeiträge, den Erlös von politischen Veranstaltungen, Spenden sowie durch Dorls Privatvermögen finanziert.

Als Parteiorgan gab die SRP ab März 1950 wöchentlich die „Deutsche Reichszeitung für sozialistische Politik und Reichseinheit“ heraus. Schriftleiter dieses neonazistischen Blattes war der Vorsitzende Dorls. Ab September 1950 musste die „ Deutsche Reichszeitung“ wegen finanzieller Schwierigkeiten ihr Erscheinen einstellen. Von Mai bis Juli 1951 erschien als Parteiorgan die „Reichszeitung für nationale Opposition und deutsche Selbstbehauptung“. Als die „Deutsche Reichszeitung“ durch die Militärregierung verboten wurde, erschien statt ihrer ab August 1951 die „Deutsche Opposition, neue Folge der Deutschen Wacht“. Ab April 1952 gab der Parteivorstand „Die Information“ heraus.

Die SRP schaffte mit der „Reichsjugend“ eine „unabhängige, auf dem Boden unserer Anschauung stehende Jugendbewegung“, die die lokalen zumeist von ehemaligen HJ-Führern betriebenen neonazistischen Jugendgruppen zusammenfassen sollte.[67] Für männliche Jugendliche im Alter von 14 bis 18 Jahren wurden die Verbände „Junge Adler“ gebildet. Weiterhin gab es den „Mädelbund“ für Frauen im Alter von 18 bis 21 Jahren und den „Jungmädelbund“ für weibliche Jugendliche im Alter von 14 bis 18 Jahren. Das Bundesverfassungsgericht äußerte in seinem Verbotsurteil, dass die „Reichsjugend“ nach dem Vorbild der HJ organisiert war. Das Gericht verwies dabei auf die Ähnlichkeit der Uniformen der „Reichsjugend“ mit denen der HJ, die sich nur in der Farbe des Hemdes –olivgrau statt braun - unterschieden. Anfang des Jahres 1951 wurde die Organisation der „Reichsfront“ aus der „Reichsjugend“ und dem „Saalschutz“ gegründet, die nach dem Vorbild der SA eine Eliteeinheit innerhalb der Partei bilden sollte. Die „Reichsfront“ besaß einen paramilitärischen Charakter mit Armbinden, militärischer Gliederung und autoritärer Führung.

Die SRP war zwischen 1950 und 1952 für eineinhalb Jahre im Bundestag durch Franz Richter und Fritz Dorls vertreten, die von anderen Parteien zur SRP übergetreten waren. Außerdem war die Partei seit März 1951 im niedersächsischen Landtag mit zwei Abgeordneten vertreten, die von der CDU kamen. Die SRP erzielte bei der Landtagswahl in Niedersachsen am 06.05.1951 mit 11% der Stimmen einen überraschenden Erfolg.[68] Die im Bundestag vertretenen Parteien CDU und DP, die die SRP immer als verfassungsfeindliche Partei bezeichnet hatten, waren zu Regierungsverhandlungen mit der SRP bereit. Dieses Vorhaben scheiterte jedoch an der BHE. Die SRP stellte 16 Landtagsmitglieder im Kabinett von Niedersachsen. Nach der Bremer Bürgerschaftswahl zogen acht Abgeordnete der SRP in das Kabinett ein. Nachdem das Bundesverfassungsgericht die SRP wegen Verfassungsfeindlichkeit verbot, fielen ihre gesamten Mandate ersatzlos weg.

Im Januar 1950 gründete sich der Kreisverband Münster der SRP, kurz danach wurde provisorisch ein Bezirksverband „Nordost-Westfalen“ in Vlotho eingerichtet. Dessen endgültige Konstituierung erfolgte am 12.03.1950 in Bielefeld in Gegenwart von Dorls und Remer durch die Vertreter der „Vorbereitenden Gründungsausschüsse in Ost-Westfalen“. Am 5. März wurde ein Gründungsausschuss für den Kreisverband Oberhausen gebildet, sechs Tage später gründete Dorls in Anwesenheit von Remer den KV-Wanne-Eickel. Dieser Kreis wurde später Sitz der Landesleitung.

Der Landesverband Nordrhein-Westfalen der SRP wurde am 12.03.1950 gegründet.[69] Am 02.03.1950 hatte der Gründungsausschuss für den Landesverband Nordrhein-Westfalen die Vertreter der seit Beginn des Jahres in Nordrheinland und im Ruhrgebiet gegründeten Kreisverbände in Oberhausen zu einer Tagung zusammengerufen. In den folgenden Tagen kamen auch die Vertreter der bereits bestehenden Verbände aus dem übrigen Westfalen zu einer separaten Versammlung zusammen. Das Ergebnis der Sitzungen war die Konstituierung des Landesverbandes. Zum Vorsitzenden wurde Prof. Dr. Dahmen aus Rupichteroth gewählt.[70]

In Duisburg wurde am 31.03.1950 ein Kreisverband gegründet. Am nächsten Tag folgten die Gründungen der Kreisverbände Berleburg-Wittgenstein und Oberbergischer Kreis in Waldbröl, am 02.04. der Kreisverband Essen. Fast alle diese Gründungen wurden von Mitgliedern der DP vollzogen. Die Übertritte von DP-Mitgliedern zur SRP gingen auch in der Folgezeit weiter. Der Kreisverband Bochum wurde am 12.04.1950 gegründet. In Castrop war zunächst ein KV Bochum der SRP gegründet worden, der sich nun mit dem KV Bochum der DP zusammenschloss, bis auf drei schlossen sich alle Mitglieder der SRP an. Im Mai 1950 hatte der neue Verband 48 Mitglieder. Im April 1950 wurde die Bildung der Kreisverbände Siegen, Wattenscheid und Mülheim-Ruhr gemeldet. Mitte Mai erfolgte die Gründung der Verbände Castrop-Rauxel, Hagen, Dortmund, Düsseldorf-Mettmann, Wuppertal, Aachen, Unna und Höxter. Darüber hinaus gab es in Nordrhein-Westfalen mehrere Kreisverbände, deren Gründung nicht besonders vermerkt wurde, da sie wahrscheinlich vorläufigen Charakter hatten. Die Parteileitung gab im Mai 1950 für Nordrhein-Westfalen 8 Bezirks- und 39 Kreisverbände an. Im Vergleich zur Hochburg Niedersachsen konnte die organisatorische Aktivität der SRP-Mitglieder in Nordrhein-Westfalen nicht mithalten. Anders als dort wurde der Landesverband NRW von der Landesleitung nicht durch zentralistische, bis ins kleinste gehende Anweisungen gelenkt. Vielmehr standen hier die Bezirksleiter der größeren Verbände in ihrer Initiative und Aktivität neben der Landesleitung.[71] Folgende Kreisverbände wurden in den Rundschreiben der Landesleitung besonders erwähnt, was auf eine gewisse Aktivität dieser Verbände schließen lässt: Aachen, Köln, Wuppertal, Oberhausen, Duisburg, Kleve, Münster, Wanne-Eickel, Hagen, Bochum, Recklinghausen, Wattenscheid, Ennepe-Ruhr, Olpe, Höxter, Bielefeld-Stadt, Bielefeld-Land, Detmold sowie Lübbecke. Einige dieser Verbände meldeten schon vor dem ersten Parteitag größere Mitgliederzahlen. Besondere Aufmerksamkeit erregte der Kreisverband Höxter, dem sich nach dem Übertritt Richters zur SRP der dortige DRP-Verband anschloss. Auch im Kreisverband Ennepe-Ruhr trat der Kreisverband der DRP zur SRP über. Der Kreisverband  Bielefeld vergrößerte seine Mitgliederzahl durch den Übertritt des Bezirksvorsitzenden der DP, Paul Gers, und zahlreicher Sympathisanten.

Im Dezember 1950 wurde der Bezirk Ost-Westfalen in zwei Bezirksverbände aufgeteilt. Um die Jahreswende 1950/51 bestanden in Nordrhein-Westfalen 9 Bezirke mit 94 Kreisverbänden.[72] In Nordrhein-Westfalen wurde der organisatorische Aufbau der SRP in der Zeit nach dem zweiten Parteitag abgeschlossen. Zwischen September und November 1951 wurden die Kreisverbände Bergheim, Grevenbroich, Kempen, Krefeld, Remscheid, Rheydt, Solingen, Hattingen, Iserlohn-Stadt, Iserlohn-Land, Witten, Arnsberg, Castrop-Rauxel, Dortmund, Hamm, Lippstadt und Wiedenbrück gebildet.[73]

Die Mitgliederzahlen lagen in den einzelnen Kreisverbänden zwischen 10 und 20, in Einzelfällen bei ca. 40 Mitgliedern. Von den Kreisverbänden waren Köln-Stadt und Düsseldorf-Mettmann mit 125 bzw. 150 Mitgliedern die größten, es folgten Detmold, Herford-Stadt und Herford-Land mit 75 bis 100 Mitgliedern, Lübbecke, Bielefeld-Stadt, Bielefeld-Land, Paderborn, Oberhausen und Wuppertal mit 50 bis 75 Mitgliedern. Einige wenige Kreisverbände hatten 20 bis 50 Mitglieder, die Mehrheit der Kreisverbände aber noch nicht einmal 25. Ende 1951 betrug die Gesamtmitgliedschaft in Nordrhein-Westfalen etwa 1.300. Nach der Neugliederung im Dezember 1951 gab es 13 Bezirke und 94 Kreisverbände.

Der Austritt des nordrhein-westfälischen Landesvorsitzenden Heinrich Keseberg am 28.05.1951 sorgte für Wirbel innerhalb der SRP. Keseberg gründete die neue Organisation „SRP-Deutsche Gruppe“, wohin ihm einige SRP-Anhänger folgten. Politisch begründet wurde die Abspaltung mit den Radikalisierungstendenzen innerhalb der nordrhein-westfälischen SRP. Die „Deutsche Gruppe“ betonte ihre Ablehnung einer Annäherung an den Kommunismus, hob ihr positives Verhältnis zum Grundgesetz hervor und forderte eine Wiedervereinigung auf „freier, christlicher und demokratischer Grundlage“.[74]

Bei der Landtagswahl am 19.06.1950 erhielt die SRP insgesamt 0,2% der Stimmen. Dies lag daran, dass sie nur in drei Wahlkreisen an der Wahl teilnahm: im Oberbergischen Kreis Nord errang sie 11,3%, im Oberbergischen Kreis Süd 15,1%. Dabei schnitten sie in den beiden Distrikten Eckenhagen und Waldbröl mit fast 20% der Stimmen besonders gut ab. Im Kreis Wanne-Eickel holte die SRP 8,6% der Stimmen. Bei den Gemeindewahlen 1951 gelangen der SRP auch einige überraschende Erfolge. In Wanne-Eickel am 25.02.1951 errang sie 7,1% der Stimmen, in Kleve am 28.10.1951 5,7% der Stimmen sowie in Langenberg am 25.02.1951 5%.[75]

Unter den demokratischen Parteien regte sich Widerstand gegen die Ausbreitung der SRP in Nordrhein-Westfalen. Die Parteien arbeiteten dabei mit Gewerkschaften und Kirchen bei der Störung von SRP-Versammlungen eng zusammen.[76] Die staatliche Verwaltung unterstützte diese Maßnahmen durch Versammlungsauflösungen und Redeverbote sowie durch die Vorschrift, dass jede Partei, die bis dahin noch nicht in einer parlamentarischen Körperschaft vertreten war, vor ihrer Zulassung zur Wahl 200 Unterschriften für jeden Wahlkreis beibringen musste. So konnte sich die Agitation und Öffentlichkeitsarbeit der SRP, die für einen Wahlerfolg wichtig gewesen wären, nicht voll entfalten. Die SRP reagierte daraufhin mit juristischen Mitteln; sie zweifelte die Rechtsgültigkeit der Wahl an und erhob Einspruch, der jedoch erfolglos blieb.

Das Verbot der SRP wurde durch die Bundesregierung lange vorbereitet. Da das Bundesverfassungsgericht sich erst im Aufbau befand, musste es mit dem Verbotsantrag noch warten. Im September beschloss die Bundesregierung die Entfernung aller Mitglieder der SRP aus dem Öffentlichen Dienst.[77] Durch den Beschluss vom 04.05.1951 bezeichnete die Bundesregierung die SRP als verfassungsfeindliche Organisation. Aufgrund der Erfolge der SRP bei der niedersächsischen Landtagswahl und in Bremen stieg der Druck für ein Verbotsverfahren. Die antisemitische Rede Richters im Bundestag, die eines der stärksten Tabus der deutschen Nachkriegsgesellschaft berührte, gab den entscheidenden Anstoß zum Verbotsverfahren. Am 19.11.1951 stellte die Bundesregierung beim Bundesverfassungsgericht den Antrag, die SRP als verfassungsfeindliche Partei zu verbieten. Ende Januar wurde mit der Durchsuchung von Parteigeschäftsstellen und Privatwohnungen zur Sicherstellung belastender Materialien für den anstehenden Prozess begonnen. Im Verlaufe des Prozesses wurde der SRP im Juli 1952 jegliche öffentliche Werbung untersagt. Die Führung der SRP reagierte mit organisatorischen Planungen für den eventuellen Verbotsfall und löste ihre Partei am 12.09.1952 auf, um die Kontinuität der Arbeit ihrer Mitglieder nicht zu gefährden.[78]

Bei dem Verbot der SRP am 23.10.1952 bezog sich das Bundesverfassungsgericht auf Artikel 21 des Grundgesetzes, wonach Parteien oder Organisationen, „die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden“, als verfassungswidrig einzustufen sind. Das Gericht begründete das Verbot hauptsächlich mit der These, dass die Partei in ihren Programmen sich selbst als Nachfolgeorganisation der NSDAP bezeichne und eine Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus aufweise.[79] In der Begründung hieß es: „Dass die SRP sich selbst als Nachfolgeorganisation der NSDAP fühlt, zeigt sich in der personellen Zusammensetzung der Führungsschicht, die überwiegend aus ehemaligen Nationalisten besteht, in der Bemühung der Partei, frühere Nationalsozialisten als Parteimitglieder zu gewinnen – nicht obwohl, sondern weil sie Nationalsozialisten waren – und in der unverhohlenen Glorifizierung Hitlers. (…) Mag auch der SRP die Übereinstimmung mit den Zielen und Methoden der NSDAP nicht in allen Einzelheiten nachzuweisen sein, so gebietet doch der auch im Bereich des Politischen gültige Schluss von der Form auf den Inhalt die Folgerung: eine Partei, die einer eindeutig verfassungswidrigen politischen Bewegung der Vergangenheit in ihrer Vorstellungswelt und in allen wesentlichen Formen der Äußerung wesensverwandt ist, wird auch, sofern sie weiterwirken kann, die gleichen oder doch gleichartige Inhalte zu verwirklichen suchen.“[80]

Bei dem Verbot spielten aber nicht nur innenpolitische Gründe eine Rolle. Es ist anzunehmen, dass die Bundesregierung durch die Wahlerfolge der SRP ihre Verhandlungen über die Souveränität der Bundesrepublik und ihre Eingliederung in das westliche Verteidigungsbündnis belastet sah. Außerdem sollte das Verbot dem Ausland symbolhaft zeigen, dass die Bundesrepublik gewillt war, neonazistische Parteien nicht zu dulden. Ein weiterer Faktor war, dass eine starke Konkurrenz von Rechtsaußen den bürgerlichen Parteien auf Dauer auch Wähler streitig machen könnte. Dieser machtpolitische Aspekt darf unter keinen Umständen unterschätzt werden.

Der Vorsitzende Fritz Dorls plante nach dem Verbot durch das Bundesverfassungsgericht, die SRP im Untergrund weiterzuführen. Bei Hausdurchsuchungen von mehreren hundert ehemaligen Mitgliedern der SRP wurden Unterlagen über die Fortführung der Parteiarbeit in Nachfolge- und Tarnorganisationen gefunden. Am 05.11.1952 wurden in einem Erlass des Innenministers von Niedersachsen 61 verschiedene SRP-Tarnorganisationen bekannt gegeben.[81] Der Vorsitzende Dorls flüchtete vor der drohenden Verhaftung nach Ägypten. Als er 1955 wieder in die BRD zurückkehrte, wurde er verhaftet und 1957 zu 14 Monaten Gefängnis wegen Rädelsführerschaft in einer verfassungsfeindlichen Organisation verurteilt.

 

 

Resümierend lässt sich sagen, dass die Entscheidungsträger der höheren und mittleren Parteiebene in der SRP fast alle langjährige Mitglieder der NSDAP und anderer völkischer Organisationen waren. Das politische Programm der SRP basierte auf der Weltanschauung des Nationalsozialismus; der auf dem Rassismus beruhende deutsche Führungsanspruch in der Welt wurde weiter propagiert. Die SRP ging von der Konstruktion aus, dass das „Deutsche Reich“ nach der Kapitulation des NS-Regimes weiter bestehe. Aus dieser Fiktion wurde ein Widerstandsrecht gegen die Verfassung der BRD abgeleitet. Das „Deutsche Reich“ sollte auf der Basis einer „Volksgemeinschaft“ wiedererrichtet werden, die parlamentarische Demokratie dabei durch eine „Führungsdemokratie“ ersetzt werden. Die Aktivitäten des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen der SRP trafen auf den Widerstand der demokratischen Parteien, Kirchen und Gewerkschaften, so dass die SRP es nicht schaffte, sich zu einer Wahlalternative in Nordrhein-Westfalen zu entwickeln. Am 23.10.1952 wurde die SRP vom Bundesverfassungsgericht wegen ihrer Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus verboten.

 

6.4) Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten (BHE)

 

 

In der letzten Phase des 2. Weltkrieges machten sich im östlichen Mitteleuropa sowohl aus Überzeugung als auch aus Angst vor der Rache für die deutschen Verbrechen in Osteuropa Teile der deutschen Zivilbevölkerung auf den Weg Richtung Westen.[82] Gemäß den Ergebnissen des Potsdamer Abkommens wurde in den Jahren nach 1945 die verbliebene deutsche Bevölkerung vor allem aus Polen und der ehemaligen Tschechoslowakei ausgesiedelt. So trafen bis 1949 in der späteren Bundesrepublik ca. 7,6 Millionen „Heimatvertriebene“ ein, was in etwa 16% der Gesamtbevölkerung entsprach. Dies führte wegen der Armut und der hohen Arbeitslosigkeit in den Aufnahmeregionen zu großen sozialen Spannungen zwischen der autochthonen Bevölkerung und den „Heimatvertriebenen“. Die Alliierten befürchteten deshalb eine politische Radikalisierung und erließen ein Koalitionsverbot für die „Heimatvertriebenen“. Nach dem Beginn des „Kalten Krieges“ wurde dieses Koalitionsverbot unterlaufen und auf lokaler und regionaler Ebene gründeten sich die ersten Zusammenschlüsse der „Heimatvertriebenen“.[83]Die Ziele dieser Organisationen bewegten sich von Anfang an zwischen den Polen der Sozialpolitik und des Revanchismus. Einerseits engagierten sich diese Organisationen für eine materielle und politische Eingliederung der „Heimatvertriebenen“ sowohl an den lokalen Wohnsitzen als auch in die gesellschaftlichen Strukturen der BRD insgesamt. Andererseits wurde eine Rückkehr in die jeweiligen „Vertreibungsgebiete“ gefordert.

Die Initiative zur Gründung von Interessensorganisationen der „Heimatvertriebenen“ ging häufig von ehemaligen NS-Mitgliedern aus, die hier ein ausgezeichnetes Wiederbetätigungsfeld ausmachten. Bei den „Heimatvertriebenen“ war ein breiter antikommunistischer Grundkonsens vorherrschend, der Stereotyp vom „bolschewistischen Terror“ war weit verbreitet. Ein weiterer Anknüpfungspunkt war die vorherrschende Interpretation unter den „Heimatvertriebenen“, dass nicht der deutsche Angriffskrieg Schuld an ihrem Schicksal war, sondern die Politik des bolschewistischen Russlands, als dessen Opfer sie sich sahen. Das angeblich durch die „kommunistische Expansionspolitik“ verursachte gemeinsame Schicksal der verschiedenen Klassen und Schichten der „Heimatvertriebenen“ bereitete den sozialen Boden für die Entstehung eines volksgemeinschaftlichen Denkens.

In Nordrhein Westfalen gründeten der Aktivist Georg Goebel und der Organisator der Bombengeschädigten in Nordrhein-Westfalen, Paul Mertens, wenige Wochen vor der Bundestagswahl 1949 die Tatgemeinschaft freier Deutscher (TfD). Durch die Bildung von Aktionsausschüssen versuchte die TfD auch in Niedersachsen, Bremen und Westberlin Fuß zu fassen. Jedoch blieb diesem Vorläufer des BHE die Lizenzierung versagt.[84]

Auf maßgebliche Initiative von Waldemar Kraft, Alfred Gille und Hans-Adolf Asbach gründete sich am 08.01.1950 in Kiel der BHE. Diese drei Gründungsväter besaßen alle eine nationalsozialistische Vergangenheit. Waldemar Kraft war von 1940 bis 1945 Geschäftsführer der „Reichsgesellschaft für Landbewirtschaftung“. Seit 1943 war er NSDAP- Mitglied und bekleidete den Titel des „Ehren-Hauptsturmführers der Allgemeinen SS“. Alfred Gille wurde 1933 Mitglied der SA und 1937 NSDAP-Mitglied. Hans-Adolf Asbach war zwischen 1934-1935 SA-Mitglied und wurde 1934-39 zum Abteilungsleiter der Deutschen Arbeitsfront (DAF) befördert. 1957 wurde Asbach in Schleswig-Holstein zum Rücktritt von seinem Ministeramt in der Landesregierung gezwungen, da er für die Anwerbung vieler ehemaliger Nationalsozialisten bzw. ehemaliger SS-Mitglieder in seiner Behörde verantwortlich war.

Bei der Landtagswahl im Juli 1950 in Schleswig-Holstein erzielte der BHE unterstützt von anderen „Vertriebenenverbänden“ mit 23,4% der Stimmen einen großen Erfolg. In der Regierungskoalition stellte der BHE den stellvertretenden Ministerpräsidenten sowie zwei Minister. Ausgehend von Schleswig-Holstein breitete sich der BHE in der gesamten Bundesrepublik aus. Am 27./28.01.1951 gründete sich in Bonn der Bundesverband der BHE; Waldemar Kraft wurde zum Vorsitzenden gewählt. Mit dem 1. Bundesparteitag vom 13./14.09.1952 in Goslar war die Bildung einer Bundesorganisation auch formell abgeschlossen. Der BHE entwickelte sich zum Sprachrohr für die materiellen Interessen der „Heimatvertriebenen“, vor allem bei den Auseinandersetzungen um den so genannten Lastenausgleich, wo es um die Entschädigung deutscher Bevölkerungsgruppen ging, die aufgrund des 2.Weltkrieges Eigentumsverluste hinnehmen mussten. Der enorme Aufschwung des BHE hatte zur Folge, dass Teile des extrem rechten und revanchistischen Spektrums der Partei beitraten und dort versuchten, Einfluss zu gewinnen. Richard Stöss schrieb: „Keine andere Partei zählte vermutlich so viele ehemalige NS-Funktionäre zu ihren ‚Amtsträgern’ wie der BHE.“[85] Die New York Times notierte: „Wilhelm Schepmann, der letzte Führer von Hitlers Sturmtruppen wurde in einen Kreisausschuss in Niedersachsen durch den BHE gewählt. (…) Das politische Comeback der früheren Nazis ist kennzeichnend für den Charakter der kommenden Bundestagswahlen. Viele frühere Nazis, darunter Wilhelm Schepmann, bewerben sich um Ämter in der früheren Nazihochburg Niedersachsen. Ihr Erfolg lässt die Drohung einer politischen Rückkehr des Nationalsozialismus auferstehen.“[86]

Der Aufschwung des BHE setzte sich bei der Bundestagswahl 1953 fort, als die Partei 7% der Stimmen erhielt und mit 27 Mandaten in das Parlament einzog. Die BHE-Fraktion trat daraufhin der Regierungskoalition Adenauers bei und bekam zwei Ministerposten für Waldemar Kraft (Besondere Aufgaben) und für Theodor Oberländer (Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte). Auf dem 2. Bundesparteitag am 08./09.05. 1954 in Bielefeld kritisierten vor allem landsmannschaftlich gebundene Parteifunktionäre die Westintegrationspolitik der Bundesregierung als Festschreibung der Teilung Deutschlands.[87] Bundesminister Oberländer wurde Nachfolger des scheidenden Parteigründers Kraft. Theodor Oberländer (01.05.1905-04.05.1998) gilt als prominentes Beispiel für das Phänomen der personellen Kontinuität der Eliten im „Dritten Reich“ und der Bundesrepublik. 1923 nahm Oberländer am Hitler-Putsch in München teil, 1933 trat er in die NSDAP und in die SA ein, wo er den Rang eines Hauptsturmführers erhielt. Von 1934 bis 1937 war Oberländer „Reichsführer“ des völkischen „Bundes deutscher Osten“, der nach seiner Gründung im Jahre 1933 neben dem „Verein für das Deutschtum im Ausland“ (VDA) eine der tragenden Säulen der NS-Volkstumspolitik war.[88] Bis 1940 bekleidete Oberländer Professuren im ehemaligen Danzig, Greifswald und im ehemaligen Königsberg. Dort entwickelte er sich zu einem Propagandisten der „Bevölkerungspolitik“ des NS-Staates. 1940 war er „Ostexperte“ und Offizier der ukrainischen Wehrmachtseinheit „Nachtigall“, die bei ihrem Einmarsch im heutigen Lwiw Massenmorde mit bis zu 5.000 Opfern begingen.[89] Am 29.04.1960 wurde Oberländer deshalb in der DDR in Abwesenheit zu lebenslänglicher Haft verurteilt; dieses Urteil wurde 1993 in der BRD aufgehoben. 1943 bekam Oberländer eine Professur in Prag und erteilte Schulungen des NS-Führungsnachwuchses. Im postfaschistischen Deutschland wurde er zunächst 1948 FDP-Mitglied, bevor er 1950 zum BHE wechselte. 1953 wurde er in den Bundestag gewählt und im selben Jahre Bundesminister für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte. 1960 trat er nach Vorwürfen wegen seiner Tätigkeit während des Nationalsozialismus zurück.[90] Nachdem er 1954 zum Vorsitzenden des BHE gewählt wurde, trat er ein Jahr später aus der Partei aus und schloss sich der CDU an. 1994 wurde er am „Tag der Heimat“ in Berlin vom VDA-Verwaltungsratsmitglied Eberhard Diepgen wegen seiner „Verdienste um den deutschen Osten“ geehrt.

Im Jahre 1955 trat eine Parlamentarier-Gruppe um eben die Funktionäre Kraft und Oberländer (K.-O.-Gruppe) in spektakulärer Weise aus dem BHE aus. Hintergrund dieser Entscheidung waren schwerwiegende Differenzen innerhalb der Partei anlässlich der Frage einer „Europäisierung“ der Saar. In diesem Machtkampf setzte sich die nationalistische Fraktion um Frank Seiboth und Linus Kather durch, was dazu führte, dass der BHE im Bundestag den Gang in die Opposition antrat. Frank Seiboth war 1939 „Gauleiter“ für Schulung und Leiter des NS-Schulungslagers im ehemaligen „Sudetengebiet“. Linus Kather war für seine extrem rechte Einstellung bekannt. Nach dem Ausscheiden aus dem BHE kandidierte er 1969 anlässlich der Bundestagswahl für die NPD.

Mit Seiboth und Kather an der Spitze veränderte sich die Stellung des BHE innerhalb des westdeutschen Parteiensystems. Der spätestens seit 1952 dem Bürgerblock zugehörige BHE rückte an den rechten Rand des Parteiensystems. Es war offensichtlich, dass das einsetzende westdeutsche „Wirtschaftswunder“ für eine zunehmende ökonomische Integration der „Heimatvertriebenen“ in die bundesrepublikanische Gesellschaft sorgte. Mit dieser Entwicklung ging dem BHE jedoch das bis dahin prägende Politikfeld der Sozialpolitik verloren. Dies führte zu einer Neubestimmung der politischen Inhalte des BHE. Die im Jahre 1955 einsetzende stärkere Betonung der Forderung der Vertriebenen nach „Heimatrecht im Osten“ bedeutete eine extrem rechte Orientierung des BHE. Die antidemokratischen Kräfte innerhalb der Partei bekamen Auftrieb, und es häuften sich die Fälle von Zusammenarbeit mit anderen extrem rechten Gruppierungen. Führende BHE-Vertreter waren zudem Mitglied des elitären, völkischen Witikobundes, der sich weitgehend aus ehemaligen Nationalsozialisten aus dem früheren Sudetenland zusammensetzte.[91]

Das Abgleiten des BHE in ein extrem rechtes Fahrwasser ab Mitte der 1950er Jahre lässt sich auch auf dem Bundesparteitag vom 25.-27.04.1957 in Düsseldorf beobachten, wo Leitsätze beschlossen wurden, die die Forderung nach der Wiederherstellung eines „völkischen deutschen Reiches von der Saar bis an die Memel“ einschließlich des Sudetenlandes enthielten: „Das Bekenntnis zur Freiheit der Nation bedeutet ein klares Eintreten für ihren Schutz gegen äußere Bedrohung. (…) Daher kann das Verhältnis zwischen Volk und Wehr auch nicht auf gegenseitigem Misstrauen aufgebaut werden, sondern nur auf dem Willen, die Freiheit gemeinsam zu schützen – und gemeinsam zu überleben. (…) In der gesellschaftlichen Struktur eines Volkes nimmt das Bauerntum als Wahrer des volklichen Brauchtums und der nationalen Eigenart einen besonderen Platz ein. (…) Das Ziel der deutschen Außenpolitik muß die Herstellung Gesamtdeutschlands in den ihm rechtens zustehenden Grenzen sein. Der erste Schritt dazu ist die Wiedervereinigung der sowjetischen Besatzungszone mit der Bundesrepublik. Ihm wird folgen die Beendigung fremder und völkerrechtswidriger Herrschaft über die Ostgebiete des Deutschen Reiches und die Einbeziehung dieser Gebiete in Gesamtdeutschland mit friedlichen Mitteln.(…) Die Treuhänderschaft der Bundesrepublik für die Ostgebiete des Deutschen Reiches umfasst den völkerrechtlich einbandfreien Besitzstand im Zeitpunkt des Zusammenbruchs des Jahres 1945. Nach Auffassung des Gesamtdeutschen Blocks/BHE gehören zu diesem Besitzstand ebenso das Sudetenland wie auch das Memelgebiet. (…) Stetes Ziel der deutschen Außenpolitik muß die Herstellung der vollen Souveränität und Handlungsfreiheit eines wiedervereinigten Deutschen Reiches in den ihm zustehenden Grenzen sein.“[92]

Es wurde herausgestellt, dass „allen Verzichtspolitikern“ der „entschlossene Kampf des Blocks“ gelte. Anschließend wurde die Auffassung über den Zweck der westdeutschen Partnerschaft in der NATO genannt: „Wir fordern darüber hinaus von der deutschen Bundesregierung, endlich an unsere westlichen Verbündeten das dringende Verlangen zu richten, die Rechtsansprüche auf die Ostgebiete des Deutschen Reiches anzuerkennen. Eine solche Anerkennung ist die unausweichliche Folge der Bindungen und Verpflichtungen, die durch den Abschluss der Pariser Verträge und die Aufnahme der Bundesrepublik in die NATO sich ergeben.“[93]

Das Gesetz nach Artikel 131 des Grundgesetzes aus dem Jahre 1951, das die Wiedereingliederung von Beamten, die 1945 von den Alliierten aus politischen Gründen entlassen worden waren, und von ehemaligen Berufssoldaten in den Öffentlichen Dienst regelte, sollte nach der Auffassung des BHE reformiert und abgeschlossen werden. Die Beseitigung angeblich diffamierender Bestimmungen über die Angehörigen der ehemaligen Waffen-SS und ähnlicher Personengruppen sollte dabei im Mittelpunkt stehen.

Seit dem Parteitag in Düsseldorf wurden die Leitworte „national“ und „sozial“ herausgestellt, wobei man sich deklamatorisch von nationalistisch und sozialistisch abgrenzen wollte, um dem wachsenden Vorwurf in der Öffentlichkeit gegen die Parallelität mit der NSDAP zu begegnen.

Mit diesen neuen Schwerpunkten verfehlte der BHE 1957 mit nur noch 4,6% der Stimmen den Wiedereinzug in den Bundestag. Der Wahlsieg der Unionsparteien 1957 schürte die Angst vor einem Zweiparteiensystem und steigerte bei den kleineren bürgerlichen Parteien die Bereitschaft, eine „Dritte Kraft“ zu bilden. Nach der Bundestagswahl kam es in Niedersachsen zu einem Modellfall: Ende September 1957 bildeten die Abgeordneten des BHE und der FDP eine Fraktionsgemeinschaft, der sich Anfang November auch die sechs Abgeordneten der extrem rechten Deutschen Reichspartei anschlossen. Dieses Bündnis wurde vom Bundesausschuss des BHE ausdrücklich gebilligt. Im Juni 1958 wurde diese Allianz jedoch wieder aufgelöst, was dazu führte, dass zwei BHE-Mitglieder des Landtags in Niedersachsen die Fraktion verließen.[94] Die zunehmenden Misserfolge des BHE führten zu Mitgliederschwund und immer geringer werdendem Einfluss auf die Bundespolitik. Als Reaktion darauf fusionierte die BHE-Führung vor der Bundestagswahl 1961 mit der ebenfalls erfolglosen Deutschen Partei (DP). Am 15.04.1961 wurde die Gesamtdeutsche Partei (GDP) gebildet, die ihr Ziel, die Fünfprozentklausel zu überwinden, aber nicht erreichte. Bei den Bundestagswahlen 1961 bekam sie nur 2,8% der Stimmen. Der größte Teil der ehemaligen BHE- bzw. DP-Wähler hatte sich der CDU sowie der FDP zugewandt.[95]

Das Programm der BHE strebte eine Restituierung des „Deutschen Reiches“ an: „Der BHE strebte die Wiederherstellung des Deutschen Reiches mit Preußen als Kern und Ordnungszelle an. Das Reichsdenken im BHE war primär völkisch fundiert und in letzter Konsequenz ‚großdeutsch’.“[96] Der BHE wandte sich auch gegen die Entnazifizierungspolitik der Alliierten: „Schluß mit der Nazi-Riecherei-Schluß mit der Diffamierung-Schluß mit der kalten Entnazifizierung!“[97]

Die innerparteiliche Struktur des BHE wurde von einer Oligarchisierung und einer mangelnden innerparteilichen Demokratie geprägt. In den Jahren seines Bestehens bildete sich eine innere Führungsgruppe von zehn Personen heraus, die die Arbeit des BHE in Bundesangelegenheiten zum großen Teil bestimmten.[98]

Als Publikationsorgan gab es den „Gesamtdeutscher Block/BHE Nachrichtendienst der Partei“ aus Bonn, der von 1953 bis 1956 bestand. Im Oktober 1956 wurde die „Deutsche Einheit“ als zentrales Organ geschaffen. Weiterhin existierte in Nordrhein-Westfalen „Die Sicht“ aus Bonn von März 1954 - März 1961.

Nach der Gründung des BHE in Kiel am 08.01.1950 entstanden bald erste Gruppierungen in Köln, Schwerte und Detmold. Die Forderungen nach sozialem Ausgleich, Entschädigung sowie nach einer „konsequenteren Ostpolitik“ für die „Wiedergewinnung der Heimat“ waren der Hauptinhalt der Agitation dieser Gruppierungen. Bis zur offiziellen Gründung des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen im September 1951 war der BHE in sechs Bezirken und 50 Kreisen organisiert.[99] Zum ersten Landesvorsitzenden des BHE in Nordrhein-Westfalen wurde Ernst Turmann aus Detmold gewählt, 2. Vorsitzender wurde Karl Manke aus Köln. Erwin Frank aus Köln wurde zum Landesgeschäftsführer ernannt. Die Geschäftsstelle des BHE in Nordrhein-Westfalen wurde in Köln angesiedelt.

Bei der Bundestagswahl 1953 erhielt der BHE in Nordrhein-Westfalen insgesamt 2,7% der Stimmen. In vielen Wahlkreisen in Nordrhein-Westfalen wurde dieses Ergebnis zum Teil deutlich übertroffen. Im Wahlkreis Rhein-Wupper-Kreis bekam der BHE mit 4,9% der Stimmen sein bestes Ergebnis. Im Siegkreis und in Grevenbroich erreichte der BHE 4,3% der Stimmen. Im Rheinisch-Bergischen Kreis (3,9%), im Oberbergischen Kreis (3,8%), in Düsseldorf-Mettmann (3,7%), im Landkreis Bonn (3,5%), in Neuss (3,5%), in Kempen-Krefeld (3,5%) und in Remscheid (3,2%) blieb der BHE über der 3%-Marke.

Am 09.09.1953, also drei Tage nach der Bundestagswahl, forderte der BHE in Königswinter das revanchistische „Recht auf Heimat“ und fabulierte von der Wiederherstellung des „Deutschen Reiches“: „Nach Presseberichten soll der Bundeskanzler Adenauer in einem Interview geäußert haben, daß die deutschen Ostgebiete möglicherweise als deutsch-polnisches Kondominium verwaltet oder den Vereinten Nationen unterstellt werden könnten: „(…) Der Gesamtdeutsche Block /BHE wird sich allen Plänen entschieden widersetzen, die das Recht auf die Heimat und eine jahrhundertelange Entwicklung außer Acht lassen. Bei Friedensverhandlungen wird davon auszugehen sein, daß nach dem geltenden Völkerrecht Deutschland in seinen bisherigen Grenzen fortbesteht.“[100]

Seit der Gründung 1951 entwickelte der Landesverband NRW neue Strukturen. Nordrhein- Westfalen wurde in sechs Regierungsbezirke aufgeteilt (Aachen, Arnsberg, Detmold, Düsseldorf, Köln, Münster) Die jeweiligen Vertreter in den Regierungsbezirken waren Anton Hennig für Aachen, P.T. Clemens und Ewald Göttling für Arnsberg, Ernst Turmann, Siegesmund Beyer und Dr. Pieper für Detmold, Gerhard Zoerner, Wilhelm Kötter und H. Claasen für Düsseldorf, E. Manke, Fritz Beier und Dr. Frank für Köln sowie W. Matschky, H. Stacklies und K. Nöding für Münster.

Im Vorfeld der Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen 1954 fand am 08./09. Mai der zweite Bundesparteitag des BHE in Bielefeld statt.

Das Programm des BHE für den Landeswahlkampf enthielt völkische und etatistische Elemente: „Der Gesamtdeutsche Block erstrebt die Sammlung aller Deutschen. (…) Um den Fortbestand des deutschen Volkes in seinem Heimat- und Lebensraum zu sichern, müssen die geistigen, sittlichen und wirtschaftlichen Kräfte aller Volkskreise geweckt und gefördert werden.“[101] Der BHE forderte eine „Wiederherstellung des geeinten deutschen Reiches als Kernpunkt der deutschen Außenpolitik“. In der Innenpolitik lehnte der BHE einen „übersteigerten Förderalismus“ ab und trat für die Stärkung der deutschen Zentralgewalt ein, „ohne landschaftlich und landsmannschaftlich bedingte Aufgaben beeinträchtigen zu wollen.“ Die Partei plädierte „für einen endgültigen Schluss mit der kalten Entnazifizierung und Wiederherstellung der genommenen Rechte.“ sowie die „sofortige Aussetzung aller noch schwebenden und Überprüfung aller abgeschlossenen Kriegsverbrecherprozesse unter Haftentlassung der Beschuldigten und Verurteilten“, was als Klientelpolitik gewertet werden kann. In der Kulturpolitik sprach sich der BHE „für staatliche Pflege des Kulturgutes aller Deutschen auch der mittel- und ostdeutschen Stämme“ und „einen geistigen Austausch mit anderen Ländern auf der Grundlage der Gegenseitigkeit und den Schutz der deutschen Kultur vor Überfremdung.“ aus.

In einem Brief von Theodor Oberländer vom 17.06.1954, der angeblich an alle Haushalte in Nordrhein-Westfalen verschickt werden sollte, wurde der BHE als „echte, nichtmarxistische Sozialpartei“ bezeichnet, der „mit christlichem Geist“ für „die sozialen Anliegen aller Volksteile kämpft.“ Der BHE wende sich gegen „übertriebenen Förderalismus, den die Mehrheit des deutschen Volkes ablehnt.“ Hier wurden auch die Kandidaten der Landesliste vorgestellt: „Unsere Landesliste wird angeführt von dem in NRW bekannten und bewährten Leiter des Gesamtdeutschen Blocks/BHE Helmut Petersen aus Düsseldorf, der als Wirtschafts- und Verwaltungsjurist heute als Vorsitzender des Kriegsopfer- und Heimkehrerauschusses im Bundestag die Sorgen und Nöte dieser so besonders bedrängten Menschengruppe verantwortlich vertritt. An zweiter Stelle folgt Bernhard Geissler, Oberregierungsrat in Münster, Landesvorsitzender des Bundes der vertriebenen Deutschen (…) An dritter Stelle Prof. Dr. Heinrich Neu aus Bonn, Landesvorsitzender des Zentralverbandes der Fliegergeschädigten (…), weiterhin die Kriegerwitwe Marianne Immisch aus Wülfrath, die als berufstätige Frau und Mutter (…), der Elektriker und Arbeiter Walter Klein aus Moers, die Landwirte Franz Weiß aus Lippstadt und Wolfgang Ziernberg aus Honnef.“[102]

Bei der Landtagswahl blieb der BHE schließlich mit 4,6% der gültigen Stimmen nur relativ knapp unter der 5% Grenze.[103] Dieses Ergebnis wertete der Landesverband angesichts des noch jungen Bestehens der Partei als Erfolg.

Als es auf der Landesausschlusssitzung des BHE in Düsseldorf im August 1955 zu innerparteilichen Auseinandersetzungen kam, wechselten drei von acht bisherigen Bezirksvorsitzenden sowie einige Kreisvorsitzende zur FDP. Ernst Turmann, Gründer und langjähriger Vorsitzender in Nordrhein-Westfalen, trat ebenfalls zur FDP über.[104]

Die Mitgliederzahl im Landesverband NRW stieg von 1953 von 10.500 Personen auf 17.000 im Jahre 1956 an. Danach sank die Mitgliederzahl kontinuierlich; im Jahre 1957 waren es noch 10.600 Mitglieder, im Jahre 1960 nur noch 8.000.[105]

 

 

Festzuhalten bleibt, dass sich der BHE für eine materielle und soziale Eingliederung der „Heimatvertriebenen“ sowohl an den lokalen Wohnsitzen als auch in die gesellschaftlichen Strukturen der BRD engagierte. Außerdem wurde in revisionistischer Weise eine Rückkehr in die jeweiligen „Vertreibungsgebiete“ gefordert. Der Einfluss ehemaliger Nationalsozialisten im BHE war unübersehbar, zahlreiche Schlüsselpositionen wurden von ihnen besetzt. Seit dem Jahre 1955 entwickelte sich der BHE mit der Forderung nach „Heimatrecht im Osten“ immer mehr zu einer Partei mit rechtsextremen Tendenzen. Die antidemokratischen Kräfte innerhalb der Partei bestimmten den Kurs der Partei, es häuften sich die Fälle der Zusammenarbeit mit anderen extrem rechten Gruppierungen. Das Programm der BHE strebte eine Revitalisierung des „Deutschen Reiches“ an und wandte sich auch gegen die Entnazifizierungspolitik der Alliierten. Bei der nordrhein-westfälischen Landtagswahl 1954 scheiterte der BHE mit 4,6% der gültigen Stimmen nur relativ knapp an der 5% Hürde. Dieses Ergebnis war angesichts noch mangelnder Verankerung in Nordrhein-Westfalen ein Achtungserfolg.

 

 

6.5) Deutsche Reichspartei (DRP)

 

 

Die Deutsche Reichspartei ging am 21./22.01.1950 in Kassel aus einer Vereinigung der niedersächsischen Deutschen Rechtspartei, einem Landesverband der Deutschen Konservativen Partei – Deutsche Rechtspartei (DKP-DRP) mit der hessischen Nationaldemokratischen Partei (NDP) hervor.[106] Ihre organisatorischen Schwerpunkte hatte die DRP in Niedersachsen. Der Kern der Anhängerschaft der DRP war das protestantische Kleinbürgertum in den ländlich-agrarischen Gebieten Norddeutschlands. Die wichtigsten Gründungsmitglieder waren Alexander Andrae, Oskar Lutz, Hans-Bernhard von Grünberg, Wilhelm Meinberg, Otto Hess, Hans Schikora, Heinrich Kunstmann und Adolf von Thadden. Diese Personen waren zu einem großen Teil bereits vor 1933 Mitglieder der NSDAP gewesen. Die DRP verstand sich als Sammlungsbewegung für ehemalige NSDAP-Mitglieder und Interessenvertretung ehemaliger Angehöriger der Wehrmacht. Ferner gehörten der DRP auch Teile des konservativen niedersächsischen Bauerntums sowie kleine Gewerbetreibende an. Die parteipolitischen Wurzeln reichen in die NSDAP und in das ehemalige deutschnationale Lager hinein. Seit ihrer Gründung war die DRP bemüht, die verschiedensten rechten Splittergruppen nach dem Vorbild der „Harzburger Front“ in der Weimarer Republik unter ihre Führung zu bringen, ihren politischen Einfluss zu verbreitern und die Chancen für das Überspringen der Fünf-Prozent-Klausel bei Landtags- und Bundestagswahlen zu erhöhen. Fusionen und Wahlverabredungen rechter Splittergruppen mit der DRP scheiterten jedoch am Cliqueninteresse der einzelnen Gruppen. Das Profil dieser Partei wurde weitgehend geprägt durch Adolf von Thadden, in der Anfangszeit durch den ehemaligen Staatssekretär im „Propagandaministerium“ Werner Naumann und Wilhelm Meinberg. Meinberg war von 1953 bis 1960 Vorsitzender der DRP, entstammte dem konservativen niedersächsischen Großbauerntum und hatte im 2. Weltkrieg den Rang eines „SS-Gruppenführers“ inne. Zu den Ideologen der DRP zählten ferner der ehemalige „SS-Sturmbannführer“ Erich Kernmayr, der NS-Jurist Friedrich Grimm, der nationalsozialistische Schriftsteller Hans Grimm, der ehemalige Luftwaffenoberst Hans Ulrich Rudel und der Besitzer des Plesse-Verlages, der ehemalige „Hauptsturmführer der Waffen-SS“ Waldemar Schütz.

Bis 1953 war die DRP mit fünf Abgeordneten im Bundestag vertreten: Heinz Frommhold, Herwart Miessner, Franz Richter alias Fritz Rößler und Adolf von Thadden waren in Niedersachsen für die DKP/DRP gewählt worden. Sie schlossen sich am 15.09.1949 mit Heinrich Leuchtgens, dem Vorsitzenden der NDP, der auf der hessischen FDP-Liste in den Bundestag gelangt war, im Vorfeld der DRP-Gründung zur Gruppe „Nationale Rechte“ im Bundestag zusammen. Am 01.02.1950 änderte die Gruppe ihren Namen in „Deutsche Reichspartei“.[107]

Die in der Gründungszeit gehaltenen Reden führender DRP-Mitglieder zeichneten sich durch ihre nationalsozialistische Terminologie aus. Anfang April 1950 scheiterten Fusionsverhandlungen mit der SRP. Nach Darstellung von Thaddens hätte sich die Mehrzahl der DRP-Mitglieder gegen eine Vereinigung mit der SRP ausgesprochen. In den folgenden Wochen traten zahlreiche DRP-Mitglieder, unter anderem auch der gesamte DRP-Vorstand von Wilhelmshaven, zur SRP über, da ihnen der politische Kurs der DRP zu gemäßigt schien.

Anfang Oktober 1950 trat der DRP-Bundestagsabgeordnete Miessner zur FDP über. Weitere Abwanderungen zur FDP folgten. Der nach seinem Ausschluss aus der DP in die DRP aufgenommene Wolfgang Hedler wurde im September 1951 wieder ausgeschlossen.

Ein im Juli 1952 von dem DRP-Vorsitzenden von Hessen angekündigter Zusammenschluss mit der DP kam nicht zustande. Am 09.02.1953 wurden die bisherigen Vorsitzenden Scheffer und von Thadden wiedergewählt. Ende Mai 1953 schloss sich der „Reichsblock“, die Dachorganisation von vierzehn neofaschistischen Organisationen, der DRP an. Das Schwergewicht der DRP-Arbeit lag im nord- und nordwestdeutschen Raum. Zur Bundestagswahl stellte die DRP folgende Kandidaten auf: Werner Naumann, Hans-Ulrich Rudel, Hans Grimm, Alexander Andrae, Adolf von Thadden, Wilhelm Meinberg sowie Hans-Heinrich Scheffer.

Nach dem Verbot durch das Bundesverfassungsgericht wandten sich viele ehemalige SRP-Mitglieder der DRP zu, die nach 1952 zur stärksten Partei innerhalb des extrem rechten Spektrums in der BRD wurde.[108]Die Zusammensetzung des Funktionärskorps der DRP zeigte, dass die Tätigkeit der Partei vornehmlich von ehemaligen NSDAP- und SRP- Funktionären getragen wurde. Nach einer statistischen Erhebung des Bundesamtes für Verfassungsschutz befanden sich in der Parteileitung 12,5% ältere NSDAP-Mitglieder und 62,5% jüngere NSDAP-Mitglieder sowie 12,5% ehemalige Funktionäre der SRP. Im Parteivorstand betrug der Anteil der älteren NSDAP-Mitglieder 36%, der jüngeren NSDAP-Mitglieder ebenfalls 36% und der ehemaliger SRP-Funktionäre 20%.

Bei der Bundestagswahl 1953 setzte die DRP vor allem auf die Mitwirkung von Wahlrednern wie z.B. den nationalsozialistischen Schriftsteller Hans Grimm, den Fliegeroffizier Hans-Ulrich Rudel und Werner Naumann, den kurz zuvor aus der FDP ausgeschlossenen ehemaligen Staatssekretär von Josef Goebbels.[109] Die Bundesregierung fasste am 01.09.1953 den Beschluss, beim Bundesverfassungsgericht einen Antrag auf Verbot der DRP wegen Verfassungswidrigkeit einzureichen. Tatsächlich aber setzte die Bundesregierung diese Ankündigung nie in die Tat um, so dass von einer reinen Wahlkampftaktik gesprochen werden kann.[110] Das Ergebnis der Bundestagswahl 1953 mit 1,1% der Stimmen war für die DRP enttäuschend. Die Bundestagswahl machte deutlich, dass es auf längere Sicht kaum Chancen für eine extrem rechte Partei in der Bundesrepublik geben sollte.[111] Der Bürgerblock um Adenauer, der mit nationalistischen Positionen den extrem rechten Parteien potentielle Wähler absorbierte, hatte sich so ausgeformt, dass er fast das gesamte rechte Spektrum umfasste. Für einzelne Interessengruppen, wie etwa die „Heimatvertriebenen“, gab es eigene Parteien, die die parlamentarische Präsenz sicherten. Die „Entnazifizieungsgeschädigten“, auf die sich die rechten Parteien gestützt hatten, waren weitgehend integriert und sahen in der Adenauerschen Politik eine wirkungsvollere Vertretung ihrer Ansprüche. Der einsetzende wirtschaftliche Aufschwung ließ die Arbeitslosenzahlen sinken und stärkte das Vertrauen in die parlamentarische Demokratie.

Der Misserfolg bei dieser Wahl führte zur programmatischen Umorientierung der DRP, die nun nach neuen Antworten auf die im Zentrum ihrer Politik stehende nationale Frage suchte.[112] In ihrem Kernprogrammpunkt, der „nationalen Frage“, verfolgte sie nun einen national-neutralistischen Kurs mit dem Ziel der bewaffneten Unabhängigkeit Deutschlands in einem neutralen Staatengürtel zwischen Ost und West: „(…) die Sicherheit Europas ist nur gegeben bei einem unabhängigen Deutschland, dessen Status von beiden Seiten (der Sowjetunion und den USA, M.L.) garantiert wird und dessen Raum durch eine nationale, deutsche Armee geschützt wird.“[113]

Im gesamten Zeitraum zwischen 1953 und 1957 konzentrierten sich die programmatische Diskussion und die öffentliche Propaganda der DRP auf die „nationale Frage“. Doch auch dieser national-neutralistische Kurs scheiterte, bei den Bundestagswahlen 1957 errang die DRP lediglich 0,7% der Stimmen. Nun folgte der Versuch der Revitalisierung des westintegrativen Kurses der Gründungszeit, um die Kooperationsmöglichkeiten mit den prowestlichen und nationalistischen Anhängern der DP und des BHE zu verbessern. Das Ziel der Annäherung an die kleinen rechten Parteien bestand darin, eine „Dritte Kraft“ im Parteiensystem der BRD neben den Unionsparteien und der Sozialdemokratie herzustellen. Diese Änderung konnte sich jedoch bei den meisten Mitgliedern nicht durchsetzen, die weiterhin auf eine national-neutralistische DRP-Außenpolitik setzten.

Die erneute Niederlage der DRP bei der Bundestagswahl 1961, wo nur 0,5% erreicht wurden, führte dazu, dass die Parteiführung erneut um eine Vereinigung mit den 1961 gescheiterten Resten der DP und des GB/BHE zu einer nationalen Partei warb. Dies wurde auf dem Northeimer Parteitag Ende 1961 gegen den Widerstand der national-neutralistischen Fraktion beschlossen. Daraufhin erklärten die Neutralisten ihren Austritt. Am 04.12.1961 setzten sie den Gründungsausschuss für eine „Nationale Kampfgemeinschaft“ ein, der sich am 16./17.12.1961 in Dortmund traf.[114] Dort wurde Heinrich Kunstmann zum Vorsitzenden gewählt. Diese „Nationale Kampfgemeinschaft“ löste sich jedoch wenig später wieder auf. Aufgrund des Austritts der national-neutralistischen Gruppe gab es 1962 gravierende Mitgliederverluste in Nordrhein-Westfalen.

Somit wurde innerparteilich ein prowestlicher Kurs durchgesetzt, der sich an de Gaulles Vorstellungen von einem „Europa der Vaterländer“ orientierte.[115] Dies wurde mit der Erhaltung der politischen Selbständigkeit der BRD bei wirtschaftlicher und militärischer Kooperation der europäischen Staaten begründet. Außerdem sah die DRP die Möglichkeit, über die durch die französische Atomaufrüstung abgesicherte Blockfreiheit die Einigung Europas und damit auch ein wiedervereinigtes Deutschland zu erreichen.[116]

Auf dem bayerischen Landesparteitag am 28.04.1963 hatte der DRP-Vorsitzende Adolf von Thadden zu erkennen gegeben, dass er sich auf die Suche nach Bündnispartnern machen werde.[117] Nur in der Koalition mit anderen rechten Splittergruppen sah von Thadden die Chance, die neue politische Situation am Ende der Adenauer-Ära nutzen zu können. Bei den Bremer Bürgerschaftswahlen im Oktober 1963 trat die DRP schon zusammen mit der DP und der GDP an. Das Bündnis war erfolgreich und erreichte 5,2% der Stimmen bzw. vier Mandate. Daraufhin beschloss der 13. Parteitag der DRP im Juni 1964 einen „Aufruf zur Sammlung des nationalen Lagers“, dem schließlich über 70 Splitterorganisationen folgten. Am 28.11.1964 wurde in Hannover die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) gegründet, die deutlich unter dem Einfluss der DRP stand. Zum Vorsitzenden wurde zwar mit Fritz Thielen ein Vertreter der DP gewählt, aber in dem 18 Personen umfassenden Führungsgremium saßen acht DRP-Funktionäre, die fast den gesamten Parteiapparat kontrollierten. Die DRP selbst blieb erstmal bestehen und löste sich erst am 04.12.1965 auf.

Die theoretischen Grundlagen der DRP bestanden aus autoritären ständestaatlichen Ordnungsvorstellungen im Innern und Sekundärtugenden wie Pflicht und Ordnung. Die DRP nahm eine ablehnende Stellung gegen den Parteienpluralismus ein, hielt einen völkisch-nationalistischen Reichsmythos hoch und lehnte die Adenauersche Westintegrationspolitik ab, da diese Politik die „Wiedervereinigung“ ausschließen würde.[118].

Indem die DRP in Reden und Pamphleten die gegenwärtige Machtlosigkeit mit einer strahlenden Zukunftshoffnung verband, versuchte sie, das nach dem verlorenen 2.Weltkrieg zurückgegangene „nationale Selbstbewusstsein“ zu stützen. Auf einer DRP-Veranstaltung vom 07.09.1955 hieß es: „Wir wenden uns an das schweigende Deutschland. Wir werden eines Tages wieder im Herzen Europas das Deutsche Reich sehen. Wenn sich 70 Millionen geschlossen erheben, kann keine Feindmacht etwas machen. Wir haben den Glauben gesetzt, daß das Reich wieder entstehen wird nach der Hörigkeit.“[119]

Nicht nur in ihren programmatischen Erklärungen, sondern auch in ihren öffentlichen Veranstaltungen zeigte sich die DRP als eine Nachfolgerin der NSDAP. So sagte Meinberg am 15.03.1954 auf einer Versammlung in Siegen: „(…) daß die DRP aus einem Häuflein der übriggebliebenen Aufrechten hervorgegangen sei.“[120] Der DRP-Redner Diekelmann bemerkte auf einer Veranstaltung am 14.10.1953 in Wuppertal: „(…) auf die Bezeichnung Neofaschisten seien die Mitglieder der DRP stolz.“[121]

Analog zu Hitler, der die demokratischen Parteien als „Systemparteien“ bezeichnete, sprach die DRP von „Lizenzparteien“. Mit dieser Bezeichnung sollte suggeriert werden, dass die demokratischen Parteien nicht aus einer freien Entscheidung der Bevölkerung hervorgegangen, sondern von Besatzungsmächten ins Leben gerufen und deshalb nicht demokratisch legitimiert seien. Der DRP-Redner Panne bezeichnete am 26.11.1954 beispielsweise die Bundesregierung als „bürgerliche Lizenzpolitiker“[122]. Der DRP-Funktionär Wolf sagte am 16.07.1955 in Köln: „Die Besatzungsmächte hatten nach 1945 die Gründung von Lizenzparteien ermöglicht, die bereits vor 1933 gescheitert sind. Das ist aber bewußt geschehen, um die nationalen Kräfte nicht zum Zuge kommen zu lassen. Diese Lizenzparteien sind aber damals schon gescheitert, und die NSDAP ist nur deshalb so stark geworden, weil der nationalsozialistische Gedanke der echte deutsche Gedanke gewesen ist.“ [123]

Der DRP-Funktionär Krüger pries auf einer Rede am 31.07.1956 in Solingen Adolf Hitler in den höchsten Tönen: „Genies werden einer Nation nicht alle Jahre geschenkt und ein Mann wie Adolf Hitler werde Deutschland in 200 Jahren vielleicht nur einmal bekommen.“[124] Krüger bemerkte außerdem am 19.05.1956 in Dortmund: „Dass Hitler ein wahrhafter Deutscher gewesen ist, braucht die DRP nicht zu beweisen. Das wird die Geschichte zeigen.“[125] Am 04. und 05.09.1956 in Unna und Kamen sagte Krüger: „Hitler und der Nationalsozialismus sind tot, die Grundsätze aber leben. Mit ihnen muß sich die Geschichte noch auseinandersetzen.“[126]

Auf einer Versammlung am 23.08.1953 in Bielefeld wurde das DRP-Mitglied Rudel mit dem Ruf „Deutschland erwache“ begrüßt und verabschiedet mit „Unserem tapferen Oberst Rudel, ein dreifaches Sieg Heil“. Zu der Verwendung von Hakenkreuzen äußerte sich am 22.08.1956 der DRP-Redner Scheffer in Bielefeld: „Wenn sich die Regierung an den Hakenkreuzen auf den Kriegsauszeichnungen stört, muß sie sich schon sehr unsicher fühlen. Wenn Orden getragen würden, müssen sie auch unverfälscht sein.“[127]

In ihrem Kampf gegen die demokratische Ordnung der BRD begriff sich die DRP als Nachfolgeorganisation der NSDAP. Der DRP-Redner Kunstmann argumentierte: „Das Reich ist zusammengebrochen. Der NSDAP ist es nicht gelungen, das Reich vor seinen Feinden im Inneren und draußen zu bewahren. (…) Der Auftrag zum Reich ist geblieben. Er ist sogar zwingender und größer geworden als je zuvor. Hier und nirgendwo anders liegt die Trennungslinie zwischen Bonn und den Reichstreuen. (…) Diejenigen Deutschen, für welche die NSDAP damals zeitbedingtes Instrument im Kampf für die Behauptung von Volk und Reich war, wissen sich unter dieser Verpflichtung zum Reich bis an ihr Lebensende. Sie sind auch heute zum Kampf gerufen, wie die inzwischen heranwachsenden Deutschen gleichen Charakters, welche die NSDAP nie kannten. Die NSDAP als politische Organisation ist tot. (…) Je härter und deutlicher dies gesagt und erkannt wird, um so heilsamer. Um so mehr wird das Feld frei zum Aufbruch der Reichstreuen. Diese sind fürwahr mit uns im Aufbruch.“[128]

Der Landesvorsitzende in Nordrhein-Westfalen, Grünberg, äußerte am 18.07.1963 in Arnsberg: „Man müsse das Gedankengut der NSDAP auf die Verhältnisse der heutigen Zeit umdenken. Wer das getan habe, könne nicht anders als die DRP wählen.“[129] Der DRP-Funktionär Leonard Schlüter bezeichnete den Nationalsozialismus als die „seit Jahrhunderten gesündeste Bewegung in Deutschland.“[130]

Die DRP wollte -ihrem Namen entsprechend- die Wiederbelebung des „Deutschen Reiches“ in den Grenzen von 1937 erreichen. Ein „wiedervereinigtes“ Deutschland sollte nach den Vorstellungen der DRP neben der BRD, der DDR und Berlin auch die ehemaligen deutschen Ostgebiete umfassen. Dies war der wichtigste Programmpunkt der DRP. Dieser offene Revanchismus und Annexionismus entspräche laut DRP der „Wahrung nationaler Belange“. Auf dem Parteitag am 25./26.10.1958 in München wurde gefordert: „Oberstes Ziel ist die Wiederherstellung des Deutschen Reiches mit der Hauptstadt Berlin (…) Wir fordern die Wiederherstellung des Deutschen Reiches in seinen geschichtlichen Grenzen. (…) Deutschland hat einen völkerrechtlich unbestrittenen und unverzichtbaren Rechtsanspruch auf Rückgabe der Vertreibungsgebiete. Ostdeutschland und das Sudetenland sind Teile des Reiches. Der deutsche Rechtsanspruch auf die Vertreibungsgebiete darf nicht durch Verzichtserklärungen geschwächt werden. Wer das tut, verrät das Vaterland und seine Rechte.“[131] In der Schulpolitik wurde dieser Chiliasmus ebenfalls deutlich: „Die Geschichte des Reiches und das Wachhalten der Erinnerung an die Vertreibungsgebiete muß ständiger Gegenstand des Unterrichts sein.“[132]

In der DRP-Publikation „Reichsruf“ wurde die Forderung nach der Wiederherstellung des „Reiches“ immer wieder gestellt: „In der Mitte Europas haben die Deutschen das Recht, auf dem angestammten Siedlungsboden ihren Staat, das Reich, zu bilden. Unverzichtbar ist ihr Recht auf die Vertreibungsgebiete. Erst nach Wiederherstellung des Reiches ist die Einigung Europas möglich. Deutschland zuerst!“ Dieses „Reich“ sollte auf rassistischer Grundlage entstehen:[133] „Diese Deutsche Reichs-Partei ist kein Selbstzweck. Sie kann uns nur ein Mittel sein, um zu erfüllen, was der Name unserer Partei uns als Verpflichtung auferlegt hat: die Wiederherstellung eines Deutschen Reiches als der natürlichen Mitte Europas, das durch uns und mit uns in der Lage sein wird, seinen Platz in dieser Welt, der auch der Platz des weißen Mannes ist, zu behaupten und notfalls zu verteidigen.“[134]

In der Außenpolitik sollte das „Deutsche Reich“ den Status einer bewaffneten Unabhängigkeit bekommen. Dies bedeutete den Aufbau einer Gegenmacht gegenüber der NATO und dem Warschauer Pakt. Es wurde der „Abzug aller Besatzungstruppen“ gefordert: „Fremde Truppen halten die Teilung Deutschlands aufrecht. Daher: Abzug aller Besatzungstruppen! Die Wiedervereinigung ist nur möglich, wenn Deutschland bereit ist, neutral zu bleiben und an Militärbündnissen der Weltmächte nicht teilzunehmen. Deutschland offen nach Ost und West!“[135]

Auf dem DRP-Parteitag in der Bonner Beethovenhalle im Juni 1964 legte der wieder gewählte Parteivorsitzende Adolf von Thadden in seinem Referat über „Deutschland in Europa“ vor 1.000 Teilnehmern dar: „(…) Forderung der nationalen Unabhängigkeit, Europa und in ihm Deutschland ist von Truppen raumfremder Mächte beherrscht.“[136]

Im alten Aachener Zollhaus trafen sich Anfang Oktober 1964 DRP-Delegierte der Kreisverbände des Regierungsbezirkes Aachen. Der damalige stellvertretende Landesvorsitzende Gerhard Quelle sprach davon, dass es „Ziel der deutschen Politik sein müsse, die deutsche Frage aus der Blockbildung herauszulösen, da die Wiedervereinigung eine starke Staatsgesinnung verlange“.[137] Das DRP-Mitglied Udo Dickelmann sprach offen von einer neuen deutschen Politik der Stärke: „Durch die Wiedervereinigung muß Deutschland zum ausgleichenden Faktor zwischen Ost und West und durch den Mut zu einer Neuordnung zum Kristallisationspunkt eines neuen Europas werden.“[138] Als „Reichsfarben“ wurde das schwarz-weiß-rote Banner gefordert; die neue Nationalhymne sollte die erste Strophe des Deutschlandliedes sein. Die Entnazifizierung sollte ferner so schnell wie möglich beendet werden: „Wir fordern einen Strich unter die Vergangenheit, Schluß mit den Prozessen über vergangene politische und militärische Geschehnisse. Wir fordern moralische und materielle Wiedergutmachung allen auch nach 1945 unter Bruch der rechtsstaatlichen Ordnung geschehenem Unrechts.“[139]

Nach den Vorstellungen der DRP müsse ein neuer völkischer Nationalismus entstehen: „Deutsche greift ein, ehe es zu spät ist! Wir müssen wieder lernen, deutsch zu fühlen, deutsch zu denken, deutsch zu handeln!“[140] Weiterhin wurde die Entstehung eines „nationalen Selbstbewusstseins“ angemahnt: „Ohne nationales Selbstbewusstsein geht unser Volk unter. Die Deutschen haben die Pflicht, frei von fremden Einflüssen, sich selbst ein wahrhaftiges Urteil über ihre Geschichte zu bilden. Allen Deutschen gleiches Recht! Strich unter die Vergangenheit! Schluß mit Rache! Selbstbewusstsein durch Selbstbesinnung!“[141]

Ein wesentlicher Bestandteil des politischen Programms der DRP war der Geschichtsrevisionismus. In Düsseldorf gründete sich eine „Gesellschaft zur Förderung geschichtswissenschaftlicher Forschung“, die ausschließlich aus Mitgliedern der DRP bestand. Der Parteivorsitzende von Thadden sagte: „Wenn es nämlich etwas gibt, das nicht verjährt, dann der Anspruch eines Volkes auf das Land seiner Väter. Denn Pommern, Schlesien und Ostpreußen gehörten ja nicht unseren dort lebenden Landsleuten, und dies gilt genauso für das Sudetenland, sondern ihre Heimat gehörte dem deutschen Volk in seiner Gesamtheit.“[142]

Die Schuld am Ausbruch des 1. und 2. Weltkrieges wurde von der DRP keineswegs dem monarchistischen bzw. nationalsozialistischen Deutschland angelastet. Krüger äußerte am 19.05.1956 in Dortmund: „Es waren nicht Wilhelm I. und Adolf Hitler an den Kriegen schuld.“[143] In einem Flugblatt der DRP zu den Bundestagswahlen 1953 hieß es: „Wir wollen, daß eine Frage nach der geschichtlichen Schuld der Geschichte überlassen bleibe. Wir lehnen auch jede Art von Selbstbeschuldigung der Deutschen ab.“[144] Auf einem Kongress, der vom Kreisverband Bielefeld der DRP vorbereitet wurde, hielt der Journalist Manfred Stambula einen Vortrag über das Thema: Wer trägt die Schuld am 2. Weltkrieg? Dabei versuchte er zu beweisen, dass nicht Hitler die Schuld am Ausbruch des 2. Weltkriegs habe, sondern diejenigen, die den 1. Weltkrieg durch das „Diktat von Versailles“ beendet haben: „Da er (Hitler, M.L.) die Völker Russlands nicht vom Bolschewismus befreite, verpasste er wahrscheinlich die größte Chance des Abendlandes“[145]

Der damalige stellvertretende Vorsitzende der DRP Emil Maier-Dorn stellte sich in einem Vortrag hinter die Thesen des revisionistischen Historikers D.L. Hoggan, der die Ansicht vertrat, Hitler habe keinen Krieg gewollt und der britische Politiker Lord Halifax sowie der polnische Außenminister Oberst Beck seien allein für den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges verantwortlich gewesen.[146]Der US-amerikanische Historiker David Leslie Hoggan (22.03.1923- 07.08.1988) war einer der Protagonisten des grenzüberschreitenden rechten Geschichtsrevisionismus. In seinem Hauptwerk über die Ursachen des 2.Weltkrieges „Der erzwungene Krieg“ versuchte er zu belegen, dass Hitler nicht für den Ausbruch des Krieges verantwortlich war.[147] Dagegen gab er der englischen und der polnischen Regierung die Schuld, was von namhaften deutschen Historikern widerlegt wurde.[148] Das Erscheinen seiner Bücher im extrem rechten Grabert-Verlag und die zahlreichen Auftritte bei rechten Organisationen in Deutschland weisen auf eine enge Geistesverwandtschaft mit Vordenkern der bundesdeutschen extremen Rechten hin. 1964 erhielt Hoggan den „Leopold von Ranke-Preis“ von der DRP-nahen „Gesellschaft zur Förderung geschichtswissenschaftlicher Forschung“. Im selben Jahr erhielt er auch den „Ulrich von Hutten-Preis“ der extrem rechten „Gesellschaft für Freie Publizistik“. In geschichtsrevisionistischen Kreisen der extremen Rechten zählt sein Hauptwerk „Der erzwungene Krieg“ bis heute zu den wichtigsten Publikationen revisionistischer Argumentation.[149]

Der DRP-Funktionär Wolfgang Frenz schrieb in einem Leserbrief an das Bocholter Volksblatt zur Frage der Ursachen des 2.Weltkrieges: „Alle deutschen Neuhistoriker befleißigen sich die allierte Kriegspropaganda noch 20 Jahre nach dem Weltkrieg zu verlängern, um damit nicht zuletzt die Stellung Deutschlands bei kommenden Friedensvertragsverhandlungen zu schwächen und den allierten Länderraub von 1945 an Deutschland nachträglich zu rechtfertigen“.[150] Am 16.10.1964 tagte der „Arbeitskreis Kriegsschuldfrage“ der DRP in Unterbarmen, wo ein DRP-Mitglied einen Vortrag über „die Hintergründe der Rooseveltschen Kriegstreiberpolitik“ hielt. Am 30.10.1964 fand ein weiterer Vortrag zum Thema „Die Massenmedien im Dienste der Volksverdummung“ ebenfalls in Unterbarmen statt.[151]

In der DRP-Druckschrift „Die Wacht“ vom Oktober 1956 heißt es unter der Überschrift „Wer ist radikal?“: „Die untergründige Tätigkeit einer Gruppe von Menschen verursachte mit die militärische Niederlage. Während die Millionen deutscher Soldaten nach dem Gesetz an die Fronten mussten, stellte sich eine Gruppe von Menschen außerhalb dieses Gesetzes. Anschläge zu wiederholten Malen auf das Leben des Staatsoberhauptes, Aufnahme direkter Verbindungen mit den Feindmächten, Waffenschmuggel, das waren die Auszeichnungen der Menschen, die heute unser Geschick bestimmen.“[152]

Die Hetze gegen die demokratischen Parteien der BRD gehörte mit zur politischen Programmatik der DRP. Die Partei verfolgte eine Fundamentalkritik am „Bonner System“: „Die Restaurationsparteien haben bereits in der Weimarer Republik ihre Unfähigkeit ausreichend unter Beweis gestellt. Die gleichen überalterten Vertreter, die früher versagt haben, liefern auch heute wieder eindrucksvolle Beweise ihrer politischen Einsichts- und Tatenlosigkeit. Wir wenden uns nicht an die Masse der Mitläufer, Postenjäger und Opportunisten, sondern den anständigen, zur aktiven Mitarbeit entschlossenen Teil unseres Volkes. Wir wollen keine Auferstehung des Weimarer Schaukel- und Splitterparlamentarismus. Der politischen Linken und den schwarz-roten Koalitionen muß eine große, starke Rechtspartei entgegengesetzt werden.“ [153]

Immer wieder wurde darauf hingewiesen, dass 1945 nur die Wehrmacht und nicht die damalige „Reichsregierung“ Dönitz kapituliert habe und dass infolgedessen die Regierung Dönitz noch im Amt sei. Am 26.11.1955 äußerte der DRP-Funktionär Quelle in Bünde: „Die alte deutsche Regierung ist bisher von niemand abgesetzt worden. Daher haben weder Pankow noch die Bundesregierung das Recht, sich deutsche Regierung zu nennen.“[154] Der DRP-Redner Gebhardt bemerkte am 18.01.1956 in Köln: „Die Korruptions- und Bestechungsaffären, von denen man täglich in der Zeitung liest, sind nur in der heutigen Bundesregierung möglich, weil damalige KZ-ler in den heutigen Ministerien sitzen.“ [155]

Der DRP-Funktionär Stern am 06.09.1956 äußerte in Gütersloh: „Die Bundesregierung legt es darauf an, Unrecht zu schaffen. Im Ausland spricht kaum jemand von der deutschen Kollektivschuld, aber unser Bundespräsident muß es an jedem Silvesterabend wiederholen.“[156]

Ein Diskussionsredner bei einer Versammlung der DRP in Alsdorf am 13.10.1956 sagte: „Ich begrüße die Ausführungen des Kameraden von Thadden. Dr. Adenauer ist ein Separatist, er ist ein Verbrecher. Schon 1920 wollte er uns an die Franzosen verkaufen. (…) Herr von Thadden, wir schicken ihnen sechs SS-Leute, damit Sie den Alten aufhängen können. Wir sind alle alte Nazis.“[157]

Manfred Stambula, langjähriger Vertrauter Otto Strassers, betrieb in einem Vortrag vor Mitgliedern der DRP eine Relativierung des Holocausts: „Man muß sich weitgehend distanzieren von der physischen Liquidation der Juden.“[158] Als „Entschuldigung“ führte er an, dass „die Polen schon vor Hitler gegen die Juden vorgegangen seien“.[159]

Der „Kampf um Lebensraum im Osten“ wurde perfide umgedeutet: „Wir behaupten sogar, dass Deutschland von jeher europäischer gedacht und gehandelt hat, als die meisten unserer europäischen Nachbarn. (…) Wir glauben, dass wir einem Europa auch im letzten Kriege, wo sich Freiwillige aller europäischen Länder zum Kampf gegen den Bolschewismus zusammenfanden, erheblich näher waren als heute.“[160]

Die „Volksgemeinschaft“ besaß im Programm der DRP Vorrang vor Individualinteressen: „Die Gestaltung unseres Zusammenlebens nach deutscher Überlieferung aus der Mitte zwischen Freiheit und Ordnung! Das ist unser Sozialismus: Dienst an der Gemeinschaft, Ansprüche des Einzelnen und Macht der Gruppen sind dort zu beschränken, wo sie das Wohl der Gemeinschaft gefährden. Jedem das Seine – Alles für Deutschland! Nur einem würdigen Staat dient der Bürger in freiwilliger Einordnung. Der Stolz auf seinen Staat ist eine wesentliche Grundlage seiner Vaterlandsliebe.“[161]

Das völkische Denken war für die DRP Grundlage des Zusammenlebens: „Wenn es uns gelingt, die Werte Ehre, Treue, Verpflichtung für die Gemeinschaft und wahre innere Freiheit wieder zur Grundlage unseres völkischen Daseins zu machen, dann wird dieses Deutschland erniedrigt, geschmäht, von den eigenen Deutschen durch die Gassen geschleift, dann wird dieses Deutschland doch seine geschichtliche Aufgabe erfüllen. (…) Die Aufgabe Deutschlands ergibt sich zwangsläufig aus unserer geopolitischen Lage und aus dem Muß, zu dem die Völker dieser Erde, wenn sie leben wollen, gezwungen sind. (…) Die DRP ist die Gemeinschaft der deutschen Menschen, die das Wohl ihres Volkes vor alle Sonderinteressen stellen und durch beispielhaftes Vorleben und entschlossenen politischen Kampf die Volksgemeinschaft der Zukunft erringen wollen.“[162]

Der Verurteilung des römischen Rechts als „artfremd“ durch Hitler entsprach die Forderung der DRP auf Überarbeitung des deutschen Rechts nach „arteigenen Gesichtspunkten“.[163]

Bezogen auf die Gedankengänge des „Geschichtsphilosophen“ Oswald Spenglers wurde das „deutsche Volk“ als „ein den Gesetzen der Natur unterworfener organischer Körper“ gesehen, der „nur dann lebensfähig ist, wenn alle seine Teile und Organe gesund sind und ohne Störungen in gleicher Richtung, zum Wohle des Ganzen zusammenarbeiten.“[164] Daraus müssen Gemeinsamkeiten zwischen DRP und NSDAP gefolgert werden, denn bereits auf die Ideologie der NSDAP war der Einfluss Spenglers sehr stark. Unverhüllt und an beherrschender Stelle wurde nationalsozialistisches Gedankengut eingesetzt, wenn der Grundsatz „Gemeinnutz geht vor Eigennutz“ an der Spitze stand.

Die DRP sah die Aufgabe der Frau als Mutter gesunder deutscher Kinder und lehnte eine volle Gleichberechtigung ab. Nur in Ausnahmefällen sollte die Frau berufstätig sein. Dieses patriachaliche völkische Denken erläuterte das DRP-Mitglied Siegfried-Adolf Burni: „Die kinderreiche Familie hat den Anspruch auf einen gerechten und wirksamen Ausgleich für die Lasten, die es für die Zukunft des Volkes trägt. Die Aufgabe der Frau ist es, Mutter ihrer Kinder zu sein. Nur im Notfall und in Erfüllung einer echten Aufgabe soll sie die zweite Verdienerin sein. Als Dienst am Volksganzen fordern wir die Einführung eines Pflichtjahres für die weibliche Jugend im Haushalt, bei der Kindererziehung und im Dienst für Kranke und Schwache.“[165]

In den familienpolitischen Ausführungen der DRP wurde die Familie als „Keimzelle des deutschen Volkes“ angesehen: „In der Mitte der Lebensordnung steht die Familie. In ihrer Bindung reift die sittliche Persönlichkeit. Aus ihr erneuert sich das Volk. In ihr bilden Mann und Frau die schöpfungsmäßige Einheit, die nicht durch eine wesenszerstörende Gesetzgebung zum Zerfall gebracht werden darf. Schutz und Förderung der Familie ist die vornehmste Aufgabe aller staatlichen Maßnahmen. Die Aufgabe der Frau ist es, Mutter ihrer Kinder zu sein. (…) Zur Sicherheit seiner Bürger fordern wir jedoch die sofortige Einführung der Todesstrafe für Mord und Gewaltverbrechen an Frauen und Kindern.“[166]

Die DRP sah die Bedeutung der männlich dominierten Familie gefährdet: „Die Familie als Zelle des Volkes ist durch die Umweltbedrohungen, welche die moderne Wirtschaft erzeugt und besonders die unselige Entwicklung der Waffenherstellung auch innerhalb der Völker Europas auf dem Wege höchster Gefährdung, ja der Auflösung begriffen.“ [167]

Die DRP vertrat einen antiklerikalen Standpunkt: „Solange eine Religionsgemeinschaft sich nicht in das politische Leben einmischt oder versucht, die Volksgemeinschaft zu spalten oder zu schädigen, soll ihre Daseinsberechtigung unangetastet bleiben. Sofort aber wieder einzuführen ist der von Bismarck geschaffene Kanzelparagraph, der es jedem Geistlichen verbietet, bei seiner geistlichen Tätigkeit politischen Einfluß auszuüben.“[168] In diese Richtung zielte auch das von dem DRP-Funktionär Krüger häufig gebrauchte Schlagwort „Hände weg von Weihrauch und Knoblauch“, das antisemitische Tendenzen enthielt.[169] Der DRP-Funktionär Diekelmann äußerte am 15.09.1953 auf einer Versammlung in Dortmund: „Die DRP lehnt die Kirche ab und wird sie nötigenfalls auch bekämpfen. Sie fußt dabei auf den Erfahrungen aus der Zeit vor 1945.“[170]

Die Einstellung der DRP zu Kunst und Kultur war nationalsozialistisch geprägt: „Jede perverse Entartung in Kunst und Kultur sowie jede fremde Vergiftung sind aus dem Leben unseres Volkes zu verbannen.“[171] Die Begriffe „perverse Entartung“ sowie „fremde Vergiftung“ entstammen dem nationalsozialistischen Vokabular.

Die DRP hat in seinen Programmen niemals ein Bekenntnis zur demokratischen Grundordnung abgelegt, vielmehr gab sie zu erkennen, dass sie die Staatsform der Bundesrepublik nicht als eine Demokratie in ihrem Sinne betrachtete. Sie sah als ihre Hauptaufgabe nach der „Wiedervereinigung die Schaffung einer demokratischen Staatsform, die dem wirklichen Willen des deutschen Volkes entspricht und seinem Wohle am besten dient“, an.[172] Damit gab sie zum Ausdruck, dass nach ihrer Auffassung die demokratische Ordnung der Bundesrepublik nicht dem Willen der Gesellschaftsmitglieder entspricht und nicht diesem Wohle dient.

Auch aus Äußerungen von DRP-Funktionären und aus anderen Verlautbarungen ging hervor, dass die DRP die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik nicht als in ihrem Sinne demokratisch anerkannte. So sagte in einer Versammlung am 20.02.1954 in Gütersloh der Redner Lorenz: „Wir haben weder hüben noch drüben eine Demokratie.“[173]

Der DRP-Funktionär Diekelmann führte am 07.07.1954 in Neuss aus: „(…) dass die Männer des Direktoriums der DRP dafür die Garantie böten, dass aus der jetzigen ‚Demokratur’ in Westdeutschland eine wahre Demokratie werde.“ [174]

Weiterhin wurde in einem Flugblatt der DRP-Ortsgruppe Gütersloh vom 09.01.1954 ausgeführt: „Die Deutsche Reichspartei (DRP) steht zur Bundesregierung in Opposition und erstrebt die Macht, um ihre Ziele zu verwirklichen, dazu gehört in erster Linie die Wiedervereinigung von Ost- und Westdeutschland. Die DRP will das Reich! (…) es bedarf keiner Missachtung des Grundgesetzes, es bedarf nur des Durchbruchs einer deutschen Staatsgesinnung.“[175]

Für die „Neugestaltung des Deutschen Reiches“ wurden eine „zentrale Reichsgewalt“ und die „Beseitigung des unsere geschichtliche Entwicklung regenerierenden Förderalismus“ gefordert.[176]

Besonders in ihrer Publikation „Reichsruf“ wurden antisemitische Vorurteile verbreitet. Der Stereotyp, „die Juden“ würden in irgendeiner Weise eine hegemoniale Machtstellung in der BRD besitzen, wurde ständig reproduziert. So hieß es im „Reichsruf“: „Ein arabischer Journalist stellte kürzlich die Frage, wer die in Westdeutschland mächtigsten Männer seien. Er zählte gleich seinerseits einige Namen auf: Adenauer, Heuss, Ehrhardt, Ollenhauer usw. Namen, die ihm als die wohl Mächtigsten erschienen. Wir mussten ihn belehren. Gewiß, Adenauer wollen auch wir – selbstverständlich nach den Botschaftern der drei Westmächte -als den mächtigsten Mann Westdeutschlands bezeichnen. Aber danach kommt ganz gewiß nicht der Bundespräsident oder Ehrhardt oder gar Ollenhauer, nein, an zweiter Stelle rangiert kein anderer als der Herausgeber der „Jüdischen Allgemeinen Wochenzeitung“, Herr Karl Marx aus Düsseldorf. Ein Satz oder ein Artikel in seiner Zeitung setzt westdeutsche Behörden in fieberhaften Trieb.“[177]

Es wurde sogar die Echtheit des Buches „Das Tagebuch der Anne Frank“ in Zweifel gezogen: „Was also ein gereifter Bühnenschriftsteller sich zusammenreimte, musste die erschütternde Öffentlichkeit als Aussage eines verfolgten leidgeprüften Kindes hinnehmen. Und wer es nicht glauben wollte, musste schweigen, wenn er nicht Gefahr laufen wollte, als ein ‚Nazi’ oder Antisemit oder Fürsprecher der ‚braunen Mordbanditen’ verschrien zu werden.“[178]

Der Staat Israel wurde als rassistisch verunglimpft: „In Amerika wird Israel gewöhnlich als ein demokratischer Staat westlichen Typs dargestellt. Es ist allgemein unbekannt, dass es tyrannische und diskriminierende Gesetze hat, ähnlich denen der Nazis in Deutschland, nur in umgekehrtem Sinne. In der Tat hat es noch nie einen Staat gegeben, der so offen und restlos auf einem rassistischen Mythos aufgebaut ist.“[179]

Die Beziehung der DRP zu dem in die BRD zurückgekehrten Otto Strasser und die von ihm gegründete DSU waren von Spannungen geprägt. Die DRP sah in der DSU eine Konkurrenz, mit der keine Zusammenarbeit möglich war. So wurde Otto Strasser zu einem „Kronzeugen der alliierten Kriegspropaganda“ gemacht. Im Reichsruf hieß es: „Eine unabtragbare nationale Schuld hat Otto Strasser auf sich geladen, weil er zu einem Hauptzeugen der Alleinschuld der deutschen Regierung und damit des Volkes wurde, das diese Regierung gewählt und geduldet hat. (…) Wir haben durchaus Verständnis für jeden ehrlichen Widerstand gegen Hitler. Wer aber aus persönlicher Rache und verletzter Eitelkeit im Ausland Beschuldigungen verbreitet, die sich nicht nur gegen Hitler auswirkten, sondern die Außenpolitik des Reiches im Frieden und seine Verteidigung im Krieg sabotierten, der darf sich heute nicht als nationaler Politiker aufspielen. (…) Otto Strasser hat (…) mitgeholfen, die Feindpropaganda gegen das eigene Volk mit Munition zu versorgen; er hat für Roosevelt und Stalin gegen das Reich konspiriert.“[180]

Auch das Verhältnis zur „Deutschen National-Zeitung“ war durch tief greifende Meinungsverschiedenheiten belastet. Im Gegensatz dazu existierten gute Verbindungen zum extrem rechten Grabert-Verlag.

Kurz nach der Gründung der DRP Anfang 1950 bildete sich der Landesverband Nordrhein-Westfalen. Im Frühjahr 1950 wanderten DRP-Verbände in Nordrhein-Westfalen zur SRP ab.[181] Trotz kurzer Vorbereitungszeit trat die DRP bei den Landtagswahlen 1950 in Nordrhein-Westfalen an und holte mit 1,7% der Stimmen einen Achtungserfolg. Zum Vorsitzenden des DRP-Landesverbandes NRW wurde der frühere Professor für Volkswirtschaft im ehemaligen Königsberg, von Grünberg, gewählt. Seine Stellvertreter waren Erwin Stolz und Carl Hey aus Duisburg. Der Presseausschuss wurde gebildet vom Vorsitzenden von Grünberg und Günter Manthey aus Dortmund. Bis zum Jahre 1952 wurde das Land Nordrhein-Westfalen in 12 Bezirke eingeteilt, wo jeweils eine Person den Vorsitz übernahm. Die Bundesgeschäftstelle wurde in Duisburg angesiedelt.

Die Vorsitzenden waren: Peter Wallraf (Bezirk Köln), der frühere Waffen-SS-Untersturmführer Udo Diekelmann (Bezirk Düsseldorf), Dr. med Albers (Bezirk Münsterland Ost), Kurt Beckmann (Bezirk Münsterland West), Bruno Hähnel (Bezirk Industriegebiet) und Gerhard Quelle (Bezirk Minden). Für die Bezirke Aachen, Ruhr-Niederrhein, Arnsberg-Nord, Arnsberg-Süd und Detmold gab es keinen Beauftragten, was auf eine knappe personelle Besetzung der Partei zu diesem Zeitpunkt schließen lässt. Der DRP-Landesverband Nordrhein-Westfalen setzte eine „Sozialpolitische Arbeitsgemeinschaft“ ein, um auf dem sozialpolitischen Sektor breite Bevölkerungsgruppen anzusprechen. Die Mitglieder dieser Arbeitsgemeinschaft waren der frühere Gaupropagandaleiter und Reichsredner der NSDAP, Rudolf Krüger aus Schiefbahn, Johannes Bratosch und Werner Gebhardt aus Oberhausen, Siegfried Hermenau aus Essen sowie der oben schon erwähnte Udo Diekelmann.

Beim NRW-Landesverband waren 37% frühere Mitglieder und Funktionäre der SRP tätig; 34,6% der Kreisverbandsvorsitzenden gehörten früher der SRP an.

Auf dem Landesparteitag Oktober 1954 in einem Lokal in der Nähe von Duisburg, an dem ca. 200 Personen teilnahmen, äußerte Adolf von Thadden: „Wir scheuen uns nicht zu bekennen, dass die erste Aufgabe deutscher Außenpolitik in der Wiederherstellung von Macht liegt, wenn auch in den Jahren nach 1945 Phantasten aller Art den Willen zur Macht als Ursache unseres Unglücks erkannt haben.“[182] Er lehnte in seiner Rede die Europäische Verteidigungsgemeinschaft ab und forderte stattdessen die „Wiederherstellung des Deutschen Reiches in seinen historischen Grenzen“ mit dem „Status zur bewaffneten Unabhängigkeit“. Das immer „neue Herumwühlen in KZ-Scheußlichkeiten, worin sich die deutschen Regierungsmitglieder gefielen, verhindere jede moralische Wiedergenesung des deutschen Volkskörpers.“ Unter den Ehrengästen wurde NS-Dichter Hans Grimm, Verfasser der Schrift „Volk ohne Raum“, stürmisch gefeiert. Ein Gegendemonstrant erkannte in einem vor dem Versammlungslokal postierten Ordner seinen Peiniger aus dem KZ wieder und ließ dessen Adresse von der Polizei feststellen.

Auf dem Landesparteitag gründete Alfons Höller die „Reichsjugend“ als Jugendorganisation der DRP.[183] Auf diesem Gebiet war Höller kein Unbekannter: Er hatte 1947 die Jugendorganisation „Junge Adler“ gegründet, war 1952 Leiter der „Deutschen Jugend“ und 1953 niederrheinischer „Gauleiter“ des „Jugendkorps Scharnhorst“. Die „Reichsjugend“ löste sich jedoch im Oktober 1955 selbst auf. Höller wurde 1955 Kreisgeschäftsführer des DRP-Kreisverbandes „Groß-Duisburg“.

Am 08.01. 1956 fand in der Union-Gaststätte in Duisburg eine Landesdelegiertentagung der DRP statt. Die Delegierten wählten den neuen Landesvorstand. Landesvorsitzender wurde Rudolf Krüger, das Amt des Landesgeschäftsführers bekleidete Max Adam. Zum Organisationsleiter wurde Carl Hey und zum Presseleiter Udo Diekelmann gewählt. Der Posten des Schatzmeisters ging an Horst Günther Holz, „Propagandaleiter“ wurde Gerhard Quelle.

Im Wahlkampf zu den Gemeindewahlen in Nordrhein-Westfalen am 28.10.1956 entwickelte die Deutsche Reichspartei eine bisher in gleichem Umfang nicht beobachtete Aktivität. Während bis Juni 1956 durchschnittlich monatlich 10 Versammlungen stattfanden, stieg in den Monaten Juli bis Oktober des Jahres die Zahl auf das Dreifache an. Mit durchschnittlich 40-50 Teinehmern waren die Versammlungen auch relativ gut besucht. Die Wahlen jedoch waren ein Desaster für die DRP, kein einziges Mandat konnte gewonnen werden.

Das Amtsgericht Duisburg  eröffnete im Jahre 1956 ein Konkursverfahren gegen die DRP und beschlagnahmte das Parteivermögen.[184]

Am 17./18.05.1957 fand in Köln der Bundesparteitag der DRP statt, der ganz im Zeichen der Vorbereitung für die anstehenden Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen 1958 stand. Die dort erreichten 0,5% der Stimmen bedeutete für die DRP eine Niederlage.

Als Weihnachten 1959 zwei DRP-Mitglieder die Synagoge und ein Denkmal in Köln mit antisemitischen Parolen beschmierten, erreichte die politische Isolierung der DRP einen Höhepunkt.[185] Der 25jährige Arnold Strunk und der gleichaltrige Paul Josef Schönen wurden zwar sofort nach dem Nachweis ihrer Täterschaft aus der DRP ausgeschlossen; außerdem wurde der DRP-Kreisverband Köln aufgelöst. Dies aber verhinderte nicht, dass nach diesen Schändungen die DRP noch mehr in die politische Bedeutungslosigkeit versank.

Aus Protest gegen die antisemitischen Schmierereien fanden in zahlreichen bundesdeutschen Städten Demonstrationen statt, die in der Regel von demokratischen Jugendverbänden und den Gewerkschaften organisiert wurden. Neben diesen Veranstaltungen entwickelten sich in größerem Maße Formen direkter Auseinandersetzungen mit der DRP. Im Ruhrgebiet war es die IG Bergbau, die auf eine Agitationsoffensive der DRP, bei der ihr eine Mitschuld an der Kohlekrise angelastet wurde, mit neuartigen Aktionen reagierte. Gewerkschaftsmitglieder besetzten Versammlungslokale der DRP, verweigerten DRP-Mitgliedern den Zutritt zu Veranstaltungen der Partei und ließen durch Plakate DRP-Versammlungen ausfallen.[186] Die IG-Bergbau war damit die erste Gewerkschaft, die seit April 1960 die direkte Auseinandersetzung mit der DRP suchte und damit die Strategie bloßer publizistischer Kommentierung durchbrach.

Im Februar 1961 waren die vier Vorstandsmitglieder der DRP, Wilhelm Meinberg, Adolf von Thadden, Otto Hess, Prof. Kunstmann sowie der Redakteur der „Deutschen Wochenzeitung“, Heinrich Härtle, im Zusammenhang mit Presseerklärungen zur Synagogenschändung von Köln an Weihnachten 1959 wegen politischer Beleidigung des damaligen Innenministers von NRW, Dufhues, angeklagt worden. Nach einem Schuldspruch legten sie Berufung ein und wurden im Oktober 1961 freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft legte zweimal erfolglos Revision ein, so dass die Angeklagten letztlich freigesprochen wurden.[187]

Die DRP-Kreisgruppe Solingen veranstaltete im Juni 1963 eine „Protestaktion“ gegen die Aufführung des Filmes „Lebensborn“. Der Lebensborn e.V. war im Nationalsozialismus ein staatlich geförderter Verein, dessen Ziel es war, auf der Grundlage der nationalsozialistischen „Rassenhygiene“ die Erhöhung der Geburtenrate „arischer“ Kinder auch aus außerehelichen Beziehungen herbeizuführen. Der DRP-Kreisvorsitzende musste daraufhin wegen mehrerer fahrlässiger Verstöße gegen das Versammlungs- und Pressegesetz eine Geldbuße zahlen.[188]

Vom 11.-12.04.1964 fand in Münster der DRP-Landesparteitag unter dem Motto „Jedem das Seine-Alles für Deutschland“ statt. Die Zahl der teilnehmenden Personen nahm im Vergleich zu den vorangegangenen Jahren merklich ab. Dies konnte als Zeichen einer grundlegenden Krise der DRP interpretiert werden.[189]

Zusammen mit dem „Berg-Iselbund“, dem NPD-Arbeitskreis-Aachen und der „Deutschen Nationalversammlung“ protestierte der DRP-Landesverband NRW gegen die Verleihung des Aachener Karlspreises am Himmelfahrtstag 1964 an den damaligen italienischen Staatspräsidenten Segni, der in der UNO gegen die „vertraglich zugesicherte Autonomie Südtirols stimmte.“[190] In der Zeit ihres Bestehens hatte die DRP Verbindungen zu rechten Gruppen in Belgien, Österreich und besonders Südtirol.

Am 20.-21.06.1964 fand in Bonn der Bundesparteitag der DRP statt, der schon von den Verhandlungen mit anderen rechten Parteien zur Gründung der NPD und eigenen Auflösungserscheinungen geprägt war. Am „Volkstrauertag“ hielt der Landesverband NRW eine „Gedenkfeier zur Ehrung der Toten beider Weltkriege“ in Wuppertal-Barmen ab, wo von Grünberg eine Ansprache hielt.[191] Der DRP-Kreisverband Wuppertal trat im Januar 1965 geschlossen der am 28.11.1964 gegründeten NPD bei.[192]

Die DRP kam bei Bundestagswahlen niemals auch nur in die Nähe der 5%-Hürde. 1953 erreichte sie 1,1% der Stimmen, wobei berücksichtigt werden muss, dass die Partei nur in sechs von neun Bundesländern angetreten war. 1957 bekam die DRP 1,0% der Stimmen und vier Jahre später nur noch 0,8% der Stimmen. Bei den Landtagswahlen erzielte die DRP bessere Ergebnisse. 1959 kam sie mit 5,1% der Stimmen in den Landtag von Rheinland-Pfalz. Bei den Landtagswahlen in Bremen erreichte sie durch eine Listenverbindung mit der DP 5,1% der Stimmen und 4 Sitze in der Bremer Bürgerschaft.

Über die Mitgliederstärke der DRP gibt es keine genauen Angaben. Laut Stöss waren im Jahre 1955 von den vermuteten 4.000 Mitgliedern ca. 2.000 im Landesverband Niedersachsen organisiert.[193] Die Mitgliederzahl im nordrhein-westfälischen Landesverband wurde auf ca. 1.000 Personen geschätzt. Im der Zeit ihres Bestehens gab es lediglich in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen dauerhaft arbeitsfähige Landesverbände.

Ende Mai 1954 wurde die DRP-Publikation „Reichsruf“ gegründet. Nach einer ersten Phase, in der der „Reichsruf“ auf DRP-Verlautbarungen ausgerichtet war, erweiterte sich das Organ in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre immer stärker zu einer allgemeinen Wochenzeitung, die neben innen- und außenpolitischen Themen auch wirtschafts- und sozialpolitische Seiten sowie einen umfangreichen Kulturteil enthielt.[194] Zu Beginn der 1960er Jahre hatte die Wochenzeitung nach Schätzungen eine Auflage von 12.000 Exemplaren.[195]

 

 

Als Untersuchungsergebnis kann folgendes festgehalten werden: Die DRP verstand sich als Sammlungsbewegung für ehemalige NSDAP-Mitglieder und Interessenvertretung ehemaliger Angehöriger der Wehrmacht. Die Partei war darum bemüht, die verschiedensten rechten Gruppen und Organisationen nach dem Vorbild der „Harzburger Front“ in der Weimarer Republik unter ihre Führung zu bringen. Nach dem Verbot durch das Bundesverfassungsgericht wandten sich zahlreiche ehemalige SRP-Mitglieder der DRP zu, die nach 1952 zur einflussreichsten Partei innerhalb des extrem rechten Spektrums aufstieg. Die DRP begriff sich als Nachfolgeorganisation der NSDAP und versuchte, die demokratische Staatsform durch eine „Volksgemeinschaft“ zu ersetzen. Ihrem Namen entsprechend setzte sie sich für die Wiederbelebung des „Deutschen Reiches“ in den Grenzen von 1937 ein. Sie wandte sich gegen die Entnazifizierung, relativierte die Shoa und leugnete die deutsche Schuld am Ausbruch der beiden Weltkriege. Trotz kurzer Vorbereitungszeit trat die DRP bei den Landtagswahlen 1950 in Nordrhein-Westfalen an und schaffte mit 1,7% der Stimmen einen Achtungserfolg, danach gab es nur noch Wahlniederlagen. Als Weihnachten 1959 zwei DRP-Mitglieder die Synagoge und ein Denkmal in Köln mit antisemitischen Parolen beschmierten, erreichte die politische Isolierung der DRP einen Höhepunkt. Der Sturz in die politische Bedeutungslosigkeit führte schließlich zur Selbstauflösung im Jahre 1965.

Die DRP spielte in den Jahren ihres Bestehens eine relativ bedeutungslose Randerscheinung im westdeutschen Parteiensystem. Das politische Ziel der DRP, eine extrem rechte und strikt antikommunistisch orientierte Sammelpartei rechts von der Union zu gründen, wurde nicht erreicht.

 

 

 

6.6) Deutsche Soziale Union (DSU)

 

Der spätere Begründer der DSU, Otto Strasser (10.09.1897- 27.08.1974), begeisterte sich für das völkische Denken von Arthur Moeller van den Bruck und dessen „mitteleuropäische Reichsidee“.[196] Nach dem Münchener Hitler-Putsch vom 09.11.1923, bei dem sein Bruder Gregor verhaftet und verurteilt worden war, entschloss sich auch Otto Strasser, der NSDAP beizutreten.[197] Gemeinsam mit seinem Bruder verfolgte Otto Strasser einen „antikapitalistischen“, „sozialrevolutionären“ Kurs der NSDAP, der teilweise die Streiks der sozialdemokratischen Gewerkschaften unterstützte. Am 01.03.1926 gründeten die Brüder den Kampf-Verlag, der sich zum publizistischen Sprachrohr des „linken Flügels“ der NSDAP entwickelte. In dem Verlag gaben sie eine Reihe von Broschüren, die „Berliner Arbeiterzeitung“ und eine Zeitschrift mit dem Titel „Der nationale Sozialist“ heraus. Gregor und Otto Strasser missbilligten Hitlers Haltung gegenüber den christlichen Kirchen und das „Bonzentum“ der höheren NSDAP-Führer. Hitler wiederum empfand die „nationalrevolutionären“ Vorstellungen der Brüder Strasser als störend bei seinen Bemühungen um eine Verständigung mit finanzkräftigen Wirtschaftskreisen. Nach einer zweitägigen Aussprache zwischen den Brüdern Strasser und Hitler im Mai 1930 zog Otto Strasser den Trennungsstrich, indem er am 04.07.1930 in seiner Zeitung die Parole ausgab „Die Sozialisten verlassen die NSDAP“.[198] Gregor Strasser blieb in der NSDAP, weil er noch immer hoffte, den Kurs Hitlers beeinflussen zu können. Otto Strasser gründete mit einem kleinen Kreis von Anhängern eine „Kampfgemeinschaft revolutionärer Nationalsozialisten“, die sich durch Zuwachs aus anderen Gruppen der „Konservativen Revolution“[199] schließlich zur „Schwarzen Front“ ergänzte.[200] In der Folgezeit versuchte Strasser, Mitglieder und Sympathisanten der KPD für die „Kampfgemeinschaft“ zu gewinnen, und trat bei gemeinsamen Diskussionsveranstaltungen auf. Wegen der zunehmenden Bedeutungslosigkeit der Strasserschen Publikationen stellte der Kampf-Verlag am 01.10.1930 seine Tätigkeit ein. 1933 veröffentlichte Strasser „Vierzehn Thesen zur deutschen Revolution“, in denen er vor einer angeblichen Bevormundung durch das „artfremde Judentum“ warnte.[201] Nach der „Machtergreifung“ gehörten die Abtrünnigen der NSDAP zu den ersten Opfern. Otto Strasser wurde rechtzeitig vom damaligen Reichsinnenminister Frick vor einem gegen ihn geplanten Anschlag gewarnt. Durch die Vermittlung seines Bruders gelang es ihm, in der Nacht zum 10.05.1933 über die Grenze bei Kufstein zu entkommen.[202] Über die Stationen Prag, Schweiz und Portugal emigrierte er 1943 nach Kanada. In der Zeit der Emigration schrieb Strasser neun Bücher und andere Schriften, die sich mit der Person und der Rolle Hitlers, mit dem Nationalsozialismus als Bewegung und Ideologie und mit der Frage nach der „Erneuerung“ Deutschlands beschäftigten.[203]

Von seinem kanadischen Exil aus bemühte sich Strasser, seine früheren Gefolgsleute und Sympathisanten zu vereinigen. Das bereits bestehende System von „Strasser-Beauftragten“ in Amerika sollte auf die westlichen Zonen übertragen werden.[204] Neben seinem „Generalbevollmächtigten“ Kurt Sprengel waren folgende „Strasser-Beauftragte“ tätig: Erich Wiechmann in Niedersachsen, Hans Giessen in Nordrhein-Westfalen, Hans Kampf und später Rudolf Knochenhauer in Hessen sowie Waldemar Wadsack in Bayern. Seine Anhänger sollten während seiner Abwesenheit die Gründung einer „Deutschen Freiheits-Partei“ vorbereiten. Im Mai 1947 wurde Strassers in Argentinien herausgegebene Schrift „Deutschlands Erneuerung“ auf einer Tagung in Stuttgart als programmatische Plattform gebilligt.[205]

Am 18.10.1948 gründeten ehemalige Anhänger Strassers in Bad Kissingen den „Bund für Deutschlands Erneuerung“ (BDE), dessen vordringliche Ziele die Sammlung weiterer Strasser-Anhänger und die Unterstützung der Bemühungen um die Rückkehr Strassers aus dem Exil waren. Der Gründer und Vorsitzender des Bundes war Waldemar Wadsack aus München.[206] Der BDE verstand sich als „eine Schulungsgemeinschaft zum Studium und zur Propagierung jener neuen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Ordnung, die wir für die Erneuerung Deutschlands (und Europas) für notwendig halten und die in dem Buch ‚Deutschlands Erneuerung’ im Einzelnen dargelegt ist. (…) Gemäß dieser Aufgabe und Struktur des BDE können – und sollen – dessen Mitglieder in allen demokratischen Organisationen und Parteien wirken, wobei statutenmäßig jede Zusammenarbeit mit totalitären Organisationen und Parteien ausgeschlossen ist.“[207]

Die Schulungs- und Agitationstätigkeit des BDE kam nicht wie gewünscht voran, da sie an mangelhaften finanziellen Mitteln litt, was auch durch die nicht erfolgte Lizenzierung der BDE-Landesverbände (Bayern, Hessen, NRW, Niedersachsen, Baden-Württemberg) mitverursacht war. Trotz zahlloser Briefe, Mahnungen und Weisungen Strassers aus Kanada kam die BDE-Arbeit nicht voran, bis sein neuer Stellvertreter Bruno Fricke 1950 aus Paraguay über die Schweiz illegal in die BRD kam, um die Arbeit voranzutreiben.[208]

Strassers Anhänger im BDE hatten in den folgenden Jahren wenig Erfolg mit ihren Sammlungsbestrebungen. Das lag vor allem an dem Umstand, dass Otto Strasser sowohl von ehemaligen Nationalsozialisten als auch von anderen extrem rechten Personen wegen seiner Emigration mit Vorbehalten betrachtet wurde.[209]

Eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ermöglichte Strasser 1955 die schon früher angestrebte, bis dahin aber verweigerte Rückkehr nach Deutschland. Am 03.05.1955 verkündete Strasser einen Plan zur „Wiedervereinigung Deutschlands“, der gesamtdeutsche Wahlen, eine gesamtdeutsche Regierung und „doppelseitige Rückversicherungsverträge“ vorsah, die ein souveränes, neutrales und bewaffnetes Gesamtdeutschland ermöglichen sollten. Deutschland, Österreich, Schweden, Jugoslawien und die Schweiz waren als eine „Brandmauer“ vorgesehen, „um mögliche Auseinandersetzungen zwischen der NATO und den Staaten des Warschauer Paktes in außereuropäische Bereiche abzudrängen“.[210]

Am 17.06.1956 gründete sich in Anwesenheit von ca. 400 Personen in Miltenberg die Deutsch-Soziale Union (DSU) mit dem Zusatz „Strasser-Partei“.[211] Die ganz auf die Person Strassers zugeschnittene Partei gab sich in ihrem „Aktionsprogramm“ als mittelstandsfreundlich und nationalistisch aus. Das „Aktionsprogramm“ bestand aus sieben Punkten:[212]

 

„a) Wiedervereinigung des deutschen Volkes auf der Grundlage der souveränen Neutralität Deutschlands!,

b) Ablehnung der allgemeinen Wehrpflicht; dafür Aufbau einer deutschen Nationalarmee aus Freiwilligen sowie Schaffung eines Jugend-Volksdienstes für Mädchen und Jungen!,

c) Abbau der Bürokratie und damit der übergroßen Macht des Staates. Errichtung eines Wirtschaftsparlamentes neben dem politischen Parlament!,

d) Reform des gesamten Finanz- und Steuerwesens und dadurch Rettung des Bauerntums und des Mittelstandes!,

e) Aufbau einer wahren Volks-Wirtschaft durch Anteil aller Schaffenden an Besitz, Leitung und Gewinn der von ihnen mitgeschaffenen und miterhaltenden deutschen Wirtschaft!,

f) Ausdehnung der Pensionsberechtigungen der Beamten auf alle Deutschen!,

g) Wiederherstellung des Rechtstaates sowie völlige Glaubens- und Gewissensfreiheit! (insbesondere Gleichstellung von Simultan- und Konfessionsschulen).“

 

Innerparteiliche demokratische Entscheidungsprozesse traten aufgrund des autoritären Führungsstils Strassers in den Hintergrund. Auf dem Parteitag in Miltenberg wurden die von Strasser vorgeschlagenen Landesvorsitzenden und die Mitglieder der Parteileitung mit überwältigender Mehrheit gewählt. Nach dem Parteitag wurden diverse Landesverbände und Suborganisationen der DSU gegründet, die aber an mangelhaftem personellen Zuspruch litten. Die DSU konnte vorerst nur in einigen Großstädten, darunter Augsburg, München, Nürnberg, Frankfurt, Stuttgart, Köln, Düsseldorf, Hannover und Hamburg kleinere Gruppen von Anhängern bilden.[213]

Am 01.10.1956 erschien die Parteizeitung „Deutsche Freiheit“ zum ersten Mal. Strasser präsentierte am 22.11.1956 einen „Nationalen Plan zur deutschen Wiedervereinigung“, der folgende Schritte zur „Zusammenführung der Teile Deutschlands“ enthielt:[214]

1) Gründung eines „Rats der deutschen Einheit“ neben den existenten Regierungen, der für die Vorbereitung einer Volksbefragung gemeinsam mit diesen Regierungen und den Alliierten verantwortlich ist,

2) Durchführung einer Volksbefragung in der BRD, der DDR, in West-Berlin und im Saarland,

3) Aufbauend auf dem Ergebnis dieser Volksbefragung soll der „Rat der deutschen Einheit“ in eine vorübergehende gesamtdeutsche Regierung umgewandelt werden, die die Wahlen zu einer deutschen Nationalversammlung vorbereitet,

4) Bildung einer gesamtdeutschen Regierung, die Vereinbarungen über einen Friedensvertrag mit den Alliierten vorbereitet.

Dieser als „Aktion Wiedervereinigung“ unterbreitete Entwurf wurde in über 120.000 Exemplaren im In- und Ausland verteilt. In der Bundesrepublik fand dieser Plan kaum Resonanz und entwickelte sich zu einem Misserfolg. Aufgrund der mangelnden Akzeptanz der DSU innerhalb der bundesrepublikanischen Bevölkerung wurde der Parteibeschluss, an den Bundestagswahlen 1957 teilzunehmen, auf dem Uracher Parteitag am 22./23.06.1957 aufgegeben. In den folgenden Monaten bemühte sich die DSU um bessere Kontakte zu anderen rechten Parteien und Gruppen mit dem Ziel, Wahlbündnisse oder Sammlungen rechter Gruppierungen in die Wege zu leiten.[215]

Die Fixierung der DSU auf die Person Strassers wurde innerhalb der Partei immer mehr als Hindernis empfunden. Auf dem Parteitag in Lohr am 10./11.10.1959 kam es schließlich zum ersten Schritt der Entmachtung Strassers. Strasser wurde zum Präsidenten der Partei ernannt, während die DSU selbst von einem aus drei Personen bestehenden „Vollzugsausschuss“ geführt wurde. Strasser erklärte, dass er sich aus der aktiven parteipolitischen Tätigkeit zurückziehen und ganz der ideologischen Arbeit widmen werde.[216] Auf dem folgenden Parteitag in Friedberg am 12./13.11.1960 ging diese Entwicklung weiter. Die anwesenden Mitglieder ersetzten den Zusatz „Strasser-Partei“ im Parteinamen durch „Partei für Wiedervereinigung und Neutralität“. Es wurde ebenfalls ein neuer Vorstand gewählt; für Strasser blieb der Titel des „Ehrenpräsidenten auf Lebenszeit mit Sitz im engeren Parteivorstand“.[217] Die Wahlen des neuen Vorstandes brachten folgende Ergebnisse: das Amt des Geschäftsführenden Vorsitzenden übernahm Johann Löw, so dass die Parteigeschäftsstelle nach Augsburg verlegt werden musste. Weitere Vorstandsmitglieder waren Wilhelm Jenne, DSU-Landesvorsitzender in Baden, Lothar Ehrlichmann und der Bundesorganisationsleiter Erhard Kliese aus dem Landesverband Nordrhein-Westfalen. Ende 1960 musste die Zeitung der DSU, „Deutsche Freiheit“, aus finanziellen Gründen ihr Erscheinen einstellen. Strasser beschränkte sich von diesem Zeitpunkt an auf die Herausgabe seiner „Vorschau“. Dies war eine Wochenkorrespondenz, für deren Bezug er unter anderem in der „Deutschen Soldaten-Zeitung“ werben ließ.[218]

Strasser selbst erkannte die fehlenden Chancen der DSU innerhalb des bundesrepublikanischen Parteiensystems und arbeitete deshalb auf eine Fusion der DSU mit der Deutschen Freiheits-Partei (DFP) hin, die am 13.01.1962 gegründet worden war.[219] Auf dem Parteitag in Butzbach am 24./25.03.1962 wurde ein Beschluss verabschiedet, der die Selbstauflösung der DSU und die Wiederbelebung des BDE vorsah. Dort wurde ebenfalls eine Empfehlung des Beitritts der DSU zur DFP beschlossen. Diese Empfehlung wurde nur teilweise befolgt, vor allem DSU-Gruppen aus West-Berlin und Niedersachsen kamen ihr nicht nach und arbeiteten selbständig weiter. Im Jahre 1961 hatte sich gezeigt, dass die DSU außerstande war, eigenständiges politisches Gewicht zu erhalten oder im Bündnis mit anderen national-neutralistischen Gruppen politischen Einfluss zu gewinnen. Sie kam nicht über den Status einer Kleinpartei im national-neutralistischen Spektrum hinaus.

Richard Stöss bemerkte zu den Gründen des politischen Scheiterns der DSU: „Die Ursachen der Erfolglosigkeit der organisatorischen und publizistischen Unternehmungen Strassers liegen vor allen aber auch darin, dass weder der BDE und die DSU einen spezifischen Platz innerhalb des rechten Spektrums des westdeutschen Parteiensystems auszufüllen in der Lage waren. (…) Die eigentliche Besonderheit der DSU war die Person, mehr noch: der Name Strassers, der im Zusammenhang mit längst abgeschlossenen Entwicklungen bekannt geworden und nach 1955 kaum einzulösen imstande war, was sich einige Freunde von ihm versprachen. Auf keinen Fall war Strasser die Integrationsfigur, die den westdeutschen Rechtsextremismus nach 1955 hätte einigen können. Die DSU übte innerhalb des westdeutschen Parteiensystems keine erkennbare Funktion aus, sie repräsentierte keine besonderen sozialen Gruppen und sie indizierte keine Legitimationsdefizite, die andere rechtsextreme Parteien nicht auch und originärer repräsentierten.“[220]

Ein weiterer Aspekt für die mangelnde Durchsetzungsfähigkeit der politischen Ziele der DSU lag darin, dass Strassers Neutralitätskonzept den allgemeinen Verhältnissen und Entwicklungstendenzen der Weltpolitik nicht angemessen gewesen war, da durch den Beitritt der Bundesrepublik zur NATO und der DDR zum Warschauer Pakt scheinbar schwer revidierbare Tatsachen geschaffen wurden.

In seinen theoretischen Ausführungen bezeichnete Strasser sich selbst als Vertreter eines nationalen Sozialismus mit antimarxistischen und christlichen Wurzeln. Nach 1945 bezeichnete er seinen nationalen Sozialismus als Solidarismus. Seine historischen Vorbilder waren der Prager Sozialist Klofac und Thomas G. Masaryk, der erste Staatspräsident der Tschechoslowakei: „Diese Konservative Idee, die eine Absage an den Materialismus, an den Wahn der Zahl und der Masse ist, die eine Überwindung der Herrschaft des Geldes und des Kollektivs ist, die eine Absage an das Evangelium der Produktion und Konsumption ist und ein Bekenntnis zur Sehnsucht nach Erfüllung des Menschen darstellt, die anstelle des Prinzips der Quantität das Prinzip der Qualität proklamiert, die Unterschiede weder in ‚Gleichschaltung’ aufheben, noch in Selbstzerstörung auflösen läßt, sondern in Harmonie bringen und zusammenfassen will, die wieder um Schönheit und Ehre weiß, statt nur um Reichtum und Macht, die nicht mehr gegen die natürlichen und göttlichen Gesetze luziferhaft rebelliert, sondern sie erkennt und danach handelt – diese konservative Revolution wird die Rettung Deutschlands und Europas sein und sie wird das so oft missverstandene Wort Schillers erfüllen: ‚Und soll am deutschen Wesen noch einmal die Welt genesen!’“ [221] Strassers gesellschaftspolitisches Konzept besteht aus vier Punkten. Im ersten Punkt „Deutscher Sozialismus (Solidarismus)“ strebte Strasser eine Synthese von Freiheit und sozialer Gerechtigkeit an.[222] Freiheit bedeutete für ihn in diesem Zusammenhang die Freiheit des Marktes sowie die Freiheit der Wirtschaft von Monopolen. Soziale Gerechtigkeit sollte durch eine gerechte Verteilung des Staatseinkommens und „den vollen Ertrag des Schaffenden an seiner Arbeit“ erreicht werden. Der Solidarismus trat für die Beseitigung des Privateigentums an Grund und Boden sowie eine Aufhebung der Kapitalrente ein. Mit dem zweiten Punkt „Volksgemeinschaft“ verfolgte Strasser die Idee eines Ständestaates, der durch die Abschaffung des Parteienstaates und des Lobbyismus erreicht werden sollte. Fünf Berufsgruppen (Arbeiter und Bauern, Angestellte und Beamte, Gewerbetreibende, Handwerker sowie freie Berufe) wählen ihre Berufskammern, die auf Bezirks-, Landes- und „Reichsebene“ bestehen. Innerhalb des „Reiches“ sollten Kreise, Bezirke und Länder gebildet werden, an deren Spitze jeweils ein Präsident steht. Diese Landespräsidenten und die Vorsteher der Landesständekammern sollten den „Reichsrat“ bilden, dessen Mitglieder mit den „Reichsministern“ und den Präsidenten der „Reichsberufskammern“ in einem Senat zusammenkommen. Der Senat wählt dann den „Reichspräsidenten“ auf Lebenszeit, der jedoch auch mit drei Viertel der Stimmen des Senats wieder abgewählt werden kann. Der Reichspräsident ernennt die Minister, die zusammen mit ihm die „Reichsregierung“ bilden sollen. Diese Verbindung von Berufskammersystem und autoritärem Staat bezeichnete Strasser als „wahre Demokratie“. Die „völkische Wiedergeburt“ Deutschlands nach der Niederlage im 2. Weltkrieg war der dritte gesellschaftspolitische Schwerpunkt Strassers. Er predigte die „Überwindung des Materialismus-Liberalismus“, die den „historischen oder physischen Untergang eines Volkes als sichtbaren Ausdruck des vorangegangegen inneren Todes“ bedeute.[223] Im letzten Punkt „Nationale Freiheit“ strebte Strasser nach der „Wiedervereinigung“ Deutschlands, was die Voraussetzung für seine „nationale Freiheit“ und seiner „nationalen Wiedergeburt“ darstelle. Die „Wiedervereinigung“ in den Grenzen vom 31.12.1937 und die bewaffnete Neutralität Deutschlands hatte für Strasser Vorrang vor allen anderen Themen. Es wurde die „Einbeziehung der im geschlossenen Siedlungsraum lebenden Deutschen in den deutschen Staat“ gefordert. Der Solidarismus sollte nach Meinung Strassers „antiimperialistisch“ sein. Darunter verstand er die Ablehnung einer direkten oder indirekten Herrschaft eines Staates über andere Staaten. Gleichzeitig schloss er aber einen „Kampf um neuen Lebensraum eines wachsenden Volkes“ auf Kosten eines anderen Staates nicht aus.

Die „Wiedererrichtung des Reiches“, das Konzept der „Volksgemeinschaft“ und der Solidarismus Strassers enthielten keine expliziten Bezüge zum Antisemitismus. Jedoch zeigt ein Beispiel, dass die DSU nicht frei war von antisemitischen Stereotypen. Anfang März 1961 erklärte Manfred Stambula, langjähriger Vertrauter Otto Strassers, bei einem Vortrag, dass man sich „weitgehend distanzieren von der physischen Liquidation der Juden“ müsse. Als „Entschuldigung“ zog er heran, dass „die Polen schon vor Hitler gegen die Juden vorgegangen“ seien.[224]

Die Zahl der Mitglieder der DSU in der gesamten Bundesrepublik betrug laut den Schätzungen von Stöss nicht mehr als 650 Personen.[225] Die Mitgliederzahl des BDE lag noch wesentlich darunter. Die DSU verfügte über eingetragene Landesverbände in allen westdeutschen Bundesländern. Politische Aktivitäten gingen aber im Wesentlichen von den Landesverbänden in Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, im Saarland und vor allem in Nordrhein-Westfalen aus. Der NRW-Landesverband war einer der aktivsten in der gesamten Bundesrepublik. Durch eine äußerst zentralistische Struktur versuchte die DSU in Nordrhein-Westfalen ihre Kräfte zu bündeln. Die hohe Stellung des Landesverbandes NRW zeigte sich auch dadurch, dass auf dem Alsfelder Parteitag am 28./29.01.1961 die Verlegung der Parteigeschäftsstelle nach Essen beschlossen wurde.Seit 1958 kam es vor allem in Ennepetal und Hagen zu politischen Aktivitäten einer DSU-Gruppe um Erhart Kliese. Kliese hatte sich innerhalb der DSU für den Aufbau einer „einsatz- und kampfstarken Kaderorganisation“ auf der Basis von „Fünf-Mann-Zirkeln“ ausgesprochen, um den Organisationszustand der DSU zu verbessern.[226] Die DSU-Gruppe um Kliese beteiligte sich in Ennepetal und Hagen 1958 an den Landtagswahlen und 1961 an den Kommunalwahlen. In beiden Fällen bekamen die DSU-Kandidaten 0,0% der Stimmen.[227]

Die DSU besaß in Nordrhein-Westfalen zwei kurzlebige publizistische Periodika: erstens die „DSU-Nachrichten Dortmund“, die von 1961 bis zum Februar 1962 erschienen, und die „Afrika- und Orientinformationen“ aus Bad Godesberg (August 1956-März 1957).

 

 

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die im Juni 1956 gegründete Deutsch-Soziale Union (DSU) ganz auf die Person Otto Strassers zugeschnitten war. Der autoritäre Führungsstil Strassers behinderte in vielen Fällen innerparteiliche demokratische Entscheidungsprozesse. Die wesentlichen Ziele der DSU waren die „Wiedervereinigung“ Deutschlands in den Grenzen von 1937 und die Neutralität Deutschlands jenseits der NATO und des Warschauer Paktes. Die DSU verfolgte einen nationalen Sozialismus mit antimarxistischen und christlichen Wurzeln und einem zentralistischen Staatsverständnis. Der NRW-Landesverband der DSU besaß eine exponierte Stellung innerhalb der Partei, die Parteigeschäftsstelle befand sich in Essen. Eine regionale Verankerung innerhalb der Bevölkerung besaß die DSU in Nordrhein-Westfalen nicht, bei Wahlen war sie nicht mehr als eine rechte Splitterpartei.

 




[1] Schmollinger, H.W.: Die Deutsche Konservative Partei – Deutsche Rechtspartei (DKP-DRP), in: Stöss, R.. (Hrsg.): Parteien Handbuch. Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945-1980, Band 2 CSU-DSU, Opladen 1986, S. 982-1024, hier S. 988

[2] Opitz, Neofaschismus in der Bundesrepublik, a.a.O., S. 107

[3] Opfermann, N.: Wie Ehemalige scheitern. Der frühe Rechtsradikalismus in Westdeutschland, in: Geschichte im Westen, Jahrgang 7, Heft 1 (1992) S. 62-68, hier S. 63

[4] Schmollinger, Die Deutsche Konservative Partei – Deutsche Rechtspartei (DKP-DRP), in: Stöss, Parteien Handbuch. Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945-1980, a.a.O., S. 996

[5] Ebd., S. 1019

[6] Ebd., S. 997

[7] Ebd., S. 1004

[8] Landesamt für Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen

[9] Rheinische Post vom 12.09.1949

[10] Schmollinger, Die Deutsche Konservative Partei – Deutsche Rechtspartei (DKP-DRP), in: Stöss, Parteien Handbuch. Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945-1980, a.a.O., S. 1006

[11] Ebd., S. 1011

[12] Landeszentrale für politische Bildung NRW, NRW-Lexikon. Politik. Gesellschaft. Wirtschaft. Recht. Kultur, a.a.O., S. 90

[13] Schmollinger, Die Deutsche Konservative Partei – Deutsche Rechtspartei (DKP-DRP), in: Stöss, Parteien Handbuch. Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945-1980, a.a.O., S. 1023

[14] Schmollinger, H. W.: Die Deutsche Partei, in: Stöss, R. (Hrsg.): Parteien-Handbuch. Die Parteien in der Bundesrepublik Deutschland 1945-1990, 2. Auflage, Opladen 1986, Band 2, S. 1025–1111, hier S. 1026

[15] Nathusius, I: Am rechten Rand der Union. Der Weg der Deutschen Partei bis 1953, Mainz 1992, S. 13

[16] Ehrich, E: Heinrich Hellwege. Ein konservativer Demokrat. Hannover 1977, S. 5

[17] Decker, F./Neu, V. (Hrsg.): Handbuch der deutschen Parteien, Wiesbaden 2007, S. 245f

[18] Meyn, H: Die Deutsche Partei. Entwicklung und Problematik einer national-konservativen Rechtspartei nach 1945, Düsseldorf 1965, S. 55

[19] Madloch, N.: Rechtsextremismus in Deutschland nach Ende des Hitlerfaschismus, in: Kinner, K./Richter, R. (Hrsg.): Rechtsextremismus und Antifaschismus. Historische und aktuelle Dimension, Berlin 2000, S. 57-214, hier S. 108

[20] Landesamt für Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen

[21] Ebd.

[22] Schmollinger, Die Deutsche Partei, in: Stöss, Parteien-Handbuch. Die Parteien in der Bundesrepublik Deutschland 1945-1990, 2. Auflage, a.a.O., hier S. 1073

[23] Möller, T.: Rechte Parteien in der Bundesrepublik, Bonn 1988, S. 67

[24] Die folgenden Abgeordneten wechselten zur CDU: Margot Kalinke, Hans-Joachim von Merkatz, Ludwig Preiß, Victor-Emanuel Preusker, Wilhelm Probst, Georg Ripken, Hans-Christoph Seebohm, Heinrich Schild und Willy-Steinmetz. Vgl. dazu: Der Spiegel vom 13.07.1960., S. 13

[25] Reibel, C. W.: Deutsche Partei. Mitgliedschaft und Sozialstruktur. in: Gnad, O./Hausmann, M./Reibel, C. W.: Handbuch zur Statistik der Parlamente und Parteien in den westlichen Besatzungszonen und in der Bundesrepublik Deutschland. Band 12, Teilband III: FDP sowie kleinere bürgerliche und rechte Parteien. Mitgliedschaft und Sozialstruktur 1945–1990, Düsseldorf 2005, S. 175–229, hier S. 221f

[26] Zitiert aus FAZ vom 15.12.1949

[27] FR vom 14.12.1949

[28] Jenke, M.: Verschwörung von Rechts? Ein Bericht über den Rechtsradikalismus in Deutschland nach 1945, Berlin 1961, S. 124

[29] FAZ vom 19.12.1949

[30] FR vom 30.1.1950

[31] FR vom 16.2.1950

[32] Zieher, J.: Im Schatten von Antisemitismus und Wiedergutmachung. Jüdisches Leben in Köln in der fünfziger Jahren, in: Dülffer, J. (Hrsg.): Köln in den 50er Jahren zwischen Tradition und Modernisierung, Köln 2001, S. 277-304, hier S. 290

[33] Zitiert aus Ebd., S. 291

[34] Zitiert aus Ebd.

[35] Vgl. dazu die Sammlung der ausländischen Pressemitteilungen in: FR vom 18.2.1950

[36] Jenke, Verschwörung von Rechts? Ein Bericht über den Rechtsradikalismus in Deutschland nach 1945, a.a.O., S. 126

[37] Frei, N.: Vergangenheitspolitik. Die Anfänge der Bundesrepublik und die NS-Vergangenheit, 2.Auflage, München 1997, S. 322

[38] Jenke, Verschwörung von Rechts? Ein Bericht über den Rechtsradikalismus in Deutschland nach 1945, a.a.O., S. 130

[39] Grumke, T./Wagner, B. (Hrsg.): Handbuch Rechtsradikalismus. Personen-Organisationen-Netzwerke vom Neonazismus bis in die Mitte der Gesellschaft, Opladen 2002, S. 243

[40] Der Mittag vom 26.11.1949

[41] Landesamt für Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen

[42] New York Times vom 15.12.1954

[43] Der Mittag vom 29.06.1953

[44] Jenke, Verschwörung von Rechts? Ein Bericht über den Rechtsradikalismus in Deutschland nach 1945, a.a.O., S. 79

[45] Deutsches Institut für Zeitgeschichte (Hrsg.): Die westdeutschen Parteien, Berlin (Ost) 1966, S. 493

[46] Stöss, R.: Die Sozialistische Reichspartei (SRP), in: Ders (Hrsg.): Parteien Handbuch. Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945-1980, Band 4 NPD-WAW, Opladen 1986, S. 2286-2336, hier  S. 2295

[47] Grumke/Wagner, Handbuch Rechtsradikalismus. Personen-Organisationen-Netzwerke vom Neonazismus bis in die Mitte der Gesellschaft, a.a.O., S. 297f

[48] Landesamt für Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen

[49] Ebd.

[50] Pfahl-Traughber, A.: Rechtsextremismus in der Bundesrepublik, München 1999, S. 81

[51] Deutsches Institut für Zeitgeschichte, Die westdeutschen Parteien 1945-1965, a.a.O., S. 493

[52] Büsch/Furth, Rechtsradikalismus im Nachkriegsdeutschland. Studien über die „Sozialistische Reichspartei“ (SRP), a.a.O., S. 233

[53] Ebd., S. 237

[54] Sozialistische Reichspartei (Hrsg.): Programm der Sozialistischen Reichspartei, Hannover 1951, S. 1

[55] Büsch/Furth, Rechtsradikalismus im Nachkriegsdeutschland. Studien über die „Sozialistische Reichspartei“ (SRP), a.a.O., S. 25

[56] Stöss, Die Sozialistische Reichspartei (SRP), in: Ders (Hrsg.): Parteien Handbuch. Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945-1980, Band 4 NPD-WAW, a.a.O. , S. 2286

[57] Rednerinformationen des Landesverbandes Niedersachsen der SRP, Nr. 4/1951, S. 3

[58] Sozialistische Reichspartei, Programm der Sozialistischen Reichspartei, a.a.O., S. 1

[59] Stöss, Die extreme Rechte in der Bundesrepublik: Entwicklung-Ursachen-Gegenmaßnahmen, a.a.O., S. 106

[60] Sozialistische Reichspartei, Programm der Sozialistischen Reichspartei, a.a.O., S. 1

[61] Rundschreiben Nr.3 des LV Nordrhein-Westfalen der SRP vom 16.11.1950

[62] SRP-Landesverband Hamburg (Hrsg.): Deutscher Ruf, Nr.8 vom 01.03.1951, S. 2

[63] Jenke, Verschwörung von rechts?, a.a.O., S. 97

[64] Landesinformationsdienst des Landes Schleswig-Holstein vom 28.12.1951, Akten 1 Bv 1/51-H6-Urkunde Nr. 237

[65] Vorstand der SPD (Hrsg.): Die Sozialistische Reichspartei (SRP), Bonn 1951, S. 28

[66] Ebd., S. 31

[67] Stöss, Die Sozialistische Reichspartei (SRP), in: Ders (Hrsg.): Parteien Handbuch. Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945-1980, Band 4 NPD-WAW, a.a.O., .S. 2322f

[68] Ebd., S. 2278

[69] Deutsche Reichszeitung,, 1.Jg., Nr.1 vom 12. März 1950, S. 2

[70] Büsch/Furth, Rechtsradikalismus im Nachkriegsdeutschland. Studien über die „Sozialistische Reichspartei“ (SRP), a.a.O., S. 74

[71] Ebd., S. 81

[72] Ebd., S. 82

[73] Ebd., S. 87

[74] Sozialistische Reichspartei Nordrhein-Westfalen, Wuppertal, den 28.5.1951: Rundbrief, Wuppertal 1951, S. 2

[75] Büsch/Furth, Rechtsradikalismus im Nachkriegsdeutschland. Studien über die „Sozialistische Reichspartei“ (SRP), a.a.O., S. 94

[76] Ebd., S. 154

[77] Kalinowsky, H.H.: Kampfplatz Justiz. Politische Justiz und Rechtsextremismus in der Bundesrepublik Deutschland 1949-1990, Pfaffenweiler 1993, S. 132

[78] Stöss, Die Sozialistische Reichspartei (SRP), in: Ders (Hrsg.): Parteien Handbuch. Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945-1980, Band 4 NPD-WAW, a.a.O., S. 2274

[79] Pfahl-Traughber, Rechtsextremismus in der Bundesrepublik, a.a.O., S. 23

[80] Assheuer, T./Sarkowicz, H.: Rechtsradikale in Deutschland. Die alte und die neue Rechte, München 1990, S. 14

[81] Jenke, Verschwörung von rechts?, a.a.O., S. 115

[82] Benz, W. (Hrsg.): Die Vertreibung der Deutschen aus dem Osten. Ursachen, Ereignisse, Folgen, Frankfurt/Main 1995, S. 13

[83] Taber, B.: Flüchtlinge und Vertriebene in der Bundesrepublik, Frankfurt/M. 2006, S. 25

[84] Stöss, R.: Der Gesamtdeutsche Block/BHE, in: Ders (Hrsg.): Parteienhandbuch Band 3 (EAP - KSP). Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945-1980, Opladen 1986, S. 1424-1459, hier S. 1427

[85] Ebd., S. 1441

[86] New York Times vom 11.11.1952

[87] Stöss, Der Gesamtdeutsche Block/BHE, in: Ders. (Hrsg.): Parteienhandbuch. Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945-1980, a.a.O., hier  S. 1435

[88] Wachs, P.-C.: Der Fall Oberländer (1905-1998). Ein Lehrstück deutsche Geschichte, Frankfurt/Main 2000, S. 36ff

[89] Vgl. dazu Gerlach, G: Kalkulierte Morde.Die deutsche Wirtschafts- und Vernichtungspolitik in Weißrußland 1941 bis 1944, Hamburg 2000

[90] Raschhofer, H.: Der Fall Oberländer, Tübingen 1962, S. 89

[91] Sonnewald, B.: Die Entstehung und Entwicklung der ostdeutschen Landsmannschaften von 1947 bis 1952, Berlin 1975, S. 143

[92] Zitiert aus Neumann, F.: Der Block der Heimatvertriebenen und Entrechteten 1950-1960. Ein Beitrag zur Geschichte und Struktur einer politischen Interessenpartei, Meisenheim am Glan 1968, S. 137

[93] Zitiert aus Ebd, S. 145

[94] Stöss, Der Gesamtdeutsche Block/BHE, in: Ders. (Hrsg.): Parteienhandbuch. Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945-1980, a.a.O., hier S. 1443

[95] Ebd., S. 1438

[96] Ebd., S. 1434

[97] Neumann, Der Block der Heimatvertriebenen und Entrechteten 1950-1960. Ein Beitrag zur Geschichte und Struktur einer politischen Interessenpartei, a.a.O., S. 167

[98] Stöss, Der Gesamtdeutsche Block/BHE, in: Ders. (Hrsg.): Parteienhandbuch. Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945-1980, a.a.O., hier S. 1455

[99] Die Welt vom 17.09.1951

[100] Neumann, Der Block der Heimatvertriebenen und Entrechteten 1950-1960. Ein Beitrag zur Geschichte und Struktur einer politischen Interessenpartei, a.a.O., S. 157

[101] Ebd., S. 178

[102] Ebd., S: 188

[103] Köhler, W. (Hrsg.): Nordrhein-Westfalen: fünfzig Jahre später: 1946-1996, Essen 1996, S. 13

[104] Düsseldorfer Nachrichten vom 18.08.1955

[105] Stöss, Der Gesamtdeutsche Block/BHE, in: Ders (Hrsg.): Parteien-Handbuch. Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945-1980, a.a.O., hier S. 1454

[106] Schmollinger, H.W.: Die Deutsche Reichspartei, in: Stöss, R. (Hrsg.): Parteien-Handbuch: die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945-1980, Band 2. CSU bis DSU, Opladen 1986, S. 1112-1192, hier S. 1114ff

[107] Ebd., S. 1174

[108] Kinner/Richter, Rechtsextremismus und Antifaschismus. Historische und aktuelle Dimension, a.a.O., S. 109

[109] Ebd.

[110] Tauber, K.P.: Beyond Eagle and Swastika. German Nationalism since 1945, Band 1, Middletown 1967, S. 794ff

[111] Assheuer/Sarkowicz, Rechtsradikale in Deutschland. Die alte und die neue Rechte, a.a.O., S.15f

[112] Schmollinger, Die Deutsche Reichspartei, in: Stöss, Parteien-Handbuch: die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945-1980, a.a.O., S. 1174, 1116ff

[113] Das Ziel, 3. Jahrgang, 1954, Nr.2. vom 16.01.1954, S. 1

[114] Schmollinger, Die Deutsche Reichspartei, in: Stöss, Parteien-Handbuch: die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945-1980, a.a.O., S. 1166

[115] Ebd., S. 1119

[116] Ebd., S. 1133

[117] Assheuer /Sarkowicz, Rechtsradikale in Deutschland, a.a.O., S. 17

[118] Peukert, D.J.K./Bajohr, F.: Rechtsradikalismus in Deutschland: 2 historische Beiträge, Hamburg 1990, S. 40

[119] Zitiert aus Knütter, Ideologien des Rechtsradikalismus im Nachkriegsdeutschland. Eine Studie über die Nachwirkungen des Nationalsozialismus, a.a.O., S. 196

[120] Landesamt für Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen

[121] Landesamt für Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen

[122] Landesamt für Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen

[123] Landesamt für Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen

[124] Landesamt für Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen

[125] Landesamt für Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen

[126] Landesamt für Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen

[127] Landesamt für Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen

[128] Zitiert aus Jenke, Verschwörung von Rechts? Ein Bericht über den Rechtsradikalismus in Deutschland nach 1945, a.a.O., S. 34

[129] Arnsberger Rundschau vom 20.07.1963

[130] Stuttgarter Zeitung vom 19.01.1950

[131] Deutsche Reichspartei (Hrsg.): Programm der DRP, München 1958, S. 1f

[132] Ebd., S. 5

[133] Reichsruf, 12. Jahrgang, 1963, Nr.1. vom 05.01.1963, S.1

[134] Reichsruf-Verlag (Hrsg.): Jahreskalender 1960 der DRP, Hannover 1960, S. 1

[135] Ebd.

[136] Lüdenscheidter Nachrichten vom 22.06.1964

[137] Aachener Nachrichten vom 06.10.1964

[138] DRP Duisburg (Hrsg.): 5 Jahre DRP-Duisburg 1958/59, Duisburg 1959, S. 2

[139] Reichsruf-Verlag: Jahreskalender 1960 der DRP, a.a.O., S. 2

[140] Hillweger-Anzeiger vom 03.06.1964

[141] Reichsruf-Verlag: Jahreskalender 1960 der DRP, a.a.O., S. 2

[142] Von Thadden, A.: Deutschland in Europa. Europa in der Welt. Eine Rede des Bonner Parteitages der DRP 1964, Hannover 1965, S: 2

[143] Landesamt für Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen

[144] Landesamt für Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen

[145] Westfälische Zeitung vom 21.09.1964

[146] Wanne-Eickeler Zeitung vom 27.06.1964

[147] Hoggan, D.L.: Der erzwungene Krieg. Die Ursachen und Urheber des 2. Weltkriegs. 14. Auflage, Tübingen 1990 (Erstveröffentlichung 1961)

[148] Graml, H.: David L. Hoggan und die Dokumente, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 14 (1963), S. 492-514; Jasper, G.: Über die Ursachen des Zweiten Weltkriegs. Zu den Büchern von A. J. P. Taylor und David L. Hoggan, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 10 (1962), S. 311-340, Schieder, W.: Rezension zu David L. Hoggan: Der erzwungene Krieg. Die Ursachen und Urheber des Zweiten Weltkrieges, in: Historische Zeitschrift 207, 1968, S. 509-510

[149] Bundesamt für Verfassungsschutz (Hrsg.): Rechtsextremistischer Revisionismus. Ein Thema von heute. Köln 2001, S. 6f

[150] Bocholter Volksblatt vom 04.05.1964

[151] HSTA RWV 5-174, Blatt 68

[152] Ebd., Blatt 70f

[153] Deutsche Reichs-Partei: Unsere grundsätzlichen Forderungen. Unser Sofortprogramm, o.O., 1950, S.2

[154] HSTA RWV 5-174,, Blatt 70

[155] Ebd., Blatt 75

[156] Ebd., Blatt 78

[157] Ebd., Blatt 80

[158] Ebd.

[159] Rheinische Post vom 08.03.1964

[160] HSTA RWV 5-174, Blatt 87

[161] Reichsruf-Verlag, Jahreskalender der DRP, a.a.O., S. 2

[162] DRP Duisburg, 5 Jahre DRP-Duisburg, a.a.O., S. 2

[163] Landesamt für Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen

[164] Landesamt für Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen

[165] Rheinische Post vom 08.06.1964

[166] Grünberg, H.B.: Fortdauer der Fremdherrschaft oder freie Vaterländer Europas? Rede gehalten auf dem Parteitag der DRP, Karlsruhe, 22.09.1963, Hannover 1964, S. 2

[167] Reichsruf, 6. Jahrgang, 1957, Nr.21 vom 25.05.1957, S. 5

[168] Grünberg, Fortdauer der Fremdherrschaft oder freie Vaterländer Europas? Rede gehalten auf dem Parteitag der DRP, Karlsruhe, 22.09.1963, a.a.O., S. 5

[169] Rheinische Post vom 17.09.1953

[170] Ebd.

[171] Grünberg, Fortdauer der Fremdherrschaft oder freie Vaterländer Europas? Rede gehalten auf dem Parteitag der DRP, Karlsruhe, 22.09.1963, a.a.O., S. 4

[172] HSTA RWV 5-174, Blatt 89

[173] Ebd., Blatt 90

[174] Ebd.

[175] Ebd.

[176] Reichsruf-Verlag, Jahreskalender der DRP, a.a.O., S. 3

[177] Reichsruf vom 03.01.1959, S. 3

[178] Ebd.

[179] Reichsruf vom 22.08.1959, S. 4

[180] Ebd.

[181] Schmollinger, Die Deutsche Reichspartei, in: Stöss, Parteien-Handbuch: die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945-1980, a.a.O., S. 1137

[182] Landesamt für Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen

[183] Schmollinger, Die Deutsche Reichspartei, in: Stöss, Parteien-Handbuch: die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945-1980, a.a.O., S. 1182

[184] Ebd., S. 1172

[185] Jenke, Verschwörung von Rechts? Ein Bericht über den Rechtsradikalismus in Deutschland nach 1945, a.a.O., S. 253

[186] Der Spiegel vom 22.06.1960

[187] Freie Presse vom 02.11.1963

[188] Solinger Tageblatt vom 28.06.1963

[189] HSTA RWV 5-174, Blatt 145

[190] Ebd., Blatt 118

[191] Ebd., Blatt 47

[192] Ebd., Blatt 11

[193] Schmollinger,Die Deutsche Reichspartei, in: Stöss, Parteien-Handbuch: die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945-1980, a.a.O.,S. 1181

[194] Ebd., S. 1187

[195] Ebd.

[196] Weiß, V.: Thomas Mann, Dmitri Meneschkowski und Arthur Moeller van den Bruck im Kampf gegen „den Westen“, in: Kauffmann, H./Kellershohn, H./Paul, J. (Hrsg.): Völkische Bande. Dekadenz und Wiedergeburt – Analyse rechter Ideologie, Münster 2005, S. 90-122, hier S. 104ff

[197] Jenke, Verschwörung von Rechts? Ein Bericht über den Rechtsradikalismus in Deutschland nach 1945, a.a.O., S. 268

[198] Ebd.

[199] Die „Konservative Revolution“ war eine geistig-politische Strömung der deutschen Rechten, die sich nach dem verlorenen 1. Weltkrieg und dem Zusammenbruch des Kaiserreiches 1918/19 in Abgrenzung zu der als reaktionär verachteten Monarchie und ihrer Repräsentanten sowie der verhassten Demokratie formierte. Die wichtigsten Vertreter der „Konservativen Revolution“ waren Arthur Moeller van den Bruck, Carl Schmitt, Oswald Spengler, Edgar Julius Jung, Hans Freyer, Othmar Spann, Ernst Niekisch, Ernst Jünger und Hans Zehrer. Den Versprechen der Französischen Revolution „Liberté, Egalité, Fraternité“ stellten sie die Hoffnung auf „alte-neue“ Werte entgegen. In seinem Werk „Das Dritte Reich“ führt Moeller van den Bruck aus: „Der Konservative Mensch sucht heute wieder die Stelle, die Anfang ist. Er ist notwendiger Erhalter und Empörer zugleich. Er wirft die Frage auf: was ist erhaltenswert? Aber er sucht auch (...) anzuknüpfen, nicht abzubrechen - wie der revolutionäre Mensch.“ Das Ziel der „Konservativen Revolution“ war nicht der Erhalt der bestehenden oder die Wiederbelebung einer früheren Ordnung, sondern der Sturz der Weimarer Republik, um eine neue Ordnung zu schaffen, die erst dann konserviert werden könnte. Vgl. dazu Cremet, J./Krebs, F./Speit, A.: Jenseits des Nationalismus. Ideologische Grenzgänger der „Neuen Rechten“-Ein Zwischenbericht, Hamburg/Münster 1999, S. 22ff

[200] Vgl. dazu Moreau, P.: Nationalsozialismus von links: die „Kampfgemeinschaft Revolutionärer Nationalsozialisten“ und die „Schwarze Front“ Otto Strassers, 1930–1935,  Stuttgart 1985

[201] Wistrich, R.S.: Wer war wer im Dritten Reich. Ein biographisches Lexikon, München 1983, S. 264

[202] Jenke, Verschwörung von Rechts? Ein Bericht über den Rechtsradikalismus in Deutschland nach 1945, a.a.O., S. 268

[203] Ebd., S. 269

[204] Stöss, R.: Die Deutsch-Soziale Union, in: Ders. (Hrsg.): Parteien Handbuch. Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945-1980, Band 2 CSU-DSU, Opladen 1986, S. 1243-1278, hier S. 1246

[205] Gossweiler, K.: Die Strasser-Legende. Auseinandersetzungen mit einem Kapitel des deutschen Faschismus, Berlin 1994, S. 110

[206] Jenke, Verschwörung von Rechts? Ein Bericht über den Rechtsradikalismus in Deutschland nach 1945, a.a.O., S. 269

[207] Stöss, Die Deutsch-Soziale Union, in: Ders., Parteien Handbuch. Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945-1980, a.a.O., S. 1246

[208] Ebd., 1248

[209] Jenke, Verschwörung von Rechts? Ein Bericht über den Rechtsradikalismus in Deutschland nach 1945, a.a.O., S. 271

[210] Stöss, Die Deutsch-Soziale Union, in: Ders., Parteien Handbuch. Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945-1980, a.a.O., S. 1250

[211] Ebd., S. 1251

[212] Ebd., S. 1258

[213] Jenke, Verschwörung von Rechts? Ein Bericht über den Rechtsradikalismus in Deutschland nach 1945, a.a.O., S. 273

[214] Ebd.

[215] Stöss, Die Deutsch-Soziale Union, in: Ders., Parteien Handbuch. Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945-1980, a.a.O., S. 1252

[216]. Jenke, Verschwörung von Rechts? Ein Bericht über den Rechtsradikalismus in Deutschland nach 1945, a.a.O., S. 276

[217] Ebd.

[218] Ebd.

[219] Stöss, Die Deutsch-Soziale Union, in: Ders., Parteien Handbuch. Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945-1980, a.a.O., S. 1253

[220] Ebd., S. 1277

[221] Strasser, O.: Deutschland und der 3. Weltkrieg, München 1961, S. 18f

[222] Stöss, Die Deutsch-Soziale Union, in: Ders., Parteien Handbuch. Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945-1980, a.a.O., S. 1255

[223] Ebd., S. 1257

[224] Rheinische Post vom 08.03.1961

[225] Stöss, Die Deutsch-Soziale Union, in: Ders., Parteien Handbuch. Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945-1980, a.a.O., S. 1272

[226] Ebd., S. 1273

[227] Ebd., S. 1271

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