Prager Frühling

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Prager Frühling

 

Erste Maßnahmen der Entstalinisierung leitete der sowjetische Innenminister Lawrenti Beria drei Wochen nach Stalins Tod ein. Er verbot Misshandlungen während der Untersuchungshaft, rehabilitierte die Kreml-Ärzte, die unmittelbar vor Stalins Tod einer politischen Verschwörung bezichtigt worden waren, stärkte die nationalen Kader in den Teilrepubliken und stellte die Arbeit des „Ausschusses für konterrevolutionäre Verbrechen“, eines der zentralen staatlichen Repressionsorgane, ein. Am bedeutendsten war jedoch wohl die Entlassung von etwa 1,2 Mio. Lagerinsassen aus den Straflagern. Allerdings galt diese Amnestie nur für Häftlinge, die eine Strafe von weniger als fünf Jahren verbüßten. Damit waren politisch Verfolgte von dieser Maßnahme ausgenommen. Im Zuge der Lockerung des Strafvollzugs kam es seit 1953 verstärkt zu Lageraufständen, die sich gegen die weiterhin schlechten Haftbedingungen richteten.

Die Jahre vom Tode Stalins bis zur Geheimrede Chruschtschows bezeichnet man auch als „stille Entstalinisierung“, da eine Abkehr von der bisherigen Politik zwar teilweise vollzogen, jedoch noch nicht offen proklamiert wurde.

In dieser Zeit war auch die Nachfolge Stalins nicht eindeutig geregelt. Zunächst trat eine kollektive Führung an die Spitze des Staates. Von dieser Führung wurde Beria am 26. Juni 1953 festgenommen (aus Furcht vor dem mächtigen Geheimdienstchef); im Dezember 1953 wurde er hingerichtet. In den folgenden Diadochenkämpfen setzte Chruschtschow sich schließlich – durch geschicktes Taktieren und mit Hilfe des von ihm weitgehend kontrollierten Parteiapparats – gegen seine Rivalen um die Macht durch. Zur politischen Legitimation seiner Herrschaft emanzipierte er sich gezielt von Stalin, obwohl er, wie die gesamte Führungsriege des Landes, zu Lebzeiten zu dessen engsten Vertrauten gezählt hatte und an den Verbrechen des Regimes beteiligt gewesen war. Malenkow – vor Stalins Tod der „zweite Mann“ im Staate – war noch bis zum 8. März 1955 Vorsitzender des Ministerrates.

Auf dem XX. Parteitag der KPdSU hielt Chruschtschow in einer geschlossenen Sitzung am 25. Februar 1956 eine Rede Über den Personenkult und seine Folgen, in der er den Personenkult um Stalin, dessen Machtmissbrauch und die staatlichen Repressionen gegen Parteifunktionäre kritisierte. Die Macht der Partei basiere nicht auf einer Person, so Chruschtschow, sondern auf dem „unverbrüchlichen Bund mit den Massen“. Außerdem forderte er eine Wiederbesinnung auf die Lehren Lenins und die damit verbundene Rückkehr zum Prinzip der kollektiven Führung: Kollektivität sei „das führende Prinzip der Leitung der Partei“. Keine Erwähnung in dieser Rede fanden hingegen der Terror gegen die breite Bevölkerung und die politischen „Säuberungen“ vor 1934.

Somit kritisierte Chruschtschow zwar Stalin persönlich, nicht jedoch grundlegende Strukturen des stalinistischen Systems. Trotz des Postulats der Geheimhaltung wurde die Rede an lokale Parteiinstanzen und kommunistische Parteien im Ostblock versandt. Durch Zufall gelangte sie über die israelische Botschaft in Warschau an den israelischen Geheimdienst, der sie an den CIA weiterleitete.

Das literarische Schaffen der sowjetischen Autoren während der Stalin-Ära war geprägt durch die totale Vereinnahmung der Literatur durch die Kommunistische Partei. Die Kunststilrichtung des Sozialistischen Realismus galt als Maßstab, an dem sich jeder Künstler messen lassen musste. 1954 erschien Ilja Ehrenburgs Roman „Tauwetter“. Anstatt wie bisher üblich ein durchweg positives Bild von der Sowjetunion zu zeichnen, erzählt Ehrenburg eine Geschichte über sowjetische Durchschnittsmenschen und nimmt gleichzeitig eine psychologische Analyse seiner Protagonisten vor. Damit wurde der Roman zu einem Symbol der neuen künstlerischen Möglichkeiten, und sein Titel etablierte sich auch außerhalb der Literatur als Epochenbegriff: „Tauwetter“ stand fortan metaphorisch für den Prozess eines langsamen Auftauens einer durch strenge Direktiven und staatlichen Terror erstarrten Gesellschaft.

Die „Tauwetter-Literatur“ kritisierte insbesondere die so genannte „Produktions- und Kolchosenliteratur“ mit ihren stereotypen Helden, den Handlungsklischees und der konfliktfreien Atmosphäre. Sie stellten darüber hinaus die moderne Fortschrittsgläubigkeit in der Sowjetunion sowie die Verhaltensmechanismen der KPdSU infrage und forderten Wahrhaftigkeit und Aufrichtigkeit in der Literatur. Allerdings gab es auch zur Zeit des „Tauwetters“ Grenzen, die von der Literatur nicht überschritten werden durften. So kam es weiterhin, wenn nun auch in eingeschränkter Form, zu Publikationsverboten und staatlichen Repressalien gegen Schriftsteller. Das berühmteste Beispiel hierfür bildet der Roman Doktor Schiwago von Boris Pasternak, der für dieses Werk 1958 den Nobelpreis für Literatur erhielt. Wegen der im Roman vorgetragenen Kritik am Marxismus-Leninismus und Bolschewismus, aber auch aufgrund der politischen Instrumentalisierung des Werks durch den Westen wurde der Druck des Romans in der Sowjetunion verboten und der Autor einer Hetzkampagne in der sowjetischen Presse ausgesetzt.

Die neuen Freiräume führten gleichzeitig zu einer kritischen Aufarbeitung des Stalinismus. So befürwortete Chruschtschow 1962 persönlich das Erscheinen von Alexander Issajewitsch Solschenizyns Erzählung „Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch“, in der Solschenizyn, selbst ehemaliger Häftling, die Grausamkeiten des sowjetischen Lagerlebens eindrucksvoll schilderte.

Für die Musik bedeutete die Entstalinisierung eine Lockerung der 1948 vom ZK der KPdSU geforderten Volksnähe der Kunst. Der unter Stalin einerseits für seinen Modernismus verfemte und andererseits aufgrund seiner internationalen Erfolge gefeierte Komponist Dmitrij Schostakowitsch erlebte eine Art inoffizielle Rehabilitierung und wurde 1957 zum Sekretär des Komponistenverbandes gewählt.

Mit dem Sturz Chruschtschows im Jahre 1964 endete auch die Politik der dosierten Freiräume für die Künstler der Sowjetunion und die „Tauwetterliteratur“ verschwand in der Breschnew-Ära.

Nach Stalins Tod stand insbesondere die Wirtschaft vor großen Herausforderungen, da jahrzehntelang einzig die Schwerindustrie zu Lasten von Landwirtschaft und Konsumgüterproduktion vorangetrieben worden war. Verzicht und Zurückhaltung waren der Bevölkerung immer weniger zu vermitteln, weshalb bereits 1952 die ersten Schritte zur Neuordnung der Prioritäten unternommen wurden. Da allerdings die Rüstungs- und Raumfahrtindustrie, die zeitweise bis zu 30 % der Staatsausgaben für sich beanspruchten, für das Kräftegleichgewicht mit den USA unverzichtbar waren, konnten die Investitionen nicht reduziert werden. Die Weiterentwicklung der Schwerindustrie blieb deshalb wesentlicher Bestandteil der sowjetischen Wirtschaftspolitik.

Bestrebungen zur Effizienzsteigerung, die zumindest das Budget zugunsten der anderen Wirtschaftszweige entlasten sollten – wie eine massive Dezentralisierung und Regionalisierung sowie der Abbau der bürokratischen Planungsapparate – scheiterten zu guter Letzt am allgemeinen Desinteresse, grundsätzliche planwirtschaftliche Defizite zu reformieren. Die Neuerungen wurden deshalb teilweise schon von Chruschtschow, endgültig aber nach dessen Sturz wieder revidiert.

Nur wenige Monate nach der „Geheimrede“ Chruschtschows auf dem XX. Parteitag wurde der GULag als Hauptverwaltung des stalinistischen Lagersystems aufgelöst und die verbleibenden Lager verschiedenen anderen Dienststellen unterstellt. Nach offiziellen sowjetischen Angaben erfolgte daneben bis Mai 1957 die Entlassung von 70 % der Lagerinsassen von 1953 aus der Haft.Die Zahl der Lager verringerte sich deutlich und auch die Haftbedingungen verbesserten sich. Dennoch blieb die Institution des Lagersystems als Strafvollzugssystem bis zum Ende der Sowjetunion bestehen.

Weiterhin verschwanden, wenngleich auch in deutlich geringerer Zahl als unter Stalin, potentielle und vermeintliche Gegner der Staatsmacht in den Lagern. Letztere dienten damit weiterhin, wenn auch in abgeschwächter Form, der Unterdrückung und Disziplinierung der Bevölkerung. Eine weitere grundlegende Funktion verlor das Lagersystem indes nahezu vollständig: Von 1929 bis 1953 sollte die Arbeitskraft der Häftlinge für die Staatswirtschaft gewinnbringend genutzt werden. Als Zwangsarbeiter wirkten die Häftlinge des GULag jahrzehntelang an der Industrialisierung der Sowjetunion mit. Nachdem diese ein gewisses Niveau erreicht hatte, zeigte sich in den 1950er Jahren immer mehr, dass die Sowjetunion nun nicht mehr die massive Arbeitskraft schlecht ausgebildeter und nach kurzer Zeit entkräfteter Zwangsarbeiter, sondern qualifizierte und motivierte Facharbeiter benötigte.

Auf Grund der offenkundig gewordenen ökonomischen Ineffektivität der Häftlingsarbeit im Rahmen der auf Dezentralisierung abzielenden neuen Wirtschaftspolitik unter Chruschtschow endete damit die unter Stalin aufgebaute Funktion des GULag als wichtiger Wirtschaftsfaktor in der Sowjetunion. Dies dürfte ein wesentlicher Grund für die Entlassung des Millionenheeres unfreier Lagerzwangsarbeiter nach 1953 gewesen sein.

Beim XXII. Parteitag der KPdSU im Oktober 1961 sollte die Verabschiedung des neuen Parteiprogramms im Mittelpunkt stehen. Gleichwohl setzte Chruschtschow (wohl zur Überraschung vieler Delegierter) die Entstalinisierung erneut auf die Tagesordnung; das Verhalten und die Machenschaften der „parteifeindlichen“ Gruppe um Wjatscheslaw Michailowitsch Molotow (die schon 1957 entmachtet worden war) wurde öffentlich angeprangert..

In zahlreichen Reden wurde die „parteifeindliche“ Gruppe der Beteiligung an den Verbrechen Stalins beschuldigt und deren Ausschluss aus der Partei sowie die Einleitung strafrechtlicher Verfolgungsmaßnahmen gefordert. Auf Beschluss des Parteitages wurde Stalins Name aus der sowjetischen Öffentlichkeit getilgt: zahlreiche nach ihm benannte Städte und Straßen wurden umbenannt; sein Leichnam wurde aus dem Lenin-Mausoleum entfernt

Durch den erneuten Rückgriff auf die Entstalinisierung versuchte Chruschtschow seine geschwächte Machtposition gegenüber seinen innerparteilichen Gegnern wieder zu festigen.

Kurz nach dem XXI. Parteitag wurden auch in Bulgarien, Ungarn, Rumänien und der DDR Tausende von Stalin-Straßen, -Plätzen und -Fabriken umbenannt, Stalin-Denkmäler demontiert, Stalin-Bilder übermalt und Stalins Werke aus den Bibliotheken entfernt. Das sowjetische Stalingrad (bis 1925 Zarizyn) wurde in Wolgograd umbenannt. Die „Schlacht von Stalingrad“ wurde in der Sowjetunion nun „Schlacht von Wolgograd“ genannt.

Zum Beispiel wurde in Ost-Berlin die Stalin-Statue demontiert; die Ostberliner Stalin-Allee wurde umbenannt (teils in Karl-Marx-Allee, teils in Frankfurter Allee). Aus der Betriebsbezeichnung „VEB Elektroapparatewerke J. W. Stalin“ wurde der Name Stalins gestrichen. Die Nachbarstädte Fürstenberg und Stalinstadt wurden zum Stadtkreis Eisenhüttenstadt vereinigt.

Chruschtschow wurde am 14. Oktober 1964 aufgrund des verlorenen Rückhalts innerhalb des Zentralkomitees abgesetzt. Enttäuschte Hoffnungen in der Wirtschaftspolitik, eine Konzentration der Macht in der Hand eines Einzelnen und eine Reihe strittiger außenpolitischer Entscheidungen begünstigten den Machtverlust. Als Nachfolger trat Leonid Breschnew die Position des Ersten Sekretärs des ZKs der KPdSU an.

hatten auch in der Tschechoslowakei zu einer Verurteilung des Personenkults geführt. Seit 1957 amtierte Partei- und Staatschef Antonín Novotny. 1957 übernahm er als Nachfolger von Antonín Zápotocký auch das Amt des Staatspräsidenten. Mit seinem Namen verbindet sich die harte Repressionspolitik der frühen 1950er Jahre, aber vor allem auch die Fortsetzung der stalinistischen Linie bis weit in die 1960er Jahre hinein

Die Ereignisse in Ungarn 1956 waren auch ein Vorläufer für den Prager Frühling. Der Ungarische Volksaufstand war  die bürgerlich-demokratische Revolution und den Freiheitskampf von 1956 in der Volksrepublik Ungarn, bei denen sich breite gesellschaftliche Kräfte gegen die Regierung der kommunistischen Partei und der sowjetischen Besatzungsmacht erhoben. Die Revolution begann am 23. Oktober 1956 mit einer friedlichen Großdemonstration der Studenten der Universitäten in Budapest, die demokratische Veränderungen forderte. Die Regierung ließ am Abend in die schnell wachsende Menge schießen, daraufhin brach der bewaffnete Kampf aus. Binnen weniger Tage wurde die Einparteidiktatur durch eine Regierung unter der Leitung von Imre Nagy abgelöst, in der auch die Bauernpartei und die Kleinlandwirtepartei Ministerien erhielten. Diese Regierung bildete sich innerhalb von acht Tagen noch zweimal um und beteiligte auch noch die sozialdemokratische Partei. Ungarn trat aus der Warschauer Vertragsorganisation aus, erklärte seine Neutralität und rief die Sowjetarmee zum Verlassen des Landes auf.

Der Freiheitskampf endete mit der Invasion der durch Einmarsch verstärkten übermächtigen Sowjetarmee, die am 4. November 1956 eine pro-sowjetische Regierung unter János Kádár installierte. Die Kämpfe gegen sie dauerten in Budapest eine Woche, an einzelnen Orten mehrere Wochen lang, im Gebirge sogar bis Anfang 1957. Der Westen unterstützte die Aufständischen verbal, die NATO hielt sich jedoch von einer militärischen Konfrontation mit dem Ostblock zurück. Nach der Niederschlagung des Freiheitskampfes wurden hunderte Aufständische – unter ihnen Imre Nagy und Pál Maléter – durch die kommunistischen Machthaber hingerichtet, zehntausende wurden eingekerkert oder interniert. Hunderttausende Ungarn flüchteten vor der Diktatur in den Westen. Der Aufstand wurde vom Kádár-Regime stets als „Konterrevolution“ bezeichnet, die öffentliche Nennung als Revolution wurde geahndet.

Ein frühes Anzeichen dieser Veränderungen war die „Rehabilitierung“ des lange verfemten Franz Kafka, dessen literarische Geltung auf einer internationalen Schriftstellertagung auf Schloss Liblice am 27. und 28. Mai 1963 zur Debatte gestellt wurde. Auf dieser als Kafka-Konferenz bekanntgewordenen Tagung handelte es sich um eine politische Diskussion auf dem Feld der Literaturwissenschaft, wobei Gegenstand der Debatte im Wesentlichen der zentrale marxistische Begriff der Entfremdung war. Gegen die Meinung vor allem der Teilnehmer aus der DDR, welche Kafka als Opfer eines Personenkults sahen und dafürhielten, dass es die von Karl Marx postulierte Entfremdung des Arbeiters von seiner Arbeit im Sozialismus nicht mehr geben könne, vertraten die tschechoslowakischen Delegierten mit dem Österreicher Ernst Fischer die Auffassung, dass dies sehr wohl der Fall sein könne und dass man die Dinge so sehen solle, wie sie lägen.

Die Diskussion der Kafka-Konferenz wurde von der Literaturzeitung Literární noviny aufgegriffen und weitergeführt. Diese Zeitschrift war in der Folgezeit ein Hauptschauplatz der Auseinandersetzung zwischen den Ideologen und den Idealisten. Die Zeitschrift erreichte eine für ein Land wie die Tschechoslowakei beachtliche Auflage von 140.000 Exemplaren. Sie hatte sich zunehmend mit Sanktionen des Zentralkomitee der KPČ zu befassen. Der Chefredakteur wurde ausgewechselt, doch sein Nachfolger konnte wenig ausrichten. Auf einem Kongress des Schriftstellerverbandes im Juni 1967 übten die von Literární noviny entsandten Delegierten (drei Redakteure der Zeitschrift Ivan Klíma, Antonín Jaroslav Liehm und Ludvík Vaculík  erstmals direkte Kritik an der Parteiführung.

Staats- und Parteichef Antonín Novotný reagierte mit einer öffentlichen Erklärung, wonach der Kongress Teil einer vom Ausland gesteuerten Kampagne gegen die anstehenden Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag der Oktoberrevolution sei. Die KPČ befahl die Umbildung der Redaktion der Zeitschrift und verbot einer Anzahl der Kongressteilnehmer, darunter Pavel Kohout und Václav Havel, bei den Wahlen des Schriftstellerverbands zu kandidieren. Die oben genannten drei Redakteure wurden aus der Partei ausgeschlossen, andere Teilnehmer – wie etwa Kohout – erhielten Verwarnungen. Die Zeitschrift wurde dem Kulturminister Karel Hoffmann unterstellt und büßte augenblicklich ihre Funktion als Dissidentenorgan ein. Alles dies wurde jedoch als Anzeichen gesehen, dass Novotný Schwierigkeiten hatte, sich wie einst auf der Stelle durchzusetzen. So führten die Sanktionen stattdessen zu einem breiten Protest von Journalisten, Künstlern und Schriftstellern, und eine „gesetzlich ungeregelte, aber disziplinierte Presseanarchie“, die im März 1968 schließlich in der Abschaffung der Zensur gipfeln sollte, begann, sich zu entwickeln.

Es gab einen nicht öffentlichen Machtkampf zwischen Novotný (damals Erster Sekretär des Zentralkomitees der KSČ) und Rudolf Barák. Barák wurde im Februar 1962 verhaftet; er verlor alle seine Partei- und Regierungsposten und wurde aus der KSČ ausgeschlossen. Die KSC entschied, seinen Fall als kriminelle Tat darzustellen; Barák wurde aufgrund von konstruierten Beschuldigungen zu 15 Jahren Haft verurteilt. Er hatte nicht nur sein Land durch vorsichtige Wirtschaftsreformen in die "erste Liga" des COMECON gebracht, Anfang der 1960er Jahre die Stalinisten ausgeschaltet und einen Spalt der Liberalisierung und Meinungsfreiheit (etwa durch Live-Fernsehdiskussionen in Kooperation mit dem ORF) geöffnet, sondern auch 1964 als einziger Ostblockführer der Absetzung Chruschtschows durch Leonid Breschnew kritisch gegenübergestanden. Letzteres hatte ihm Breschnew übelgenommen. Als sich in der CSSR 1967 Unzufriedenheit und Unruhe breit machten, formuliert vor allem von Schriftstellern, Künstlern und Intellektuellen wie Václav Havel und Pavel Kohout, und sich Novotny gegen die Stationierung sowjetischer Raketenbasen stellte, ergriff Breschnew die Gelegenheit. Die Würfel für die Absetzung NovotnÝs fielen bereits Anfang Dezember 1967 während eines überraschenden "Urlaubsbesuches" des sowjetischen Parteichefs.

Am 5. Januar 1968 musste Novotny von seinem Posten als Erster Sekretär der KPC, der eigentlichen Machtposition, zurücktreten und für den slowakischen KP-Chef Alexander Dubcek Platz machen. NovotnÝ blieb Staatspräsident. Dennoch: Der Wechsel an der Parteispitze markierte den Beginn des "Prager Frühlings", einer zunächst von der Parteispitze verordneten Reform des sozialistischen Modells, die sehr bald von breiten Bevölkerungsschichten übernommen wurde und sich Ende Juni immer weiter verselbständigte, was den Druck auf die Reformer um Dubcek erhöhte. Der Idealist Dubcek, geschult in sowjetischen Partei- und Kaderschmieden, hatte sich weitgehend von der Doktrin gelöst und versucht, seine Vision eines "Sozialismus mit menschlichem Antlitz" zu verwirklichen. Der Sozialismus erschien ihm weiterhin als beste Gesellschaftsform, doch hatte er sich von den Vorgaben aus Moskau weit entfernt.

Dies bedeutete Druck von zwei Seiten: von den Hardlinern im Kreml und den KP-Chefs Walter Ulbricht und Wladyslaw Gomulka einerseits und von den restaurativen, orthodoxen Kräften in der Tschechoslowakei andererseits. Schon im März 1968, zwei Monate nach seiner Inthronisation, brüskierte Dubcek den Kreml, als er die Einladung einer Militärdelegation nach Moskau ablehnte. Die restaurativen Kräfte um NovotnÝ gaben sich freilich noch nicht geschlagen. Im März planten sie die Verhaftung der Reformer, General Vladmir Janko sollte mit seiner Panzerdivision vorgehen und nach einer Liste mit 1030 Namen Verhaftungen durchführen. Als die Liste öffentlich wurde, beging Janko Selbstmord, und NovotnÝ musste zurücktreten. Die Ernennung von General Ludvík Svoboda zum neuen Staatspräsidenten, der sofort über tausend politische Gefangene amnestierte, galt als Schritt zur Festigung der Position der Reformer. Heute wissen wir, dass sich Svoboda im August 1968, knapp fünf Monate später, gegen die Dubcek-Gruppe stellte und die Position des Kreml stärkte.

Am 5. April 1968 folgte das entscheidende Plenum der KPC mit einem "Aktionsprogramm", das binnen zwei Jahren von der Regierung umgesetzt werden sollte und das in den an Moskau orientierten europäischen KP-Zentralen die Alarmglocken schrillen ließ: Die KPC verzichtete weitgehend auf ihr Machtmonopol, ein Schritt, den erst wieder Michail Gorbatschow Ende der 1980er Jahre wagte, mit dem Ergebnis des Endes der KP-Herrschaft und der Sowjetunion. Im Einzelnen wurde beschlossen, eine teilweise Privatisierung der Wirtschaft (Klein- und Mittelbetriebe) zuzulassen, die Wirtschaft von politischen Direktiven frei zu halten und Betriebsräten Entscheidungskompetenzen zu geben. Die Anerkennung der bürgerlichen Grundfreiheiten wurde vollzogen, von der Rede-, Reise- und Versammlungsfreiheit, der Freiheit von Wissenschaft, Kunst, Kultur, Medien bis zur Gründung von Vereinigungen. Das Verhältnis zwischen Tschechen und Slowaken sollte auf föderativer Basis neu geregelt werden.

Aus dem KPC-Plenum ging eine neue Führung hervor, die 15 der 19 neuen Minister in die neue Regierung unter Oldrich Cerník entsandte. Innenminister Josef Pavel stimmte Neubesetzungen im Geheimdienst nicht mehr mit der Moskauer KGB-Zentrale ab, wie es bis dahin Usus gewesen war. Zudem rücken Frantisek Kriegel und Jozef SmrkovskÝ in die erste Reihe der Reformer auf. Bei einer hastig einberufenen ZK-Sitzung in Moskau zur Lage in der CSSR kamen die Sowjetführer am 10. April 1968 zu folgender Sprachregelung: "Wir werden die Tschechoslowakei nicht aufgeben!" Diese grundsätzliche Willensäußerung wurde auf politischer und militärischer Ebene umgesetzt. Schon nach wenigen Tagen begann der Oberbefehlshaber der Truppen des Warschauer Pakts, Marschall Iwan Jakubowski, in Polen und daraufhin auch in Berlin, Sofia und Budapest Konsultationen. Das Ziel waren gemeinsame Militärmanöver in der Tschechoslowakei. Die militärische Lösung des Problems sollte zur politischen Option werden. Die Prager Führung kam - in realistischer Einschätzung des Zwecks des Manövers - in die Zwickmühle: Bündnisverpflichtung oder Ablehnung. Schließlich stimmte sie den Manövern zu. Die ersten, beschickt von Panzertruppen Polens und der Sowjetunion, begannen schon im Mai in Südpolen. Ab 19. Juni begannen schließlich in der Tschechoslowakei große Manöver des Warschauer Paktes ("Sumava"), von denen einzelne Truppenverbände bis zur Invasion nicht mehr abzogen.

Die SED-Führung in Berlin, insbesondere die Staatssicherheit, begann mit der Anlage von Dossiers über die führenden Persönlichkeiten in Prag. Sie dienten nach der Invasion als Basis für Säuberungen im Kaderapparat der KPC. Ostdeutsche Behörden begannen Ende April, die deutschen Sendungen von Radio Prag zu stören.

In der CSSR hatten sich die Reformer mit dem "Aktionsprogramm" und der Regierungsbildung fürs Erste gegen die "Konservativen" durchgesetzt. Die Regierungserklärung vom 24. April 1968 machte dies - trotz der Treuegelöbnisse gegenüber Moskau und dem Warschauer Pakt - deutlich, als man die Aufhebung der Zensur, die Rehabilitierung von politischen Opfern, die Erweiterung von Reisemöglichkeiten und Wirtschaftsreformen versprach. Der Sozialismus wurde nicht zur Diskussion gestellt. Spätestens jetzt war für den Kreml ein weiteres, schwerwiegendes Problem in der kommunistischen Bewegung entstanden, weil die Funken der Ideen von Prag überzuspringen drohten. Die Unterstützung des Dubcek-Kurses war unüberhörbar: aus Belgrad und Bukarest, aus den Kommunistischen Parteien Italiens und Frankreichs, aus der Linken der deutschen und französischen "68er-Bewegung" und nicht zuletzt durch den Faktor China, der den Prager Reformern mehr Handlungsspielraum gab, weil die Moskauer Ideologen, wie sich Breschnew nach dem Einmarsch ausdrückte, "ein Maximum an Aufmerksamkeit auf die Entlarvung der Revision des Leninismus von Links, von Seiten der Gruppe Mao Tse Tungs, richten mussten", was naturgemäß Kräfte band.

In der CSSR hatte der politische Reformprozess zu einer starken Solidarisierung weiter Teile der Bevölkerung, besonders der Jugend und Intellektuellen, mit der KP-Führung geführt. Wesentlich trugen dazu die gewährten persönlichen Freiheiten bei, etwa die weitgehende Reisefreiheit, auch ins westliche Ausland und an die Adria. Zehntausende aus westlichen Staaten kamen im Gegenzug in das Land. Ein Spalt im "Eisernen Vorhang" hatte sich aufgetan. Dazu kamen die Aufhebung der Pressezensur ("Literani listy", die neue Zeitschrift des Schriftstellerverbandes unter Eduard Goldstücker, wurde zur publizistischen Plattform der Demokratisierung), Meinungsvielfalt und unzensierte Radio- und TV-Sendungen. Der tschechoslowakische Film (etwa von Milos Forman) setzte internationale Maßstäbe. Neue Vereine wie K231 (nach einem Strafgesetzartikel) und KAN (Klub engagierter Parteiloser) wurden zu Sammelbecken von Reformern außerhalb der Partei. Es kam zu Diskussionen über die Gründung einer Sozialdemokratischen Partei. Nach Jahren der Unterdrückung erlebte die katholische Kirche einen Aufbruch. Es gab berechtigte Hoffnungen der Slowaken auf mehr Mitsprache im Staat, auf Anerkennung ihrer nationalen Selbständigkeit im Rahmen einer Föderation und schließlich die Hoffnung vieler Tschechoslowaken, auf diesem Weg dem politischen, wirtschaftlichen und militärischen Block Moskaus entrinnen zu können.

Die Bewegung des "Prager Frühlings" kulminierte am 27. Juni 1968. An diesem Tag veröffentlichten der Schriftsteller Ludvík Vaculík und weitere 67 Intellektuelle, Schriftsteller und Künstler das so genannte "Manifest der 2000 Worte" (Dva tisíce slov), eine Abrechnung mit 20 Jahren der KP-Herrschaft. Die weitere Demokratisierung, so das Manifest, könne nur außerhalb der KPC gesichert werden. Damit stellte man den Sozialismus als Gesellschaftsform überhaupt in Frage. In Moskau brachte das Manifest das Fass zum Überlaufen. Noch in der Nacht darauf soll Breschnew von Dubcek einen "sofortigen Angriff der Volksmilizen gegen die konterrevolutionären Kräfte" gefordert haben. Für den Kreml war das Manifest ein Aufruf zur Konterrevolution in der Tschechoslowakei, obwohl sich die KPC vom Manifest distanziert hatte. Dubcek gehorchte dem KPdSU-Generalsekretär nicht, denn die Masse der Bevölkerung hatte das Manifest begeistert aufgenommen. Die Reformen in der Tschechoslowakei wurden insbesondere in Ost-Berlin mit Missfallen beobachtet. Es war die SED, welche die Reformen des "Prager Frühlings" zum ersten Mal als Konterrevolution bezeichnete. Unterstützung und Bekräftigung in ihrer Einschätzung fand sie vor allem durch die KP-Chefs Polens und Bulgariens, Gomulka und Todor Zivkov.

Aufgrund der Auswertung der neu geöffneten Moskauer Akten kann der Entscheidungsprozess im ZK der KPdSU von Januar bis zum Einmarsch im August 1968 in vier Phasen unterteilt werden:

1.      Die Phase der Wahrnehmung. Sie wurde am 23. März 1968 in Dresden abgeschlossen und gegenüber den Tschechen und Slowaken mit der Bekanntgabe der politischen Forderungen nach Restauration verbunden. Die folgenden Phasen wurden von der Suche nach einem Weg zur Durchsetzung der Dresdener Forderungen bestimmt.

2.      Die Phase des politischen und militärischen Drucks von Ende März bis Ende Juni 1968.

3.      Die Phase des Manifests der "2000 Worte", die Breschnew als "Emser Depesche" nutzte, um den Druck auf die Reformer zu erhöhen, von Ende Juni bis Mitte Juli 1968. Die Würfel zum Einmarsch fielen schließlich Mitte Juli in Warschau, als die "Warschauer Fünf" Dubcek ein Ultimatum setzten.

4.      Die letzte Phase ab dem 17. Juli, als das Politbüro grundsätzlich über die militärische Aktion und die politische Vorbereitung des bürokratischen Putsches in Prag entschied, über die Zwischenspiele in Cierná nad Tisou/Schwarzau a. d. Theiß und Bratislava/Pressburg, bis zur militärischen Intervention.

Nach der Wahl Dubceks beschränkte sich der Kreml darauf, die Lage in der CSSR als schwierig und widersprüchlich zu bezeichnen und "der tschechoslowakischen Führung soweit wie möglich zu helfen". Man sei, wie man der KPC-Führung immer wieder zu verstehen gab, mit den Beschlüssen des Januarplenums und dem eingeschlagenen Reformkurs einverstanden. Anders sahen dies dagegen vor allem die ostdeutschen, polnischen und bulgarischen Genossen. Nach der Lockerung der Zensur und den Absetzungen von KP-Funktionären begannen Teile der Moskauer Führung "besorgt" zu reagieren, vor allem nach einem Bericht von Außenminister Andrej Gromyko und von KGB-Chef Juri Andropow, den die beiden am 15. März 1968 dem Politbüro vorlegten. Das prognostizierte Horrorszenario: Ohne Gegenmaßnahmen drohe in der CSSR der Kapitalismus und damit die Spaltung des Warschauer Paktes.

Polens KP-Chef Gomulka traf sich - nach Absprache mit Moskau - als einer der ersten bereits Anfang Februar mit der Prager Parteispitze. Dubceks Bemühungen, die Lage in seinem Land in bestem Licht darzustellen, überzeugten Gomulka nicht. Anders Zivkov: Er blieb trotz der Demontage NovotnÝs, dem zweifellos die bulgarischen Sympathien zukamen, gelassen. Die SED-Führung, die ihr Bild aus den Informationen des DDR-Botschafters in Prag, Peter Florin, bezog, schlug indes Alarm: Die KPC-Führung sei gespalten und könne ihre Führungsaufgabe nicht mehr ausüben. Der Reformflügel agiere mit einem offenen und einem illegalen Zentrum, das auch Kontakte zu westlichen Geheimdiensten unterhalte. Das offene Zentrum bestand für ihn aus den Reformern Ota Sik, Eduard Goldstücker, Jirí Pelikán, dem Direktor des tschechoslowakischen Fernsehens, und dem Schriftsteller Pavel Kohout. Für die SED hing die weitere Entwicklung der KPC an Kaderfragen. Das Schlüsselwort "Demokratisierung" war für die SED das Synonym für einen konterrevolutionären Umschwung, den es im Interesse der DDR und des sozialistischen Lagers zu verhindern galt. Die Reformen mussten beendet werden, um das Machtmonopol der KPC zu restaurieren, denn in Prag war die Konterrevolution ausgebrochen.

Die erste Phase endete am 23. März in Dresden mit der ersten von mehreren Konferenzen der "Bruderparteien". Zivkov weilte in der Türkei, hatte aber zuvor Breschnew und Ministerpräsident Alexej Kossygin versichert, Bulgarien sei bereit, falls notwendig, seine Armee einzusetzen. Kaum ausgesprochen, tauchte am Vorabend von Dresden in der vorbereitenden Sitzung des Politbüros in Moskau bereits der Gedanke auf, man solle auch "auf der militärischen Linie nachdenken". Politbüro-Hardliner Kyrill Masurow sprach es offen an: "Wir haben uns auf die äußerste Maßnahme vorzubereiten." Die Führung der KPC fand sich in Dresden vor einem Tribunal wieder. Breschnew stellte gleich zu Konferenzbeginn klar, die Fragen seien viel zu ernst, um sie zu protokollieren. Dennoch ließ die SED sie aufzeichnen. Das Protokoll ist die einzige Primärquelle über das Treffen, bei dem die Konfrontation gegen den Kurs der Prager Reformer begann. Dubcek musste die Politik seiner Partei erläutern und sich dann von Breschnew nicht nur fragen lassen, was er unter "Liberalisierung der Gesellschaft" verstehe, sondern sich auch den Vorwurf anhören, dass in der CSSR die Gefahr einer Konterrevolution bestehe. Er forderte von Dubcek, das Machtmonopol der KPC wiederherzustellen: "Wir sind bereit, Ihnen moralische, politische und demokratische Hilfe zu geben." Drohend fügte er hinzu: "Wenn das aber nicht möglich ist oder wenn Sie das als falsch betrachten, dann können wir trotzdem gegenüber der Entwicklung in der Tschechoslowakei nicht teilnahmslos bleiben."

Das politische Ziel war formuliert: Die KPC sollte ihr Machtmonopol behaupten und die "Konterrevolution" aus eigener Kraft niederschlagen. Über das Dresdener Treffen wurde Stillschweigen vereinbart, an das sich vor allem Dubcek hielt; er ließ seine eigene Parteiführung im Unklaren über die sowjetischen Forderungen.

Die zweite Phase war bestimmt von der Suche nach einem Weg zur Durchsetzung der Dresdener Forderungen. Das "Aktionsprogramm" und die geänderte Zusammensetzung der Parteiführung zu Gunsten der Reformer war ein erster, wichtiger Schritt zum Übergang vom Sozialismus sowjetischen Typs zu einem demokratischen Sozialismus. Diese Konzeption war nur zu realisieren durch die Demokratisierung der KPC und eine Reaktivierung der legislativen und exekutiven Gewalten des Staates. Der Inhalt des "Aktionsprogramms" war dem Kreml seit Mitte März bekannt und von NovotnÝ nahe stehenden Kreisen dem KGB übermittelt worden. War es zunächst in Moskau nur intern diskutiert worden, so kritisierte es Breschnew im Plenum des ZK der KPdSU am 6. April erstmals deutlich als "revisionistisch". Dieses Signal verstanden einige "Bruderparteien" sofort, allen voran die SED.

In Moskau wurde das "Aktionsprogramm" zur wichtigsten Triebfeder, die den "Falken" wie dem Chefideologen Michail Suslow Auftrieb gab, zum Angriff überzugehen. Für Verteidigungsminister Marschall Andrej Gretschko war klar: "Wir sind jederzeit bereit, auf Beschluss der Partei gemeinsam mit den Armeen der Länder des Warschauer Paktes dem tschechoslowakischen Volk zu Hilfe zu kommen, sollten die Imperialisten und Konterrevolutionäre versuchen, die sozialistische Tschechoslowakei den sozialistischen Ländern zu entreißen." Die Tschechoslowakei war den Militärs wichtig: sicherheits- und rüstungspolitisch, was besonders der KGB unter dem Hardliner Juri Andropow so sah.

Zu den wichtigsten Triebkräften, das tschechoslowakische "Problem" gewaltsam zu "lösen", wurden Ulbricht und Gomulka; ihnen folgte Zivkov. Janos Kádár in Ungarn zögerte. Für Ulbricht ging es um den eigenen Machterhalt. Der polnische Parteichef Gomulka unterstützte die Idee einer "bewaffneten Intervention" und verlautbarte, dass er keinen anderen Ausweg sehe, "als die Truppen des Warschauer Paktes, auch die polnische Armee, auf das Gebiet der Tschechoslowakei einmarschieren zu lassen". Auch die bulgarischen Genossen äußerten sich unmittelbar nach Dresden "entschieden für die Ergreifung aller Maßnahmen, auch militärischer, wenn es notwendig ist". Zivkov erklärte: "Es agieren dort westliche Kontaktstellen. In der Tschechoslowakei wie auch in Polen spielt der Zionismus eine große Rolle (...). Es ist dies alles auch das Wirken der jugoslawischen Führung, die über Rumänien, Polen und die Tschechoslowakei versucht, in unsere Familie hineinzuwirken. Es ist nicht notwendig, stalinistische Methoden der Vergangenheit anzuwenden, doch müssen wir (...) Methoden wählen, mit denen wir in der Tschechoslowakei, in Rumänien und danach auch in Jugoslawien Ordnung schaffen können."

Ende April kam Zivkov zum Staatsbesuch nach Prag, wo er zum ersten Mal persönlich mit Dubcek zusammentraf. Als dieser seine Reformen verteidigte, war für Zivkov klar: Dubcek ist ein Revisionist, in der CSSR gibt es eine Konterrevolution und eine Restauration des Kapitalismus. Ebenso wie die SED hatten die Bulgaren an der Spitze der KPC zwei revisionistische Zentren ausgemacht und betont, der konterrevolutionäre Prozess in Prag gehe weiter. Ulbricht stimmte diesem Befund zu und forderte ein zweites Treffen. Zu diesem kam es am 8. Mai in Moskau, wenige Tage, nachdem die KPdSU bilateral mit der KPC verhandelt hatte. Bei den Moskauer Beratungen (ohne die KPC) gerieten die Sowjetführer in eine für sie wohl eigenartig prekäre Situation. Einerseits forderten die "Bruderparteien" äußerste Maßnahmen, andererseits war man sich im Kreml darüber im Klaren, dass solche nur den letzten Ausweg darstellen konnten. Daher sollte die KPC-Führung zunächst noch nicht im Gesamten attackiert werden, in der Hoffnung, die "gesunden Kräfte" würden an Einfluss gewinnen. Das wichtigste Ergebnis lag in der Zustimmung der Prager Führung zur Durchführung von Manövern der Truppen des Warschauer Paktes in der Tschechoslowakei, möglichst nahe der westdeutschen Grenze.

Von Mai an stand die "tschechoslowakische Frage" laufend auf der Tagesordnung der ZK-Gremien in Moskau. Dennoch war der Tonfall in den Besprechungen relativ moderat, weil man "Dubcek dazu bewegen (wollte), freiwillig im Land Ordnung zu schaffen". Parallelen zu Ungarn 1956 zog vor allem KGB-Chef Andropow, ehemals sowjetischer Botschafter in Budapest: "In Ungarn fing es auch so an." Zu den "Falken" im Politbüro und im ZK zählte neben Andropow, Masurow, Suslow und Gretschko auch der ukrainische KP-Chef Petro Selest, der ein Überschwappen des Reformprozesses auf die Ukraine und damit auf das Sowjetimperium befürchtete. Im Kreml wurden die freien Medien in der Tschechoslowakei im Mai und Juni 1968 zum größten Reizfaktor und waren mitentscheidend für den Entschluss zum militärischen Eingreifen. Das Manifest der "2000 Worte" brachte das Fass zum Überlaufen.

Es ist ein Zeugnis einer Emanzipation der Öffentlichkeit und wurde von Intellektuellen verschiedener Couleur unterzeichnet. Das Dokument entstand auf Anregung einiger Mitarbeiter der Tschechoslowakischen Akademie der Wissenschaften (u.a. Otto Wichterle, Jan Brod, Otakar Poupa und Miroslav Holub. Verfasst wurde es im Juni 1968 von dem bekannten Schriftsteller Ludvík Vaculík. Das Manifest erschien am 27. Juni 1968 in der kulturpolitischen Zeitschrift Literární listy und in den Tageszeitungen Lidové noviny, Práce, Mladá fronta und Zemědělské noviny.

Er beleuchtete nicht nur die Rolle der Kommunistischen Partei im Prozess des „Prager Frühlings“ sehr kritisch und forderte eine unbedingte Weiterführung der Reformpolitik, gegen die reaktionären Kräfte im In- und Ausland, sondern übte auch allgemein heftige Kritik an den „Irrtümern des Sozialismus“. Die Führung der Kommunistischen Partei lehnte das Dokument als eine Misstrauenserklärung gegenüber ihrer Politik ab. Die Bevölkerung, insbesondere auch die bis dahin eher passive Arbeiterschaft, begrüßte das Manifest hingegen Generell führten die „2000 Worte“ zu einer weiteren Radikalisierung sowohl der konservativen als auch der reformorientierten Kräfte, während die Regierung Dubček sich gezwungen sah, zwischen beiden Seiten zu lavieren.

Die konservativen Kräfte im Kreml gewannen aufgeschreckt durch das Manifest zusehends an Stärke. Unterstützt wurden sie von Hardlinern in einigen "Bruderparteien", etwa Ulbricht oder Gomulka. Für die SED waren die "2000 Worte" "ein Aufruf zur Konterrevolution."

Das Manifest löste im ZK der KPdSU eine breite Stimmung für eine militärische Lösung aus. Die politische Weichenstellung dafür erfolgte am 15. Juli 1968 beim Treffen der Fünf in Warschau. Die KPC hatte die Teilnahme, wohl wissend, was sie dort erwarten würde, verweigert. Die fünf Parteien sandten einen gemeinsamen Brief an die KPC, in dem sie ultimativ eine Kurskorrektur forderten ("Warschauer Brief"). Der Führung unter Dubcek trauten sie nicht mehr länger die dafür nötige Kraft zu.

Der bulgarische Parteichef Zivkov forderte als Voraussetzung für den Sieg über die "Konterrevolution" die Besetzung der CSSR durch Truppen des Warschauer Paktes. Dem widersprach in Warschau kein anderer Parteiführer. Im Gegenteil: Gomulka, Zivkov und Ulbricht forderten vehement eine militärische Intervention. Ulbricht griff in Warschau Kádár scharf an und erklärte: "Der nächste Schlag wird gegen euch, gegen die Ungarische Volksrepublik, geführt werden."

Breschnew, der nicht zuletzt aufgrund des Umstandes, dass Dubcek "sein Mann" in Prag war, für dessen Wahl er letztendlich auch eine gewisse persönliche Verantwortung spürte, war der einzige, der in Warschau noch eine gemäßigte Linie vertrat. Auf dem danach eilig einberufenen ZK-Plenum in Moskau spielte er nochmals auf Zeit und appellierte dafür, "gemeinsam mit den Bruderparteien alle politischen Mittel auszuschöpfen, um der KPC und dem tschechoslowakischen Volk zu helfen, die sozialistischen Errungenschaften zu bewahren und zu verteidigen", bevor die "äußersten Maßnahmen" getroffen würden.

Dennoch liefen parallel dazu die Vorbereitungen für den Einmarsch. Das Politbüro beauftragte offiziell am 22. Juli, wenige Tage nach dem Warschauer Treffen, Verteidigungsminister Gretschko damit, "Maßnahmen für die Zeit nach dem Einmarsch zu ergreifen". Noch einmal sollte mit Dubcek eine "politische Lösung" gesucht werden, und zwar auf Basis der Dresdener Forderungen. Ende Juli kam es zu bilateralen Verhandlungen im slowakischen Cierná nad Tisou (Schwarzau a. d. Theiß), die wider Erwarten aus Sicht des Kreml einigermaßen Erfolg versprechend endeten. Dubcek hatte eine letzte "Chance" erhalten, zumindest aber Zeit gewonnen. Doch am 3. August trafen in Bratislava die "Warschauer Fünf" mit der KPC zusammen und veröffentlichten eine gemeinsame Erklärung, die einer Legitimation des ins Auge gefassten "bürokratischen Putsches" gleichkam. Während des Treffens übergab Vasil Bilak der sowjetischen Delegation den "Einladungsbrief der gesunden Kräfte" der KPC, in dem um eine "kollektive Hilfsaktion" gebeten wurde. Die Übergabe des Briefes soll auf einer Toilette stattgefunden haben.

Der angebliche Bruch der Erklärung von Bratislava durch Dubcek wurde von den Sowjets dazu benutzt, um den Einmarsch zu rechtfertigen. Am 13. August ließ Breschnew Dubcek in einem sehr emotionalen Telefonat fallen. Er warf ihm den Bruch der Absprachen von Cierná und Bratislava vor: Reformer wie Pelikán, Radiochef Zdenek Hejzlar oder Geheimdienstchef Ivan Svitak seien nicht ausgetauscht worden; er habe die "Konterrevolution" im Land und in den Medien nicht in den Griff bekommen und die Tschechoslowakei nicht auf einen moskautreuen Kurs zurückgeführt. Dubcek reagierte fast apathisch, war gereizt und flüchtete sich in Ausreden.

Als Zeichen der Solidarität mit den Reformern stattete der jugoslawische Staatschef Tito vom 9. bis 11. August der CSSR einen Besuch ab. Er lobte den Reformkurs und wurde von der Bevölkerung begeistert empfangen. In der Presse gab es Gerüchte über eine engere Zusammenarbeit der Donaustaaten Tschechoslowakei, Jugoslawien und Rumänien. Am 16. August kam Rumäniens Staatschef Nicolae Ceaucescu nach Prag, um einen Freundschafts- und Bündnisvertrag abzuschließen. Ein Blitzbesuch von UNO-Generalsekretär U Thant zum bereits festgelegten Datum des Einmarsches wurde von den Sowjets in letzter Minute verhindert, dafür traf sich Dubcek auf sowjetischen Vorschlag noch am 17. August abends mit Kádár in Komárno.

Die Entscheidung zur Intervention fiel in Moskau. Das vollzählig versammelte Politbüro des ZK der KPdSU entschied am 17. August einstimmig, den Einmarsch "zum ehest möglichen Zeitpunkt" durchzuführen. Am folgenden Tag trafen Zivkov, Kádár, Ulbricht und Gomulka in Moskau ein und stimmten der Entscheidung zu. Gleichzeitig wurden die USA, die schon vorher beruhigende Signale nach Moskau gesandt hatten, darüber informiert, dass der laufende Truppenaufmarsch nicht gegen die NATO gerichtet sei. In der Nacht vom 20. auf den 21. August 1968 begann die "Operation Donau". Das um Mitternacht noch versammelte ZK der KPC, beschäftigt mit dem für September geplanten außerordentlichen Parteitag, verurteilte den Einmarsch, wies jedoch die Armee an, den Truppen der Sowjetunion, Bulgariens, Polens und Ungarns keinen Widerstand entgegenzusetzen. Die bereitstehenden beiden Divisionen der DDR-Volksarmee wurden im letzten Moment gestoppt: Man wollte jede Erinnerung an den Einmarsch der deutschen Wehrmacht 1938/39 vermeiden. Lediglich kleinere Trupps gelangten kurzfristig auf tschechoslowakisches Gebiet, teilweise um Transparente zu entfernen: "1938 Hitler - 1968 Ulbricht".

Die wichtigsten Einrichtungen, die strategischen Punkte des Landes und die Redaktionen wurden besetzt, Untergrundsender zum Schweigen gebracht. Die Führung um Dubcek wurde verhaftet und im Flugzeug nach Moskau gebracht. Dennoch misslang der bürokratische Putsch. Svoboda weigerte sich, eine neue Marionettenregierung einzusetzen, flog nach Moskau und wurde dort als Staatsgast empfangen. Hier sprach er sich für die Absetzung Dubceks aus, wusste zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht, dass Breschnew bereits mit Dubcek gesprochen hatte und dem Kreml-Chef inzwischen klar geworden war, dass an Dubcek kein Weg vorbeiführe, wollte man in der Tschechoslowakei keinen Bürgerkrieg riskieren und aus dem Parteichef einen Märtyrer machen.

Der Blutzoll des Einmarsches und der Widerstandsaktionen der Bevölkerung wird mit bis zu 500 Opfern auf beiden Seiten angegeben. Die tatsächlichen Folgen von Prag 1968 waren viel langfristiger. Abgesehen von der bald so bezeichneten "Breschnew-Doktrin", die fortan die Souveränität jedes kommunistischen Staates beschnitt, erfasste eine Welle des Protestes die Tschechoslowakei, die freie Welt und zahlreiche kommunistische Parteien in Westeuropa; sie schwappte - trotz größter Vorsichtsmaßnahmen - auch auf die Ostblockstaaten, ja bis auf den Roten Platz in Moskau über. Prag 1968 bedeutete den Anfang vom Ende des Ostblocks.

Am 23. August, zwei Tage nach Beginn der Intervention, wurde Präsident Ludvík Svoboda offiziell zu Verhandlungen nach Moskau gerufen, an denen auf seine Forderung hin – zunächst nur inoffiziell – auch die in Haft gehaltenen Regierungsmitglieder um Dubček teilnahmen.

Das Moskauer Protokoll, welches drei Tage später verabschiedet wurde, enthielt eine Aufhebung fast aller Reformprojekte. Mit diesem Ergebnis einer faktischen Kapitulation im Gepäck kehrte Dubček, der vorerst noch in seinen Ämtern belassen wurde, nach Prag zurück, wo er zunächst noch einmal begeistert empfangen wurde. Nach wenigen Wochen konnte jedoch die Bevölkerung der ČSSR nicht mehr daran zweifeln, dass der „Prager Frühling“ mit dem 23. August sein Ende gefunden hatte.

Als Folge der Besetzung der Tschechoslowakei durch die Truppen des Warschauer Pakts verließen zehntausende Menschen, in erster Linie Facharbeiter und Intellektuelle, das Land. Allein nach Österreich flüchteten rund 96.000 Menschen, weitere 66.000 Urlauber kehrten nicht aus Österreich in die Tschechoslowakei zurück. Im Zuge der von Husák umgehend ins Werk gesetzten Säuberungen innerhalb der Kommunistischen Partei wurde knapp einer halben Million Parteimitgliedern das Parteibuch entzogen.

Aus Protest gegen die Niederschlagung des Prager Frühlings verbrannte der Student Jan Palach am 16. Januar 1969 sich selbst auf dem Wenzelsplatz in Prag. Er starb am 19. Januar an den Folgen seiner Verletzungen. Seine Tat wurde einen Monat später durch Jan Zajíc am selben Platz wiederholt.

Einige Monate zuvor hatte sich am 8. September 1968 der Pole Ryszard Siwiec während einer öffentlichen Veranstaltung im Warschauer Stadion Dziesięciolecia und in Anwesenheit von hunderttausend Menschen – ebenfalls aus Protest gegen die Niederschlagung des Prager Frühlings – selbst verbrannt. Vier Tage später erlag er im Krankenhaus seinen Verbrennungen. Es ist kaum zu belegen oder zu widerlegen, dass sich Jan Palach ihn zum Vorbild genommen hat, da die Behörden des kommunistischen Polen einen dichten Mantel des Schweigens über das Vorkommnis legten. Zum ersten Mal wurde die Tat Siwiec' zwei Monate nach Palachs Tod in Radio Free Europe öffentlich gemacht. Auch ein Zusammenhang mit dem Saigoner Mönch Thích Quảng Đức, der sich im Jahr 1963 aus Protest gegen den südvietnamesischen Präsidenten Ngô Đình Diệm selbst verbrannte, entzieht sich einem Nachweis.

Noch am Nachmittag des Todestages von Palach strömten rund 200.000 Menschen auf dem Wenzelsplatz zusammen, um an der Stelle, an der Palach zu Boden gefallen war, Kränze niederzulegen. Unter der Führung von Palachs Kommilitonen begab sich die Menge quer durch die Prager Altstadt zur Philosophischen Fakultät der Karls-Universität, wo sie den Platz vor dem Hauptgebäude der Fakultät – der den Namen „Platz der Roten Armee” trug – durch das Auswechseln der Schilder in „Jan-Palach-Platz” umbenannte. Diese Maßnahme wurde von der Staatsführung umgehend rückgängig gemacht, so dass eine offizielle Umbenennung erst nach der Samtenen Revolution von 1989 erfolgte.

Alexander Dubček erlitt auf die Nachricht von Palachs Tod einen Nervenzusammenbruch. Die Sowjetunion zog es vor, diesen Vorfall nicht zu kommentieren, wenngleich die TASS von einer „antisozialistischen Provokation” sprach. Allerdings bemühte sich das Zentralkomitee der KPČ wenig später, die Tat Palachs herunterzuspielen, indem es eine offizielle Erklärung herausgab; bereits zuvor war versucht worden, Palachs Tat als die Handlung eines psychisch Kranken oder eines nicht aus freien Stücken handelnden Menschen hinzustellen. In der offiziellen Erklärung wurde behauptet, Palach habe sich eigentlich mit einer – aus Westdeutschland bezogenen – Mixtur überschütten wollen, die auch von Feuerschluckern verwendet wird („Kalte Flamme“) und keine ernsthaften Verbrennungen anrichten hätte können. Jedoch hätten seine Kommilitonen ohne sein Wissen die Mixtur durch Benzin ersetzt.

Nach einer Schweigeminute im ganzen Land am 24. Januar und nach feierlicher Aufbahrung in der Karlsuniversität zu den Füßen einer Statue von Jan Hus wurde Palachs Begräbnis zu einer Massendemonstration, an der sich über 10.000 Menschen beteiligten.

Jan Palach wurde zu einem Märtyrer für eine freie Tschechoslowakei und zu einer starken Symbolfigur.

Im Jahre 1969 nahm Jan Zajic an dem studentischen Protesthungerstreik und an der Totenfeier für Jan Palach am Wenzelsstandbild in Prag teil. Am 25. Februar 1969, dem Jahrestag der kommunistischen Machtübernahme von 1948, reiste er gemeinsam mit drei seiner Kommilitonen nach Prag ab. Er hatte vor, die tschechoslowakische Gesellschaft aus einer Lethargie infolge der fortschreitenden politischen „Normalisierung“ zu wecken. Zajíc führte einige Briefe mit einem Aufruf an die tschechoslowakische Bevölkerung mit sich.

Um 13:30 Uhr betrat Zajíc den Flur des Hauses Wenzelsplatz 39. Anschließend zündete er sich an, fiel hin und war auf der Stelle tot. Da die Behörden es nicht genehmigten, ihn gemäß seinem Wunsch in Prag zu bestatten, wurde er am 2. März 1969 unter Beteiligung tausender Trauergäste in seinem Geburtsort Vítkov begraben.

Nach der Zerschlagung der Reformbewegung musste Dubček am 17. April 1969 als Parteichef der KPČ zurücktreten und übernahm bis September 1969 den Vorsitz in der Nationalversammlung, dem Parlament der ČSSR. Darauf war er für kurze Zeit Botschafter in der Türkei. Im Juni 1970 wurde er aus der Partei ausgeschlossen und musste fortan seinen Lebensunterhalt als Beschaffungsinspektor der Forstverwaltung von Bratislava verdienen.

Gustav Husak war Dubceks Nachfolger. Bis 1968 arbeitete er am Institut für Staat und Recht der Akademie der Wissenschaften, 1968 beteiligte er sich aktiv am Prager Frühling, wurde im April 1968 stellvertretender Regierungschef und Ende August 1968 Erster Sekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Slowakei. Nach der Absetzung von Alexander Dubček wurde er auf Druck der Sowjetunion im April 1969 zum Ersten Sekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei gewählt und beseitigte nach und nach die Reformergebnisse des Prager Frühlings.

1975 übernahm er von Ludvík Svoboda das Amt des Staatspräsidenten, als Generalsekretär der Kommunistischen Partei wurde er 1987 von Milouš Jakeš abgelöst.

1989 schloss  sich Dubcek der antikommunistischen Opposition an und wurde gemeinsam mit dem Tschechen Václav Havel eine der Hauptfiguren der Samtenen Revolution, in deren Folge Dubček zum Vorsitzenden des föderalen tschechoslowakischen Parlamentes (1989–1991) gewählt wurde. Im Jahr 1992 wurde er zum Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei der Slowakei gewählt. Dubček starb am 7. November 1992 an den Folgen eines Autounfalls, zuvor wurde er als aussichtsreicher Kandidat für den Posten des künftigen slowakischen Staatspräsidenten gehandelt.

Am 13. November 1988 erhielt Dubček im Rahmen ihrer 900-Jahres-Feier die Ehrendoktorwürde für politische Wissenschaften der Universität Bologna. Sie wurde ihm verliehen, weil er sich über viele Jahre hinweg für die Menschenrechte in Ländern eingesetzt habe, in denen „schwere Verletzungen der demokratischen Prinzipien üblich“ seien. Die Ehrung erfolgte auch auf Drängen des Generalsekretärs der Kommunistischen Partei Italiens, Alessandro Natta. In seiner Dankesrede verzichtete Dubček auf scharfe Kritik an der Politik in der ČSSR; sein Redetext war jedoch bereits einen Tag zuvor von der Presse in voller Länge veröffentlicht worden. Nachdem Dubček von den Prager Behörden erst in letzter Minute die Ausreise nach Italien genehmigt worden war, fürchtete er, Schwierigkeiten bei seiner Rückkehr zu bekommen, wenn er sich im Westen zu offen zur politischen Situation in seiner Heimat äußere. In seiner Rede ging Dubček dann aber doch auf die Ereignisse von 1968 ein: Die Prager Reformbewegung wäre ohne das gewaltsame Eingreifen der Sowjetunion sicherlich erfolgreich gewesen, ihre Ziele ähnelten denen der Reformpolitik Michail Gorbatschows. Noch immer jedoch würden Menschen, die so dächten wie er, in der ČSSR verfolgt.

 

Der Prager Frühling wird in den Nachfolgestaaten der früheren Tschechoslowakei nicht gleichermaßen positiv gesehen wie im Westen. Vielfach sind Stimmen zu vernehmen, dass es sich lediglich um einen Konflikt zweier Flügel der Kommunistischen Partei – aber eben doch lediglich der einem Unrechtsstaat vorstehenden Kommunistischen Partei – gehandelt habe, was bis hin zu dem Ausspruch des Vorsitzenden des ersten frei gewählten Parlaments der ČSSR nach 1989 reicht, dass er sich Dubček auch als Aufseher in einem Straflager vorstellen könne – wenngleich auch eines menschlicheren.

Vielfach wird Dubček und seinen Mitstreitern auch vorgeworfen, durch ihre unvorsichtige Politik lediglich erreicht zu haben, dass die Uhren in der ČSSR zurückgestellt wurden und der Staat der Tschechen und Slowaken bis ins Jahr 1989 einer der repressivsten des damaligen Ostblocks blieb. Das Verdienst der Anführer des Prager Frühlings wird im Vergleich zur in anderen europäischen Staaten vorherrschenden Sichtweise oft lediglich darin gesehen, dass er die Unmöglichkeit eines Sozialismus mit menschlichem Antlitz vor aller Augen geführt habe.

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