Die Gesellschaft in der frühen DDR

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Durch die Gewinnung und Integration der jungen Menschen sollte die dringend notwendige Stabilität von Gesellschaft und Staat erreicht werden. Bereits im Mai 1950 hatte die DDR das Volljährigkeitsalter auf 18 Jahre herabgesetzt. In den folgenden Jahren zogen Jugendliche in Partei, Staat und Wirtschaft ein, die DDR wollte sich als Staat der Jugend und damit der Zukunft präsentieren. Neben dem Unterricht des Marxismus-Leninismus forcierte die SED den naturwissenschaftlichen Unterricht und die berufsbezogene Ausbildung. Die Entwicklung einer neuen Gesellschaft erklärt die Veränderungen als Weg zum Sozialismus, in dem die Klassengegensätze allmählich verschwinden und die Klasse der Arbeiter, die Klasse der Genossenschaftsbauern sowie die Schicht der Intelligenz ohne antagonistische Widersprüche zusammenlebten.  In allen Wirtschaftszweigen errichtete die SED-Führung systematisch eine neue Eigentumsordnung. Der Großhandel ging fast völlig auf den Staat über. Die SED übernahm nach 1949 auch die Leitungsmethoden von Gesellschaft und Wirtschaft von der Sowjetunion.  Neben dem Prinzip des Staatseigentums brachte die zentrale Planung Partei und Staat weitere Einfluss- und Steuerungsmöglichkeiten in allen Lebensbereichen.

Im Staatsapparat zählten die politischen Funktionäre zur privilegierten Gruppe, ebenso die verantwortlichen Funktionäre des Bildungswesens und der Massenkommunikationsmittel. Materielle Privilegien erlangte vor allem die neue Wirtschaftsführung, die die Staatswirtschaft, d.h. die über 5000 Industriebetriebe, die volkseigenen Güter, LPG’s usw. anleitete.

Die führende Rolle der Partei an der Schule hatte zum Ziel die Einheit von Bildung und Erziehung auf der Grundlage des Marxismus-Leninismus. Im Oktober 1949 waren an den Universitäten nach dem Beispiel der Sowjetunion Arbeiter- und Bauern-Fakultäten geschaffen worden, um eine neue Intelligenz heranziehen zu können. Neben der Wissenschaft war der Einfluss der SED auch in den Bereichen Kunst und Kultur spürbar. 1950 versteifte sich die Haltung der Partei gegenüber der modernen Kunst, die als formalistisch und destruktiv verdammt wurde. Führend wurde der sozialistische Realismus, andere Kultur- und Kunstvorstellungen wurden abgelehnt.

Das Bestreben der DDR, ihre Vorstellungen in allen Lebensbereichen durchzusetzen, führte zu immer neuen Konflikten mit den verschiedenen Bevölkerungskreisen. So verhärtete sich 1952/53 auch die Haltung von Staat und Partei gegenüber der Kirche.

 

 

 

 

Gesellschaftssystem

 

 

 

Stalin nannte die Gründung der DDR und das damit verbundene kommunistische Gesellschaftssystem im Oktober 1949 einen „Wendepunkt in der Geschichte Europas“.[1]

 

In der Periode von 1949-1955 übertrug die SED wesentliche Teile ihres ordnungspolitischen Konzeptes – das identisch war mit der Realität in der Sowjetunion – auf die DDR. Da sich die deutschen Kommunisten seit längerem als Mitglied des Weltkommunismus sowjetischer Prägung betrachteten, hielten sie sich dabei eng an ihre ideologischen Prämissen einerseits und die besondere Ausformung in der Realität der UdSSR andererseits. Auf der Grundlage der bis 1949 durchgeführten Reformen konnten so bis 1955 die Eigentumsformen rigoros verändert, die Sozialstruktur umgewandelt und die Gesamtgesellschaft neu geprägt werden.

 

In der Industrie nahm der Anteil der volkseigenen Betriebe (VEB), also des Staatssektors, ständig zu.[2] Mitte 1949 gab es 75 zentrale Vereinigungen volkseigener Betriebe, in denen 1764 Betriebe zusammengeschlossen waren, 1950 über 2600 zentral geleitete und über 1800 von den Ländern geführte volkseigene Betriebe. Diese beschäftigten 1950 1,5 Millionen Arbeitnehmer und produzierten drei Viertel der industriellen Bruttoproduktion. Die Privatindustrie zählte 1950 noch etwa 17.000 Betriebe, die 25% der industriellen Bruttoproduktion erzeugten. Bis 1955 wurde der Staatssektor systematisch ausgebaut; die Zahl der volkseigenen Betriebe wuchs auf 5700 mit 2,2 Millionen Beschäftigten, die mehr als 83% der industriellen Bruttoproduktion herstellten.

 

1954 waren auch die letzten SAG-Betriebe von der Sowjetunion an die DDR übergeben und den VEB’s eingegliedert worden, was den Staatsanteil weiter vergrößert hatte. Zwar gab es 1955 noch über 13.000 Privatbetriebe, doch diese hatten weniger als eine halbe Million Beschäftigte und produzierten knapp 15% der Bruttoproduktion. 1955 befanden sich die Energiequellen ganz in der Hand des Staates, und in der Grundstoff- und metallverarbeitenden Industrie waren die Betriebe mit 90% der Beschäftigten und des Bruttoprodukts staatseigen. In der Leicht- und Lebensmittelindustrie waren dagegen nur ein Viertel der Betriebe staatseigen, doch auch in diesen waren zwei Drittel der Beschäftigten und 70% der Produktion konzentriert. Der staatliche Sektor umfasste 1955 die wichtigsten Produktionszweige und die entscheidenden Großbetriebe.

 

Doch nicht nur in der Industrie, sondern in allen Wirtschaftszweigen errichtete die SED-Führung systematisch eine neue Eigentumsordnung. Der Großhandel ging fast völlig auf den Staat über, und auch der Einzelhandel veränderte seine Struktur: Während 1950 der private Einzelhandel noch 55% des Umsatzes erreichte (Staatshandel 25% und Genossenschaften 20%), sank dieser Anteil bis 1955 auf weniger als ein Drittel (Staatshandel etwa über ein Drittel, Genossenschaftshandel ein Drittel).

 

Das Handwerk arbeitete in der Zeit von 1949-1955 im Wesentlichen noch auf privater Grundlage. In der Landwirtschaft dagegen setzte 1952 ebenfalls eine Strukturveränderung ein, denn die SED begünstigte die Schaffung von landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften.[3] Ihre Zahl stieg von 1900 LPG’s mit 37.000 Mitgliedern und 200.000 ha Land im Jahre 1952 auf 6000 LPG’s mit 190.000 Mitgliedern und 1,2 Millionen ha Land (d.h. 18% der landwirtschaftlichen Nutzfläche) im Jahre 1955. Da es außerdem seit 1945 staatliche Güter gab, die 1955 fast 5% des Bodens besaßen, wurde auch in der Landwirtschaft das Privateigentum zurückgedrängt. Die 1949 geschaffenen Maschinen-Ausleih-Stationen (MAS) waren eine weitere staatliche Bastion auf dem Land. 1955 bestanden 600 der inzwischen in Maschinen-Traktoren-Stationen umbenannten MTS, von deren Maschinenpark (ca. 31.000 Traktoren, 28.000 Pflügen usw.) Einzelbauern wie LPG’s, die Maschinen mieten mussten, abhängig waren.

 

In der gesamten Wirtschaft unterschied die DDR drei grundsätzliche Formen des Eigentums:

 

  1. Staatseigentum,
  2. Genossenschaftseigentum,
  3. Privateigentum.

 

 

 

Von 1949-1955 stieg der Anteil des Staatseigentums in Industrie und Handel sehr stark an, das Genossenschaftseigentum in der Landwirtschaft breitete sich ebenfalls aus. In bestimmten Bereichen (Handwerk, Landwirtschaft, Konsumgüterindustrie) gab es noch einen relativ großen Anteil an Privateigentum, die Anpassung der Grundlagen der Gesellschaftsstruktur an die der Sowjetunion war sehr weit gediehen, aber noch keineswegs abgeschlossen.

 

Da die DDR von Anfang an ein industriell entwickeltes Land war, in dem über 40% der Arbeiter und Angestellten in der Industrie arbeiteten, waren als Folge der veränderten Eigentumsformen nicht nur neue Besitzverhältnisse, sondern auch eine neue Sozialstruktur entstanden.[4] Die Zahl der Beschäftigten wuchs: Während es 1949 7 Millionen Berufstätige gab, waren es 1955 8,2 Millionen. Auch die soziale Schichtung veränderte sich. 1950 gab es 4 Millionen Arbeiter, 1,7 Millionen Angestellte, 1,1 Millionen Selbständige und 1 Million mithelfender Familienangehörige (darunter 1,4 Millionen Landwirte und Angehörige). 1955 wiesen die Statistiken 6,5 Millionen Arbeiter und Angestellte aus, d.h. 78% aller Berufstätigen, 1 Million Einzelbauern (12%), 300.000 private Handwerker, 150.000 private Einzelhändler, 190.000 LPG-Bauern und 35.000 Freiberufliche. Die Selbständigen insgesamt waren auf 900.000, die mithelfenden Familienangehörigen auf 650.000 zurückgegangen.

 

Von der auf Kosten der Selbständigen steigenden Zahl der Arbeiter und Angestellten, der Unselbständigen, waren im Jahr 68% beim Staat beschäftigt. Die in Industriegesellschaften generell zu beobachtende Entwicklung, nämlich die Verringerung der Zahl der Selbständigen und das Anwachsen der Zahl der Lohnabhängigen, brachte in der veränderten Gesellschaft der DDR eine direkte Abhängigkeit der Mehrheit der Beschäftigten vom Arbeitgeber Staat mit sich. Die neue soziale Schichtung war mit der sowjetischen Gesellschaftsstruktur noch nicht identisch, näherte sich ihr aber allmählich an.

 

Die Förderung der Jugend betrachteten Staat und Partei als ein wesentliches Ziel: Durch die Gewinnung und Integration der jungen Menschen sollte die dringend notwendige Stabilität von Gesellschaft und Staat erreicht werden. Bereits im Mai 1950 hatte die DDR das Volljährigkeitsalter auf 18 Jahre herabgesetzt. In den folgenden Jahren zogen Jugendliche in Partei, Staat und Wirtschaft ein, die DDR wollte sich als Staat der Jugend und damit der Zukunft präsentieren.

 

Die unterschiedlichen Strukturen in Ost- und Westdeutschland förderten das Auseinanderleben der beiden deutschen Staaten. So rückten auch Gesetzgebung und Rechtssprechung immer weiter auseinander. Bis 1955 blieben zwar in der DDR wie in der Bundesrepublik noch die alten familienrechtlichen Gesetze des BGB in Kraft; alle der Gleichberechtigung der Frau widersprechenden Gesetze und Bestimmungen waren allerdings bereits durch die Verfassung aufgehoben worden. Nach dem Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Leistung“ wurde im September 1950 mit dem Gesetz zum Schutze von Mutter und Kind und über die Rechte der Frau ein weiterer Schritt zur Emanzipation der Frau getan. 1954 unterbreitete das Justizministerium der Öffentlichkeit den Entwurf eines neuen Familiengesetzbuches, das allerdings damals noch nicht verabschiedet wurde.

 

Das Recht insgesamt war bereits in dieser Phase eindeutig der Politik untergeordnet, ein Instrument zur Sicherung und zum Ausbau des Einflusses der SED. Die Bekämpfung aller vermeintlichen Abweichler durch SSD und Gerichte zeigte, dass ein keinen Bereich der Gesellschaft gab, in denen nicht die stalinistischen Methoden der Sowjetunion kopiert wurden.

 

Die offizielle SED-Darstellung dieser Entwicklung einer neuen Gesellschaft erklärt die Veränderungen als Weg zum Sozialismus, in dem die Klassengegensätze allmählich verschwinden und die Klasse der Arbeiter, die Klasse der Genossenschaftsbauern sowie die Schicht der Intelligenz ohne antagonistische Widersprüche zusammenlebten. Tatsächlich bildete sich jedoch in der Phase von 1949-1955 in der DDR die gleiche Oberschicht heraus, die auch in der Sowjetunion Machtpositionen besetzte und materiell privilegiert war. Die hauptamtlichen Mitarbeiter von Partei, Staat und Wirtschaft besaßen die Schlüsselpositionen und erhielten soziale Privilegien.[5]

 

Die politisch entscheidende Rolle spielte der Parteiapparat, die hauptamtlichen Parteifunktionäre. Fast 2000 zentrale Funktionäre und eine entsprechend hohe Anzahl von Bezirks-, Kreis- und Ortssekretären, von Redakteuren, Propagandisten und Instrukteuren gehörten zu dieser politisch bedeutsamen Gruppe. 1955 zählte die offizielle Statistik 110.000 Angestellte und 30.000 Arbeiter bei politischen, sozialen und wirtschaftlichen Organisationen. Nach anderen Angaben waren 43.000 Angestellte bei gesellschaftlichen Organisationen beschäftigt. Mit dieser Zahl dürften im Wesentlichen die Parteiangestellten gemeint sein, zu denen außerdem noch die hauptamtlichen Mitarbeiter der Massenorganisationen gerechnet werden musste.

 

Im Staatsapparat zählten die politischen Funktionäre zur privilegierten Gruppe, ebenso die verantwortlichen Funktionäre des Bildungswesens und der Massenkommunikationsmittel. Materielle Privilegien erlangte vor allem die neue Wirtschaftsführung, die die Staatswirtschaft, d.h. die über 5000 Industriebetriebe, die volkseigenen Güter, LPG’s usw. anleitete. Schließlich gehörten Offizierskorps, SSD und Justiz zur bevorzugten Gruppe, die vermutlich eine halbe Million Menschen umfasste und sich von der Masse der Bevölkerung abhob.

 

Die meisten dieser privilegierten Funktionäre waren früher Arbeiter oder Angestellte gewesen (z.B. rekrutierten sich schon 40% aller Werksdirektoren und Betriebsleiter aus der Arbeiterschaft), doch wichtiger als die Qualifikation war für die Besetzung der Funktionen meist die Treue zur Parteiführung; dabei schuf der Gegensatz zwischen Sachverstand und politischer Ideologie neue Probleme.

 

Die sozioökonomische Struktur der DDR war bis 1955 ebenso wie das politische System in vielen Bereichen an das sowjetische Vorbild angepasst.

 

 

 

 

 

 

 

Wirtschaft

 

 

 

Die SED übernahm nach 1949 auch die Leitungsmethoden von Gesellschaft und Wirtschaft von der Sowjetunion.[6] Neben dem Prinzip des Staatseigentums brachte die zentrale Planung Partei und Staat weitere Einfluss- und Steuerungsmöglichkeiten. Der erste Fünfjahresplan 1951-1955 hatte in erster Linie das Ziel, in der DDR eine eigene Schwerindustrie zu entwickeln. Die Industrieproduktion sollte auf 190% des Standes von 1950 ausgedehnt und der Lebensstandard der Bevölkerung der Vorkriegszeit übertroffen werden. Gleichzeitig wurde die Wirtschaft der DDR zunehmend in die Ökonomie der osteuropäischen kommunistischen Staaten einbezogen. Im September 1950 beschloss der Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW), die DDR aufzunehmen.

 

Die Abschlüsse von Handelsverträgen sowie wissenschaftlich-technischen Abkommen (so im September 1951 mit der Sowjetunion) vertieften die wirtschaftlichen Beziehungen der DDR an die übrigen kommunistisch regierten Länder. Ihr Außenhandel mit diesen Staaten erhöhte sich von 1950-1955 auf fast das Dreifache, während sich der innerdeutsche Handel in dieser Zeit lediglich verdoppelte. 1954 entfielen drei Viertel des Außenhandels der DDR auf die osteuropäischen Staaten.

 

Die DDR-Wirtschaft kopierte weitgehend sowjetische Methoden. Im Juni stellte das ZK der SED die Losung „Von der Sowjetunion lernen heißt siegen lernen“ in den Mittelpunkt der Agitation und erklärte, es komme darauf an, den volkseigenen Sektor in Industrie, Landwirtschaft, Verkehr, Handel und Finanzen entscheidend weiterzuentwickeln und die Prinzipien der sowjetischen Wirtschaftsführung und ihre Methoden gründlich zu studieren und aus ihnen Schlussfolgerungen für die Führung der volkseigenen Wirtschaft in der DDR zu ziehen[7]. Das Stadium und die Anwendung der von Stalin entwickelten Formen der wirtschaftlichen Planung sowie besonders der bolschewistischen Methoden der Anleitung der Wirtschaftsorgane durch die Partei sollten dabei vordringlich sein.

 

Da die Strukturen der Wirtschaft nach dem sowjetischen Vorbild entwickelt worden waren, mussten auch bei den Leitungsmethoden sowjetische Erfahrungen übernommen werden. Für die Gesamtwirtschaft der DDR brachte dies Erfolge, aber auch Schwierigkeiten, da die Arbeiter den neueren Methoden vielfach skeptisch gegenüberstanden, auch wenn im November 1952 erstmals der „Tag des sowjetischen Neuerers“ gefeiert wurde.

 

Wichtigstes Ziel der DDR-Wirtschaftspolitik war die Erhöhung der Arbeitsproduktivität. Auch das im April eingeführte „Gesetz der Arbeit“ sah neben der Verbesserung der Lage der Arbeiter und der Garantie des „Rechtes auf Arbeit“ vor allem eine Steigerung der Arbeitsproduktivität vor. Die 2. Parteikonferenz der SED 1952 rückte die Förderung der Schwerindustrie noch mehr in den Mittelpunkt, als Folge dieser Politik kam es zu weiteren Engpässen in der Versorgung der Bevölkerung. Immerhin war es in der DDR unter größten Mühen und Entbehrungen 1952/53 gelungen, das zerrüttete Wirtschaftssystem wieder aufzubauen. Die Rohstahlerzeugung, die 1946 auf 150.000 Tonnen abgesunken war, steig bis 1953 auf 2,1 Millionen Tonnen; das Doppelte der Erzeugung von 1936. Ähnlich erstaunliche Leistungen erzielten die Energiewirtschaft und die chemische Industrie.

 

Demgegenüber blieb die Entwicklung der Konsumgüterindustrie zurück und trotz vieler Versprechungen der SED-Führung war der Lebensstandard weiterhin relativ gering und hing hinter der Entwicklung in der Bundesrepublik zurück. Noch immer mussten Fett, Fleisch und Zucker rationiert werden, sehr viele Güter waren Mangelware und die Qualität ließ oft zu wünschen übrig. Außerdem waren die hohen Preise in den HO-Läden für viele Arbeiter unerschwinglich. Die Bruttostundenlöhne betrugen 1951 für Maurer 1,60 Mark, für Schlosser 1,78 Mark, die Mehrheit der Arbeiter verdiente unter 312 Mark brutto im Monat, bis 1955 stieg der Durchschnittsverdienst von Arbeitern und Angestellten auf 354 Mark.

 

Nach dem 17. Juni 1953 versuchte die SED mit dem „Neuen Kurs“ eine rasche Verbesserung der Lebenslage zu erreichen; die Produktion der Schwerindustrie wurde 1953 zugunsten der Erzeugung von Konsumgütern und Nahrungsmitteln gedrosselt.[8] Im Oktober 1953 senkte die Regierung die Preise in den HO-Geschäften. Diese Verbesserung wurde mit der Beendigung des „Neuen Kurses“ und der erneuten Bevorzugung der Schwerindustrie 1955 wieder in Frage gestellt.

 

Um die industrielle Produktion zu steigern, förderte die Regierung den „sozialistischen Wettbewerb“, durch den vor allem die Selbstkosten gesenkt und die Qualität der Produkte verbessert werden sollte. Ende 1954 änderte die SED wieder einmal die Methoden der Leitung und Planung, durch neue Experimente sollte die Produktion vorangebracht werden. Mit Gesetzen über neue Regelungen der Gewinnverteilung versuchte die Regierung die „materielle Interessiertheit“ der Arbeitnehmer zu steigern, dazu dienten vereinfachte Planungsmethoden als Unterstützung.

 

Im Jahre 1955 endete der erste Fünfjahresplan, er konnte mit 105 Prozent erfüllt werden. Damit hatte sich die Industrieproduktion gegenüber 1950 fast verdoppelt, die Arbeitsproduktivität war um 55 Prozent gestiegen. Die Wirtschaft der DDR hatte nunmehr eine schwerindustrielle Grundlage, die unter schwierigen Umständen mit erheblichen Kosten geschaffen worden war. Das Eisenhüttenkombinat Ost, die Großkokerei Lauchhammer und zahlreiche Betriebe und Kraftwerke waren neu errichtet, andere wie die Stahl- und Walzwerke Brandenburg, Hennigsdorf und Riesa stark erweitert worden.

 

Im Fünfjahresplan hatte die DDR 32 Milliarden Mark in ihre Wirtschaft investiert. Die ursprünglichen Planziele waren dennoch nicht völlig erreicht worden, so gab es in der Schwerindustrie erhebliche Lücken, und Disproportionen der Volkswirtschaft bestanden weiter. Vor allem war der Lebensstandard nicht so gestiegen, wie die Regierung versprochen und die Menschen erhofft hatten. Die Schwächen der Wirtschaft, die trotz hoher Anstrengungen offenkundig waren, vergrößerten die Instabilität der SED-Regierung.[9]

 

 

 

 

 

 

 

Modell der Sowjetunion in Bildung und Kultur

 

 

 

Die Leitungsfähigkeit von Wirtschaft und Gesellschaft, aber auch die ideologische Haltung der Bevölkerung hing weitgehend von der Form und Effektivität des Bildungswesens ab. Die DDR-Führung erkannte diesen Zusammenhang sehr früh und war bemüht, ein Bildungssystem aufzubauen, das ihren Anforderungen und Vorstellungen gerecht wurde. Hauptziel war und blieb dabei einerseits die Ausschöpfung aller Begabungsreserven durch den Abbau früherer Bildungsprivilegien und andererseits die Ideologisierung der Jugend. Von 1949-1955 kam es der SED-Führung darauf an, das Bildungswesen inhaltlich neu zu gestalten und es weitgehend dem sowjetischen Vorbild anzupassen.[10] Das gesamte Schulsystem wurde entsprechend ausgerichtet, Lehrpläne, Lehrinhalt, Schulbücher und Verwaltungsaufbau verändert. Die Pädagogen selbst mussten für den neuen Kurs gewonnen oder abgelöst werden. Bereits 1949 gab es an den allgemein bildenden Schulen 45.000 neue Lehrkräfte, aber nur noch 20.000 Lehrer, die vor 1945 ausgebildet worden waren. 1950/51 konnten Partei und Staat auch an den Oberschulen einen Umbruch erreichen; hier war ein Drittel der Lehrer neu eingestellte Pädagogen, ebenso viele Schüler kamen aus Arbeiterkreisen. Zwischen 1949 und 1963 konnte die Hochschulreife an denArbeiter-und-Bauern-Fakultäten (ABF) erworben werden.[11] Diese waren Schulen des zweiten Bildungswegs und eingerichtet worden, um die entlassenen (oder in die Westzonen geflohenen) NS-Beamten durch geeignete junge Arbeiter und Bauern zu ersetzen, um so eine sozialistische Intelligenz heranzubilden. Für die DDR-Regierung bedeutetet dies ein: „kompromißloser Schritt zur Brechung des kapitalistischen Bildungsprivilegs.“ Vorgänger waren die Vorstudienanstalten an verschiedenen Universitäten. Tatsächlich findet sich bei nicht wenigen späteren Leitungskadern ein ABF-Besuch im Lebenslauf.

 

Am 31.03.1949 wurde die Kulturverordnung vom Bildungsministerium erlassen, die die Einführung der ABF regelte. Am 21.05.1949 wurden Richtlinien für die Schaffung von ABF erlassen und am 01.10.1949 begannen die ABF die Ausbildung. Ende Oktober eröffnete Wilhelm Pieck mit einer Rede an der Humboldt-Universität die ABF auch offiziell.

 

Neben dem Unterricht des Marxismus-Leninismus forcierte die SED den naturwissenschaftlichen Unterricht und die berufsbezogene Ausbildung. Der Staat kümmerte sich 1951 vor allem um die Berufsschulen, neben der Lehrlingsausbildung konnte der Berufsschulunterricht erheblich verbessert werden.

 

Der Aufbau des Sozialismus, den die 2. Parteikonferenz der SED 1952 proklamierte, brachte auch eine neue schulpolitische Konzeption der Staatspartei.[12] Ein Beschluss des Politbüros vom 29.07.1952 „Zur Erhöhung des wissenschaftlichen Niveaus des Unterrichts und zur Verbesserung der Parteiarbeit an den allgemeinbildenden Schulen“ stellte der Schule neue Aufgaben. Nach dem Willen der SED sollten die Jugendlichen zu „allseitig entwickelten Persönlichkeiten“ erzogen werden, die „fähig und bereit sind, den Sozialismus aufzubauen“; und sie sollten sich „die Grundlagen der Wissenschaft und der Produktion aneignen.“ Die nunmehr geforderte führende Rolle der Partei an der Schule hatte zum Ziel die Einheit von Bildung und Erziehung auf der Grundlage des Marxismus-Leninismus. Diese Prinzipien versuchte die SED in der Schulpolitik durchzusetzen, bis sie Ende 1955 das Problem der polytechnischen Erziehung in den Vordergrund rückte.

 

Eine ähnliche Entwicklung gab es im Hochschulwesen. Im Oktober 1949 waren wie oben dargestellt an den Universitäten nach dem Beispiel der Sowjetunion Arbeiter- und Bauern-Fakultäten geschaffen worden, um eine neue Intelligenz heranziehen zu können.[13] Im Januar 1951 beschloss das ZK der SED Maßnahmen zur Veränderung des Hochschulwesens und leitete damit eine Hochschulreform ein. Die Partei kritisierte „das Zurückbleiben unserer Hochschulen“ und forderte, unversöhnlichen Kampf „gegen alle reaktionären Ideologien, gegen den bürgerlichen Objektivismus, den Kosmopolitismus und Sozialdemokratismus zu entfalten und die Ergebnisse der Sowjetwissenschaft“ zu vermitteln.[14]

 

Zur einheitlichen Leitung aller Universitäten wurde das Staatssekretariat für Hochschulwesen gebildet, das im Februar 1951 das 10monatige Studienjahr mit genauen Studien- und Stoffplänen einführte. Das gesellschaftswissenschaftliche Grundstudium, das allen Studenten die SED-Ideologie vermitteln sollte, wurde Pflichtfach, der russische Sprachunterricht obligatorisch.

 

Gleichzeitig baute der Staat das Hochschulwesen aus. 1953 und 1954 entstanden zusätzlich zu den 21 bestehenden Hochschulen (6 Universitäten und 15 wissenschaftlich-technische Hochschulen) 25 neue Einrichtungen, darunter drei Medizinische Akademien, sechs Pädagogische Institute, je eine Hochschule für Elektrotechnik, Finanzen, Schwermaschinenbau usw. Die Zahl der Studenten stieg von 1951-1954 von 28.000 auf 57.500; daneben absolvierten viele Jugendliche ein Fernstudium. Der Anteil der Arbeiter- und Bauernkinder an den Studierenden nahm drastisch zu. Die DDR wandte enorme Mittel für die Bildung auf; zugleich versuchte sie, die ideologische Erziehung zu vertiefen.

 

Neben der Wissenschaft war der Einfluss der SED auch in den Bereichen Kunst und Kultur spürbar. 1950 versteifte sich die Haltung der Partei gegenüber der modernen Kunst, die als formalistisch und destruktiv verdammt wurde. Der III. Parteitag der SED verurteilte die „volksfeindlichen Theorien des Kosmopolitismus“ ebenso wie den „bürgerlichen Objektivismus“ und die „amerikanische Kulturbarberei“. Im März 1951 verlangte das ZK der SED eine „realistische Kunst“ und die Orientierung an die Sowjetunion, die die „fortschrittlichste Kultur der Welt“ geschaffen habe. Im Juli 1952 forderte das SED-Politbüro, den „sozialistischen Realismus“ auch in der Filmkunst durchzusetzen.[15] Mit dem Formalismusstreit wird eine Phase der Kulturdebatte Anfang der 1950er Jahre in der DDR bezeichnet, die staatlich initiiert, eine klare Abgrenzung der DDR - Kunst vom „westlich - dekadenten" Kunstbetrieb zum Ziel hatte. Inhaltlich zielte die Kampagne auf eine Abkehr von der Freiheit der Kunst, wie sie noch auf der ersten Zentralen Kulturtagung der SED vom 7. Mai 1948 gefordert worden war. Vor dem Hintergrund des beginnenden Kalten Krieges gab ein Zeitungsartikel von Wladimir Semjonowitsch Semjonow; (1911-1992) in der „Täglichen Rundschau“ vom 20. Januar 1951 den Anstoß: „Wege und Irrwege der modernen Kunst.“ Darin sprach er sich gegen „die antidemokratische Richtung der Modernisten, Formalisten, Subjektivisten und so weiter aus“..[16] Dem war in der UdSSR eine Formalismusdebatte, die sowjetische Musik betreffend, auf einer Tagung des Zentralkomitees im Januar 1948 vorausgegangen. Der Kulturpolitiker Andrej Shdanow formulierte hier, was unter Formalismus in der Musik zu verstehen sei, nämlich die Abwendung von der Volkstümlichkeit und vom Dienst am Volke sowie die Hinwendung zu "den rein individualistischen Empfindungen einer kleinen Gruppe auserwählter Ästheten.“[17] Grundlage der Änderung war dann der Beschluss des 5. Plenums des Zentralkomitees (ZK) der SED vom 17. März 1951 gegen die Freiheit der Kunst: Kampf gegen Formalismus in Literatur und Kunst für eine fortschrittliche deutsche Kultur. Als Zielrichtung des Beschlusses nannte Otto Grotewohl: „Literatur und bildende Künste sind der Politik untergeordnet, aber es ist klar, dass sie einen starken Einfluss auf die Politik ausüben. Die Idee der Kunst muss der Marschrichtung des politischen Kampfes folgen.“ [18]

 

Daraufhin sprach sich auch Walter Ulbricht in seiner Rede vor der Volkskammer der DDR am 31. Oktober 1951 zugunsten des Sozialistischen Realismus aus:[19] „Wir wollen in unseren Kunstschulen keine abstrakten Bilder mehr sehen. Die Grau in Grau Malerei, die ein Ausdruck des kapitalistischen Niedergangs ist, steht in schroffsten Widerspruch zum neuen Leben in der Deutschen Demokratischen Republik.“ Die Folge der politischen Beschlüsse war eine Abwanderung der Künstler und Studenten. Wladimir S. Semjonow wurde 1953 erster Hoher Kommissar der UdSSR in Deutschland. Im Januar 1954 wurde das Ministerium für Kultur der DDR gegründet, Johannes R. Becher wurde zum Minister berufen. Die alten Verwaltungsstrukturen wurden aufgelöst. Die Formalismuskonzeption verschwand aus den Leitlinien und Debatten.[20] Gleichzeitig unternahm der Staat allerdings große Anstrengungen zur Pflege des Kulturerbes. Das zeigte sich nicht nur in den Publikationen der Verlage oder in Feierlichkeiten zu Ehren von Beethoven, Herder oder Schiller in den Jahren 1952-1955, sondern auch im Wiederaufbau der Berliner Staatsoper oder des Zwingers und der Hofkirche in Dresden. Entsprechend der damaligen sowjetischen Kulturpolitik wurde das „humanistische Erbe“ verteidigt, Modernität und Kosmopolitismus aber verfolgt. Der Druck und der Führungsanspruch der SED auf Kultur und Kunst nahmen zu. So erklärte der ZK-Sekretär Paul Wandel im Juli 1955:[21] „Auch für die Genossen Künstler gelten die Beschlüsse unserer Partei.“

 

Neben des Versuches der Reglementierung von Kultur und Kunst versuchte die SED neue Moralkategorien zu entwickeln, um vor allem die Jugend davon zu überzeugen, dass persönliche und gesellschaftliche Interessen identisch seien. Dabei definierte ZK-Sekretär Otto Schön die neue Moral: sittlich war danach alles, „was zur Errichtung der Grundlagen des Sozialismus in der DDR beiträgt“, und entsprechend „unsittlich alle Versuche, den sozialistischen Aufbau zu hemmen.“[22]

 

Als sich im Jahre 1949 der 70. Geburtstag Stalins näherte, schrieben Stephan Hermlin und Heinrich Mann in der Zeitschrift „Aufbau“ Elogen auf den sowjetischen Herrscher. Kurt Barthel, aus dem englischen Exil zurückgekehrter Arbeiterschriftsteller und Mitglied der SED, versuchte den Personenkult um Stalin mit seinem Werk „Kantate auf Stalin“[23] umzusetzen. Er entwickelte sich zu einem Parteidichter, der Hymnen zum Aufbau des Sozialismus ablieferte. Bekannt ist sein öffentliches „Schämen“ für den Arbeiteraufstand vom 17. Juni 1953, in dem er die Arbeiter als unreif abkanzelte.[24] Ab 1952 war er als Funktionär tätig, u. a. als 1. Sekretär des Schriftstellerverbandes der DDR, als Mitglied des ZK der SED; seit 1953 war er Ordentliches Mitglied der Akademie der Künste in Berlin und bis 1958 Abgeordneter der Volkskammer. Barthel wurde im Jahr 1949 aufgrund seines Buches über Stalin der Nationalpreis der DDR verliehen.

 

Auch in der DDR näherte sich die Literatur dem Thema der Konzentrationslager, zu dem die DDR-Staatsführung lange Zeit keine klare Sprachregelung gefunden hatte. Erst im Jahre 1958 erschien der Roman vom Bruno Apitz „Nackt unter Wölfen“, der der erste Welterfolg der DDR-Literatur wurde. Die weitgehend authentische Geschichte von dem kommunistischen Häftling Höfel, der in den letzten Wochen des 2. Weltkrieges unter Lebensgefahr für sich und andere ein dreijähriges Kind im KZ-Buchenwald versteckte, wurde von Apitz mit ideologischem Anspruch erzählt. Mit seiner ideologischen Aussage und der schemenhaften Charakterdarstellung war der Roman zugleich ein frühes Modell des „Sozialistischen Realismus“ in der DDR.

 

Nach dem Ostberliner Arbeiteraufstand vom 17.06.1953 gewann die Ost-West-Problematik Bedeutung in der deutschen Literatur der Nachkriegszeit. Brechts Reaktion auf den Arbeiteraufstand sind wie schon oben dargestellt seine „Buckower Elegien“, die sich als stark verschlüsselte Kritik an den Ereignissen lesen ließen. Günter Grass unternahm im Jahre 1966 mit dem Drama „Die Plebejer proben den Aufstand“ eine kritische Abrechnung mit dem taktierenden Verhalten Brechts. In der DDR widmete sich Stefan Heym dem Aufstand in seinem Roman „Der Tag X“. Obwohl er eine weitgehend der DDR-Führung konforme, aber im Detail kritische Darstellung der Ereignisse gab, konnte der Roman erst im Jahre 1974 unter dem Titel „5 Tage im Juni“ erscheinen. In den „Mutmaßungen über Jakob“ aus dem Jahre 1959 griff Uwe Johnson die großen Themen der Politik der DDR auf: Republikflucht und Staatssicherheit, die Entstalinisierung und den Ungarnaufstand aus dem Jahre 1956.

 

Der führende Repräsentant der Literaturtheorie in der DDR war der Ungar Georg Lukács. Im Jahre 1954 veröffentlichte er mit seiner „Zerstörung der Vernunft“ eine konsequente Abrechnung mit der deutschen Geistesgeschichte des Irrationalismus, deren Weg er im Nationalsozialismus enden sah. Auch wenn Lukács von der offiziellen Literaturpolitik der DDR nicht vorbehaltlos akzeptiert wurde, gab er die Leitlinien vor.

 

Der Deutsche Schriftstellerverband (DSV), seit November 1973 Schriftstellerverband der DDR, gründete sich 1950 als Berufsverband der Schriftsteller in der DDR. Der Verband verstand sich in der Tradition des von den Nazis verbotenen Schutzverbandes deutscher Schriftsteller (SDS) der 1920er Jahren. Der Verband wurde am 4. Juni 1950 zunächst als „Deutscher Schriftstellerverband im Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands“ in Berlin gegründet und trat die Nachfolge des Schutzverbandes deutscher Autoren SDA/Zone bzw. SDA/DDR an. Er konstituierte sich am 22. Mai 1952 als selbständiger Künstlerverband.[25]

 

Das Bestreben der DDR, ihre Vorstellungen in allen Lebensbereichen durchzusetzen, führte zu immer neuen Konflikten mit den verschiedenen Bevölkerungskreisen. So verhärtete sich 1952/53 auch die Haltung von Staat und Partei gegenüber der Kirche. In der DDR waren damals 80 Prozent der Bevölkerung evangelischen Glaubens. Von Januar bis April 1953 verhaftete der SSD etwa 50 Geistliche, Laienhelfer und Diakone. Die „Junge Gemeinde“ der evangelischen Kirche war heftigen Angriffen ausgesetzt, 300 Oberschüler wurden wegen ihrer Zugehörigkeit zu dieser Glaubensvereinigung von den Schulen relegiert. Die evangelischen Bischöfe wandten sich im April 1953 in scharfer Form gegen die Repressalien gegenüber der Kirche. Erst mit dem „Neuen Kurs“ beendeten SED und Staat erst einmal die Druckmittel gegen die Kirche.

 

Ende 1954 proklamierte die SED eine allgemeine Jugendweihe, um die Jugend stärker an den Staat zu binden und ihre atheistischen Vorstellungen zu verbreiten. Da sich die Kirche scharf gegen die Jugendweihe wandte, kam es erneut zu schweren Differenzen zwischen Kirche und Staat, die über Jahre andauerten. Dabei wurde zunächst übersehen, dass es sich bei der Jugendweihe weniger um eine Fortführung der Freidenkertradition durch den Staat oder um eine Aktion gegen die Kirche, als vielmehr um den Versuch handelte, den Jugendlichen eine enge Beziehung zu den gerade erst entstandenen Staat der DDR zu vermitteln. Der Atheismus der Staatsführung sollte durchgesetzt werden.

 




[1] Rubel, M.: Stalin, 7. Auflage, Reinbek bei Hamburg 1994, S. 112

[2] Steiner, A.: Von Plan zu Plan. Eine Wirtschaftsgeschichte der DDR, München 2004, S. 54

[3] Schöne, J.: Frühling auf dem Lande?, Die Kollektivierung der DDR-Landwirtschaft, Berlin 2005, S. 24f

[4] Steiner, Von Plan zu Plan, a.a.O., S. 74

[5] Ebd., S. 101

[6] Ebd., S. 76

[7] Ebd., S. 80

[8] Ebd., S. 123

[9] Ebd. S. 131

[10] Weise, T.: Kulturpolitik in der DDR, Berlin 1997, S. 52f

[11] Ebd., S. 73

[12] Grauer, M.: DDR-Bildungspolitik 1949-1961, Köln 1989, S. 67ff

[13] Ebd., S. 80

[14] Ebd., S. 82

[15] Weise, Kulturpolitik, a.a.O., S. 147ff

[16] Neues Deutschland vom 26.01.1951

[17] Knopf, J. (Hrsg.): Brecht Handbuch, Band 1, Stuttgart 1988, S. 406

[18] Schubbe, E. (Hrsg.): Dokumente zur Kunst, Literatur und Kulturpolitik der SED, Stuttgart 1972, S. 142

[19] Ebd., S. 158

[20] Mittenzwei, W.: Das Leben des Bertolt Brecht oder der Umgang mit den Welträtseln, Frankfurt/M. 1989, S. 561f

[21] Schubbe, Dokumente zur Kunst, Literatur und Kulturpolitik der SED, a.a.O., S. 181

[22] Ebd., S. 201

[23] Barthel, K.: Kantate auf Stalin, Berlin 1949

[24] Greiner, B.: Literatur der DDR in neuer Sicht. Studien und Interpretationen, Frankfurt/M./Bern/New York 1986, S. 32f

[25] Walther, J.: Sicherungsbereich Literatur. Schriftsteller und Staatssicherheit in der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1996, S. 30

 

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