Bildungspolitik der Bolschewiki

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Das erste Jahr der bolschewistischen Herrschaft brachte die Zerschlagung der pädagogischen Institutionen des alten Zarenreiches. Schon lange vor 1917 hatte Lenin die bei der Verwandlung Russlands in einen Industriestaat auftretenden Hemmnisse mit dem niedrigen Bildungsniveau der Bevölkerung in Zusammenhang gebracht und betont, dass der „Faktor Kultur“ für den wirtschaftlichen Aufstieg von entscheidender Bedeutung sei. Eine sozialistische Gesellschaftsordnung war nicht in erster Linie durch die Übernahme technischer Errungenschaften und der bloßen Aneignung notwendiger Arbeitsfertigkeiten aufzubauen, sondern durch die Selbstorganisation des Proletariats auf dem Wege über ihre kollektiven Erfahrungen im sozialen Leben, d.h. im Produktions- und Lernprozess. Lenin sah in der Überwindung des Analphabetentums eine der fundamentalen Voraussetzungen für die sozialistische Kulturrevolution und die Industrialisierung Sowjetrusslands. Die Revolutionierung der Erziehung und des Unterrichtes, die im Jahre 1918 einsetzte, traf in den von den Bolschewiki beherrschten Teilen des Landes und in den von ihnen 1920/1921 wieder eroberten Gebieten auf ein Schulwesen, das in materieller Hinsicht auf einen Stand zurückgefallen war, der weit unter dem von 1914 lag. Der Tiefpunkt war in den Jahren 1921-1923 erreicht, als zu der großen Hungersnot radikale Kürzungen der Staatsausgaben für das Bildungswesen hinzukamen. In einer solchen Situation konnten die weit reichenden Entwürfe für eine neue sozialistische Schule nur bruchstückhaft verwirklicht werden

 

 

 

 

 

 

Bildungspolitische Ziele im Allgemeinen

 

Als die Bolschewiki im Oktober 1917 an die Macht kam, verfügte sie in grobem Maße auch über ein pädagogisches und bildungspolitisches Programm, das auf den theoretischen Grundlagen des Marxismus beruhte und einige Zielvorstellungen mit der demokratischen Volksbildungsbewegung sowie anderer sozialistischer Parteien teilte. Konkrete Pläne und Reformentwürfe besaßen die Bolschewiki um diese Zeit jedoch noch nicht. Im Laufe des Jahres 1918 gesellten sich zu den wenigen Bolschewiki, die zuerst in Petrograd, dann in Moskau das ehemalige zaristische Ministerium für Volksbildung in den Generalstab der pädagogischen Revolution verwandelten, entschiedene Schulreformer wie P.P. Blonskij (1884-1941), S.T. Sackij (1878-1934) und V.N. Sulgin (1894-1965). Später kamen noch die beiden führenden pädagogischen Wissenschaftler der 1920er Jahre, A.P. Pinkevic (1883-1939) und M.M. Pistrak (1888-1940) hinzu.

Die pädagogischen Wortführer der Schulrevolution bezogen ihre Ideen vornehmlich aus drei Richtungen: aus der von Tolstoj beeinflussten radikalen pädagogischen Bewegung der freien Erziehung, aus der westeuropäischen und nordamerikanischen Reformpädagogik, für die John Dewey (näher darauf eingehen) repräsentative Geltung in Russland gewann, sowie aus der Theorie von Karl Marx. Während die allgemeinen gesellschaftlichen und politischen Ziele des Marxismus, in der von Lenin geschaffenen Form, den prinzipiellen und programmatischen Rahmen abgaben, innerhalb dessen sich die kommunistische Bildungspolitik abspielte, flossen in ihre Realisierung während der ersten Periode in starkem Maße auch nichtmarxistische Gedanken ein.

Diese Vorstellungen waren vor allem für die innere Revolutionierung von Schule und Erziehung bestimmend und kamen in den entsprechenden Dekreten, Programmen und Lehrplänen seit 1918 zum Ausdruck. Bevor der Autor sich dieser Seite der pädagogischen Neuorientierung zuwendet, müssen jedoch die umgreifenden sozialpolitischen Zielsetzungen des bolschewistischen Programms zur Umgestaltung des russischen Bildungswesens dargelegt werden. Sie beruhen vor allem auf den von Lenin entwickelten Vorstellungen von einer „sozialistischen Kulturrevolution“ und von den Aufgaben die dabei der Diktatur des Proletariats zufielen. Lenin hat dem Ausdruck „Kulturrevolution“ erst gegen Ende seines Lebens geprägt, als sich mit Beginn der Neuen Ökonomischen Politik die Erkenntnis Bahn gebrochen hatte, dass Russland ein langwieriger sozialer, ökonomischer und kultureller Transformationsprozess bevorstand. Lenin schrieb Anfang 1923: „Unsere Gegner hielten uns oft entgegen, es sei ein sinnloses Beginnen von uns, in einem Lande mit mangelnder Kultur den Sozialismus anpflanzen zu wollen. Ihr Irrtum entstand aber daraus, daß wir nicht von dem Ende angefangen haben, an dem es nach der Theorie hätte geschehen sollen, und daß bei uns die politische und soziale Umwälzung jener kulturellen Umwälzung jener Kulturrevolution vorausgegangen ist, der wir jetzt dennoch gegenüberstehen.“

Lenin kehrte den Zusammenhang um: der Aufbau der geplanten sozialistischen Gesellschaftsordnung musste alles das nachholen, was der Kapitalismus im Westen geleistet, in Russland aber versäumt hatte: „Wenn zur Schaffung des Sozialismus ein bestimmtes Kulturniveau notwendig ist (obwohl niemand sagen kann, wie dieses bestimmte ‚Kulturniveau’ aussieht, denn es ist in jedem westeuropäischen Staat anders), warum sollten wir also nicht damit anfangen, auf revolutionärem Weg dieses bestimmte Niveau zu erringen, und erst dann, auf der Grundlage der Arbeiter- und Bauernmacht und der Sowjetordnung, vorwärts schreiten und die anderen Völker einholen.“

Schon lange vor 1917 hatte Lenin die bei der Verwandlung Russlands in einen Industriestaat auftretenden Hemmnisse mit dem niedrigen Bildungsniveau der Bevölkerung in Zusammenhang gebracht und betont, dass der „Faktor Kultur“ für den wirtschaftlichen Aufstieg von entscheidender Bedeutung sei. Kurz nach der Oktoberrevolution nannte er als die beiden wichtigsten Voraussetzungen für die Entwicklung einer sozialistischen Wirtschaft in Russland „erstens die Hebung des Bildungs- und Kulturniveaus der Masse der Bevölkerung und zweitens die Hebung der Disziplin der Werktätigen, ihres Vermögens zu arbeiten, der Geschicklichkeit, der Intensität der Arbeit und ihre bessere Organisation.“

Lenin war sich aber dessen bewusst, auf welche großen Schwierigkeiten diese „Kulturrevolution“ stoßen musste, bei der „Umerziehung der Massen, bei der Organisations- und Schulungsarbeit, bei der Vermittlung von Wissen, beim Kampf gegen das uns zugefallene Erbe an Unwissenheit und Unkultur, Rohheit und Verwilderung.“

Im Unterschied zu den technikfeindlichen und zivilisationskritischen Kulturkonzeption Tolstojs, die noch im 20. Jahrhundert in der russischen Intelligenz lebendig war, erkannte Lenin den von Blonskij im Jahre 1919 niedergeschriebenen Satz an, dass die „technisch vollkommene Gesellschaft“ gleichbedeutend sei mit der „sozial vollkommenen Gesellschaft“ und dass „die Kultur der Zukunft eine industriell-kollektivistische Kultur“ sei. Die Verbindung von Technik und Sozialismus stellte Lenins Vermächtnis an Russland dar. Die Elektrifizierung  der Industrie und der Anstieg der Kultur bildeten den Kern des „zweiten Parteiprogramms“, wie Lenin den Ende 1920 verabschiedeten Plan zur Elektrifizierung Russlands nannte. Bei der „Kulturrevolution“ in Russland handelte es sich also um ein Nachholen der europäischen und amerikanischen Entwicklung. Lenins Konzeption der „sozialistischen Kulturevolution“ unterstrich die rational-planerischen Aufgaben der neuen revolutionären Staatsmacht ebenso wie den instrumentellen Charakter der elementaren Massenbildung. „Kulturrevolution“ bedeutete in diesem Verständnis nicht die Schaffung einer neuen „proletarischen Kultur“, sondern den Erwerb wissenschaftlicher, technischer und organisatorischer Mittel zur Überwindung der sozioökonomischen Rückständigkeit des Landes und seiner Bevölkerung.

Aus der pragmatischen Einstellung Lenins und seinem Bewusstsein von der historischen Kontinuität ergab sich auch seine ablehnende Haltung gegenüber den Bestrebungen einer genuinen „proletarischen Kulturrevolution“, die fast alle Bereiche des kulturellen Lebens in den ersten Jahren der bolschewistischen Revolution durchdrangen. Die Bewegung des „Proletkul’t“ fand in der Literatur und in den bildenden Künsten den stärksten Ausdruck. Der „Proletkul’t“ sollte als autonome, von der Partei unabhängige Organisation die „proletarische Klassenkultur“ allein mit den Kräften des Proletariats unter ausdrücklichem Verzicht auf die Mitwirkung der Bauern und der bürgerlichen Intelligenz. Die kommunistische Partei war in diesem Konzept lediglich für die politische Revolution, die Gewerkschaften für die soziale Revolution zuständig. Lenin sah im proletarischen Radikalismus der Bewegung die Gefahr, dass dadurch die Bauern und die bürgerliche Intelligenz, deren Zustimmung für die Überlebensfähigkeit des Sowjetsystems entscheidend war, in eine scharfe Opposition zur Diktatur des Proletariats gebracht und damit der hegemoniale Bestand der kommunistischen Partei und auch seine eigene Position gefährdet wurde. Die Reglementierung des „Proletkul’t“ hatte in erster Linie politische Gründe, richtete sich aber gegen den dortigen Einfluss des Futurismus. Die Futuristen sahen in der Revolution vor allem die Befreiung der Künste aus verknöcherten Traditionen. Der Volkskommissar für das Bildungswesen, Lunacarskij, förderte zunächst die Futuristen und wies ihnen einflussreiche Posten auf dem Gebiet der Literatur-, Kunst- und Theaterpolitik zu. Aber es traten bald Differenzen auf. Der von den Futuristen propagierte totale Bruch mit der Kunst der zaristischen Vergangenheit widersprach der vor allem von Lenin vertretenen Ansicht, dass der Aufbau einer neuen Kultur nur mit Unterstützung der bürgerlichen Intelligenz und ihres Fachwissens eine gute Überlebenschance hätte. Bald darauf wurde deren Zeitung „Kunst der Kommune“ von der Regierung eingestellt. Der Einfluss der Futuristen auf die Literatur- und Bildungspolitik der Sowjetunion war damit gebrochen, obwohl sie sich bemühten, ihre Vorstellungen von einer revolutionären Kunst weiter zu verbreiten.

Der Geist der Absage an die Vorstellungen von einer besonderen proletarischen Kultur fand auch Eingang in die Thesen des ZK der „Gesamtrussischen Gewerkschaft der Kunstschaffenden“. Neben der Notwendigkeit einer Nutzung für die politische Agitation und der als Voraussetzung dazu erforderlichen „kommunistischen Propaganda unter den Dienern der Kunst selbst“ wurde darin hervorgehoben, dass „ die neue proletarische und sozialistische Kunst nur auf dem Fundament aller Errungenschaften der vergangenen errichtet werden kann“. Der „Proletkul’t“ entwickelte sich zu einer Massenorganisation, die mit der kommunistischen Partei zahlenmäßig konkurrieren konnte. Im Jahre 1920 gab es ca. 400.000 Sympathisanten und 80.000 aktive Mitglieder, die über 20 literarische und kulturpolitische Zeitschriften herausgaben.

Erkenntnistheoretisch nahm die Bewegung eine radikale Variante der Standpunkt-Theorie ein.[1] Die Standpunkt-Theorie geht von einer Abhängigkeit der Erkenntnisgewinnung innerhalb gesellschaftlicher Herrschaftsverhältnisse aus. Es geben bessere und schlechtere Standpunkte, von denen aus die Welt betrachtet und interpretiert werden könne. Die standpunkttheoretischen Konzepte setzen bei Hegels Herr und Knecht-Kapitel in der „Phänomenologie des Geistes“ aus dem Jahre 1802 an.[2] Karl Marx hat Hegels Philosophie auf den Produktionsprozess im Kapitalismus bezogen, in der sich Kapitalisten und Proletarier in einer organisierten gesellschaftlichen Beziehung als Klassen gegenüberstehen. Aus der Sicht des Proletariers ist der Ablauf des Produktionsprozesses prinzipiell verfügbar, da seine Anstrengung die Beziehung zwischen Selbst und Gegenstand erst hervorbringe. Vom Standpunkt der herrschenden Klassen hingegen seien die tatsächlichen Praktiken nicht sichtbar. Aus dem Standpunkt des Proletariers resultiert sein Klassenbewusstsein und der damit verbundene Klassenkampf, wenn es von der Klasse an sich zur Klasse für sich werde.[3]

Ab August 1919 betrieb Lenin aktiv die Unterordnung des Proletkul’t unter das Volkskommissariat für das Bildungswesen. Die erstrebte Unterordnung wurde schließlich im Oktober 1920 vollzogen und im Dezember 1920 durch einen ZK-Beschluss bestätigt. Lenin hatte eine völlige Unterordnung des Proletkul’t angestrebt, aber letztlich wurde ihm doch Autonomie in seiner künstlerischen Arbeit (Musik, Theater, Literatur, bildende Kunst) eingeräumt, wogegen ihm eigenständige politische und wissenschaftspolitische Arbeit verboten wurde.

Die Unterordnung des „Proletkul’t“ unter die Regierung leitete seinen Verfall ein. Seine bisherigen Wortführer, A. Bogdanov und V. Poljanskij, wurden ausgeschaltet; viele Zeitschriften wie „Proletarische Kultur“ und „Zukunft“ wurden im Jahre 1921 eingestellt.

Die Bewegung des „Proletkul’t“ beeinflusste auch einige pädagogische Konzeptionen. Der Geist der spontanen und kollektiven Experimentierlust war in den Projekten für Schulkommunen oder Kinderhäuser ebenso lebendig wie in den radikalen Ideen von der „Vernichtung der alten Schule“ und dem „Absterben der Schule“ überhaupt. Im Augenblick der bolschewistischen Machtübernahme waren die Unterschiede noch überdeckt; der erste amtliche Aufruf des neuen Volkskommissars Lunacarskij erhielt folgende Aussagen: „Die werktätigen Volksmassen, die Arbeiter, Bauern und Soldaten lechzen nach Unterricht im Lesen und Schreiben und nach allem Wissen. Sie lechzen aber auch nach Bildung. Diese kann ihnen weder der Staat noch die Intelligenz noch irgendwelche Macht außerhalb ihrer selbst geben. Schule, Buch, Theater, Museum usw. können hier nur Hilfsmittel sein. Die Volksmassen werden selbst ihre Kultur bewußt oder unbewusst ausarbeiten. (…) Der städtische Arbeiter und der auf dem Lande Arbeitende werden sich, jeder auf seine Art, ihre lichte, von dem Klassenbewusstsein des Arbeiters durchdrungene Weltanschauung schaffen. Es gibt keine erhabenere und schönere Erscheinung als die, deren Zeugen und Beteiligte die nächste Generation sein werden: das Aufbauen des eigenen, gemeinsamen, reichen und freien Seelenlebens durch schaffende, werktätige Kollektive. (…) Überall in Russland, besonders unter den städtischen Arbeitern, aber auch unter den Bauern, erhob sich eine mächtige Welle der Kultur- und Bildungsbewegung, vermehren sich zahllos die Arbeiter- und Soldatenorganisationen dieser Art; ihnen entgegenzukommen, sie auf jede Weise zu stützen, den Weg vor ihnen freizumachen, ist die erste Aufgabe der revolutionären Volksregierung auf dem Gebiete der Volksbildung.“

Auf der 1. gesamtrussischen Konferenz der „Proletkul’t“ - Organisationen  wurden die drei wichtigsten Prinzipien herausgestellt:

 

1.      die kulturell aufklärende Bewegung des Proletariats sollte einen selbständigen Platz neben seiner politischen und ökonomischen Bewegung einnehmen;

2.      ihre Aufgabe bestand in der Ausarbeitung einer proletarischen Kultur, die mit der klassenlosen Gesellschaft zu einer allgemein-menschlichen wurde;

3.      der Aufbau dieser neuen Kultur basierte auf der gesellschaftlichen Arbeit und der menschlichen Zusammenarbeit.

 

Die Sozialisierung von Bildung und Wissenschaft war das Ziel, d.h jedem einzelnen Menschen sollten die Kulturgüter und wissenschaftliche Erkenntnisse zugänglich gemacht werden: „Der Arbeiterklasse steht bevor, nicht nur das wissenschaftliche Erbe der bürgerlichen Welt zu übernehmen und umzuwandeln. Ihre historische Aufgabe, ihr soziales Ideal erfordert, daß sie im Keime der Wissenschaft etwas ganz Neues schafft. (…) Die Verwirklichung des Sozialismus bedeutet eine Organisationsarbeit von einer Weite und Tiefe, zu der noch keine Gesellschaftsklasse in der Geschichte der Menschheit berufen war. (…) Eine Wissenschaft, die vom Standpunkt der Arbeiterklasse betrieben wird, ist die gesammelte Arbeitserfahrung der Menschheit, ein Mittel der Organisation der Arbeit, ein Mittel der Organisierung des sozialen Kampfes und Aufbaues – eine Macht nicht der Person, sondern der Gesamtheit“

Eine sozialistische Gesellschaftsordnung war nicht in erster Linie durch die Übernahme technischer Errungenschaften und der bloßen Aneignung notwendiger Arbeitsfertigkeiten aufzubauen, sondern durch die Selbstorganisation des Proletariats auf dem Wege über ihre kollektiven Erfahrungen im sozialen Leben, d.h. im Produktions- und Lernprozess.

Im Unterschied dazu räumte Lenin der Bildungsarbeit unter der Bevölkerung im Sinne der Aufklärung eindeutig den Vorrang vor der Schaffung neuer proletarischer Kulturprinzipien ein. Deshalb nahm er auch zum „bürgerlichen Kulturerbe“ der Vergangenheit eine andere Stellung ein, als es die vom „Proletkul’t“ beeinflussten Strömungen in Fragen der Pädagogik und Bildung taten. Lenin schrieb: „Der Marxismus hat seine weltgeschichtliche Bedeutung als Ideologie des revolutionären Proletariats dadurch erlangt, daß er die wertvollsten Errungenschaften des bürgerlichen Zeitalters keineswegs ablehnte, sondern sich umgekehrt alles, was in der mehr als zweitausendjährigen Entwicklung des menschlichen Denkens und der menschlichen Kultur wertvoll war, aneignete und es verarbeitete.“

Lenin verstand also Wissenschaft nicht nur, im Sinne des Marxismus, an die Arbeiterklasse gebunden, sondern musste auch in ihrem Dienst stehen und zu ihrem Nutzen angewendet werden. Das bedeutete eine Aktivierung wissenschaftlicher Forschung ganz allgemein, aber auch, dass durch diese Funktion jeglicher wissenschaftlicher Tätigkeit eine bestimmte Richtung gegeben wurde, die mit Herrschaft und Gesellschaft in Zusammenhang stand: hier lagen die Anfänge der wissenschaftspolitischen Konzeption. Kurz nach der Oktoberrevolution hat Lenin diese Auffassung formuliert: „Früher war das ganze menschliche Denken, der menschliche Genius nur darauf gerichtet, den einen alle Güter der Technik und Kultur zu geben und dem anderen das Notwendigste vorzuenthalten – Bildung und Entwicklung. Jetzt dagegen werden alle Wunder der Technik, alle Errungenschaften der Kultur zum Gemeingut des Volkes, und von jetzt an wird das menschliche Denken, der menschliche Genius niemals mehr ein Mittel der Gewalt, ein Mittel der Ausbeutung sein.“

Aus dieser Äußerung geht hervor, dass für Lenin Wissenschaft niemals in der bloßen Theorie bestand, sondern immer auch zugleich in der praktischen Anwendung und Nutzung. Wissenschaft und Technik gehörten zusammen und ließen sich im Grunde nicht trennen: diese Konzeption sollte für die weitere Entwicklung der Wissenschaft und auch der Wissenschaftspolitik in der Sowjetunion zur Grundlage werden. In dem von ihm im April 1918 verfassten „Entwurf eines Planes wissenschaftlich-technischer Arbeiten“ fasste er seine Vorstellungen von der zukünftigen Aufgabe von Wissenschaft und Technik in der Sowjetunion zusammen, in dem er die „Ausarbeitung eines Planes für die Reorganisation der Industrie und den ökonomischen Aufstieg Russlands“ forderte, sich dabei auf die Akademie der Wissenschaften bezog und als wichtigste Aufgabe „eine rationelle Standortverteilung der Industrie in Russland“ nannte. Der abschließende Hinweis: „Besonders große Aufmerksamkeit für die Elektrifizierung der Industrie und des Verkehrswesens und für die Anwendung der Elektrizität in der Landwirtschaft“ leitete schon zu dem Plan zur Elektrifizierung Russlands über, der drei Jahre später endgültig Gestalt annahm.

Auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Auslandskontakte hat sich vor allem die Akademie der Wissenschaften um einen Neubeginn bemüht. Hier lag der Schwerpunkt der angestrebten Beziehungen in Deutschland. Die Gelegenheit des 200. Gründungstages der Russischen Akademie der Wissenschaften im September 1925 wurde zu einer internationalen Feier genutzt. Es kamen 150 Wissenschaftler aus dem Ausland, darunter 30 Personen aus Deutschland. Vertreter der Preußischen Akademie der Wissenschaften war Max Planck, der im Jahre 1926 Ehrenmitglied der Akademie der Wissenschaften der UdSSR wurde. Die deutsche Teilnahme hat sich insbesondere durch die Aktivität des ehemaligen preußischen Kulturministers Friedrich Schmidt-Ott als bereichernd für die deutsch-sowjetische wissenschaftliche Zusammenarbeit ausgewirkt.

Einen großen Umfang nahmen wechselseitige Reisen zu Information und Forschung ein. Von deutscher Seite handelte es sich im Wesentlichen um Besuche von Wissenschaftlern, deren Forschung unmittelbar Russland oder die Sowjetunion betraf. Auf sowjetischer Seite lag der Schwerpunkt in den Naturwissenschaften und der Mathematik.

 

 

 

 

 

 

Die Einheits-Arbeitsschule

 

Das erste Jahr der bolschewistischen Herrschaft brachte die Zerschlagung der pädagogischen Institutionen des alten Zarenreiches. An seinem Ende stand der Plan einer neuen Schule, deren Name ein Programm war: die Einheits-Arbeitsschule. Die folgenden Jahre bis 1920 brachten dann den Versuch, die neuen pädagogischen Grundsätze auch zu praktizieren. Da die Kluft zwischen Anspruch und Realität zu groß war, folgte bald eine Phase der Ernüchterung. Der Beginn der Neuen Ökonomischen Politik (NEP) im Frühjahr 1921 zwang zu einer Besinnung auf das Mögliche und zu einer ersten Konsolidierung der Schulpolitik. Die pädagogische NEP, die bis zum Jahre 1927 andauerte, wurde dann unter Stalins Führung von einer zweiten radikalen Reform abgelöst, die in den Jahren 1930/31 kulminierte. Deren Scheitern und die folgende „Stabilisierung“ des Schul- und Hochschulwesens in den frühen dreißiger Jahren beendeten schließlich die frühsowjetische Periode und leiteten zu den folgenden beiden Jahrzehnten der Stalinschen Bildungspolitik über.

Die vom Volkskommissariat für das Bildungswesen der RSFSR im ersten Jahr nach der Oktoberrevolution erlassenen zahlreichen Dekrete und Aufrufe beseitigten die äußeren Merkmale der zaristischen Schule und proklamierten noch sehr vage die Umrisse einer neuen. Die wichtigsten Maßnahmen betrafen die Trennung der Schule von der Kirche (Dekret vom 21.01.1918), d.h. die Aufhebung der Religionsunterrichtes, die Konzentration aller Schulen und Bildungseinrichtungen (einschließlich der Berufsschulen) im Ressorts für Volksbildung, die allgemeine Einführung der Koedukation, die Abschaffung der Schulzensuren und des Lateinunterrichts als Pflichtfach (Dekret vom 31.05.1918), die Einführung des Kollegialitätsprinzips anstelle der Einzelleitung in der Schule sowie das Verbot der Schüler- und Studentenuniformen. Im Dezember 1917 wurde ein eigener kommunistischer Verband der „Lehrer-Internationalisten“ als Gegenpol zum Allrussischen Lehrerverband gegründet. Im Dezember 1918 wurde diese traditionelle Lehrerorganisation aufgelöst; der neue kommunistische Lehrerverband wurde im Sommer 1919 als „Gewerkschaft der Bildungsarbeiter“ reorganisiert und von nun an als einzige Vertretung der Lehrerschaft vom Staat unterstützt und anerkannt.

Die lokalen vorschulischen, schulischen und außerschulischen Angelegenheiten wurden im Januar 1918 besonderen „Räten für Volksbildung“ übertragen, die gleichzeitig die Funktionen der früheren Volksbildungsabteilungen bei den Zemstva und Stadtdumen übernahmen. Die neuen Organe bildeten ein entscheidendes Element einer demokratischen Schulreform, da auf diese Weise die Bevölkerung zur Mitarbeit herangezogen und eine wirksame Kontrolle der Schulbürokratie gewährleistet werden sollte.

Diese weitreichende Dezentralisierungs- und Demokratisierungstendenz geriet jedoch schon im Frühjahr 1918 in Konflikt mit den zentralistischen Bestrebungen des Staatsapparates, hervorgerufen unter anderem durch den beginnenden Bürgerkrieg. Eine allgemeine „Ordnung für die Organisation des Volksbildungswesens“ vom 26.06.1918 beließ den Räten für Volksbildung zwar Kontroll- und Beratungsrechte, konzentrierte die eigentliche Schulverwaltung aber in den Abteilungen für Volksbildung, die bei den entsprechenden lokalen und regionalen Sowjets der Arbeiter- und Bauerndeputierten errichtet wurden und nach dem Grundsatz des demokratischen Zentralismus der jeweils höheren Behörde, bis hin zum Volkskommissariat, verantwortlich waren. Die für die Gesamtleitung des Bildungswesens vorgesehene zentrale Staatliche Kommission trat nur bis zum Jahre 1919 zusammen, der als periodisch wiederkehrend gedachte Allrussische Kongress für das Bildungswesen tagte lediglich einmal, im August 1918.

Während somit die grundsätzliche Entscheidung für ein zentralistisches Leitungssystem im Schulwesen schon sehr früh gefallen war, bewegte sich die pädagogische Schulreform noch mehrere Jahre lang zwischen den Ideen anarchosyndikalistischer Theoretiker, die den „Tod der alten Schule“ proklamierten und den gemäßigten Reformern, die einen radikalen Bruch mit der bisherigen Bildungsaufgabe der Schule vermeiden wollten.

Die Meinungsverschiedenheiten über das Ausmaß der von allen pädagogischen Reformern gewünschten Umgestaltung der Schule kamen deutlich bei der Vorbereitung der grundlegenden Verordnungen vom 16.10.1918, der „Ordnung für die Einheits-Arbeitsschule der RSFSR“ und der erläuternden „Deklaration“ zum Ausdruck. Während die Moskauer „Linken“ für die Schulkommune eintraten, war die gemäßigte „Petrograder Gruppe“ gegen eine weitgehende Auflösung der Schule in der ökonomischen und sozialen Umwelt. Diese Reformgruppe wollte eine Arbeitsschule, die zwar die polytechnische Erziehung und eine produktive Arbeit der Schüler berücksichtigte, gleichzeitig jedoch an festen Lehrplänen und an einem systematischen Unterricht in den oberen Klassen festhielt.

Die wichtigsten Merkmale der Einheits-Arbeitsschule waren:

 

1.      der Aufbau einer zweistufigen horizontal gegliederten Schule im Umfang von neun Schuljahren (8. bis 17. Lebensjahr);

2.      diese Einheitsschule sollte zugleich eine Differenzierung vom 14. Lebensjahr ermöglichen;

3.      die Schülerselbstverwaltung und ein partnerschaftliches Verhältnis von Seiten der Lehrer sollte an die Stelle des autoritären Schulsystems treten;

4.      Individualität des Einzelnen und sozial verpflichtender Kollektivismus wurden nicht als Gegensätze, sondern als komplementäre Seiten aufgefasst;

5.      produktive Arbeit und polytechnische Bildung sollten den didaktischen Kern der neuen Schule darstellen.

 

Insgesamt beruhte das Projekt der Einheits-Arbeitsschule auf einer Verbindung reformpädagogischer Ideen und marxistischer Prinzipien, es war der Versuch einer Synthese von Pädagogik und Politik.

Die Revolutionierung der Erziehung und des Unterrichtes, die im Jahre 1918 einsetzte, traf in den von den Bolschewiki beherrschten Teilen des Landes und in den von ihnen 1920/1921 wieder eroberten Gebieten auf ein Schulwesen, das in materieller Hinsicht auf einen Stand zurückgefallen war, der weit unter dem von 1914 lag. Der Tiefpunkt war in den Jahren 1921-1923 erreicht, als zu der großen Hungersnot radikale Kürzungen der Staatsausgaben für das Bildungswesen hinzukamen. In einer solchen Situation konnten die weit reichenden Entwürfe für eine neue sozialistische Schule nur bruchstückhaft verwirklicht werden: „Wieviel Enttäuschungen haben wir erlebt! Der Kriegskommunismus erschien vielen als der direkte und kürzeste Weg in das Reich des Kommunismus. (…) Für uns kommunistische Pädagogen war die Enttäuschung besonders groß. Über alle Maßen wuchsen die Schwierigkeiten, in einem dunklen analphabetischen Land ein sozialistisches Volksbildungssystem aufzubauen; es fehlte völlig an kommunistischen Lehrern, Menschenreserven, materielle Mittel und Geld reichten nicht aus.“

Die 1920er Jahre, die bis 1927 im Zeichen der „Neuen Ökonomischen Politik“ standen, spiegelten den notwendig gewordenen Kompromiss zwischen den ursprünglichen Idealen der pädagogischen Revolution und den praktischen Möglichkeiten auf zahlreichen Gebieten wider. Während im Programm der RKB (B) und in der „Ordnung für die Einheits- Arbeitsschule“ noch ein obligatorischer Schulbesuch bis zum 17. Lebensjahr vorgesehen war, musste dieser Gedanke bald fallen gelassen werden. Als im Jahre 1923 die einzelnen Sowjetrepubliken damit begannen, gesetzgeberische Maßnahmen zur Einführung der allgemeinen Schulpflicht zu entwickeln, begnügte man sich zunächst damit, einen vierjährigen allgemeinen Schulbesuch anzustreben.

Insgesamt gesehen war man im Jahre 1927 von der Verwirklichung der allgemeinen Grundschulpflicht noch fast ebenso weit entfernt wie vor der Oktoberrevolution: die Gruppe der 8-11jährigen Kinder wurde lediglich zu etwa 50% beschult, nur knapp ein Drittel dieser Grundschulen entsprach dem vierklassigen Normaltypus und besonders auf dem Lande war der Schulbesuch der Mädchen seltener und kürzer als bei den Jungen. Ein Gesetz zur Einführung der allgemeinen Schulpflicht wurde erst im Jahre 1930 erlassen.

Die sowjetische Erziehungspolitik war in den 1920er Jahren von einem anderen Massenproblem fast noch stärker herausgefordert: dem der Kinderverwahrlosung. Die Wurzeln dieses Problems reichten bis in den 1. Weltkrieg zurück, aber erst der Bürgerkrieg und vor allem die große Hungersnot 1921/1922 bewirkten das starke Anwachsen der Zahl heimatloser, verwahrloster Kinder und Jugendlicher; im Jahre 1922 waren nach Schätzungen 7-9 Millionen davon betroffen. Der Hunger trieb Scharen Minderjähriger aus dem Wolgagebiet und dem Ural in die Großstädte und in den Süden. Die Eisenbahnstrecken wurden zu Bahnen des Elends, die Bahnhöfe in Moskau, Rostow, Odessa und zahlreichen anderen Städten zu Sammelpunkten der Verwahrlosung. 1921 hatte eine Sonderkommission den Kampf gegen die Massenverwahrlosung aufgenommen; bis zur Neuregelung im Jahre 1935 erging eine Fülle von amtlichen Bestimmungen auf diesem Gebiet. Folgerichtig wurde das Kinderheim für Kinder bis zum 15. Lebensjahr als „universale Form der sozialen Einrichtung“ proklamiert, „in der sich das Kind in einer kommunistischen Umwelt und in der Gemeinschaft seiner Kameraden entwickelt, die den Forderungen seiner Natur entsprechen.“

Die überlieferten Formen der Schule und Erziehung wurden in Frage gestellt. In diesem Zusammenhang gründete eine eigene kommunistische Kinder- und Jugendorganisation. Durch den Kommunistischen Jugendverband (Komsomol), der im Oktober 1918 gegründet wurde, und durch die Kindergruppen der Jungen Pioniere, die im Jahre 1922 dem Komsomol unterstellt wurden, wirkte die Kommunistische Partei unmittelbar an der Erziehung der Jugend mit. Die von Anfang an hervorgehobene Hauptaufgabe der Kinder- und Jugendorganisationen bestand darin, eine „Schule der kommunistischen Erziehung der Jugend“ zu sein, und zwar einmal als Nachwuchsschmiede der Partei und zweitens als Träger des kommunistischen Einflusses in der jungen Generation. Zusammen mit der im Jahre 1924 errichteten Unterorganisation der „Oktoberkinder“ im Alter von 8 bis 10 Jahren entstand so parallel zur Schule und Hochschule eine völlig neue Erziehungssituation.

Im System der sozialen Erziehung wurde der Pionierbewegung darüber hinaus die Aufgabe zugedacht, eine Einheit der schulischen und der gesellschaftlichen Erziehung zu schmieden. Es hieß unter anderem: (…) die Kinder aufs engste in die Ereignisse des Klassenkampfes einzubeziehen.“

In den ersten Jahren der Sowjetregierung galt dies insbesondere für die antireligiöse und atheistische Erziehung. Die Zirkel „Junger Gottloser“, die antireligiösen Umzüge („Komsomol-Weihnachten, „Komsomol-Ostern“) waren Formen einer amtlich gebilligten ideologischen Erziehung.

Von den drei charakteristischen Merkmalen der neuen sozialistischen Schule – Arbeitsschulprinzip, Selbstorganisation der Schüler und soziale Erziehung – wurde der schulischen Selbstverwaltung seit den Reformdekreten wesentliche Bedeutung für die innere Umwandlung der Schule beigelegt. Von den Anhängern der „Schulkommune“ wurde darunter die gemeinsame Leitung durch gewählte Lehrer- und Schülerorgane verstanden, die gemäßigten Reformer wollten sich mit der Bildung von gewählten Schülerausschüssen, die im Rat der Schule mitsprechen sollten, begnügen.

Die Schulrevolution hat auch auf didaktischem und unterrichtsmethodischem Gebiet eine Periode der Experimente eingeleitet, die bis zum Jahre 1931 dauerte und in den Kreisen der reformpädagogischen Erziehung im Ausland ein lebhaftes Echo hervorrief. In den Plänen und Versuchen mit dem fächerübergreifenden „Komplex-System“, dem Dalton-Plan und der Projektmethode kam es zu verschiedenen pädagogischen Aktivitäten. Diese aus dem westlichen Ausland übernommenen Neuerungen wurden mit kommunistischen Ansichten gefüllt und nicht wie in der Stalin-Ära als bürgerlich-reaktionär abgelehnt. Zentrum der didaktisch-methodischen Reformen war die Erziehungswissenschaftliche Sektion des Staatlichen Gelehrtenrates. Zwischen den Jahren 1923 und 1927 wurden von ihr neue Lehrpläne für die Einheits-Arbeitsschule der RSFSR ausgearbeitet. Gruppiert um die Achse „Arbeit“ sollten die beiden flankierenden Prinzipien „Natur“ und „Gesellschaft“ den dialektischen Zusammenhang und die materialistische Wurzel aller Erscheinungen verkörpern. Für die Schulpraxis ergaben sich daraus Schwierigkeiten, die man durch laufende Korrekturen der Lehrpläne zu beheben suchte. Bis auf einige Versuchsschulen blieben die oben genannten didaktisch-methodischen Reformen jedoch meistens oberflächlich und in formalen Einzelheiten stecken.

P.B. Blonskijs Buch „Die Arbeitsschule“, das im Jahre 1919 erschien, wirkte wie ein „wahrhaftig neues Wort, das mit gewaltiger Kraft und Leidenschaft gesprochen wurde.“  Indessen lief das Arbeitsschulprinzip in der Praxis auf Handarbeit und „gesellschaftlich-nützliche“ Arbeit (kulturelle, wirtschaftliche oder ideologische Vorhaben) hinaus.

Bis zum Ende der 1920er Jahre kann man daher lediglich von einer formalen Polytechnisierung der sowjetischen Schule sprechen. Hier standen sich schon früh zwei Konzeptionen gegenüber: Blonskij und andere unterstrichen die Bedeutung einer allgemeinen polytechnischen Bildung als unerlässliche Grundlage für eine relativ spät einsetzende berufliche Spezialausbildung; im Unterschied dazu verlangten die Gewerkschaften und der Komsomol eine monotechnische Bildung, d.h. die Umwandlung der beiden letzten Jahre der Einheits-Arbeitsschule in beruflich-technische Schulen. Die wurde folgendermaßen begründet: „Die Interessen der Produktion und des wirtschaftlichen Aufbaus verlangen gebieterisch die Verkürzung der sogenannten allgemeinbildenden Schule, die in Wirklichkeit eine reine Buch-Schule ist, sowie den möglichst frühen Übergang zu einer konkreten Spezialausbildung.“

Diese Auffassung hat sich im Jahre 1921 auch praktisch in der Weise durchgesetzt, dass man in der Ukrainischen SSR an der Stelle der früheren Gymnasien und Realschulen dreijährige Berufsschulen schuf, die den 15- bis 18jährigen eine Fachausbildung zusammen mit allgemeinen Kenntnissen vermittelten. In der RSFSR entstanden unter dem formal beibehaltenen Dach der Einheits-Arbeitsschule mehrere getrennte Schultypen allgemeinbildender oder stärker berufsbezogenen Art sowie daneben Fabrik- und Werkschulen für Lehrlinge, die zum Berufsschulsystem zählten.

 

 

 

 

 

Die „proletarische Hochschule“

 

Das Ziel der vorrevolutionären Bewegung im Bereich der Universitäten und Hochschulen war die rechtlich gesicherte Selbstverwaltung. Die Sowjetregierung wandte sich aber gegen die revolutionäre Umgestaltung der Hochschulen; es war keine Autonomie mehr gewünscht, sondern eine volle politische und gesellschaftliche Integration geplant. Die ersten Jahre nach der Oktoberrevolution waren daher gekennzeichnet durch die politische Eroberung der Universitäten und Hochschulen. Die überwiegende Mehrheit der russischen Professoren verhielt sich der Sowjetregierung aus politischen Gründen und wegen der Proklamierung radikaler Reformabsichten ablehnend. Die Entwürfe für eine Reform der inneren Universitätsstruktur, die nach dem Vorbild der rätedemokratischen Anfangsphase der Revolution erfolgen sollte, wurden im Juli und September 1918 auf zwei Hochschulkonferenzen abgelehnt. Die Professoren stimmten den Vorschlägen für eine studentische Mitbestimmung und eine Reform des Berufungs- und Prüfungswesens zwar zu, betrachteten aber das Recht auf Eigenergänzung des Lehrkörpers und auf die Verleihung akademischer Grade als unverzichtbar. Daraufhin wurden im Herbst 1918 die bisherigen Bestimmungen über die staatlichen Examina und Diplome, die akademischen Grade und die Amtsbezeichnung sowie die Stellung der Hochschullehrer durch Regierungsdekrete aufgehoben und im Jahre 1919 weitere Maßnahmen zur inneren Umgestaltung der Hochschulen ergriffen. So wurden bedingt durch die verschärfte Situation des Bürgerkrieges besondere Bevollmächtigte in jeder Hochschule eingesetzt, die gegenüber den teilweise formal fortbestehenden akademischen Organen das entscheidende Wort zu sprechen hatten. Andererseits wurden unter den Studenten kommunistische Zellen organisiert, die bisherigen studentischen Ältestenräte, die mehrheitlich bürgerlich und nationalistisch orientiert waren, fielen im Juni 1919 der Zwangsauflösung zum Opfer.

Anfang 1919 wurden die juristischen und historisch-philologischen Fakultäten der Universitäten aufgelöst, da hier der intellektuelle Widerstand gegenüber der sowjetischen Politik am stärksten verankert war. An ihre Stelle trat bis zur Reorganisation in einzelne fachliche Fakultäten im Jahre 1925 – die geisteswissenschaftliche Fakultät, in denen die Grundlagen der marxistischen Ökonomie, Philosophie und Geschichte als neue Lehrfächer einbezogen wurden.

IM Jahre 1921 erfolgte die Gründung des „Instituts der Roten Professur“, das kommunistisch geschulte Hochschullehrer für die Gesellschaftswissenschaften ausbildete. Dieses Institut bestand bis zum Jahre 1938, wurde dann aufgelöst.

Trotzdem blieben noch bis zum Ende der1920er Jahre zahlreiche gesellschaftswissenschaftliche Lehrstühle von Nichtkommunisten besetzt. Der Anteil von kommunistischen Parteimitgliedern war zehn Jahre nach der Oktoberrevolution gering; in der RSFSR betrug er im Jahre 1926 lediglich 6,5%.

Mit Beginn der NEP im Jahre 1921 verstärkte die Kommunistische Partei ihre Bemühungen, als Gegengewicht zu den notwendigen Zugeständnissen an „kapitalistische Elemente“ auf wirtschaftlichen Gebiet, die politische und ideologische Kontrolle im Bildungswesen, vor allem an den Hochschulen, zu verstärken.

In der einzelnen Hochschule wurde durch ein Dekret vom 02.09.1921 eine Verwaltung von 3 bis 5 Personen errichtet, wobei neben dem vom Staat ernannten Rektor das Lehrpersonal und die Studenten durch ein oder zwei gewählte Vertreter an der Leitung der Hochschule beteiligt waren. Diese kollegiale Leitungsstruktur sollte in erster Linie der Entmachtung der nichtkommunistischen Professoren dienen, sie wurde in den folgenden Jahren sukzessive der neuen politischen Situation an den Hochschulen angepasst, bis schließlich im Jahre 1932 das Mitbestimmungsrecht der kommunistischen Studenten ganz beseitigt und die „Ein-Mann-Leitung“ konsequent verwirklicht wurde.

In den Jahren 1921 und 1922 verließen zahlreiche russische Gelehrte die Sowjetunion, nachdem ihre Proteste gegen die Beseitigung der wissenschaftlichen Lehr-, Forschungs- und Selbstverwaltungsfreiheit wirkungslos geblieben waren. Um die administrativen Posten in den Hochschulen durch zuverlässige Kommunisten zu besetzen, wurden zwischen 1921 und 1925 führende Parteifunktionäre als Rektoren und Direktoren an die Hochschulen abkommandiert und zur Stärkung der ideologischen Arbeit im August 1924 ebenfalls über 60 leitende Parteikommunisten mit Lehraufgaben betraut.

Der eigentlich revolutionäre Faktor, auf den sich die Kommunistische Partei bei der Eroberung der Hochschulen vor allem stützte, war um diese Zeit die „proletarische Studentenschaft“ mit ihrem kommunistischen Kern. Die Studentenschaft als Ganzes gesehen war anfangs der 1920er Jahre in ihrer sozialen Zusammensetzung bei weitem nicht überwiegend proletarisch, nur eine kleine Minderheit gehörte dem Komsomol oder der KPdSU an. Im Studienjahr 1927/28 lautete die soziale Zugehörigkeit folgendermaßen: 25,4% Arbeiter, 23,9% Bauern, 33,9% Angestellte, 16,8% Sonstige. Rund ein Viertel aller Studenten waren 1925/1926 Parteimitglieder, rund ein Drittel gehörte dem Komsomol an.

In den Maßnahmen der frühsowjetischen Bildungspolitik standen egalitär-demokratische und proletarisch-revolutionäre Zielsetzungen auch im Bereich der Hochschulen anfangs oft nebeneinander. Am 2.August wurde ein von Lenin unterzeichnetes Dekret verkündet: „Jede Person, gleich welchen Bürgerstandes und welchen Geschlechts, im Mindestalter von 16 Jahren, kann als Hörer in eine beliebige Hochschule eintreten, ohne Vorlage eines Diploms, eines Zeugnisse oder eines Nachweises über den Abschluss der Mittelschule oder irgendeiner anderen Schule. Es ist untersagt, von den Eintretenden irgendeinen Nachweis zu verlangen, außer einer Bescheinigung über ihre Personalien und über ihr Alter.“ Studiengebühren wurden ebenfalls aufgehoben. Die meisten neuen Hörer ohne entsprechende Vorkenntnisse verließen bald wieder die Hochschulen. Das Ziel, die Studenten künftig vor allem aus den Reihen der Arbeiter und Bauern zu rekrutieren, musste planmäßig und langfristig in Angriff genommen werden; als Mittel dafür dienten die im Jahre 1919 gegründeten Arbeiterfakultäten. Diese Arbeiterfakultäten verfolgten zwei Ziele: einmal sollten sie „die Kluft zwischen der Arbeiterjugend und der Universität überbrücken“, indem sie neben der neunjährigen Einheits-Arbeitsschule einen zweiten Bildungsweg eröffnete, zweitens sollten sie „dem Proletariat helfen, die Hochschulen faktisch für sich zu erobern“. Den Arbeiterfakultäten, die bis 1940/1941 bestanden, kam eine erhebliche Bedeutung für die Heranbildung der neuen sowjetischen Intelligenz zu. Seit den 1930er Jahren stellten sie auch einen erheblichen Anteil an der politischen Führungsschicht der Sowjetunion.

Durch die Verordnung vom 11.09.1919 wurden die Arbeiterfakultäten organisatorisch in die bestehenden Universitäten und Hochschulen eingegliedert und den regulären Fakultäten gleichgestellt. Als Hörer wurden Arbeiter und Bauern zugelassen, „die eine Bescheinigung entweder eines Fabrikkomitees oder einer kommunistischen Zelle darüber vorweisen, daß sie zur Klasse der Arbeiter oder der Bauern gehören, nicht die Arbeitskraft anderer ausbeuten und auf der Plattform der Sowjetmacht stehen.“ Im Jahre 1927/1928 gab es 147 Arbeiterfakultäten mit 49.200 Hörern; ihren höchsten Stand erreichten die Arbeiterfakultäten aber erst 1932/1933 mit 1.025 Schulen und 339.500 Teilnehmern.

Die erfolgreichsten Absolventen der Arbeiterfakultäten genossen beim Eintritt in die Hochschulen gegenüber anderen Bewerbern ein Vorzugsrecht, obwohl ihre Lernleistungen im Vergleich mit den normalen Schulabgängern im Allgemeinen geringer blieben. Die Regulierung der Zulassungen zum Hochschulstudium erfolgte seit 1923 nach strengen Partei- und sozialpolitischen Kriterien aufgrund eines Quotensystems, wobei die Zentralorgane der RKP (B) der Gewerkschaften und des Komsomol die meisten Plätze für das Studium zugeteilt bekamen. Während die Arbeiter- und Bauernstudenten Stipendien erhielten, mussten die aufgrund einer Wettbewerbsprüfung für die restlichen Plätze aufgenommenen Studenten Gebühren entrichten.

 

 

 

 

 

Kampf gegen das Analphabetentum und Erweiterung der Berufs- und Fachbildung

 

Unter den ungelösten Problemen, die die Bolschewisten in Russland vorfanden, stand das Analphabetentum von mehr als der Hälfte der erwachsenen Bevölkerung an erster Stelle. Lenin sah in der Überwindung des Analphabetentums eine der fundamentalen Voraussetzungen für die sozialistische Kulturrevolution und die Industrialisierung Sowjetrusslands.

Im Bereich der außerschulischen Bildung, wie bis zum Jahre 1919 die Erwachsenenbildung bezeichnet wurde, musste daher der Unterricht der Analphabeten einen zentralen Platz einnehmen, gefolgt und begleitet von verschiedenen weiterbildenden Kursen, der Einrichtung von Bibliotheken und dörflichen Lesestuben. Auf dem I. Kongress für außerschulische Bildung im Mai 1919 wurde die „politische Aufklärung“ anstelle der bisherigen unpolitischen „Kulturarbeit“ als oberstes Ziel der Erwachsenenbildung proklamiert. Damit wurde auch die Analphabetenschulung unter die direkte Kontrolle der Kommunistischen Partei gestellt. In der ersten gesamtstaatlichen „Ordnung für die Organisation des außerschulischen Bildungswesens“ vom 14.06.1919 hieß es, dass „überall Herde der sozialistischen Kultur unter der Kontrolle des Proletariats und der werktätigen Bauernschaft“ errichtet werden sollten.

Den Schlusspunkt dieser Entwicklung bildete im November 1920 die Gründung des Hauptkomitees für politische Aufklärung. Ihm wurde „die Zusammenfassung der gesamten politischen Aufklärungsarbeit, der Propaganda und Agitation in der Republik“ übertragen. Ein weiterer Ausdruck dieser teilweisen Verschmelzung der staatlichen und der von der Partei betriebenen Schulungsarbeit war die Errichtung der Sowjet- und Parteischulen als unterster Stufe eines eigenen Schulungs- und Fortbildungssystems für die Kader der Partei und des Staatsapparats. An seiner Spitze standen die Kommunistischen Universitäten, von denen die im Jahre 1919 gegründete Sverdlov-Universität, die Kommunistische Akademie der Werktätigen des Ostens und die Kommunistische Akademie am wichtigsten waren. Dieses System blieb bis zur Mitte der 1930er Jahre bestehen.

In der politischen Aufklärung der Bevölkerung erkannten die Bolschewiki eine große Chance, die sich ihnen dadurch bot, dass in vielen Fällen das Buch und die Zeitung zugleich mit der kommunistischen Ideologie in das russische Dorf und unter die analphabetischen Bewohner der Randgebiete eindrangen.

Die vorhandenen Ansätze für eine Methodik des Analphabetenunterrichts wurden immer weiter ausgebaut. Dabei konzentrierte man sich stärker als zuvor auf bestimmte Analphabetengruppen. Unter der Arbeiterschaft sollten zunächst die Mitglieder der Gewerkschaften lesen und schreiben lernen, unter der Bauernschaft die Landarbeiter, von der weiblichen Bevölkerung die Deputierten in den Sowjets. Weitere Schwerpunkte bildete die Arbeit im Komsomol und vor allem in der Roten Armee, die eigene Analphabetenschulen unterhielt.

Trotz dieser Bemühungen förderte die erste Volkszählung vom 17.12.1926 die bedrückende Tatsache zu Tage, dass die Zahl der Analphabeten stagniert. Jedes Jahr wurden ungefähr 1 Million Analphabeten unterrichte, aber die gleiche Zahl wuchs aus den Schuljahrgängen nach.

Der Anteil der Analphabeten an der Bevölkerung über 9 Jahre belief sich immer noch auf 48,9%, was aber einen großen Fortschritt gegenüber dem Jahre 1897 bedeutete, wo 73% der Bevölkerung nicht lesen und schreiben konnten. Den höchsten Anteil der Lese- und Schreibkundigen wies die Gruppe der 20-24jährigen auf (81% der Männer und 53% der Frauen), d.h. derjenigen Jahrgänge, die ihre Schulbildung noch vor der Revolution begonnen und zum Teil abgeschlossen hatten. Hingegen betrug der Anteil der Analphabeten unter den Kindern im Alter von 9 bis 12 Jahren im Durchschnitt der UdSSR 45,2%. Das Analphabetentum war in erster Linie ein Problem des Dorfes und der Frau. 76,3% der städtischen Bevölkerung über 9 Jahren konnte lesen und schreiben gegenüber 45,2% der Landbewohner; darunter 66,5% aller Männer, aber lediglich 37,1% der Frauen.

Im Bereich der beruflich-technischen Bildung verfolgte die Sowjetregierung in den ersten Jahren nach der Oktoberrevolution einen zwiespältigen Kurs. Auf diesem Gebiet war der Widerspruch zwischen den ideologisch motivierten Forderungen und den praktischen Bedürfnissen und Möglichkeiten besonders groß. Mitarbeiter des Bildungsministeriums begannen nach der Proklamierung der Einheits-Arbeitsschule im Oktober 1918 damit, die bestehenden Berufs- und Fachschulen in Einheitsschulen umzuwandeln, was einem Abbau des ohnehin schwach entwickelten Berufsschulwesens gleichkam. Diese Linie stieß jedoch auf den Widerstand der Berufs- und Fachschullehrer, der Wirtschaftsbehörden und der Gewerkschaften. So machte der III. Gewerkschaftskongress im April 1920 geltend, dass die wirtschaftliche Krise Russlands nur durch eine Erhöhung der Arbeiterqualifikation und durch die Schaffung qualifizierter Abschlüsse auf dem Wege einer geregelten Lehrlingsausbildung behoben werden könne.

Im Hinblick auf die zu erwartenden Aufgaben des Wirtschaftsaufbaus nach dem Ende des Bürgerkrieges wurde die Bedeutung der Berufs- und Fachbildung von der Sowjetregierung immer deutlicher erkannt. Das Dekret „Über die Verpflichtung zum beruflich-technischen Unterricht“ vom 29.07.1920 ordnete für alle Arbeiter von 18 bis 40 Jahren und alle Lehrlinge über 14 Jahre die Teilnahme an beruflichen Schulungskursen an, aber in der Praxis konnte diese Vorstellung nicht realisiert werden. In der RSFSR wurde der entscheidende Schritt zur Neuordnung der Berufsausbildung durch die Gründung des oben bereits erwähnten Hauptkomitees für berufliche-technische Bildung im Januar getan. Ihm wurden alle berufsbildenden Lehranstalten einschließlich der Hochschulen unterstellt, so dass auf diese Weise ein selbständiges, mehrere Stufen umfassendes Berufsschulsystem entstand, dessen Aufbau dem vorrevolutionären Muster weitgehend folgte.

Gerade die Entwicklung der beruflich-technischen Schulung in den 1920er Jahren zeigte, in welch starkem Maße die ökonomischen Notwendigkeiten die ursprünglichen, stärker ideologisch begründeten Konzeptionen der kommunistischen Bildungspolitik beeinflussten und modifizierten. Besonders deutlich trat dies am Schicksal der FZU-Schulen, d.h. der Fabrik- und Werkschulen für Lehrlinge, hervor. Die FZU-Schulen wurden im Jahre 1921 gegründet und stellten die wichtigste Form der niedrigsten Berufsausbildung dar. Es handelte sich um betriebsgebundene Schulen, die einen fachlich qualifizierten und kommunistisch geschulten Arbeiternachwuchs heranbilden sollte. Die FZU-Schule avancierte jedoch zum Modell einer polytechnischen und allgemeinbildenden Schule, die neben beruflichen Spezialkenntnissen und praktischen Fähigkeiten gelehrt wurde.

Auf der Stufe der mittleren Berufsausbildung wurde bald nach 1920 das „Technikum“ gegründet. Fast alle industriellen und landwirtschaftlichen Technika während der ersten Jahre nach der Oktoberrevolution beruhten auf den entsprechenden Einrichtungen vor 1917. Die Bezeichnung „Technikum“ hatte sich inzwischen auch auf alle übrigen mittleren Fachschulen ausgedehnt. Sie bauten auf der siebenjährigen Mittelschule auf und verliehen ihren Absolventen die Hochschulreife, was zur Folge hatte, dass die Technika oft nur als Durchgangsstadium für den späteren Hochschulbesuch benutzt wurden.

 




[1] Vgl. dazu Bogdanov, A.: Die Wissenschaft und die Arbeiterklasse, Frankfurt/M. 1971

[2] Hegel, G.W.E.: Phänomenologie des Geistes, Frankfurt/M. 1986, S. 154

[3] List, E./Studer, H. (Hrsg.): Denkverhältnisse. Feminismus und Kritik, Frankfurt/M. 1989, S. 76ff

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