Akzeptierende Jugendarbeit

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Die akzeptierende Jugendarbeit mit rechten Jugendlichen baute auf den Konzepten der Arbeit mit DrogenbenutzerInnen und gewaltbereiten FußballanhängerInnen zu Beginn der 80er Jahre auf. Der Hauptansatzpunkt dieses Konzepts bestand darin, sich auf die Betroffenen einzulassen ohne Vorbedingungen an eine Zusammenarbeit zu stellen.

Akzeptierende Jugendarbeit mit rechten Jugendlichen

 

Ende der 80er Jahre wurden diese Ansätze im Rahmen eines universitären Projekts in Bremen auf die Arbeit mit rechtsextremen Jugendlichen übertragen. Die akzeptierende Jugendarbeit erlebte nach den rechtsextremen Ausschreitungen in Hoyerswerda 1991 und Rostock-Lichtenhagen 1992 eine erste Hochkonjunktur. Sie wurde zur theoretischen Grundlage des Aktionsprogramms gegen Aggression und Gewalt der Bundesregierung (AgAG) zwischen 1992 und 1996. Während der Laufzeit flossen insgesamt über 100 Mio. DM in Jugendprojekte in den neuen Bundesländern – bevorzugt in solche, die nach dem akzeptierenden Ansatz arbeitete. [1] Mit dem Begriff akzeptierend wurde die Abkehr von den Vorstellungen mit Aufklärung, Belehrung und Ausgrenzung gegen Rechtsextremismus und Gewalt angehen zu können, unterstrichen.

Die AnhängerInnen der akzeptierenden Jugendarbeit waren der Meinung, daß Ausgrenzung und Stigmatisierung kontraproduktive Wirkung zeigten, indem z.B. bisher nur oberflächliche politische Orientierungen in einer Art trotziger Gegenreaktion eher verfestigt würden. [2]

Franz Josef Krafeld, Gründervater der akzeptierenden Jugendarbeit, stellte fest: „Diese Abkehr ist ein zentrales Ergebnis unserer Erfahrungen und Auseinandersetzungen. Denn als wir seinerzeit sozusagen in dieses Arbeitsfeld einer Jugendarbeit mit Jugendcliquen o.ä. bezeichnet werden, da haben wir uns zunächst auch mit Aufklärungs- und Diskussionsbemühungen abgestrampelt. Gebracht hat das aber nichts, bestenfalls hat das provokationsneutrale eskalieren und Ablehnungs- und Ausgrenzungsgefühle stabilisieren lassen. Längst sind wir daher zu der Grundüberzeugung gelangt, daß ein Abbau von Rechtsextremismus, von Fremdenfeindlichkeit und Gewaltbereitschaft nur dann überhaupt Chancen hat, wenn wir uns konzentrieren auf die Probleme, die diese Jugendlichen haben, nicht auf die Probleme, die sie machen. Uns geht es letztendlich darum, Jugendliche dabei zu unterstützten, erfolgversprechende und befriedigende Wege der Lebensbewältigung zu finden. Denn nur, wenn wir die Jugendlichen darin unterstützen, mit ihrem Alltag, mit ihrem Leben, mit ihrer Lebensbewältigung besser zurechtzukommen, dann gibt es Chancen für Änderungen. Und nur, wenn die Jugendlichen selbst für sich das Gefühl haben, daß ihnen sozial verträgliche Verhaltensweisen und Deutungsmuster auch nützlicher und hilfreicher sind, werden sie sich umorientieren. Jede bekämpfungsorientierte Jugendarbeit gegen ... wäre dagegen von vornherein chanchenlos und würde bestenfalls zur Gewissensberuhigung von Pädagoginnen und Pädagogen verhelfen. [3]

Die zugrundeliegende Annahme für die Erklärung rechtsextremer Jugendgewalt lieferte dem akzeptierenden Ansatz die sogenannte Desintegrations-Reintegrationstheorie des Bielefelder Jugendforscher Wilhelm Heitmeyer. [4] Heitmeyer ging davon aus, daß Jugendliche, die auf Grund der immer schneller aufeinander folgenden gesellschaftlichen Modernisierungsschüben unter einer zunehmenden Orientierungslosigkeit litten (Wegbrechen von Traditionen, Milieus und Werten), gesellschaftlich mehr und mehr desintegriert waren. Rechtsextreme Gewalt war nach diesem Verständnis der Weg dieser Jugendlichen hinaus aus ihrer gesellschaftlichen Desintegration. Angebote von Rechtsextremen wie Kameradschaft, Betonung von Werten und Tugenden, Elite- und Sendungsbewußtsein und hierarchische Ordnung setzten an den individuell empfundenen Defiziten der Modernisierungsverlierer an. [5]

Der akzeptierende Ansatz verstand sich im sozialpädagogischen Feld als Umsetzung der Forderung Heitmeyers, daß es „oberstes Ziel von Jugendarbeit (mit rechtsextremen Jugendlichen, Anm.: M.L.) wäre (...), Kompetenzen zu fordern, mit den Lebensbedingungen dieser jugendlichen deutlicher bedürfnis- und interessengeleitet umgehen zu können.“ [6]

Die akzeptierende Jugendarbeit ging also davon aus, daß weder Strafandrohungen noch Aufklärung oder Belehrung Jugendliche von rechtsextremen Orientierungsmustern oder Verhaltensweisen abbringen könnten. Das Konzept der akzeptierenden Jugendarbeit sprach deshalb auch nicht mehr von rechtsextremen Jugendlichen, da der Begriff rechtsextrem dem Verfassungsrecht entstammte und Verfassungsfeinde brandmarken sollte. Jugendliche zu Feinden zu stigmatisieren, blockierten jedoch nach Ansicht des akzeptierenden Ansatzes jedes pädagogische Handeln. Krafeld erklärte: „Und unsere Jugendlichen empfinden solch gängige Begriffe wie rechtsextrem oder Neonazis auch immer wieder als Hooligans, als Bad Boys, als Heavy Metals usw., kreieren auch eigene Namen oder sind es überhaupt leid, in derartige Schubladen gesteckt zu werden. [7]

Die Jugendlichen sollten nicht vorzeitig in eine rechtsextreme Schublade hineingedrängt werden, in die sie vielleicht gar nicht gehören. Stigmatisierung führte zu einer erhöhten Bereitschaft, die zugewiesene Rolle anzunehmen, das tatsächliche Verhalten also im nachhinein dem Etikett auch anzupassen. Akzeptierende Arbeit war in erster Linie Beziehungsarbeit, die sich im Prozeß wachsender Vertrautheit und Akzeptanz miteinander entfaltet. Das Wachsen von positiven Beziehungen setzte voraus, daß eine Bereitschaft zu Zuhören bestand, selbst wenn manche Aussagen erschreckend und haarsträubend waren und sie den eigenen Wertvorstellungen widersprachen. Akzeptierende Arbeit sollte sich auf die Lebensrealitäten und Alltagsprobleme Jugendlicher einlassen, aus denen ihre rechtsextremen Orientierungsmuster, ihre Aggresionspotentile und gewaltförmigen Verhalten erwachsen waren.

Eine zentrale Voraussetzung von akzeptierender Arbeit bestand darin, die Jugendlichen dort abzuholen, wo sie standen und an ihren Bedürfnissen und Erfahrungen anzusetzen. Die zentralen Grundlagen der akzeptierenden Jugendarbeit bestanden aus drei Ebenen:

  1. das Angebot akzeptierter sozialer Räume

  2. die Akzeptanz der Cliquen als zentrale soziale Organisationsform der Jugendlichen

  3. das Entwickeln einer Beziehungsarbeit, die sich auf gegenseitige Akzeptanz stützte.

    Diese drei Ebenen werden im folgenden jeweils kurz erläutert.

    Zu a) Das Angebot akzeptierter sozialer Räume:

    Es sollte als Grundlage der Arbeit ein Raum angeboten werden, sei es als selbst herzurichtender Jugendclub oder als Jugendraum in einem Bürgerzentrum. In diesem Raum sollten sich die Jugendlichen ungehindert treffen und aufhalten, ohne ihn ständig verteidigen zu müssen. Der allgemeine geselllschaftliche Prozeß, daß nämlich Räume, Flächen und Territorien auf eine einzige Nutzungsfunktion festgeschrieben wurden, überging bei dieser funktionalen Aufteilung der Territorien völlig jugendspezifischen Interessen. Das galt ganz besonders für Skinheads und ähnlich Jugendszenen, die fast nirgendwo freiwillig geduldet wurden. Die Jugendlichen sollten sich bei der Raumnutzung jeweils bestimmten Auflagen unterwerfen, z.B. die Beteiligung von zwei JugendarbeiterInnen als BetreuerInnen zu akzeptieren.

    Zu b) Die Akzeptanz der Cliquen als zentrale soziale Organisationsform:

    Eine zweite wichtige Voraussetzung dafür, überhaupt Zugang zu den Jugendlichen zu finden, war die Akzeptanz ihrer Clique. Cliquen waren für Jugendliche ganz wichtige soziale Organisationsformen für die Gestaltung und Bewältigung des Alltags, wie für die Entwicklugn von Lebensorientierungen und Slebstbewältigungsstrategien. [8] In einer Zeit, wo soziale Zusammenhänge instabiler und gleichzeitig Lebensorientierung und –konzepte ungewisser und brüchiger wurden, kam selbstgeschaffenen sozialen Organisationsformen eine große Bedeutung zu. Entsprechend vehement wehrten sich Jugendliche auch gegen pädagogische Versuche, ihre Cliquen umzufunktionieren oder auflösen zu wollen.

    Zu c) Das Entwickeln einer Beziehungsarbeit unter gegenseitiger Akzeptanz:

    Es sollte sih eine Beziehungsarbeit auf gegenseitiger Akzeptanz entwickeln, die unterschiedliche Erfahrungen und Deutungsmustern ernstnahm. Zunächst einmal galt es auszuhalten, wie Jugendliche über sogenannte AusländerInnen, Frauen und Bhinderte redeten., wie sie mit Ideologieelementen und Symbolen aus dem III. Reich umgingen und wie sie ihre hohe Gewaltbereitschaft demonstrierten.

    JugendarbeiterInnen bemühten sich, ausführlicher, sehr persönliche Gespräche mit einzelnen zu führen. Die Jugendlichen bezeichneten solche Gespräche oft als erste Gelegneheit, mit Personen zu sprechen, die zuhören und aus sie eingehen. Die Jugendlichen entscheiden selbst, ob und wann solche Gespräche stattfanden. Der Anschein, die Jugendlichen könnten Objekte sozialpädagogischer Betreuung oder Belehrung darstellen, löste dagegen Abwehr aus. Mit wachsender Vertrautheit sollte eine Konfrontation mit den Erfahrungen, Meinungen, Hoffnungen und Überzeugungen der Jugendlichen stattfinden. Dabei war es wichtig, daß sich die JugendarbeiterInnen authentisch als Personen zeigten und keine Belehrungsattitüden verbreiteten.

    Die ProtagonistInnen der akzeptierenden Jugendarbeit wehrten sich dagegen, daß selbst eine flächendeckende Jugendsozialarbeit den Rechtsextremismus an sich aus der Welt schaffen könnte. [9] Ohnehin ließen sich nur solche Jugendliche ansprechen, die noch nicht in einem ideologisch fest geprägtem rechtsextremen Weltbild verhaftet waren und politische Botschaften verbreiten wollten. Der Umgang mit dieser besonderen Klientel erforderte von PädagogInnen klare Haltung, eine innere Differenzierung und eine kritische Solidarität vertrauter Mneschen. Die PädagogInnen sollten sich in Gesprächen mit den Jugendlichen, bei der Planung von Aktivitäten oder bei politischen Diskussionen immer klar positionieren und nicht aus falsch verstandener Klientelorientierung den Jugendlichen nach dem Munde reden. Die PädagogInnen sollten ein lebendiges Vorbild für die Jugendlichen darstellen, um ihnen Wege zu einer anderen Lebensführung zu zeigen.

    Die akzeptierende Arbeit mit rechten Jugendlichen unterlag teilweise sehr heftiger Kritik. Antifaschistische Gruppen arbeiteten heraus, daß der Rechtsextremismus Jugendlicher wesentlich durch die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in der BRD nach der ‚Einverleinung der DDR‘ verursacht worden war. Es konnte keine fortschrittliche pädagogische Arbeit mit rechtsextremen Jugendlichen geben, da diese nichts an den gesellschaftlichen Rahmenbedinugnen ändern und sich als ‚Herumdoktern an den Ziehkindern der Kohl-Ära‘ entlarven würde. Der akzeptierende Ansatz wäre zwangsläufig dazu prädestiniert, rechtsextreme Jugendliche erst heranzuziehen, da auch dieser Ansatz gerade Räume zur Ausbreitung des Rechtsextremismus geschaffen würden: „Die akzeptierende Sozialarbeit hilft aus Reih und Glied gestolperten jungen Deutschen in die Marschformation des neuen Deutschlands zurück.“ [10]

    Die für den Erfolg akzeptierte Arbeit erforderliche pädagogische Beziehung zwischen den Jugendlichen und den SozialarbeiterInnen konnte nur dann etstehen, wenn strukturell sichergestellt wurde, daß die Einrichtungen nicht Agitationsraum für Rechtsextremismus wurden. Im Leipziger Jugendtreff Kirschberghaus wurde diese Befürchtung Wirklichkeit. Dort führte die Bereitschaft zur Toleranz, daß Rechtsextreme praktisch die Leitung des Jugendtreffs übernommen haben. Die Rechtsextremen habe mit der Zeit normale Jugendliche vertrieben, die dort ansässigen SozialarbeiterInnen organisierten sogar eine Fahrt zur Demonstration gegen die Wehrmachtsausstellung in München. [11]

    In Hoyerswerda wurde der Jugendclub ebenfalls zum Agitationsraum für Rechtsextremismus: „Mitten unter den seelenlosen Betonburgen von Hoyerswerda haben sich unter der Führung der rechtsextremen Partei Deutsche Alternative die Neonazis ihren Treffpunkt eingerichtet. Mit Genehmigung der Stadt können sie die Räume im Club WK 10 unkontrolliert für die politische Arbeit nutzen. Doch damit nicht genug. Auch die Sozialarbeiter stehen auf der Seite der Neonazis. Der Sozialarbeiter hinter der Theke hat früher selbst gegen Ausländer randaliert und steht zu seiner Vergangenheit.“ [12] In Weimar/Thüringen sollte 1992 sogar ein Rechtsextremer als Sozialarbeiter mit der Begründung eingestellt werden, daß dies im Sinne akzeptierender Jugendarbeit wäre. [13]

    In Neuruppin/Brandenburg schuf die Initiative Jugendarbeitslosigkeit Neuruppin (IGN) im Rahmen der akzeptierenden Jugendarbeit den örtlichen rechtsextremen Jugendlichen mit dem Jugendclub Bunker einen Treffpunkt. Der Bunker war oft Anlaufpunkt vor und nach rechtsextremen Übergriffen und wurde als Stützpunkt für politische Aktionen u.a. von der NPD genutzt. [14] Buderus mahnte mit Recht: Einrichtungen, deren Träger und MitarbeiterInnen dieses Prinzip nicht nur nicht einhalten (z.B. Saalfeld) oder gar behaupten, daß gerade der Kontakt mit den Kadern wichtig für das Erreichen der Jüngeren, noch nicht Gefestigten in der Clique sei (vormals: Reso-Fabrik in Tosted, heute Neuer Krug in Velbert-Nereiges), sollten schleunigst geschlossen werden. Darüber hinaus ist das zur Verfügung stellen von Räumlichkeiten an rechte Cliuen in solchen Regionen und Stadtquartieren, in denen die Rechtsextremen bereits schon wieder hegemoniefähig sind (in extremster Form in den national befreiten Zonen) nicht nur grob fahrlässig, sondern vorsätzliche Vorfeldarbeit für den Straßenterror der Neo-Nazis. [15]

    Ein weiterer Kritikpunkt an der akzeptierenden Jugendarbeit bestand darin, daß der durch Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen vorgegebene halbjährige oder einjährige Wechsel der PädagogInnen den ohnehin schwierigen Aufbau einer Beziehung zwischen SozialarbeiterInnen und Jugendlichen nahezu unmöglich machte. Titus Simon konstatierte: „Wenn bereits auf der frühen Gruppenpädagogik bekannt ist, daß gelingende Entwicklugen . nicht grundsätzlich, aber in vielen Fällen – mehrere Jahre brauchen, wenn wir wissen, daß gerade die Begleitung in der Phase zwischen 12 und 18 Jahren besonders wichtig sein kann, so liegen die Gründe für das Scheitern vieler Projekte auf der Hand.“ [16]

    Weiterhin fehlen vielen PädagogInnen in der akzeptierenden Jugendarbeit profunde Kenntnisse der theoretischen Grundlagen des Konzepts. Grundsätzlich wurde nicht daraug geachtet, inwieweit PädagogInnen ein klares historisches und politisches Verstädnis des Phänomens Rechtsextremismus/Faschismus besaßen, die Jugendarbeit an sich nahm eine herausragende Stellung ein. Regelmäßige Fort- und Weiterbildung sowie Supervision, die in der Arbeit mit rechtsextremen Jugendlichen besonders erforderlich war, wurden nur selten angeboten. Aus einem Beispiel einer Sozialarbeiterin aus Delitsch/Sachsen ließ sich die Überforderung mit dem akzeptierenden Ansatz erkennen. Sie vermied politische Diskussionen, da sie mit ihrem historischen Wissen rechtsextremen Jugendlichen nicht Paroli bieten konnte. Außerdem interpretierte sie den akzeptierenden Ansatz in dem Sinne, mit den Jugendlichen Bier zu trinken, Skat zu spielen und auf Festivitäten einige Lieder rechtsextremer Musikgruppen zuzulassen. [17]

    Ein weiterer Kritikpunkt war, daß die massive Ausweitung von Jugendprojekten, die nach dem akzeptierenden Ansatz arbeiteten, lediglich zur Entlastung der Erwachsenengesellschaft und der verantwortlichen PolitikerInnen diente, in dem so öffentlichkeitswirksam der Eindruck von Rechtsextremismus als Jugendproblem kontruiert werden konnte und andere Sichtweisen tabuisiert wurden. [18]

    Ausgehend von der Tatsache, daß sozialpädagogische Angebote grundsätzlich nur solche Jugendlichen erreichen, für die sie auf Grund ihrer persönlich defizitären Situation einen Gebrauchswert darstellen, läßt sich feststellen, daß ein Teil der rechtsextremen Jugendlichen durch Angebote des akzeptierenden Ansatz nicht angesprochen werden können. Rommelspacher folgend stammten rechtsextreme Haltungen, Positionen und Handlungen nicht aus einer Desorientierung oder sozialen Deklassierung, sondern aus einer augenblicklich priviligierten und abgesicherten Position, die durch diejenigen, die sozial unter ihnen standen, subjektiv gefährdet erschien und deshalb verteidigt wurde (Dominanzkultur). [19]

    Klaus Ahlheim formulierte aus der Sicht einer rationalen Aufklärungspädagogik Einwände gegen das Konzept der akzeptierenden Jugendarbeit. Er sah die Gefahr einer Bestätigung und Aufwertung rechtsextremer biographischer Zusammenhänge im Rahmen einer Dienstleistung reduziertten klientelorientierten Beliebigkeit: „Überhaupt scheint der Begriff der Kleinorientierung bestens geeignet, allen vermeintlich aufgesetzten und deshalb angeblich fruchtlosen Aufklärungsabsichten den Garaus zu machen. Es ist Kennzeichen der gegenwärtigen (sozial-)pädagogischen Debatte, daß der professionelle Helfer, zeitgemäß ausgestattet mit einem Schuß antipädagogischen Altüde, belastet zudem mit dem schlechten Gewissen des in der Tat hilfslosen und meist erfolglosen Helfers, dem heimlichen Charme des jeweiligen Klientel erliegt.“ [20]

    Einige wenige Projekte (z.B. Verein für akueptierende Jugendarbeit (VAJA) oder das Lidice-Haus in Bremen) beweisen, daß der akzeptierende Ansatz labile und noch nicht ideologisch gefestigte Jugendliche erreichen konnte.

    Trotzdem läßt sich auf Grund der obengennanten Kritik am Konzept der akzeptierenden Jugendarbeit und der mangelhaften Umsetzung in die Praxis der Schluß ziehen, daß die akzeptierende Jugendarbeit keine geeignete Maßnahme zur Eindämmung des Rechtsextremismus darstellt. Die für den akzeptierenden Ansatz bereitgestellten öffentlichen Finanzmittel gehen anderen Initiativen verloren, insbesondere solchen Projekten, deren Ziel die Stärkung antifaschistischer Strukturen schon im Jugendbereich ist (z.B. interkulturelle Jugendzentren).




[1] Budernis, A.: Glatzenpflege auf Staatskosten?! Über Möglichkeiten und Grenzen sozilpädagogischer Intervention im Prozeß der Rebarbarisierung des deutschen Alltags, in: Brudernis, A., Dembowski, G., Schiedle, J.: Das zerbrochene Fenster. Hools und Nazi-Skins zwischen Gewalt, Repression, Konsumterror und Sozialfeuerwehr, Bonn 2001, S.78-86, hier S. 78

[2] Brunner, C.F., Donnenbeck, C., Zetler, M.-C.: Grenzenlose Jugendarbeit. Vom Umgang mit rechtsorientierten und gewalttätigen Jugendlichen. Ein Literaturbericht, in: Deutsches Jugendinstitut (Hrsg.): Gewalt gegen Fremde. Rechtsradikale, Skinheads und Mitläufer, München 1993, S.173-184, hier S.181

[3] Krafeld, F.J.: Grundsätze einer akzeptierenden Jugendarbeit mit rechten Jugendcliquen, in: Scherr, A. (Hrsg.): Jugendarbeit mit rechten Jugendlichen, Bielefeld 1997, S.37-45, hier S.37 f

[4] Buderus, Glatzenpflege auf Staatskosten?!, in: Buderus, Demobowski, Scheidle: Das zerbrochene Fenster, a.a.O., S.80

[5] ebd.

[6] Heim, G., Krafeld, F.J. u.a.: „Lieber ein Skinhead, als sonst nichts?“ . Grundsätze einer akzeptierenden Jugendarbeit in rechten Jugendcliquen, in: Krafeld, F.J. Hrsg.): Akzeptierende Jugendarbeit mit rechten Jugendcliquen, Bremn 1997, S.64

[7] Krafeld, Grundsätze einer akzeptierenden Jugendarbeit mit rechten Jugendcliquen, in: Scherr, Jugendarbeit mit rechten Jugendlichen, a.a.O., S.39

[8] ebd., S.43

[9] ebd., S.53

[10] Naorddeutsche Antifagruppen (Hrsg.): Rosen auf dem Weg gestreut..., Kritik an der ‚Akzeptierenden Jugendarbeit mit rechten Jugendcliquen‘, Bremen o.D., S.3

[11] Der Spiegel 8/99, S.82

[12] Der Tagesspiegel vom 29.09.1992

[13] Berliner Morgenpost vom 31.10.2000

[14] Aktion Noteingang, Zivilcourage gegen Rassismus?, a.a.O., S.43

[15] Buderus, Glatzenpflege auf Staatskosten?!, in: Buderus, Dembowski, Scheidle, Das zerbrochene Fenster, a.a.O., S.83

[16] Titus Simon und Jürgen Elsässer über zehn Thesen zur akzeptierenden Jugendarbiet, in: Buderus, Dombowski, Scheider: Das zerbrochene Fenster, a.a.O., S.87-98, hier S.94

[17] Berliner Morgenpost vom 31.10.2000

[18] Buderus, Glatzenpflege auf Staatskosten?!, in: Buderus, Dembowski, Scheidle, Das zerbrochene Fenster, a.a.O., S.93

[19] Buderus, A: Glatzenpflege auf Staatskosten. Jugendarbeit zwischen Politik und Pädagogik, Bonn 1998, S.76-78

[20] Ahlheim, K.: ### dem sozialpädagogischen Gesten – Rechtsextremismus als Herausforderung an die Pädagogik, in: Janssen, M., Prokop, U. (Hrsg.): Fremdenangst und Fremdenfeindlichkeit, Frankfurt/M. 1993, S.219-234, hier S.222

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