Der SGB muss Grenzen setzen

<p>Die Gewerkschaft der Grenzwächter:innen des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds wird von einem rechtsextremen Politiker geleitet. Wir müssen das sehr ernst nehmen.</p>
<p>Im Juni 2025 wählte die Delegiertenversammlung von Garanto, der Gewerkschaft der Grenzwächter:innen, Jean-Luc Addor, einen rechtskonservativen Politaktivisten und SVP-Abgeordneten, als Zentralpräsidenten. Er trat gegen einen SP-Kandidaten an, welcher offenbar in letzter Verzweiflung vom SGB aufgestellt worden war.</p>
<p>Ab jetzt wird also eine Gewerkschaft des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds (SGB), zu dem die auch manchmal als „rot” bezeichneten Gewerkschaften (Unia, VPOD, Syndicom, SEV...) gehören, von einem bürgerlichen Politiker angeführt, der wegen Rassismus verurteilt wurde, ultramilitaristisch und homophob ist, den Faschistinnen vom „Collectif Némésis” nahesteht und ausgesprochen fremdenfeindlich ist. Eine Gewerkschaft des SGB wird somit von einem Klassenfeind und politischen Gegner geleitet, dessen Partei ganz grundsätzlich gewerkschaftsfeindlich eingestellt ist.</p>
<p>Nun versucht die SGB-Führung aber, kritische Stimmen zu beruhigen, indem sie meint, man solle sich nicht darüber aufregen, dass ein Berufsstand mit schwierigen Arbeitsbedingungen sich einer Alternative zuwendet, so widerwärtig diese auch erscheinen mag. Trotz allem trage Jean-Luc Addor immer noch eine „soziale Ader”. Auch würde ein Sekretär an den Arbeiten im SGB mitwirken und nicht Addor selbst.</p>
<p>Wir sind vollkommen anderer Meinung.</p>
<p>Garanto ist vom Wesen her eine korporatistische Organisation, die sich von den Kämpfen unseres sozialen Lagers fernhält. Personell besteht sie auch aus Menschen, zu deren Hauptaufgaben es gehört, rassistische und fremdenfeindliche Massnahmen durchzusetzen. Durch ihre konkrete Arbeit realisiert sich die Festung Europa, die für den Tod Tausender Menschen verantwortlich ist. Es ist also kein Zufall, dass ein rechtsextremer Politiker ohne jegliches gewerkschaftliche Engagement an die Spitze einer solchen Organisation gelangen konnte. Wir dürfen uns somit nichts vormachen: Eine korporatistische Organisation, die Menschen vereint, welche für die Umsetzung rassistischer und fremdenfeindlicher Politik zuständig sind, hat einen rechtsextremen, rassistischen und fremdenfeindlichen Politiker zum Präsidenten gewählt, der den Militarismus vorantreibt und einer Partei angehört, die die Grenzen – und damit die Mittel für die Mitglieder von Garanto – stärken will. Es handelt sich bei seiner Wahl um eine bewusste Entscheidung, die in voller Kenntnis der Sachlage getroffen wurde.</p>
<p>Wir müssen das sehr ernst nehmen. Im Gegensatz zu dem, was unter dem Franco-Regime in Spanien oder im Italien der Nachkriegszeit geschehen ist, muss die extreme Rechte nicht einmal mehr eigene „Gewerkschaftsorganisationen” gründen oder linke Organisationen unterwandern, um die Kontrolle über einen Gewerkschaftsapparat zu erlangen. Es hat gereicht, dass ein SVP-Aktivist, offenbar ohne grössere Unterstützung seiner Partei, sich zur Wahl gestellt hat, um eine Gewerkschaft des SGB zu übernehmen.</p>
<p>Und wieder: Dies ist eine sehr ernste Angelegenheit. Denn es bedeutet, dass eine Mehrheit der Delegierten von Garanto (und wahrscheinlich auch die Mehrheit der Mitglieder) Sympathisant:innen der extremen Rechten sind. Es ist auch nicht das einzige betroffene Berufsfeld: <a href="https://www.srf.ch/news/schweiz/whatsapp-gruppen-entdeckt-rassistische-a... class='spip_out' rel='external'>Der Skandal um die Lausanner Polizei</a> ist nur ein weiteres Beispiel hierfür.</p>
<p>Angesichts dieser Bedrohung durch die extreme Rechte und vor dem Hintergrund des wiedererstarkenden Faschismus und neoliberaler Schockstrategien müssen wir unsere eigene Verantwortung wahrnehmen. Die wenigen Siege an den Wahlurnen und die Verbesserung mancher Gesamtarbeitsverträge werden bedeutungslos, wenn wir zulassen, dass die extreme Rechte die Kontrolle über unsere Gewerkschaften übernimmt.</p>
<p>Als aktive Gewerkschafter:innen fordern wir die Mitgliederorganisationen des SGB auf, folgende Punkte ernsthaft zu prüfen:</p>
<p>1) Umgehende Suspendierung von Garanto aus allen Gremien des SGB und der lokalen Gewerkschaften</p>
<p>2) Abklärung der Möglichkeit, Garanto aus dem SGB und den lokalen Gewerkschaften auszuschliessen</p>
<p>3) Festlegung einer konsequenten Abgrenzungsstrategie gegenüber der extremen Rechten, sei es ausserparlamentarisch (Junge Tat, Collectif Némésis, Résistance helvétique etc.) oder innerhalb des Parlaments (SVP, Lega dei Ticinesi, EDU etc.)</p>
<p>4) Eindeutiges Bekenntnis zu antirassistischen, internationalistischen, feministischen und queerfreundlichen Positionen, die eigentlich die Standpunkte unserer Gewerkschaften und des gesamten SGB sein sollten, inklusive klarer Verurteilung aller fremdenfeindlichen Verhaltensweisen, auch wenn dies bedeutet, einen Teil unserer Basis (z.B. SVP-Unterstützer:innen) oder bestimmte Berufsgruppen (z.B. Grenzwächter:innen, die mit der Umsetzung fremdenfeindlicher Massnahmen beauftragt werden) zu kritisieren</p>
<p>5) Förderung der Beteiligung von Gewerkschaften (und ihrer Mitglieder) in antifaschistischen Kollektiven und Kampagnen jeglicher Art</p>
<p>6) Ausbau der internen Schulungen zu den Themen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Integration</p>
<p>7) Aufbau sowie Vertiefung der Beziehungen zwischen den regionalen Gewerkschaftsverbänden und lokalen progressiven Bewegungen (antifaschistische, antirassistische, feministische, queere Gruppen und Organisationen, etc.).</p>

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Donnerstag, Dezember 25, 2025 - 16:28