JUGENDZENTREN IM SAARLAND
Besprechung zu einem Buch zur Geschichte der Juze-Bewegung im Saarland. Seit Anfang der 1970er Jahre. Ein Online-Archiv zum Thema gibt es auch.
Die Publikation bietet eine fundierte Rückschau auf ein halbes Jahrhundert »selbstverwalteter« Jugendkultur im Saarland. Sie erzählt nicht nur die Entstehung und Entwicklung der Jugendzentren, mit einem Schwerpunkt in Umfang und Tiefe der Darstellung auf den 1970er Jahren, sie beleuchtet auch deren gesellschaftlichen Einfluss und die Herausforderungen, denen sie über die Jahre begegnet sind.
Die Geschichte der Jugendzentrumsbewegung im Saarland beginnt in den späten 1960er-Jahren, als die Gesellschaft von politischen und sozialen Umbrüchen geprägt ist. Insbesondere Jugendliche, die nach alternativen Freiräumen und Selbstbestimmung suchten, lehnen sich gegen die bestehenden Normen und unter anderemu.a. die kirchliche Jugendarbeit auf – und finden in den Jugendzentren einen Raum für eigene Entfaltung. 1974 schon wird der Dachverband gegründet. Das Buch beschreibt eindrucksvoll, wie sich diese Zentren als Antwort auf den Wunsch nach Freiraum, Demokratie und Mitbestimmung etablierten und zur Plattform für politische und soziale Auseinandersetzungen wurden. Im Saarland gab und gibt es eine erstaunlich hohe Dichte an solchen Jugendzentren, so waren Ende der 1970er 60 Häuser und Initiativen Mitglied im Dachverband und Mitte der 2000er waren es gar 130.
Anschaulich ist die Dokumentation von persönlichen Erlebnissen und Erinnerungen ehemaliger und aktueller NutzerInnen und MitarbeiterInnen der Jugendzentren. Diese Anekdoten und Interviews machen die historische Entwicklung lebendig und veranschaulichen die verschiedenen sozialen, politischen und kulturellen Aspekte der Bewegung. Sie vermitteln einen authentischen Eindruck von der Bedeutung, die diese Räume, gerade auch in kleinen Orten, für die junge Generation hatten und haben.
Die Entwicklung der Jugendzentren wird im Buch nicht nur als Erfolgsgeschichte dargestellt. Thematisiert werden auch die die Herausforderungen, denen die Bewegung im Laufe der Jahrzehnte begegnete. Das waren vor allem unerwünschte NutzerInnen und, oft damit zusammenhängend, Drogen. Einige Häuser werden auch, wenn es nicht genügend AktivistInnen gab, nach einigen Jahren wieder freiwillig geschlossen. Ein Konfliktherd war auch das unterschiedliche Selbstverständnis von BesucherInnen und Aktiven: Waren die JuZ für viele ein preiswerter Ort zum Abhängen, so waren sie für andere Startpunkt für »politische Aktionen«.
Das Buch bietet eine umfassende und zugleich persönliche Auseinandersetzung mit der Jugendzentrumsbewegung. Die Mischung aus historischen Analysen und persönlichen Erfahrungsberichten macht es zu einem wertvollen Werk für alle, die sich mit der Geschichte der Jugendkultur und den neuen sozialen Bewegungen im Saarland beschäftigen wollen.
Verband saarländischer Jugendzentren in Selbstverwaltung (Hrsg.): Aufbrüche, Ausbrüche, Freiräume. 50 Jahre Jugendzentrumsgeschichte im Saarland; Blattlaus Verlag, Saarbrücken 2025, 304 Seiten, 374 Abbildungen, 28 Euro
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