[DE/EN] Auf Augenhöhe. Gegen den identitären Autoritarismus // From equals to equals. Against identitarian authoritarianism
Wir sind einige anarchistische Gefährten und Gefährtinnen, die an der Versammlung „Sabotiamo la guerra“ teilgenommen haben. Mit diesem Schreiben wollen wir uns zu einem schlimmen Vorfall äußern, der auf unserer Versammlung passiert ist (wenn auch nicht der einzige dieser Art, so war er doch der schwerwiegendste), aber vor allem zu einer Forma mentis und einer Ideologie, die solche Vorkommnisse systematisch begünstigen. Wir präsentieren uns nicht aus freien Stücken auf diese eingeschränkte Weise, sondern weil „Sabotiamo la guerra“ eine Versammlung ist, die von Zeit zu Zeit von den Teilnehmenden gestaltet wird. Wir können nicht im Namen aller zahlreichen vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Teilnehmenden, sprechen. Fangen wir nun an, uns zu erklären. [...]
We are some anarchist comrades who took part in the “Sabotiamo la guerra” assembly1. With this writing, we want to speak out on a troubling episode that occurred at our assembly, (not the only one of this kind, but the most serious) but above all on a forma mentis and an ideology that now make such episodes systematic. If we present ourselves in such a circumscribed manner, it is because “Sabotiamo la guerra” is precisely an assembly made from time to time by those who participate in it, and we cannot speak on behalf of all its many past, present, and future participants. Having said that, let us begin to explain ourselves. [...]
Wir sind einige anarchistische Gefährten und Gefährtinnen, die an der Versammlung „Sabotiamo la guerra“ teilgenommen haben. Mit diesem Schreiben wollen wir uns zu einem schlimmen Vorfall äußern, der auf unserer Versammlung passiert ist (wenn auch nicht der einzige dieser Art, so war er doch der schwerwiegendste), aber vor allem zu einer Forma mentis und einer Ideologie, die solche Vorkommnisse systematisch begünstigen. Wir präsentieren uns nicht aus freien Stücken auf diese eingeschränkte Weise, sondern weil „Sabotiamo la guerra“ eine Versammlung ist, die von Zeit zu Zeit von den Teilnehmenden gestaltet wird. Wir können nicht im Namen aller zahlreichen vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Teilnehmenden, sprechen. Fangen wir nun an, uns zu erklären.
Vom 11. bis 13. Oktober 2024 sollte in der Villa Occupata in Mailand die von unserer Versammlung organisierte dreitägige Diskussion Sfidare la vertigine [Den Vertigo herausfordern] stattfinden. Sie war eben einigen der schwindelerregenden, aber unausweichlichen Fragen gewidmet, die die Gegenwart aufwirft (angefangen bei denen, die mit dem Krieg zusammenhängen, der nicht mehr und nicht weniger als den historischen Horizont darstellt). Die „drei Tage“ wurden auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben und schließlich sogar abgesagt, weil einige Besucher (wir betonen: einige) der Villa einem Gefährten, der an diesem Pfad teilnimmt, der Vergewaltigung bezichtigten und der Versammlung vorwarfen, ihn zu unterstützen. Es wäre für uns einfacher und bequemer gewesen, diese Geschehnis zu ignorieren und wie bei anderen Gelegenheiten weiterzumachen, als es ähnliche Versuche gab, unsere Veranstaltung wegen der Anwesenheit dieses Gefährten zu vereiteln. Stattdessen sagte uns unser Gewissen, dass wir uns äußern sollten. Da wir die Dynamik kennen, die zu dieser schwerwiegenden Anschuldigung geführt hat, und gute Gründe haben, sie für unbegründet zu halten, empfinden wir es als echte Ungerechtigkeit, dass diese Gerüchte weiter kursieren, ohne dass jemand etwas dazu sagt. Eine Ungerechtigkeit gegenüber unserem Gefährten und dann gegenüber unserer Versammlung. Als wir gemeinsam darüber nachdachten, wurde uns klar, dass es unmöglich ist, das Thema anzusprechen, ohne auf die ideologischen, ethischen und mentalen Voraussetzungen einzugehen, die diesem Vorfall zugrunde liegen. Dies hielten wir bereits für notwendig. Die Anschuldigung gegen den Gefährten ist in der Tat sehr gravierend, aber leider kein Einzelfall. Es ist zur gängigen Praxis geworden – sowohl in „antagonistischen“ Kreisen als auch in weiten Teilen der Gesellschaft –, dieser oder jener Person bzw. dieser oder jener Gruppe schändliche Schuldzuweisungen vorzuwerfen, die gelegentlich mit der sexuellen Sphäre, den Beziehungen zwischen den Geschlechtern oder sogar mit der allgemeinen „Dynamik der Macht“ in Bezug gebracht werden. Es wird nicht die Möglichket gegeben Argumente zu nennen, und es wird niemanden – sei es der in den Fokus gerückten Person oder anderen – die Möglichkeit gegeben, die Stichhaltigkeit der erhobenen Vorwürfe zu diskutieren oder gar selbst zu beurteilen, wie man damit umgehen soll, wenn sie sich als angeblich begründet erweisen. Darüber hinaus haben wir den Eindruck, dass eine bestimmte Mentalität und Ideologie – die wir aus Gründen, die im Laufe der Lektüre deutlich werden, als „identitär“ bezeichnen – seit Jahren eine Reihe von Dynamiken hervorruft, die weit über den Bereich der Sexualität und der zwischenmenschlichen Beziehungen hinausgehen, und dass wir – zumindest was uns betrifft – viel zu lange damit gewartet haben, unsere Kritik zu äußern (aber besser spät als nie). Diese Überlegungen haben zu diesem Text geführt, der sowohl ein Akt der Anprangerung als auch ein Beitrag zu einer Debatte sein soll, die weit über die spezifische Angelegenheit hinausgeht, aus der er entstanden ist. Wenn diese Art von Problemen immer mehr Welten entzweit und in unserem Fall auch zur Entsolidarisierung gegenüber Realitäten die stark stark von Repression betroffenen sind, haben die zugrunde liegenden Ideologien unserer Meinung nach noch tiefere, zutiefst schädliche Folgen. Daher ist es notwendig, all dies auch aus der Perspektive zu betrachten.
Auf die Anschuldigung selbst wollen wir hier nicht eingehen. Bestimmte Tatsachen, die, wie man sagt, „heikel“ (und auch aus strafrechtlicher Sicht potenziell sensibel) sind, müssen an geeigneter Stelle und zu geeigneter Zeit behandelt werden – zumindest, um den Bullen und den Schreiberlingen keinen Stoff für Spekulationen zu liefern. Wir sagen lediglich, dass wir uns nicht mit unserem Gefährten organisieren würden, wenn wir ihn für einen Vergewaltiger halten würden. Es wird angedeutet, aber wir sollten es explizit machen: Sowohl wir als Autoren dieses Texts als auch der direkt vorgeworfene Genosse sind bereit, uns mit jedem, der uns dazu auffordert, von Angesicht zu Angesicht zu konfrontieren. Wir haben jedoch viel zu sagen über die Art und Weise, wie solche Anschuldigungen zunehmend erhoben werden, über die Mentalität, die dahintersteht, und über die Konsequenzen, die sie nach sich ziehen.
Da wir auch der Meinung sind, dass wir zuhören müssen, wenn jemand angibt, Gewalt erlitten zu haben, kann dies kein Alibi dafür sein, die Tatsachen nicht als das zu betrachten, was sie sind (oder, bescheidener ausgedrückt, als das, was sie für uns arme Sterbliche zu sein scheinen), oder dafür, eine Person in Verruf zu bringen, ohne ihr die Möglichkeit zu geben, zu antworten. Wir sind hartnäckig der Meinung, dass jeder, der schwere Anschuldigungen gegen jemanden erhebt – sei es, dass jemand einen sexuellen Übergriff begangen hat, Geld aus einer gemeinschaftlichen Kasse gestohlen hat oder ein Verräter ist –, die Verantwortung für das, was man sagt, übernehmen und mit klaren und begründeten Argumenten untermauern sollte, und zwar an einem angemessenen Ort und zu einem angemessenen Zeitpunkt. Dass auch dieses Mal der Moment der Gegenüberstellung verpasst wurde, scheint uns ganz klar das Produkt einer Mentalität zu sein, die die Bedingungen an die Stelle der Tatsachen und die Opferrolle an die Stelle von Denken setzt. Da das Problem nicht trivial ist, müssen wir es angemessen betrachten.
Durch die Vermittlung eines als intersektionaler Feminismus bezeichneten Ansatzes ist eine aus Übersee stammende Ideologie zu uns gelangt, die etwa wie folgt lautet: Die Vorstellung, wir seien freie und gleiche Menschen, die versuchen, hier und jetzt so weit wie möglich Beziehungen der Gegenseitigkeit zu erleben („Was du machen kannst, kann ich auch, und umgekehrt“), ist nichts als ein altes humanistisches Märchen. Da wir in diesem permanenten Krieg, den wir Gesellschaft nennen, in Wirklichkeit ungleich sind – durchzogen, oft ohne es zu merken, von einer Übermachtdynamik, die sich um die Linien des Geschlechts, der Hautfarbe, der körperlichen oder intellektuellen Fähigkeiten, des Alters usw. dreht –, müssen wir wach und wachsam sein (woke, amerikanischer Slangausdruck für „awake“), um all die Gewaltakte zu erfassen, die ständig unsichtbar sind, und in die menschlichen Beziehungen eingreifen, um das verlorene Gleichgewicht wiederherzustellen. Dies soll einerseits durch eine permanente Moralisierung des Verhaltens erreicht werden (beginnend mit der bekannten Besessenheit von der Benutzung der Sprache), vor allem, wenn sie von denjenigen «ausgeübt» wird, die ein gewisses «Privileg» haben (oder haben sollten), d. h. einen zusätzlichen Anteil an sozialer Macht. Andererseits sollen denjenigen, die sozial weniger haben, mehr Macht gegeben werden. (Mit diesen „Kriterien” schlugen einige Feministinnen vor einigen Jahren in den Vereinigten Staaten vor, die Wahlstimmen von Frauen und Afroamerikanern doppelt zu gewichten). Der Hintergrund und – gleichzeitig – die Folge dieser Art von Vision ist die postmoderne Philosophie. Wenn die faktische Wahrheit nicht existiert oder jedenfalls nicht gefunden werden kann, wird das einzige „Kriterium“, um sich zu orientieren und über Geschehnisse zu entscheiden, die nicht aufhören, sich zu ereignen, das emo-partisanische Festhalten in Hinblick auf derjenigen, die als «unterdrückter» erachtet sind. Die Wahrhaftigkeit der Tatsache wird durch die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Subjekt ersetzt.
Eine umfassende Kritik dieser Ideologie zu formulieren, würde lange dauern und ist hier nicht möglich. Eine ihrer ersten Folgen ist jedoch bereits jetzt offensichtlich: die endlose Balkanisierung der Menschheit. Wenn es keine Möglichkeit der Diskussion zwischen Gleichen gibt, weil unsere Erfahrungen und damit unsere Standpunkte ungleich sind, kann das Ergebnis nur ein Krieg aller gegen alle sein, der von mehr oder weniger prekären Allianzen geprägt ist. Daraus folgt: Da es im postmodernen Universum keine Werte mehr gibt, sondern nur noch einen Unwert – nämlich mit vermeintlicher Gewissheit etwas zu behaupten – gewinnt nicht derjenige die Konfrontation, der die überzeugendsten Argumente oder unumstößlichen Fakten vorbringt, sondern derjenige, der seinen identitären Status als „Opfer“ am besten zur Schau stellen kann und über genügend akademische Literatur (sogenannte «Studies») verfügt, um als solches anerkannt zu werden.
Diese Ideologie mag manchen als ultra-libertär erscheinen, uns scheint sie jedoch eher der Träger eines Autoritarismus zu sein, der umso gefährlicher ist, je mehr er sich hinter seiner vermeintlichen postmodernen Schwäche versteckt. Zwar ist offensichtlich, dass diese Positionen jede Möglichkeit der Reziprozität zwischen konkreten Individuen aufheben (was du tun kannst, kann ich auch tun, d. h. mein Wort ist so gut wie deins), doch bringen sie auch die Ideologie des Subjekts durch die Hintertür herein, die der Anarchismus schon lange durch die Vordertür hinausgeworfen hatte. Stirner, der voraussah, dass «die Religion der Menschheit» bald ihre Priester und Bürokraten hervorbringen würde, schrieb bereits 1844, dass er auf der Seite der Proletarier stehe, sich aber weigere, «ihre schwieligen Hände zu sakralisieren». Heraus aus der Metapher stellt Stirner fest, dass man, wenn man den Zustand der Unterdrückung anerkennt, unter dem die Proletarier leiden, es tunlichst vermeiden sollte, zu glauben, dass das Proletariat immer im Recht ist. Und das aus dem einfachen Grund, dass das Proletariat als «Subjekt»… nicht existiert (es gibt nur konkrete Individuen, die unter anderem Proletarier sind) und daher weder Recht noch Unrecht haben kann. Zeitgemäß sollten wir das Gleiche über Frauen, Schwarze, Homosexuelle, Immigranten und Transgender sagen. Wenn wir die spezifische Unterdrückung anerkennen, unter der Individuen leiden, die diesen Kategorien angehören, bekämpfen wir sie nur dort, wo wir sie konkret sehen. Dabei verzichten wir niemals auf unser autonomes Urteil und geben denjenigen, die sich dieser oder jener verfolgten Gruppe der Menschheit anrechnen, keine Blankovollmacht. Das tun wir nicht nur, weil wir unsere Freiheit genauso wertschätzen wie die eines jeden anderen und deshalb selbst dem am meisten bedrängten und demütigten Individuum der Welt nicht das geben würden, was in Wirklichkeit eine Delegation von Macht ist. Wir tun es auch, weil wir sehr wohl wissen, dass, wenn festgelegt wird, dass jemand aus welchen Grund auch immer mehr zählen muss als ein anderer, nicht „die Unterdrückten“ davon profitieren, sondern ihre selbsternannten Vertreter. Um uns verständlich zu machen, müssen wir uns mit dem unangenehmsten Teil der Angelegenheit befassen. Wenn in unseren kleinen Gemeinschaften mehr oder weniger begründete Vorwürfe sexuellen oder geschlechtsspezifischen Missbrauchs erhoben werden, wird denjenigen, die etwas zu sagen haben, dogmatisch gesagt, dass «man auf die Gefährtinnen hören muss». Nun enthält diese Aussage an sich schon eine implizite Anschuldigung, die nicht unbedingt gerechtfertigt ist (man kann durchaus auf «die Gefährtinnen» hören, aber nicht mit dem einverstanden sein, was gesagt wird). Aber vor allem: Werden wirklich alle Gefährtinnen und Frauen berücksichtigt? Unsere Erfahrung zeigt: Nein. Berücksichtigt werden nur die Gefährtinnen und Gefährten (Männer), die mit den bereits definierten Positionen, d. h. den Dogmen der neuen globalen Linken, übereinstimmen. Alle anderen Frauen werden ignoriert, wenn sie nicht gerade als Komplizinnen ihres «verinnerlichten Patriarchats» stigmatisiert werden. Bei näherer Betrachtung macht in dieser neuen Kunst des Rechthabens nicht so sehr die konkrete Zugehörigkeit zu einer diskriminierten Kategorie den Unterschied aus, sondern das Festhalten an der Ideologie, die sie heilig spricht. Es ist die neue sensibilistische und politisch korrekte Kirche, die verlangt, „angehört“ zu werden (d. h. in Wirklichkeit eine starre und schematische Ausrichtung) … Von wegen die «Gefährtinnen», die «Nicht-Weißen» oder die «Nicht-normierten Körper»!
Natürlich sind wir uns bewusst, dass sexuelle Gewalt in ihren verschiedenen Formen nicht immer dem gängigen Bild der rein körperlichen Aggression entspricht. Wir wissen, dass es auch in unseren Kreisen kleine und große Gewalt gibt. Wir wissen, dass Frauen (aber man könnte das Spektrum auf viele andere unterdrückte Gruppen ausweiten) auf große Schwierigkeiten, Widerstand und Boykott stießen und oft stoßen, wenn sie Gewalt anprangern. Gleichzeitig sind wir dafür, Missbrauch und Gewalt kollektiv anzugehen und, wenn nötig, auch Sanktionen gegen die Verantwortlichen anzuwenden. Wir halten es beispielsweise für legitim, dass eine Gemeinschaft jemanden aus einem bestimmten Raum oder sogar aus einem ganzen Gebiet verweist, wenn seine Anwesenheit für eine Person, die davon ernsthaft betroffen ist, unerwünscht ist. Ebenso ist es legitim, dass sich ein Kollektiv weigert, sich mit jemandem zu organisieren, der durch sein Verhalten das Vertrauen seiner Gefährten und Gefährtinnen beschädigt oder verloren hat (sei es für eine bestimmte Zeit, bis zu einer entscheidenden Klärung oder sogar für immer). Was wir jedoch verlangen, ist, dass alle gleichberechtigt zu Wort kommen, die Anschuldigungen auf den Prüfstand gestellt werden, soweit es die jeweilige Situation zulässt (es wäre beispielsweise abscheulich, von denjenigen, die Gewalt erlitten haben, zu verlangen, dass sie detailgetreu berichten, aber zwischen dem und einer Blankovollmacht des Vertrauens gibt es quasi immer andere Möglichkeiten) und der vorgeworfenen Person die Möglichkeit gegeben wird, sich zu verteidigen, auch indem sie die Tat leugnet, wenn sie angibt, sie nicht begangen zu haben. Wenn diese einfachen Instanzen, die von der Menschheit im Laufe der Jahrhunderte anerkannt und zu gegebener Zeit dem absoluten Staat durch Kämpfe abgerungen wurden, einen gewissen Anschein von „bürgerlichem Recht“ haben mögen, so ist zu bedenken, dass die entgegengesetzten Kriterien uns nicht mehr und nicht weniger als zum inquisitorischen Recht zurückführen, bei dem der einzige Weg zum Freispruch die Anerkennung der Schuld war (heute, der Zeit entsprechend, «der Verantwortung»). Man wird einwenden, dass solche Sachverhalte besonders schwierig zu beurteilen sind, da sie – abgesehen davon, dass sie subtile zwischenmenschliche Dynamiken infrage stellen – in der Regel in einem privaten und intimen Rahmen stattfinden, in den niemand sonst Einblick hat. Das ist sehr richtig. Allerdings findet die überwiegende Mehrheit der menschlichen Ereignisse, die Anlass zu Diskussionen geben, abseits der Blicke anderer statt oder unter einigen wenigen Augenzeugen, deren Aussagen sich möglicherweise widersprechen, da sie nur Hinweise auf den Vollzug einer Handlung erhalten haben (man denke beispielsweise an eine Situation, in der Geld verschwunden ist und nur eine bestimmte Person in der Nähe gesehen wurde: Jemand sagt, man habe sie zu einer bestimmten Zeit oder in einer bestimmten Haltung gesehen, jemand anderes in einer anderen, aber niemand hat sie beim Stehlen gesehen); schäbige Gesten, die an einem öffentlichen Ort oder vor zehn Zeugen stattfinden, die mehr oder weniger dasselbe bestätigen, sind seit Menschengedenken eine Minderheit und erregen sofort allgemeine Missbilligung. Nach welchen Kriterien entscheiden wir also in unsicheren Situationen, ob jemand etwas begangen hat oder nicht? Im Allgemeinen stützt man sich auf die Plausibilität, das heißt auf den Vergleich der Dynamik des Sachverhalts mit ähnlichen Ereignissen, die zu anderen Zeiten und in anderen Situationen erlebt, gesehen oder gehört wurden (mit einem Wort: auf vorherige Erfahrung). Das ist nur durch das Anhören und Vergleichen “mehrerer Glocken” möglich, wenn widersprüchliche Versionen vorliegen. Kann man bei der Anwendung dieses Kriteriums Fehler machen? Sicherlich, und das wird seit jeher gemacht. Wer jedoch unkritisch und um des Arguments willen nur einer Seite zuhört, verschafft einigen Leuten das (tatsächlich reale) Privileg der Lüge, da er sie von der Last befreit, glaubwürdige Behauptungen aufzustellen. Was auch immer man dagegen einwenden mag (zum Beispiel, dass die Unterschiede in der «Sozialisation» und Erfahrung zwischen Männern und Frauen es nicht erlauben, bestimmte Nuancen vollständig zu erfassen), es beseitigt nicht die unausweichliche Konsequenz (es sei denn, man argumentiert, dass Angehörige unterdrückter Kategorien keine Hintergedanken haben können und nicht flunkern können -– auch nicht sich selbst gegenüber. Was in diesem Zeitalter des fast psychedelischen Subjektivismus ein besonders hohes Risiko darstellt).
Außerdem: Wie kann es sein, dass selbst bei erwiesenen Tatsachen fast automatisch dieselbe Modalität angewandt wird (die Entfernung der Person und die verbrannte Erde rund um diejenigen, die sich weiterhin mit ihr organisieren), ohne dass die spezifische Schwere der Tat oder mögliche, vielleicht angemessene Formen der Wiedergutmachung geprüft werden?
Nein, das wird unmöglich gemacht. Identitätsaktivisten sind nämlich überhaupt nicht daran interessiert, bessere Wege des Zusammenlebens zwischen Menschen zu finden, sondern nur daran, die Welt von allem zu säubern, was ihnen nicht genehm ist. Es ist daher nicht verwunderlich, dass bestimmte Kreise seit einiger Zeit vom Versuch, bestimmte Personen auszulöschen, zur cancel culture von Ideen und deren wichtigsten Trägern, den Büchern, übergegangen sind. Es gibt tatsächlich Leute, die regelrechte Kampagnen gegen mehr oder weniger der „Bewegung” angehörende Verlage, Editionen und Distributionen gestartet haben (entweder, weil sie von wegen Missbrauchsvorwürfen Personen herausgegeben werden, oder weil sie Texte veröffentlichen, die als «problematisch» angesehen werden). Sie haben Schwarzlisten gegen Autoren und Autorinnen erstellt, die jeweils als transfeindlich, homophob oder sexistisch angesehen werden – aufgrund einer verzerrten Interpretation mancher Texte, der Teilnahme an von anderen „Beschuldigten” organisierten Veranstaltungen oder sogar wegen der einfachen Rezension von Texten anderer. Gleichzeitig wissen wir von einigen Gefährten die nie wegen Gewaltvorwürfen aufgefallen sind, denen jedoch aufgrund ihrer kritischen Haltung gegenüber der LBGTQ+ Bewegung der Vorwurf der «Transphobie» gemacht wurde und die deshalb in bestimmten Kontexten nicht mehr auftreten dürfen. Während wir uns verwundert fragen, seit wann sich Anarchisten für die Verteidigung von Reformisten einsetzen, ist diese Position aufgrund ihrer politischen und intellektuellen Unehrlichkeit einfach nur erschreckend. Die LGBTQ+-Bewegung ist genau genommen eine politische Bewegung, die, obwohl sie spielt, alle homosexuellen und transgender Menschen zu vertreten, in Wirklichkeit nichts anderes als sich selbst vertritt. Zu behaupten, dass diejenigen, die den Autoritarismus einiger queerer Kreise kritisieren, homophob oder transphob sind, ist dasselbe, wie zu behaupten, dass diejenigen, die Black Lives Matter kritisieren, deshalb Rassisten sind. Das ist nichts anderes als Politik im schlimmsten Sinne des Wortes.
Es tut uns leid, aber hinter all dieser (und zunehmenden) Anklage- und Verfolgungswut, durch die immer mehr Gefährten aufgrund immer „gewagter” und fantasievoller Vorwürfe ihr Leben ruiniert sehen, können wir nicht nur einen ehrlichen Willen erkennen, sich gegen Sexismus und Schikane zu wehren oder seit lang verschwiegenen Forderungen Gehör zu verschaffen. Wir sehen darin auch eine Übernahme jener Kultur der Bestrafung, die in anderen Bereichen als Justizialismus bezeichnet wird: den Unglückseligen (ob er nun tatsächlich „schuldig” oder „unschuldig” ist) zu bestrafen, um allen anderen gegenüber ein Exempel zu statuieren. Darin sehen wir auch ein Verlangen nach Macht und Kontrolle. Vor allem aber sehen wir ein autoritäres und reaktionäres Gift, das von den US-amerikanischen Universitäten und anderen Machtzentren langsam in den Anarchismus eingedrungen ist und von innen heraus droht, ihn auszulöschen (während die Repression von außen weiterhin zuschlägt), indem es seine Prinzipien umkehrt und gleichzeitig vorgibt, sie zu radikalisieren. Wenn es ein Konzept gibt, das alle Anarchisten teilen, dann ist es, dass Autorität die Neigung der Menschen ist, sich gegenseitig zu unterdrücken, und dies durch die Autorität nicht eingeschränkt wird, sondern hingegen verschärft wird und sich strukturell verankert. Allerdings ist die Abschaffung der Autorität und damit die Freiheit kein Allheilmittel, das die unterdrückte Menschheit von allen Übeln befreien wird. Sie ist vielmehr «der offene Weg zu jeder Verbesserung» (Malatesta): ein Wendepunkt und ein Anfang – und gerade deshalb notwendig. Auch wenn sie sich libertär und ultraradikal gibt, argumentiert die postmoderne und identitäre Linke genau umgekehrt. Es gibt keinen Ausweg aus dem gegenwärtigen Elend, sondern nur einen ewigen Kampf zwischen (gefühlt) unterdrückten Subjektivitäten innerhalb eines verzweigten und allgegenwärtigen Netzwerks von Mikromächten, das nur in einer Art negativer Gegenseitigkeit etwas Ruhe finden kann: Anstelle des Prinzips „Ich tue, was ich will, in dem Maße, in dem du tun kannst, was du willst” gilt hier das Credo „Ich werde nicht tun, was ich will, solange du nicht tust, was du willst”. Kurz gesagt, eine endlose Reihe von Verboten. Das ist an einigen von der jüngeren Generation besetzten Universitäten sehr gut zu sehen. Anstelle von aufrührerischen Flugblättern finden sich dort immer häufiger Aufforderungen, dies oder jenes nicht zu tun, zusammen mit Hinweisen, wie man das Care-Team erreichen kann, wenn man sich nicht genug safe fühlt. Ein im Wesentlichen hobbesianisches Modell: Wenn Individuen, die nach Jahrhunderten des «weißen Heteropatriarchats» zu Wölfen geworden sind, in einen Krieg aller gegen alle versinken, dann muss man Kunstgriffe erfinden, um sie in Schach zu halten: die ewige Rechtfertigung der Polizei. Während Anarchisten seit jeher die Notwendigkeit betonen, die gegenwärtige Gesellschaft zu zerstören, um die Entwicklung der Individuen zu ermöglichen und sie so, wie sie sind, zu befreien, behauptet die identitäre Linke, die Gesellschaft durch eine Veränderung ihrer Sitten zu verändern, mit dem Anspruch, vom Individuum zu den sozialen Beziehungen vorzugehen und nicht umgekehrt. Reiner reaktionärer Scheiß, würdig der Kirchenväter oder des calvinistischen Genfs des 16. Jahrhunderts.
Fällt das Prinzip der Gegenseitigkeit weg, fallen auch die Grundlagen der Selbstorganisation der Klasse und der Klassenkampf selbst weg. In dieser Hinsicht ist es bezeichnend, dass Bildung, die eine tiefe Kluft zwischen den Klassen schafft, niemals zu den «Privilegien» gehört, die von den Identitären aufgezählt werden, und das, obwohl sie nicht nur in Bezug auf den Zugang zu Arbeit eine Rolle spielt. Vor Jahren erzählte uns eine Gefährtin, die viele Jahre im Gefängnis verbracht hatte, wie groß im Knast der Unterschied ausmachte, ob man „gebildet” war oder nicht, sowohl was die Kenntnis der eigenen gesetzlichen „Rechte” als auch die Fähigkeit betraf, sich gegenüber den Behörden zu behaupten. Berücksichtigt man ihre universitäre Herkunft und die Übernahme ihrer Grundsätze durch Personen, die die Universität besuchen oder besucht haben, kann dieses Fehlen unter Studies, die sich mit allen möglichen Bedingungen und Schikanen befassen, wirklich zufällig erscheinen? (Damit hoffen wir, nicht unbeabsichtigt den Anstoß zu einer neuen Verfolgungsströmung zu geben oder jemanden dazu zu bewegen, sein Studium auf franziskanische Weise aufzugeben. Kulturelle Mittel sind durchaus notwendig! Und wie andere Mittel auch sollten sie nicht abgeschafft, sondern für die Kämpfe und unserer Klasse zur Verfügung gestellt werden). Wenn bestimmte Ideologien in „Bewegungskreise“ eindringen und schließlich auch mehr oder weniger proletarische Jugendliche erreichen, werden sie in der Regel von der Mittelschicht und insbesondere von deren kognitiver Variante gefördert und übernommen. Diese will die Welt nicht verändern, sondern zivilisierter machen: Daraus ergibt sich die Ausblendung des Problems der Bildung, die oft mit einer Verachtung gegenüber dem Proletariat einhergeht (insbesondere dem weißen, das groteskerweise als «privilegiert» angesehen wird), das die Sprache und die Kategorien des linken „Kognitariats“ nicht übernehmen kann oder will, während sich Letzteres als authentisches Modell des globalen Bürgers versteht und präsentiert – wie er sein sollte. Wenn diese grundlegende Indifferenz in Bezug auf Klassenfragen uns eines zeigen sollte, dann, wie wenig den Identitär-Theoretikern die Verdammten dieser Erde wirklich am Herzen liegen. Es ist kein Wunder, dass sie nicht bemerken (bemerken sie es wirklich nicht?), wie sehr ihre Ideologie einerseits die Möglichkeiten der Ausgebeuteten, sich zu organisieren, untergräbt und andererseits den Securitarismus der Herrschenden stärkt. Wie kann man sich gemeinsam organisieren, wenn man eine schizophrene Sichtweise vertritt, nach der die eigenen Gefährten gleichzeitig als Komplizen und (wenn überhaupt-) potenzielle Feinde betrachtet werden, die durch die Erbsünde ihrer mehr oder weniger angeborenen «Privilegien» gekennzeichnet sind? Was, wenn persönliche Qualitäten – Engagement, Aufrichtigkeit, Zuverlässigkeit, Mut in seinen verschiedenen Formen, die Fähigkeit zu denken und zu argumentieren sowie die Übereinstimmung mit dem, was man verkündet – als bloße Mittel der Überwältigung disqualifiziert werden? Wenn keine gemeinsame Entscheidung getroffen werden kann, ohne dass das Gespenst der «Überdeterminierung» heraufbeschworen wird? Wenn man aufhört, Gleichheit als Grenzkonzept zu betrachten (den Raum, der den Ausdruck von Unterschieden ermöglicht und in dem zwangsläufig auch einige Ungleichheiten zum Vorschein kommen), kann das Ergebnis nur Lähmung und allgemeines Elend sein. In diesem Zustand werden die Unterschiede – also das, was den Reichtum jeder Gemeinschaft ausmacht – im Namen eines abstrakten und disziplinierenden Egalitarismus vernichtet (während in orwellscher Weise diejenigen herrschen, die behaupten, «gleicher als andere» zu sein).
Sicherlich ist auch der „Klassismus“ auf seine Weise identitär, aber es handelt sich dabei um eine ganz andere Art von Identität als die verschiedenen Identitarismen von Geschlecht, „Rasse“ usw., denn er eröffnet ganz andere Möglichkeiten. Ohne zu leugnen, dass auch die Geschlechterfrage und die Hautfarbe eine Rolle bei der Gestaltung von Machtverhältnissen, Unterdrückung und Ausbeutung (sowie in der Gesamtwirtschaft der gegenwärtigen kapitalistischen Herrschaft) spielen, ist nur die Klassenzugehörigkeit in der Lage, eine universelle Befreiung zu ermöglichen. Sie schafft einen vertikalen Bruch, in dem die Befreiung von Frauen, Homosexuellen und Transsexuellen, „internen“ und „externen“ (post-)kolonialen Minderheiten usw. verwirklicht werden kann, ohne dass sich neue Macht- und Herrschaftskonfigurationen bilden. Ausgebeutet zu werden, hat nämlich mindestens zwei Aspekte, die sich vom Frausein, Schwarzsein usw. unterscheiden. Der erste Aspekt ist, dass es sich um einen rein sozialen Zustand handelt, der nicht mit physiologischen Merkmalen zusammenhängt: Solange es eine auf Ausbeutung basierende Gesellschaft gibt, wird man ausgebeutet; mit dem Ende von Rassismus und Sexismus würde man aufhören, als Männer und Frauen «sozialisiert» und als Schwarze «rassifiziert» zu werden, aber man würde nicht aufhören, Männer, Frauen und Schwarze zu sein. Der zweite Aspekt ist, dass Geschlecht, Hautfarbe, sexuelle Orientierung usw. sind Merkmale, die (natürlich mit Ausnahmen) die meisten Menschen in einem Befreiungsprozess nicht verlieren möchten, sondern ohne die damit verbundenen Diskriminierungen, Demütigungen und Stereotype verkörpern möchten. Das heißt, diese Merkmale sind an sich nicht unerwünscht, während niemand (abgesehen von arbeitswütigen Stakhanovisten) ausgebeutet bleiben möchte. In ihrer bloßen Negativität, deren letztendliches Ergebnis die Selbstauslöschung der ausgebeuteten Klasse ist, wenn diese die ausbeutende Klasse auslöscht, verwirklicht nur die Linie der Klasse einen nicht-abstrakten Humanismus. Das bedeutet keine Gleichsetzung von Ausgebeuteten und Ausbeutern im Namen der allgemeinen „Menschlichkeit“; es ist vielmehr ein Prozess, der eine andere Menschheit formen kann. So wird Raum für die Befreiung aller eröffnet, während das System an seiner empfindlichsten Stelle getroffen wird. An dieser Stelle kann es höchstens zurückweichen, sich aber nicht neu als Ausbeutungssystem erschaffen. Ein Kapitalismus ohne Rassismus, Sexismus und sogar ohne Geschlechter und „rassische” Unterschiede könnte zumindest abstrakt existieren, eine klassenlose Klassengesellschaft hingegen nicht. Transfeminismus, „kritische Rassentheorie“ usw. neigen dazu, den fast absoluten Antagonismus des Klassismus, der möglich ist, weil er auf rein sozialen Unterschieden basiert, auf Unterschiede anzuwenden, die in Wesen verkörpert sind (in der Sprache der Philosophie: ontologisch) und/oder die konkrete Individuen nicht unbedingt loswerden wollen (und sollten). Das Ergebnis ist fast immer ein Durcheinander, in dem ein gewisser Rückfall in den Rassismus zum Vorschein kommt. Dabei werden bestimmte Individuen (Männer und in der Folge Heterosexuelle, Weiße, „Ablierte“ usw.) für das, was sie sind, und nicht für das, was sie tun, grundlegend disqualifiziert. Dieselben Personen werden dabei einerseits als unterdrückt und potenziell Komplizen anerkannt, andererseits aber, sobald ein Konflikt auftritt, als „Kategorienfeinde“ behandelt, gegen die man die Reihen der „Eigenen“ schließen muss. Das bedeutet nicht, dass Konflikte anderer Art als Klassenkonflikte nicht existieren oder niemals offen ausgetragen werden sollten – wenn nötig, auch mit Härte (wir betonen nochmals: Wir heiligen keine schwieligen Hände). Was wir kritisieren, ist die Art und Weise, wie sie betrachtet und behandelt werden, die spezifische Merkmale haben sollte. Wenn man nicht in der Lage ist, diese Unterscheidungen zu treffen, sind die Folgen katastrophal. Bei einem Arbeitskampf in einer Fabrik oder einem Lagerhaus stehen wir immer auf der Seite der Arbeiter. Es ist uns egal, wer die „Wahrheit“ sagt (unter uns können wir zwar sagen, dass die Arbeiter Unsinn reden, aber das bleibt eine unter uns bleibende Angelegenheit, über die wir höchstens auf dieser Seite des Tors diskutieren). Können wir dasselbe sagen, wenn der Konflikt zwischen einem Gefährten (einem Ausgebeuteten, einem Freund) und einer Gefährtin (einer Ausgebeuteten, einer Freundin) entsteht? Oder, in einer Kettenreaktion, zwischen einem homosexuellen (oder transsexuellen oder schwarzen) Gefährten und einem heterosexuellen (oder cis oder weißen) Gefährten? Wenn ein Herrscher oder eine Regierung einen Fehltritt begeht – der ihnen auf die eine oder andere Weise öffentliche Missbilligung einbringt – ist es absolut sinnvoll, sie anzugreifen und daraus das zu gewinnen, was für den Fortschritt des Kampfes gewonnen werden kann, ohne zu sehr darüber zu diskutieren, wie „schwerwiegend” das, was sie begangen haben, tatsächlich ist. Kann man dasselbe sagen … usw.?
Die mechanische Anwendung von Logiken, die typisch für den Klassenkampf sind, auf Konflikte anderer Art führt letztendlich zum Tod des Befreiungskampfes. Durch die Aufsplitterung in eine Reihe von Mikrokonflikten, die zudem leicht logischen Kurzschlüssen ausgesetzt sind (wer ist unterdrückter, ein „nicht-weißer Cis-Heterosexueller” oder eine „weiße Transgender-Frau”? Auf wessen Seite würde man sich im Falle einer Auseinandersetzung stellen?), wird der vertikale Konflikt (Ausgebeutete gegen Ausbeuter, Revolutionäre gegen Staat) von einem ewigen horizontalen Konflikt verschlungen. Ein Paradigma, das übrigens (sind wir die Einzigen, die das bemerken?) einer Art linkem Gegenstück zum Krieg der Armen untereinander ähnelt, der seit Jahren von den Rechten geschürt wird. Und das, indem es Safety statt Sicherheit ausübt, trägt es zu denselben Zielen der sozialen Befriedung bei (Rechte für alle und überall, Freiheit für niemanden und nirgendwo). Der Wunsch, in seiner Isolation vor seinen Mitmenschen geschützt und abgesichert zu sein, die zunehmend als andersartig wahrgenommen werden, ersetzt die Dringlichkeit, sich gemeinsam mit allen anderen zu befreien.
Bevor wir diese Reihe von Überlegungen abschließen, möchten wir einen Punkt klarstellen, um mögliche (und wohl auch listige) Missverständnisse zu vermeiden. Die oben genannten Kritikpunkte können nicht mechanisch und in vollem Umfang auf alle identitätsorientierten Gruppen angewendet werden. Uns geht es darum, Tendenzen zu beschreiben, und in diesem Sinne sind diese Überlegungen zu verstehen. Ebenso wollen wir – im Gegensatz zu anderen – nicht allen, die sich auf unterschiedliche Weise identitären und postmodernen Ideologien und Ansätzen anschließen, die Schuld für alle Fehlentwicklungen geben, die die antagonistischen Bewegungen in den letzten Jahren durchlaufen haben (von der Befürwortung der Gesundheits- und Covid-Sicherheitswahn bis zur Unterstützung eines nicht existierenden „Widerstands” im Krieg in der Ukraine). Wenn das für diese Ideologien typische Opferbewusstsein im Ausland einen „großzügigen“ Beitrag zu diesen Fehlentwicklungen geleistet hat (siehe die internationale Versammlung in Saint-Imier im Jahr 20231), so waren ähnliche Entgleisungen oft ideologie- und gruppierungsübergreifend (man fand sie beispielsweise bei Gruppierungen verschiedener marxistischer oder libertärer Ausrichtung , die wenig oder gar nichts mit dem postmodernen Identitarismus zu tun haben). In Italien, vor allem im anarchistischen und libertären Bereich, gab es hingegen eine gesunde Abkehr in die entgegengesetzte Richtung, die verschiedene Welten durchlief, darunter auch einige queere und transfeministische Kreise. Wir freuen uns auch auf internationaler Ebene – wir denken dabei vor allem an die Vereinigten Staaten – feststellen zu können, dass die Versuche der Machthaber, Distanz zum palästinensischen Widerstand zu schaffen, indem sie das Schreckgespenst des „religiösen Obskurantismus” und der angeblichen „Vergewaltigungen durch Hamas” (eine Fake News, auf die anfangs einige hereingefallen sind und andere weiterhin hereinfallen) heraufbeschwören, gescheitert sind. Ebenso erfreulich ist, dass viele Gefährtinnen und Gefährten aus dem transfeministischen, intersektionalen usw. Umfeld sich mit Leib und Seele auf die Seite der unterdrückten Palästinenser gestellt haben (mit dem Segen der Papstin Judith Butler). Angesichts dieser einfachen Feststellungen erscheinen uns bestimmte allzu manichäische Analysen für die verwirrende, komplexe und sich ständig verändernde Realität unserer Zeit als unangemessen, sodass wir sie nicht für uns beanspruchen. Was wir stattdessen vorschlagen möchten, ist etwas Subtileres, das mit der Art und Weise zu tun hat, wie Ideen auf sozialer und individueller Ebene wirken und Menschen auch dorthin führen, wo sie eigentlich nicht hinwollen. Wenn man anfängt, auf eine bestimmte Weise zu denken, sagte Malatesta weiter, geht man nicht dorthin, wo man hin will, sondern dorthin, wohin einen das Denken führt. Ein Beispiel kann verdeutlichen, was wir meinen.
Es scheint kein bloßer Zufall zu sein, dass sich nicht nur der Markt und die Unterhaltungsindustrie, sondern sogar Institutionen und Strafverfolgungsbehörden eine vom Woke-Identitarismus inspirierte Rhetorik zu eigen gemacht haben. Diese verschafft ihnen wertvolle Vorteile in Bezug auf die soziale Kontrolle (die mit der «Verteidigung der Frauen» gerechtfertigte Militarisierung, automatische lebenslange Haftstrafen für «Femizide», aber auch immer häufigere Polizeieinsätze in Schulen gegen geschlechtsspezifische Gewalt, «Mobbing», «Ableismus» usw., begleitet von Scharen von Psychologen, auf der Jagd nach Unsicherheiten, Unbehagen… und Kunden). Dass viele (Trans-)Feministinnen erwidern, die meisten Vergewaltigungen würden in Wirklichkeit zu Hause und durch bekannte Personen begangen, oder dass sie solchen Instrumentalisierungen die Präsenz und direkte Selbstverteidigung von Frauen auf der Straße oder die Anprangerung des «patriarchalen» Charakters der Polizei und sogar des «Systems» als Ganzes entgegenhalten, erscheint uns zwar durchaus lobenswert, aber angesichts einer allgegenwärtigen Propaganda, die immer mehr Menschen (insbesondere sehr junge Menschen) direkt auf ihren Smartphones erreicht, auch unzureichend; eine Propaganda, die immer mehr Gruppen (Frauen, Homosexuelle, Transsexuelle, „Farbige”, Menschen mit Behinderungen, „Neurodivergente” usw.) dazu bringt, sich ständig von denen angegriffen zu fühlen, die ein paar «Privilegien» mehr (oder ein paar Probleme weniger) haben. Vor einigen Jahren wurden in Frankreich anarchistische Gruppen angefeindet, weil sie ihre Intoleranz gegenüber allen Religionen proklamierten und praktizierten. Sie wurden als «islamfeindlich» gebrandmarkt2. Währenddessen findet in verschiedenen Gebieten der Vereinigten Staaten im Bestreben, die Interessen der „Minderheiten” zu vertreten und sie vor den Gefahren der „Privilegierten” zu schützen, de facto eine Rückkehr zur Rassentrennung statt, mit getrennten Schulen und Klassen nur für Schwarze3. Wäre es nicht sinnvoll, tiefer darüber nachzudenken, bevor es zu spät ist? Leider – und hierfür müssen wir den Großteil der von der Identitärskrankheit befallenen Realitäten ins Spiel bringen – wird systematisch das Gegenteil getan: Sobald jemand Fragen aufwirft, die für ihre Ideologien oder einen ihrer Verbündeten unangenehm sind, stürzen sich die Identitär-Aktivisten – mit stillschweigender Zustimmung ihrer „gemäßigten” Freunde – auf ihn und zeigen mit dem Finger auf diesen oder jenen unglücklichen Ausbruch, dieses oder jenes Wort oder dieses oder jenes fehlplatzierte Komma (wobei man oft schamlos und nach Bedarf vermischt, was man in Ruhe an seinem Schreibtisch schreibt, mit dem, was einem in der Hitze einer Diskussion oder bei einem Glas Wein herausrutscht). So vermeiden sie es, sich mit den Fragen selbst auseinanderzusetzen. Was hier tatsächlich zum Einsatz kommt, ist eine Reihe von Mechanismen, die sowohl das Diskutieren als auch das Denken verhindern (auf Dauer stirbt das Denken ohne die Möglichkeit der Gegenüberstellung).
Das ist die kirchliche Atmosphäre, die wir schon viel zu lange atmen müssen und die uns bis über beide Ohren reicht. Das ist es, was wir anprangern, unabhängig vom Anlass, der zu dieser Anprangerung geführt hat. Das Problem ist für uns nicht so sehr, dass diese Reihe von Mechanismen, die zur Ideologie geworden sind, in unseren Kreisen zu einer Vielzahl von Streitigkeiten geführt hat (wenn auch nicht immer nutzlos oder unbegründet, so doch fast immer schlecht gehandhabt), sondern dass sie dem kritischen Denken tödliche Schläge versetzt und damit einen regelrechten Prozess des ethischen, kognitiven und spirituellen Verfalls ausgelöst hat. Was für ein moralisches und intellektuelles Umfeld kann entstehen, wenn man aufhört, über Fakten nachzudenken, und stattdessen einem ungezügelten Subjektivismus freien Lauf lässt, der gleichzeitig in starren Kategorien gefangen ist und zu wahnwitzigen Dogmen führt (wahnsinnig wie alle Dogmen, deren Wesen darin besteht, dass man an sie glauben muss, obwohl sie unverständlich bleiben), wie «Gewalt ist das, was eine Person als solche empfindet» (und «Gewalt» kann man nach Belieben durch «Überdeterminierung», «Macht» usw. ersetzen)? Hegel sagte, die Innerlichkeit ohne Äußerlichkeit sei leer. Ohne die begegnende Auseinandersetzung mit der Realität als Moment ihrer Überprüfung, also ohne deren Existenz und die Möglichkeit ihrer Erforschung, wird die Subjektivität zu nichts anderem als einem fortwährenden Wirbelwind aus Empfindungen, Emotionen, Wahrnehmungen (und Paranoien). Sind in dieser historischen Phase die Individuen im Allgemeinen durch den grassierenden Ultra-Subjektivismus (und die informatische Entmaterialisierung der Realität) zunehmend zu Individuen ohne Welt gemacht worden und wirkt jede ideologische Einrichtung wie ein Filter, der bestimmt, welche Menschentypen sich bestimmten Kreisen annähern oder von ihnen entfernen, dann ist es unvermeidlich, dass sich dort, wo die Woke-Paranoia herrscht, gerade die inkonsequentesten, unüberlegtesten und tendenziell nachtragendsten Menschentypen den „Bewegungen” annähern und sich ihnen immer mehr annähern werden. Diejenigen, die wenig zum Nachdenken neigen, aber sehr zum Jammern; diejenigen, die keine ernsthaften Anstrengungen unternehmen wollen, um die (wahre) Macht zu identifizieren und zu bekämpfen, und die den billigen Kampf gegen die überall verbreitete „Macht” sehr lieben…vor allem aber in ihrer Nähe. Diejenigen, die eine Gruppe suchen, die sich um ihre schlechte Laune kümmert, anstatt jede Gemeinschaft herauszufordern und daher jene Gemeinschaften zu bereichern, die frei gewählt werden, mit der Originalität ihrer eigenen Spannungen und Ideen. Diejenigen, die keine unwiederholbaren Individuen sein wollen – und daher unmöglich auf irgendeine Kategorie zurückführbar sind –, sondern eben Subjekte.
In diesem Wettlauf um die Vernichtung der Realität und der denkenden Individualität, in dem der Autoritarismus eine willkommene Heimat findet und in dem Relikte der Reaktion in neuer Form wiederaufleben, machen uns Ereignisse wie das in Mailand und andere, die unserer Versammlung in ihrem anderthalbjährigen Bestehen widerfahren sind (die jedoch glücklicherweise glimpflicher ausgegangen sind), traurig. Sie überraschen uns jedoch nicht. Autorität und Autoritarismus erniedrigen Menschen stets und verschlechtern immer die Beziehungen. Es ist daher nicht verwunderlich, dass in dieser Mitternacht des Jahrhunderts alle Türen für kleine Torquemadas und prinzipienlose Opportunisten weit offenstehen, während sie denen verschlossen sind, die darauf bestehen, klare Worte über eine Gegenwart zu sagen, die viel tragischer als ernst ist.
Inmitten all dieser reaktionären Scheiße machen wir weiter, mit unseren Prinzipien fest in der Hand.
Italienische Halbinsel, Frühjahr 2025
Cinque piccoli indiani fuori dalla riserva [Fünf kleine Indianer außerhalb des Reservats]
1 Einen Überblick (auf italienisch) über die Ereignisse dieser Veranstaltung findet man im Text „Grosso guaio a St Imier” (Big Trouble in St. Imier) auf dem Blog der Radiosendung „La nave dei folli” unter folgendem Link: https://lanavedeifolli.noblogs.org/files/2023/09/Grosso-a-guaio-a-St-Imier.pdf
2 Siehe beispielsweise https://danslabrume.noblogs.org/post/2023/07/24/anti-anti-racialisme/
3 Siehe Yascha Mounk, La trappola identitaria [Die Identitätsfalle], Feltrinelli, Mailand 2024
[Originalversion auf italienisch: https://lanemesi.noblogs.org/post/2025/07/07/da-pari-a-pari-contro-lautoritarismo-identitario/ + https://ilrovescio.info/2025/07/01/da-pari-a-pari-contro-lautoritarismo-identitario/]
We are some anarchist comrades who took part in the “Sabotiamo la guerra” assembly1. With this writing, we want to speak out on a troubling episode that occurred at our assembly, (not the only one of this kind, but the most serious) but above all on a forma mentis and an ideology that now make such episodes systematic. If we present ourselves in such a circumscribed manner, it is because “Sabotiamo la guerra” is precisely an assembly made from time to time by those who participate in it, and we cannot speak on behalf of all its many past, present, and future participants. Having said that, let us begin to explain ourselves.
On 11, 12, and 13 October 2024, the “three-day” discussion “Sfidare la vertigine” (defy vertigo), organized by our assembly and dedicated precisely to some of the vertiginous but inescapable questions posed by the present (starting with those related to the war, which constitutes no more and no less than the historical horizon), was to take place at squat “Villa Occupata” in Milan. The “three days” was postponed sine die, indeed canceled, due to the opposition of some (we emphasize: some) frequenters of the Villa, who accused a comrade participating in this path of rape, and the assembly itself of supporting him. It would have been simpler and more convenient for us to ignore this episode and carry on, as we have done on other occasions when similar attempts have been made to thwart our initiatives due to the presence of this comrade on our path. Instead, our consciences told us to express ourselves. Being aware of the dynamics that led to this serious accusation, and having good reason to consider it groundless, it seems to us a real injustice that these rumors continue to circulate without anyone saying anything. An injustice to our comrade and then to our assembly. Reasoning about it together, we realized that it was impossible to address the issue without going into the ideological, ethical, and mindset assumptions behind this episode, while doing so is something we already felt regardless. While the accusation against the comrade is indeed a very serious one, unfortunately, it is not an isolated incident. It has become common practice – in “antagonist” circles as well as in vast sectors of society – to accuse this or that individual, this or that group of infamous blames (from time to time related to the sexual sphere or to relations between genders, or even to generic “dynamics of power”) without taking responsibility for giving reasons, nor giving anyone – be it the person concerned or others – the opportunity to discuss the consistency of the accusations made, or even to independently evaluate how to deal with them if they turn out to be well-founded. In addition to this, it seems to us that a certain mentality and ideology (which we will call “identitarian” here for reasons that will become clear when reading on) has for years been producing a series of dynamics that go far beyond the sphere of sexuality and interpersonal relations, and to which, at least on our part, we have waited far too long to attempt a critique (however, better late than never). These reflections led to the creation of this text, which is intended to be an act of denunciation and a contribution to the debate that extends far beyond the affair from which it arose. If this type of issue is tearing more and more worlds apart and leading in ours even to forms of desolidarization towards entire realities heavily affected by repression, then the ideologies behind them have, in our opinion, even deeper and profoundly harmful/nefarious consequences. Hence the need to look at all this in perspective as well.
On the accusation itself, we do not intend to enter here. Certain facts, as say “delicate” (and also potentially sensitive from a criminal point of view), must be addressed in appropriate spaces and at appropriate times; at least not to provide cops and pundits with material on which to speculate. We limit ourselves to saying that if we considered our comrade to be a rapist, we would not organize ourselves with him. It is also implied – but it is worth making it explicit – that both we as authors of this paper, and also the directly accused comrade, are willing to confront each other face to face with anyone who’d like to do so. On the other hand, we have much to say about the ways in which such accusations are increasingly being made, the mentality behind them, and the consequences they bring about.
Granted that even for us, when a person reports that he or she has been subjected to violence, one has to listen, this cannot become an alibi for not discussing the facts for what they are (or, more modestly, for how they appear to us poor mortals), nor for affixing a stigma of infamy on anyone without even giving him or her a chance to respond. We stubbornly continue to think that anyone who makes heavy accusations against someone – whether of having committed sexual violence, having stolen money from a collective fund, or being an informer-should take responsibility for what they say, backing it up with clear and circumstantial arguments, and within appropriate spaces and moments. The fact that this moment of confrontation has been missed yet again seems to us to be the result of a mentality that has substituted condition for fact, and victimhood for thought. Since the problem is not trivial, we must approach it, and we have to take it a bit further.
Through the mediation of what we can define as intersectional feminism, an ideology that came from overseas, it says more or less the following: thinking of oneself as free and equal human beings, who as such attempt to experience here and now, as much as possible, relationships of reciprocity (“what you can do, I can do, too, and vice versa”) is nothing more than an old humanistic fairy tale. Since in that permanent war we call society, we are de facto unequal – often crossed without realizing it by the dynamics of overpowering that revolve around the lines of gender, color, physical or intellectual ability, age, etc. – we need to be awake and vigilant (woke, an American slang expression for awake), catching all the violence that is constantly invisible and intervening in human relationships to restore the lost balance. On the one hand, by exercising a permanent moralization of behavior (starting with the well-known obsession with language), especially if «acted upon» by those who have (or would have) some «privilege», an extra share of social power; on the other hand, by giving more power to those who would socially have less. (It is with these “criteria” that several years ago, in the United States, some feminists proposed giving women and African Americans the right to vote twice). The background and – at the same time – the corollary of this kind of view is postmodernist philosophy. If factual truth does not exist or, at any rate, cannot be found, the only “criterion” for orienting oneself and deciding on facts, which also do not stop happening, becomes emo-partisan adherence to the point of view of those who are deemed more “oppressed”. The truthfulness of the fact is replaced by belonging to a particular subject.
While it would take a long time to produce an omnicomprehensive critique of this ideology, and we certainly cannot do it here, one of its first consequences is clear: the endless balkanization of humanity. If there is no possibility of discussion between equals because our experiences and, therefore, our points of view are unequal, the result can only be the war of all against all, punctuated by more or less precarious alliances. With a corollary: since, in the postmodern universe, there are no longer any values but only one disvalue – to affirm something with somepresumption of certainty – the winner of the confrontation is not the one who brings the most cogent argument or incontrovertible facts, but those who can best display their identity status as “victim” and who have enough academic literature (so-called «studies») behind them to be considered assuch.
While this ideology may seem ultra-libertarian to some, to us, it seems to carry an authoritarianism that is all the more dangerous the more it hides behind its supposed postmodern weakness. For while it is clear that these positions truncate any possibility of reciprocity between concrete individuals (what you can do, I can do too, so my word is as good as yours), they also bring back through the backdoor that ideology of the subject which anarchism had long since kicked out from the front door. Predicting that «the religion of humanity» would soon spawn its priests and bureaucrats, back in 1844, Stirner wrote that he sided with the proletarians but refused to «sacralize their calloused hands». Beyond any metaphor, Stirner asserts that if one wants to recognize the condition of oppression suffered by proletarians, one must avoid like the plague thinking that the proletariat is alwaysright, for the simple fact that, as a “subject”, the proletariat… does not exist (there are only concrete individuals who, by the way, are proletarians), and therefore can be neither right nor wrong. In step with the times, we should say the same thing about women and blacks, homosexuals, immigrants, and transgender people. While we acknowledge the different specific oppression suffered by individuals belonging to these categories, we fight it only where we tangibly recognize it, without ever renouncing our autonomous judgment and without giving any blank delegation to those who inscribe themselves in this or that part of persecuted humanity. Not only because we value our freedom as much as anyone else’s, and therefore we would not give even the world’s most harassed and humiliated individual what is effectively a delegation of power; but because we know very well that when it is established that someone, for whatever reason, must count for more than another, it is not “the oppressed” who benefit but their self-appointed representatives. To make our point, we have to get into the most uncomfortable part of the issue. When, in our small collectivities, more or less well-founded allegations of sexual or gender abuse are raised, those who have something to say are dogmatically reiterated that «one must listen to the female comrades». Now, already in itself, this statement contains an implicit accusation that is not necessarily justified (maybe one does listen to «the female comrades» but does not agree with what is being said); but more importantly: are all female comrades and women really to be considered? In our experience, the answer is no. Only those comrades aligned with already defined positions, that is, with the dogmas of the new global left, are considered. All other women are ignored, when not stigmatized as accomplices of their «internalized patriarchy». On closer inspection, in this new art of getting it right, what makes the difference is not so much concrete membership in an offended category, but adherence to the ideology that sanctifies them. Demanding “listening” (i.e., in reality, a rigid and schematic alignment) is the new sensibilist and politically correct Church… other than «the female comrades», the «non-whites», or the «non-standard bodies»!
Of course, we are aware that sexual violence, in its various forms, does not always correspond only to the common imagination of mere physical assault; that violence large and small also exists in our environment; that women (but one could broaden the spectrum to many other oppressed categories) have found and find often great difficulty, resistance, and boycotts when they denounce them; while we are in favor of collectively addressing abuse and violence and, if necessary, even chorally applying sanctions toward those who committed them. It seems legitimate to us, for example, that a collective should not accept someone in a certain space or even from an entire territory if their presence makes them intolerable to a seriously offended person; or that a collective should refuse to organize itself (for a certain period, until a decisive clarification or even forever) with someone whose behavior has broken or lost the trust of its comrades. What we do demand, though, is that all and sundry – tutte e tutti – have an equal say in the matter; that accusations need to be put to the test of facts, insofar as a given situation permits (it would be atrocious, for example, to demand that those who have suffered violence reenact it in full; but between that and a blank proxy of trust, one can practically always find other possibilities); and that the accused should be given the opportunity to defend oneself, even by denying the fact, when it is thought or claimed one did not commit it. If these simple instances, recognized by humanity of every time, and in its time wrestled with struggles from the absolute state, may have somewhat the appearance of “bourgeois law”, reflect on the fact that the opposite criteria take us back no more and no less than to inquisitorial law, in which the only way to acquittal was admission of guilt (today, in tune with the times, «of responsibility»). It will be said that facts of this kind are particularly difficult to resolve because – in addition to calling into question subtle interpersonal dynamics – they usually take place in private and intimate settings, where no one else sees. This is very true. But come to think of it, the overwhelming majority of human events that give rise to discussion take place under the shelter of the gazes of others, or under a few gazes that easily contradict each other, having perhaps caught only clues regarding the consummation of an act (think, for example, of a situation in which money has gone missing, and only a certain person has been seen in the vicinity: someone says they saw her at a certain time or in a certain attitude, another at another, but no one saw her stealing); scabrous gestures that take place in a public square, or in front of ten witnesses who affirm more or less the same, are, since the world began, a minority, and they attract immediate general disapproval. By what criteria, then, in uncertain situations, do we decide whether someone has or has not committed something? Generally, one relies on verisimilitude, comparing the dynamics of the fact with similar ones experienced, seen, or heard at other times and situations (in a word: on past experience); which, in the presence of discordant versions, is only possible by listening and comparing several accounts. Can one make mistakes by applying this criterion? Certainly, it has been done since the dawn of time.But listening to one bell only, uncritically and out of bias, can only give some people the privilege(this one real) of lying, since it relieves them of the burden of making credible claims. Whatever, even very sensible, one might object to this (for instance, that the differences in «socialization» and experience between men and women do not allow certain nuances to be fully grasped), it does not eliminate what remains an inescapable consequence (unless one argues that members of oppressed categories cannot harbor ulterior motives, and tell themselves and others even fibs – a particularly high risk in this age of almost psychedelic subjectivism). In addition to this, will it ever be possible that, even in the case of noted facts, the almost automatic application of the same method (removal of the person, and scorched earth around those who continue to organize with them) without any assessment either of the specific gravity of the fact or of possible, and perhaps commensurate, forms of reparation?
No, this is made impossible. Because identity activists are not at all interested in finding better ways for people to live together, but only in purifying the world from everything that is not pleasing to them. No wonder that, for some time now, certain people have been moving from trying to erase specific individuals to cancel culture, and that which most conveys them: books. Indeed, there are those who have launched real campaigns against publishing houses, editions, and distributions “of movement” (either because they are edited by people accused of abuse or because they are guilty of publishing texts considered «problematic») and proscription lists against authors considered from time to time transphobic, homophobic, or sexist on the basis of the distorted interpretation of their texts, participation in initiatives organized by others “indicted”, or even for simply reviewing other people’s texts; while we know of a few comrades who have never been accused of any violence, but who are wary of showing up in certain contexts for their critical positions toward the LGBTQ+ movement, which would merit them being accused of «transphobia». While we wonder with dismay since when anarchists have been committed to defendreformists, this position is simply hallucinatory in terms of political and intellectual dishonesty. The LGBTQ+ movement is precisely a political movement that, however much it plays at representing all homosexual and transgender people, in reality represents nothing but itself. To say that those who criticize the authoritarianism of certain queer groups are homophobic or transphobic is like saying that those who criticize Black Lives Matter are thereby racist. Nothing more, in fact, than politics in the worst sense of the term.
We are sorry, but behind so much (and growing) accusatory and persecutory fury, which is ruining the lives of more and more comrades based on increasingly “bold” and imaginative accusations, we fail to see only a sincere will to oppose sexism and bullying, or to accommodate instances that have been silenced for too long. We also see there an assumption of the culture of punishment that in other fields is called justicialism: punishing the unfortunate person on duty (whether actually “guilty” or “innocent”) to set an example for everyone else. We also see in it an eagerness for power and control. But most of all, we see in it, more generally, an authoritarian and reactionary poison that, from U.S. universities and other laboratories of power, has slowly penetrated into anarchism and that seriously threatens to extinguish it from inside (while repression continues to beat hard from the outside), overturning its principles while claiming to radicalize them. If there is one concept shared by all anarchists, it is that authority does not limit the tendency of humans to overpower one another but aggravates it and makes it more structural. That being said, the abolition of authority and thus freedom is not the panacea that will free oppressed humanity from all evils, but «the way open to every improvement» (Malatesta): a turning point and a beginning, but precisely for this reason necessary. No matter how much it gives itself libertarian and ultra-radical airs, the post-modernist and identity-oriented left reasons in exactly the opposite way. There is no way out of the present misery, only an eternal struggle between subjectivities (which feel) oppressed within a ramified and omnipresent network of micro-powers, which can only find some peace in a kind of negative reciprocity: instead of a principle that proclaims, “I do what I want to the extent that you can do what you want”, a creed that more or less goes , “I won’t do what I want as long as you don’t do what you want”. In short, an endless series of prohibitions. One can see this very well in certain universities occupied by younger generations, where on the walls, instead of incendiary leaflets, one increasingly finds intimations not to do this or that, together with directions to the care team if one does not feel safe enough. An essentially Hobbesian model: if individuals, having become wolves after centuries of “white hetero-patriarchy”, sink into the war of all against all, then artefacts must be invented to curb them: the eternal justification of the police. While anarchists have always advocated destroying the present society in order to allow individuals to evolve, but freeing them as they are, the identity-driven left claims to change society by changing its habits and customs, with the pretension of proceeding from the individual to social relations instead of vice versa. Pure reactionary crap, worthy of the Church Fathers or 16th-century Calvinist Geneva.
With the principle of reciprocity gone, the very basis of class self-organization, and the class struggle itself, is lost. From this point of view, it is significant that among the various «privileges» pointed out by the identitarians, education is never mentioned, which nevertheless traces a very deep furrow between classes, and not only in terms of access to work. Years ago, a comrade, who had been in female prison for many years, told us how much “being educated” made a difference in prison, both in terms of knowing one’s legal “rights” and in the ability to assert oneself in front of the authorities. When one considers their university background, and the adoption of their precepts made by people who attend or have attended university, can this absence amidst studies devoted to all kinds of conditions and harassment really appear accidental? (With this, we hope we are not unwittingly giving the suggestion to open a new persecutory vein, or pushing someone to abandon their studies in a Franciscan way: cultural means are very much needed! and, like other means, they should not be abolished, but made available to the struggles and to our class). Even when certain ideologies end up reaching the more or less proletarian youth by entering “movement” areas, they are in fact typically promoted and assumed by the middle class and in particular by its cognitive variant, the one that does not want to change the world but to make it more civilized. This leads to the avoidance of the issue of education, which often goes hand in hand with disdain for that proletariat (especially the white proletariat, grotesquely considered «privileged»), which is unable or unwilling to adopt the language and categories of the left-wing “cognitariat”, who perceive and present themselves as the authentic model of the respectable global citizen. If this substantial indifference in class matters should suggest to us how much identity theorists really care about the damned and exploited on earth, it is no wonder that they do not realize (do they really not notice?) how much their ideology ends up on the one hand undermining the very possibilities of organizing among the exploited, and on the other hand reinforcing the bosses’ securitarianism. How can one organize together, when one adopts a schizophrenic vision that considers one’s comrades as both comrades, indeed, and potential (not even so much) enemies, marked by the original sin of one’s own more or less «privileges» of birth? When personal qualities – commitment, candor, trustworthiness, courage in its various forms, the ability to reason and argue, consistency with what one proclaims – are disqualified to mere means of overdetermination? When can no common decision be taken without the ghost of «overdetermination» being evoked? If one stops considering equality as a boundary concept (the space that allows the expression of differences, and in which some inequalities also necessarily emerge), the result can only be paralysis, and a generalized misery in which differences, namely what makes the richness of any collectivity, are annihilated in the name of an abstract and disciplining egalitarianism (while those prevailing are, Orwellianly, those who claim to be «more equal than others»).
Of course, even “classism”, in its own way, is identitarian; however, we are dealing with a form that profoundly differs from the various identitarianisms of gender, “race”, and so forth, and which opens up entirely different possibilities. Without denying that the gender line and the color line play a role in the articulation of power relations, oppression, and exploitation (as well as in the overall economy of present-day capitalist domination), it is only the class line that opens up a universal liberation, creating that vertical rupture in which the liberations of women, homosexuals, and transsexuals, as well as “internal” and “external” (post-)colonial minorities (to name but a few), can be realized without diverging into new configurations of power and of domination. Being exploited (regardless of gender) has at least two different aspects compared to being women, black people, etc. The first is that it is a purely social condition, not related to physiological traits: one is exploited as long as there is a society based on exploitation; with the end of racism and sexism, one would stop being «socialized» as men and women, «racialized» as blacks, etc., but one would not stop being men, women, or blacks. The second aspect is that gender, skin color , sexual orientation, etc., are characteristics that – with some exceptions, of course – most individuals would not want to lose in a process of liberation, but simply wish to embody without all the discrimination, humiliation, and stereotypes associated with them -i.e., they are characteristics that are not undesirable in themselves; but no one (laborist-statist psychosis aside) would want to remain exploited. In its mere negativity, where the ultimate outlet is the self-oppression of the exploited class at themoment when it suppresses the exploiting class, only the class line realizes a non-abstract humanism (no equalization between exploited and exploiters in the name of common “humanity”, but a process that will be able to shape a different humanity), opening the space for the liberation of each and all, while striking where the system can at most retreat, but not recreate itself as a system of exploitation: a capitalism without racism, sexism, and even without gender and “racial” differences could, at least in the abstract, exist; a class society without classes, no. Transfeminism, “critical race theory”; etc., tend to apply the almost absolute antagonism of classism, which is possible because it is based on merely social alterities, to alterities embodied in beings (in philosophical parlance: ontological) and/or of which concrete individuals do not (and should not) necessarily want to dispose. The result is almost always a mess in which a certain backlash of racism surfaces, where certain individuals (male, and then in a cascade straight, white, “able-bodied”, etc.) suffer a fundamental disqualification for who they are and not for what they do, and where the same people are on the one hand recognized as oppressed and potentially complicit, and, on the other, as soon as a conflict arises, treated as “class enemies” against whom to close ranks of “one’s own”. This does not mean that conflicts of a different nature than class conflict do not exist or never have reason to be opened up, even harshly if necessary (we reiterate: we do not sacralise callous hands): what we are questioning is the way of considering and treating them, which should have its own specific characteristics. If one is unable to make these distinctions, the consequences are catastrophic. When we encounter a dispute in a factory or warehouse, we always side with the workers, and we care little about who’s telling the “truth” (we can even tell each other that the workers are talking nonsense, but that’s an inter nos, which we’ll discuss on this side of the fence, if ever). Can we say the same thing when the conflict arises between a comrade (an exploited person, a friend) and a female comrade (an exploited person, a friend)? Or, in turn, between a gay (or trans, or black) comrade and a straight (or cis, or white) one? When a leader or government makes a misstep – one that somehow draws public disapproval – it makes perfect sense to attack them, reaping every possible benefit for the advancement of the struggle, without dwelling too much on how “serious”their actions actually are. Can the same thing be said… etc.?
The mechanical application of typical class struggle logics to conflicts of other kinds ends up killing the struggle for liberation. By being fragmented into a series of micro-conflicts, moreover easily exposed to logical short-circuits (who is more oppressed between a «non-white cis-ethero» and a «white transgender»? With whom would one side in case of disagreement?), the vertical conflict (exploited vs. exploiters, revolutionary vs. state) is engulfed by a perennial horizontal conflict. A paradigm that moreover resembles (are we the only ones to notice this?) a kind of leftist counterbalance to the war between the poor fomented over the years by right-wingers; and which, wielding safety instead of security, contributes to the same pacifying social goals (rights for all* and everywhere, freedom for no one and nowhere). The desire to be protected and secured in one’s isolation against one’s fellow human beings, increasingly perceived as dissimilar, is substituted for the urgency to free oneself together with everyone else.
Before concluding this series of considerations, we would like to clarify one point in order to avoid possible (and perhaps cunning) misunderstandings. The above criticisms cannot be applied mechanically and in toto to all identity-inspired groups: what we are interested in is taking a picture of tendencies, and it is in this sense that these considerations should be read. We do not want to attribute to all those who variously adhere to identity-postmodernist ideologies and approaches the blame for all the drifts that have crossed the antagonist movements in recent years (from adherence to securitarianism-Covid to support for a non-existent “resistance” in the war in Ukraine). While the victimhood typical of these ideologies has provided, especially abroad, a more than “generous” contribution to these drifts (see the international gathering in Saint-Imier in 20232), similar drifts have often occurred across ideologies and areas (there have been, for example, groups of varying Marxist or libertarian tendencies that have little or nothing to do with postmodern identitarianism). In Italy, especially in anarchist and libertarian circles, there has beena healthy disbandment of the opposite sign that has crossed different worlds, including some queer and transfeminist circles. We are also pleased to note, on an international level – we are thinking above all of the United States – that the attempts by the powers to create distance from Palestinian resistance by waving the spectre of “religious obscurantism” and the alleged “rape of Hamas” (a fake news that some initially took the bait for and others continue to do so) have largely gone unheeded, and that many comrades of transfeminist, intersectional tendency have sided body and soul with the oppressed Palestinians (with the blessing of Pope Judith Butler). In the face of these simple findings, certain overly Manichean analyses seem inadequate to the confused, complex, changing reality of our time, and we do not make them our own. What we want to suggest is something more subtle, having to do with the way ideas act on a social and individual level, taking individuals even where they do not want to go. When you start reasoning in a certain way, Malatesta used to say, you do not go where you want to, but where reasoning takes you. An example will clarify what we mean.
It does not exactly seem like a coincidence to us that not only the market and show business, but even the institutions, police, and military have now embraced rhetoric inspired by woke identitarianism, with valuable returns in terms of social control (militarization justified by the «defense of women» automatic life imprisonment for «feminicides», but also ever more frequent interventions by the police in schools against gender violence, «bullying», «ableism» and so on, flanked by floods of psychologists on the hunt for insecurities, discomforts, and… clients). That many (trans) feminists reply that most rapes actually take place at home and by people they know, or oppose such instrumentalization with the presence and direct self-defense of women in the streets, or the denunciation of the «patriarchal» character of the police and even of the «system» as a whole, is undoubtedly valuable, but it is also insufficient in the face of the all pervasive propaganda that reaches more and more people (and especially the very young) directly on their smartphones, and that pushes more and more categories (women, homosexuals, transsexuals, “colored” people, people with disabilities, “neurodivergents”, etc.) to feel perpetually under attack by those who would have a few more «privileges» (or with a few fewer problems). Not so many years ago, in France, anarchists who were guilty of proclaiming and practicing their intolerance against all religions were attacked with the charge of “islamophobia3” while in several territories of the United States, due to wanting to serve the interests of “minorities” by sheltering them from the snares of the “privileged”, there is a de facto return to racial segregation, with separate schools and classes for blacks only4. Would it not be the case to attempt a deeper reflection, before it is too late? Unfortunately – and here, conversely, we have to bring into play most of the realities infected by the identity disease – what is done is systematically the opposite: as soon as someone raises issues that are uncomfortable for their ideologies or for some of their allies, the identity activists – with the silent consent of their more “moderate” friends – go for the throat, pointing the finger at this or that poorly worded statement, this or that word, this or that misplaced comma (often mixing, as needed and without shame, what one writes calmly at one’s desk with what comes out of one’s mouth in the heat of an argument, or over a glass of wine); and thus avoid having to face the issues themselves. What is put in place, in effect, is a series of devices that prevent one from discussing as much asfrom thinking (without the possibility of confrontation, thinking dies in the long run).
So, this is the air of the Church that we have been forced to breathe for too long and of which we
are tired. This is what we denounce, regardless of the occasion that prompted this complaint. The problem, for us, is not so much that this series of ideological devices has generated a great deal of disagreement in our circles (if not always pointless or unfounded, almost always poorly managed); but above all that, by dealing lethal blows to critical thinking, it has triggered a genuine process of ethical, cognitive, and spiritual degradation. What kind of moral and intellectual environment can be created when we stop reasoning about facts, leaving free rein to an unbridled subjectivism, simultaneously imprisoned in watertight categories, which ends up peddling insane dogmas (insane like all dogmas, whose essence is that they must be believed even while remaining incomprehensible) such as «violence is what a person perceives as such» (and «violence» can be replaced at will with «overdetermination», «power», etc.)? Interiority without exteriority, Hegel said, is empty. Without the encounter-clash with reality as its moment of verification, and therefore without presupposing its existence and the possibility of investigating it, subjectivity becomes nothing more than a perpetual whirlwind of sensations, emotions, perceptions (and paranoia). If in this historical phase individuals, in general, are increasingly being produced as worldless individuals by rampant ultra-subjectivism (and the computerized dematerialization of reality); and if any ideological setting acts as a filter, determining which human types will tend to approach or distance themselves from certain environments, it is inevitable that, where woke paranoia dominates, precisely the most inconsistent, incoherent, and tendentially resentful types will increasingly approach and become closer to the “movements”. Those who are disinclined to reason and very prone to complaining; those who don’t like making serious efforts to identify and fight Power (the real one), and who are very fond of the cheap struggle against the “power” spread everywhere… but especially close to them; those who seek a group that will take care of their mood swings, rather than challenging every community and thus enriching those they freely choose with the originality of their own tensions and ideas; those who don’t want to be unique individuals, and therefore irreducible to any category, but, precisely, subjects.
In this race to annihilate reality, and simultaneously thinking individuality, where authoritarianism finds a cozy home and where the scraps of reaction are reborn in a new form, an episode like the one in Milan, and like others that have occurred at our assembly in its year and a half of existence (but which ended more happily), saddens us but does not surprise us. Authority and authoritarianism always diminish human beings and make interpersonal relationships increasingly ugly. It is therefore not surprising that, at this midnight of the century, all doors are wide open to little Torquemadas and unprincipled opportunists, and closed in the face of those who persist in speaking clearly about a present far more tragic than serious.
In the midst of so much returning reactionary crap, we go forward, with our principles firmly in our fists.
Italian peninsula, Spring 2025
Cinque piccoli indiani fuori dalla riserva [Five little indians off the reserve]
1 “Sabotage the war”assembly
2 For a look at what happened on that occasion, see the text Grosso guaio a St Imier on the blog of the radio programme “la nave dei folli”, on this page: https://lanavedeifolli.noblogs.org/files/2023/09/Grosso-a-guaio-a-St-Imier.pdf
3 For instance, https://danslabrume.noblogs.org/post/2023/07/24/anti-anti-racialisme/
4 Cfr. Yascha Mounk, La trappola identitaria, Feltrinelli, Milano 2024
[Original version in italian language: https://lanemesi.noblogs.org/post/2025/07/07/da-pari-a-pari-contro-lautoritarismo-identitario/ + https://ilrovescio.info/2025/07/01/da-pari-a-pari-contro-lautoritarismo-identitario/]