"Die Schweiz hat mein Herz schwarz gemacht"
<p>Wir sind Freund:innen und Gefährt:innen von Abdellah, der sich über Monate im Ausschaffungsgefängnis Bässlergut in Ausschaffungshaft befunden hat. Dort hat er wiederholt, mit grösster Konsequenz und Mut, zusammen mit anderen Mitgefangenen und Mitstreiter:innen zum Kampfmittel des Hungerstreiks gegriffen, um gegen das rassistische Ausschaffungsregime zu kämpfen.</p>
<p>Am Freitag 13.6., wurde er gewaltvoll nach Algerien ausgeschafft. <br class='autobr' />
In der Nacht auf Donnerstag, 12.6., hat Abdellah noch davon geträumt, ausgeschafft zu werden. Er wachte am Morgen auf, erzählte es einem seiner Mitstreiter, Freunde und Mitgefangenen, der ihm zur Beruhigung zu erklären versuchte, dass es nur ein Alptraum gewesen sei. Wenige Stunden später wurde der Alptraum, wie so oft, Realität:<br class='autobr' />
Um 14:30 holten ihn 5 Polizisten in Uniform, begleitet von 6 in Zivil und 3 Grenzbeamten aus der geteilten Zelle und sperrten ihn in die überwachte Einzelzelle auf der Station. Daraufhin wurde er in die Isolationszelle – den "Bunker" – verlegt. Am Folgetag, dem 13.6., wurde er dann mit dem Gefangenentransporter zum Flughafen Basel-Mulhouse transportiert. Jedoch nicht komplett ungestört:</p>
<p>Vor den Knasttoren versammelten sich am Morgen des 13.6. Gefährt:innen, um sich zu solidarisieren, die Ausschaffungsmaschinerie nicht ungestört zu lassen und den Widerstand von drinnen nach draussen zu tragen.<br class='autobr' />
Während knapp zwei Stunden war der Knast blockiert. Gefangene solidarisierten sich mit der Kundgebung und Blockade. Vorbeilaufende Anwohner:innen des sich direkt daneben befindenden Bundeslagers zeigten sich solidarisch. Die Polizei umstellte die Gruppe an Gefährt:innen mit sechs Kastenwagen. Im Knast kochte der Tumult höher.<br class='autobr' />
Dennoch konnte Abdellah von der Polizei mit dem Gefangenentransporter zum Euroairport Basel-Mulhouse transportiert werden. Dort setzten sie ihn, immer noch an den Händen gefesselt, in ein Passagierflugzeug, das ohne Zwischenhalt Algerien zum Ziel hatte. All seine persönliche Kleidung wurde am Flughafen gelassen. Die Bullen provozierten und schikanierten ihn. „Abdellah erkennst du mich nicht? Ich war beim letzten Mal auch dabei“, meinte einer der Bullen zu ihm. Abdellah hatte ihn bereits erkannt. Er hat nicht versucht, sich physisch zu wehren. „Ich bin schon 40 und sie waren 13. Personen. Dagegen kann man nicht gewinnen.“</p>
<p>Am Nachmittag haben sich am Flughafen weitere Gefährt:innen eingefunden. Dort haben sie mit Passagier:innen des Fluges, auf dem Abdellah vermutet wurde, gesprochen. Sie haben darüber informiert, was gerade passiert und die Passagier:innen dazu aufgefordert, sich zu solidarisieren und die Ausschaffung zu verhindern, indem sie sich weigern, sich hinzusetzen, solange die Ausschaffung auf diesem Flug stattfindet. Die Fluggesellschaft sowie der*die* Pilot:in des Flugs haben die Hoheit über den Linienflug. Wenn Passagier:innen das Hinsetzen verweigern, kann es darin resultieren, dass die betroffene Person auf Anweisung der Crew doch nicht mitfliegen darf. So wurden in Vergangenheit bereits Abschiebungen verhindert. <br class='autobr' />
Viele der Passagier:innen - grösstenteils Menschen aus Algerien wie Abdellah - verspürten schnell Verständnis, Mitgefühl und Solidarität. Ihnen war das Thema nicht fremd. Einige waren bereit, zu protestieren. Die geteilten rassistischen Erfahrungen und Realitäten wurden deutlich. Wir bewundern ihre Entschlossenheit und Solidarität – ihre Kompliz:innenschaft ist enorm wichtig und ermutigend.</p>
<p>Die Ausschaffung konnte dennoch nicht verhindert werden. Was genau auf dem Flug geschah, auf dem Abdellah sich befand, wissen wir nicht. Einzig, dass Abdellah jetzt in Algerien ist und es ihm nicht gut geht. Dass es schmerzt und wütend macht. Sein Blutdruck ist sehr hoch. Er hat zwar Medikamente, wie lange diese reichen, ist allerdings nicht klar. «Die Schweiz hat mein Herz schwarz gemacht», meint er.</p>
<p>Das menschenverachtende Migrationsregime kriminalisiert Menschen für nichts als ihre Anwesenheit, für ihren Willen zur Selbstbestimmung und Bewegungsfreiheit. Reibungslose Ausschaffungen sind ein grundlegender Baustein dieses Systems. Bullen, Grenzwachen und Knastangestellte setzen alles daran, diese sicherzustellen. Ausschaffungen sind weder Willkür noch naturgegeben. Sie sind die Fortsetzung kolonialer Herrschaft und als diese müssen wir sie verstehen und bekämpfen. Es ist daher ebenso kein Zufall, dass Ausschaffungsknäste fern ab vom alltäglichen Stadtgeschehen gebaut werden. Spaltung ist elementar für die Legitimierung der Gewalt. Wir sollen die Gefangenen als “die Anderen”, “die Kriminellen” sehen. Es soll alles im Dunkeln geschehen und wir sollen schweigen. Sie wissen, dass es nur genug von uns braucht, um ihr System zu kippen. Seit Monaten beben die Ausschaffungsknäste – von Genf, über Zürich bis ins Bässlergut in Basel. Organisieren wir uns gemeinsam; nicht nur für bessere Bedingungen, sondern für die Abschaffung aller Knäste.</p>
<p>Werden wir also kreativ - Ziele und Mittel gibt es genug! Gefangene besuchen, ihnen Briefe schreiben, uns mit Freund:innen, Betroffenen und Gefährt:innen organisieren, um Pläne zu schmieden.<br class='autobr' />
Mit Leuten darüber sprechen, wie viel Unrecht an den Aussengrenzen dieser Stadt und in unzähligen anderen Städten jeden Tag geschehen. Zu Veranstaltungen kommen und selber welche organisieren.<br class='autobr' />
Rassistische Bullenkontrollen stören, demonstrieren, Transporte blockieren und verhindern, Verantwortliche und Profiteur:innen benennen und ihnen das Leben schwer machen.</p>
<p>Finden wir die Schlupflöcher, die Schwachstellen, die Risse im Beton. Greifen wir sie an. Und dann, brick by brick, reissen wir die Mauern ein.</p>
<p>Wir kämpfen weiter, in Solidarität mit Abdellah. Mit den noch inhaftierten und kämpfenden Gefangenen in den Ausschaffungsknästen der Schweiz. Den Menschen, die die Festung Europa angreifen und zu überwinden versuchen. Mit den gejagten und kämpfenden Menschen in Los Angeles und an unzähligen anderen Orten.</p>
<p>Freiheit für alle Gefangenen! Krieg den Palästen, Feuer den Knästen!</p>
<p>BÄSSLERGUT EINREISSEN!</p>
<p>@freemerou @gegen_lager @3rosengegengrenzen + <a href="http://www.3rgg.ch" class='spip_url spip_out auto' rel='nofollow external'>www.3rgg.ch</a></p>
<p>Veranstaltungen:<br class='autobr' />
· No Boder Cafe im Sur3*tu - Jede Woche sonntags von 12-17 Uhr an der Freiburgerstrasse 36, 4057 Basel für Austausch, Essen und Kennenlernen.<br class='autobr' />
· Filmwoche in Solidarität mit den Inhaftierten im Aussschaffungsknast Bässlergut, 24.-28. Juni @ Elsi (Elsässerstrasse 128, 4056 Basel)<br class='autobr' />
· Aktionstage für Bewegungsfreiheit und eine solidarische Zukunft (siehe <a href="https://barrikade.info/article/7030" class='spip_url spip_out auto' rel='nofollow external'>https://barrikade.info/article/7030</a>)</p>
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