Was, bitte schön, kratzt uns Anarchist*innen dieser Veteranentag?

Themen: 
Mensch zerbricht Gewehr. Im Hintergrund brennt sabotierter Panzer.

Vorab: Unser Beitrag, heute veröffentlicht, wurde von Kriegsbefürwortern, russischen Trolls, Anarchist*innenhassern oder einem armen Würstchen gelöscht. Einen anderen Grund könnte es nicht geben. Unter diesem Link https://de.indymedia.org/node/507425 und https://de.indymedia.org/node/507425 und https://de.indymedia.org/node/507490 haben wir heute veröffentlicht. Jetzt das Gleiche nochmal. Macht Euch selbst ein Bild. Und helft uns die Inhalte zu verbreiten.

Was also, bitte schön, kratzt uns Anarchist*innen dieser Veteranentag? Na, so einiges!

Noch bevor die CDU/CSU/SPD-Bundesregierung im Amt war, hat sie im März 2025 mit den Stimmen von FDP und Grünen m Bundestag schon die Grundgesetzänderung u. a. für ein 400-Milliarden Euro-Aufrüstungs-Paket und unbegrenzte Militärausgaben beschlossen. Ein weiterer Baustein der Militarisierung ist der Veteranentag, den Armee und Regierung am 15. Juni 2025 unter anderem in Berlin begehen wollen.

Wir glauben, dass die Bedeutung des kommenden nationalen Veteranentags in seiner Tragweite noch nicht in den Köpfen angekommen ist, weil nicht zuletzt auch vielen Anarchist*innen die Auseinandersetzung mit dem „Soldatischen“ und den „Veteranen“ verloren gegangen ist. Ein radikaler Antimilitarismus, der sich jedem Militär verweigert und zur weltweiten Desertion, Kriegsdienstverweigerung und Sabotage ermuntert, hatte es auch schon vorher schwer. Wird der Kampf gegen Militär obendrein noch gekoppelt mit dem notwendigen Kampf gegen das Patriarchat, dünnt sich das Feld derer nochmal aus, die in antimilitaristische Aktion treten wollen.

Wir glauben weiterhin, dass der Hauptfeind in jedem Land steht! Dort wo u.a. ein Militär steht, dort wo das Patriarchat wirkmächtig ist, setzt unser Kampf als Anarchist*innen an. Dazu haben wir in der Graswurzelrevolution einen Beitrag verfasst, den Ihr hier unten einsehen könnt.

Wir rufen dazu auf am 15.6. in allen Städten den Veteranentag aus einer radikalen antimilitaristischen, antipatriarchalen und antifaschistsichen Perspektive heraus phantasievoll zu begleiten. Wir haben für Euch Plakate gedruckt, die Ihr bundesweit verkleben könnt. Ihr könnt sie mit Euren Terminen versehen. Wenn Ihr öffentliche Aktionen oder Veranstaltungen habt, schickt sie uns gerne, wir setzen sie bei uns auf die Webseite.

In Berlin werden wir am Reichstag in der Zeit zwischen 13.00 und 20.00 Uhr mit einer Kundgebung und Kulturprogramm einen Anlaufpunkt bieten für alle, die sich den Vetereanentag nicht bieten lassen wollen. Da der als Familienfest getarnte Bundeswehrevent öffentlich zugänglich ist, haben Menschen das Anrecht darauf sich den verkappten militaristischen Mist auch mal näher anzuschauen.

Die Kundgebung wird an der Friedrich-Ebert-Straße/Ecke Dorotheenstraße-Scheidemannstr. stattfinden. Genaueres kommt noch. Schaut auf indy, kontrapolis oder auf unsere Webseite: https://antikrieg.blackblogs.org

Für die Kundgebung suchen noch jede Menge helfende Hände. Und dem Thema entsprechende künstlerische, satirische, bitterböse und inhaltliche Einlagen sind auch herzlich willkommen, wenn sie dem Charakter unseren Aufrufs entsprechen. Und auch ehemalige oder aktive Soldat*innen, ehemalige Deserteure und Kriegsverweigerer*innen  aus allen möglichen Ländern, die sich öffentlich gegen Militär und jeden Krieg aussprechen wollen, bitten wir auch sich schnell bei uns zu melden.

Zum Beitrag in der Graswurzelrevolution:

Ein radikaler Antimilitarismus, der sich jedem Militär verweigert und zur weltweiten Desertion, Kriegsdienstverweigerung und Sabotage ermuntert, hat es noch schwer. Wird der Kampf gegen Militär obendrein noch gekoppelt mitdem notwendigen Kampf gegen das Patriarchat, dünnt sich das Feld derer nochmal aus, die in antimilitaristische Aktion treten wollen.

Die Bundeswehr hat es da einfacher. Im Veteranenbüro koordinieren zehn abkommandierte Soldaten täglich die 60 Veranstaltungen, die bundesweit zum Veteranentag am 15. Juni 2025 in Planung sind. Sie koordinieren mit der Politik, den Reservisten- und Veteranenverbänden den Versuch, eine Veteranenkultur salonfähig zu machen. Denn Kriegsfähigkeit soll der Bevölkerung auf allen Wegen und mit allen Mitteln erst mal wieder beigebracht und beigebogen werden. Deshalb zunächst ein als Familienfest getarntes Event am Berliner Reichstag mit Veteranendorf, Hüpfburg, Essständen und vielen Politiker*innen, höheren Soldaten und Hofberichterstattung. In Hamburg wird an dem Tag eine öffentliche Beförderung von neuen Offizieren veranstaltet.

Wir wollen die Chance nutzen, um den Veteranentag schon im Ansatz seiner Entwicklung zu einem „Rohrkrepierer“ werden zu lassen. Dass ein Veteranen- tag, der zum politischen Reinfall wird, weit größere Konsequenzen hat, als uns beim ersten Nachdenken darüber bewusst ist, darüber wollen wir schreiben. Wir befinden uns auf dem Weg in eine seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa beispiellosen weltweiten Militarisierung an dessen Ende nicht Frieden auf uns wartet, sondern: Krieg. Solange wir noch Bewegungsfreiheit haben, sollten wir alle unsere Kämpfe in Beziehung zu einem radikalen Antimilitarismus setzen, der vor keiner Nationalgrenze, vor keiner Ideologie und keiner Religion halt macht.

Noch immer gibt es Gruppen, die verkünden, der Hauptfeind stünde im eigenen Land. Unabhängig davon, ob diese Parole jemals stimmte, sie geht heute an der Realität vorbei: Die Verteilungskämpfe und die sich verschiebenden Machtkonstellationen, die Folgen der Erderwärmung mit ihren Hungersnöten, Katastrophen und Kriegen münden gerade in eine weltweite Militarisierung. Mit der meist aus ideologischen Gründen vorgetragenen Parole, drückt mensch sich vor einer sozialrevolutionären Bestimmung des antimilitaristischen Kampfes, der die Deserteure aller Länder willkommen heißt und keine Grenzen kennt.
Wir beobachten und erleben in unserem Umfeld permanent Widersprüche und stellen des- wegen folgende Fragen: Warum gibt es noch Zusammenhänge/unsere deutliche Position jenseits aller Polarisierungen und Kriegslogiken noch nicht durchgedrungen ist.
Liegt es daran, dass es keine nennenswerte Organisierung über einzelne Events hinaus gibt, die sich über gemeinsame Ziele im Bereich des radikalen Antimilitarismus verständigt hat? Liegt es an den oben skizzierten Brüchen, die ein Auseinandergehen zur Folge haben und wir uns im Kleinen erst einmal neu finden müssen?

Wenn also Schluss mit jeder Waffenbruderschaft sein soll – egal wo, dann dadurch, dass die aufgezählten Polarisierungen und die Kriegslogiken durch kreuzt werden. Der Veteranentag kann, auch wenn nicht mehr viel Zeit ist, ein Signal derer werden, die jedem Militär in die olivbraune Suppe spucken wollen. Zeit für neue Bündnisse und Erfahrungen stehen an. Der Veteranentag in Deutschland ist ein weiterer Schritt zur weltweiten Militarisierung, die wir un- terbrechen wollen – weil wir vor die Kriege kommen wollen.

Der Hauptfeind steht in jedem Land, unterhält Militär und Milizen, trägt gerne Uniformen und folgt Befehlsketten. Befehl und Gehorsam und eine ausgeprägte Hierarchie garantieren militärische Operationen im großen Stil. Militär in jedem Land ist geeignet, die eigene Bevölkerung in Schach zu halten und im Bedarfsfall niederzuschlagen. Sowie den äußeren Feind niederzuringen, wenn dies ökonomischen, religiösen und/oder ideologischen Interessen dient. Das Militär zwingt Menschen, die als Männer sozialisiert wurden, in Uniformen und an die Waffe, drillt deren Psyche, bis sie in der Lage sind, Menschen, die sie noch nie zuvor gesehen haben, umzubringen. Diese Männer, denen die soldatischen Tugenden antrainiert werden, um Gewalt gegen den jeweiligen potentiellen Gegner ausüben zu können, sind dann auch bereit „für die Sache“ qualvoll, aber heldenhaft zu krepieren. Posthum gibt es dann ein Ehrengrab.
Militär und Patriarchat sind eindeutig miteinander verwoben. Der eigentliche Hauptfeind eines radikalen Antimilitarismus ist deshalb das Patriarchat – es steht in jedem Land und muss überall bekämpft werden.

Im November 2024 haben wir mit dem Artikel „Wie kommen wir in die Initiative? Gegen jeden Krieg – das patriarchale Kommando entwaffnen“ in der GWR 493 ausgeführt: Der Zugriff auf männlich gelesene Körper, die eine patriarchale Formierung erfahren, ist dieVoraussetzung für eine militarisierte, soldatisch antrainierte Eigenschaft, die Grundlage für die Bereitschaft zum Morden überhaupt erst herstellbar macht. Toxische Männlichkeit fällt nicht vom Himmel, sie wird entlang der biologischen Differenz als Herrschaftsverhältnis entwickelt, das die Bereitschaft zur Vergewaltigung als Kriegswaffe impliziert – im Krieg wie zu Friedenszeiten. Siehe dazu auch unseren Artikel „Mobilisierung gegen den Veteranentag!“, in der GWR 496 vom Februar 2025. Wenn der Veteranentag zu einem politischen Desaster werden soll, müssen neue Bündnisse her. Die schweigende Mehrheit, die sich Kriegslogiken verweigert und weder für die Hamas noch Netanyahu und die deutsche Staatsräson auf die Straße gehen würde, wird derzeit noch kaum Gruppen finden, die sichtbar einen radikalen Antimilitarismus verkörpern.

Für uns ist deshalb die Vorbereitung und Durchführung von Aktionen gegen den Veteranentag eine Chance, zu tragfähigen Bündnissen zu kommen, um mit klaren Positionen zu handeln, wenn die nächste Militarisierungswelle hereinbricht. Deshalb setzten wir unverhandelbar: „Gegen jeden Krieg, Gegen jedes Militär“.
Denn auch wenn sich das vordergründig nach einer trivialen Positionierung anhört, wird sie im Zuge weiterer kriegerischer Polarisierungen hilfreicher seinals gedacht. Schon jetzt trennt sich an dieser Parole die Spreu vom Weizen, weil sich oft zeigt, wie viel wir selber in Kriegslogik gefangen sind, Partei ergreifen für die eine oder andere Seite eines Konfliktes, anstatt über jede Nationalgrenze und Ideologie hinweg, Soldaten und Milizionäre aufzufordern, die Waffen zu zerstören, gegen die eigenen Herren zu drehen oder zu desertieren.
Veteranen sind in Deutschland nicht nur Soldaten, die im Aus- landseinsatz waren oder von einer Front gekommen sind. Die Bundesregierung dehnte den Begriff auf alle aus, die seit 1955 Soldaten in der Bundeswehr waren oder sind. Das heißt auch auf die Kriegsverbrecher, die aus der Wehrmacht kamen, auf die Zeit- und Berufssoldaten und die Wehrpflichtigen bis hin zu den heute aktiven Soldat*innen. Der nationale Veteranentag ist deshalb ein Gedenktag des Soldatischen. Er hat den Zweck, die Bundeswehr und eine Veteranenkultur so breit wie möglich in der Gesellschaft salonfähig zu machen. Denn das gehört zur Kriegsvorbereitung dazu. Die Bevölkerung soll die Soldaten als Normalität wahrnehmen: im Straßenbild, in den Netzwerken und Debatten.

Nicht ohne uns! Wir werden die schrille Gegenstimme zur Militarisierung sein. Wir werden umso lauter sein, wenn du, die das gerade liest, mit uns in den radikal antimilitaristischen Kanon einsteigst – am Veteranentag und darüber hinaus. Wenn du dich dafür einsetzt, allen Deserteuren, die Möglichkeit zu verschaffen zu erzählen, weshalb sie abgehauen sind, wenn du Kontakte zu Veteranen gegen Krieg hast, lass es uns gerne wissen.
Wir wollen eine öffentliche Sichtbarkeit gegen jeden Krieg, gegen jedes Militär herstellen. Wir wollen den Veteranentag in eine Festung verwandeln.
Sollen sie sich doch hinter Absperrung und Polizei und Feldjägern verschanzen. Denn weder spricht der Veteranentag für alle in Deutschland lebenden Menschen, noch spricht er für alle Veteran*innen. Dass es mindestens ein Drittel an Wehrpflichtigen gab, die die Bundeswehr alles andere als toll fanden, verschwindet unter dieser Gleichmacherei.

Gegen die militaristischen Zusammenkünfte wollen wir ein tragfähiges Netzwerk entwikeln, das sich nicht bei jedem neuen Krieg verunsichert von Gegenpropaganda, Verwirrungen und militarisierter Kriegslogik neu erfinden muss.
Wir wollen das zusammenrocken! Noch ist Zeit, um ein Bündnis zu schmieden, das einem radikalen, antipatriarchalen, antifaschistischen Antimilitarismus den Weg bahnt. Wir werden sicherlich Fehler machen, aber unsere Vielfältigkeit und Unberechenbarkeit ist auch eine Stärke.
Der Veteranentag soll ein politisches Desaster werden! Und damit zu einem internationalen Signal gegen jeden Krieg und jedes Militär.
Meldet euch gerne, um euch mit uns zu verbünden. Je mehr wir sind, desto lauter ist das Nein zum Veteranentag.

Provisorischer anarchistischer
Antikriegsrat Berlin

antikrieg.blackblogs.org/

Kontakt: antiSPAMSCHUTZkriegsrat_berlin@risRAUSNEHMENeup.net

Plakate bestellen gegen Versandkosten unter: schwarze_risse [ät] posteo.de

 

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