Fotos: Gerechtigkeit für Lorenz
Am Ostersonntag tötete ein Polizist in Oldenburg den 21-jährigen Lorenz A. mit mehreren Schüssen in den Rücken. Am 25. April demonstrierten in Oldenburg 10.000 Menschen und forderten Aufklärung. Auch in Berlin und anderen Städten gab es spontane Solidaritätsaktionen.
Fotos: https://umbruch-bildarchiv.org/gerechtigkeit-fuer-lorenz/
Am 20. April 2025 soll es vor einer Bar in Oldenburg eine Auseinandersetzung gegeben haben, bei der Lorenz, der zur BPoC Community gehörte, angeblich ein Reizstoffsprühgerät eingesetzt haben soll. Anschließend sei er geflüchtet und als ihn dann die Polizei antraf, „ging er bedrohlich auf die Polizisten zu und sprühte dabei Reizstoff in ihre Richtung“, so stellte es die Polizei zunächst dar. Nun erklärt die Staatsanwaltschaft, er sei an mehreren Beamten vorbeigelaufen. Daraufhin habe ein 27-jähriger Polizist fünfmal auf Lorenz geschossen. Bei der Obduktion stellte sich heraus, dass Lorenz ausschließlich von Schüssen von hinten getroffen wurde, darunter in den Kopf. Nun sind Schüsse, die ein Opfer von Polizeigewalt von hinten treffen, weder auf den ersten noch auf den zweiten Blick mit einer behaupteten Notwehrlage in Einklang zu bringen. Offenbar ist Lorenz von der die Schusswaffe einsetzenden Person weggegangen und nicht „bedrohlich“ auf sie zu.
„Wir brauchen eine ehrliche Debatte über Polizeigewalt in Deutschland. Wir wollen wissen, was genau in jener Nacht passiert ist“, fordert Suraj Mailitafi, Sprecher der Initiative „Gerechtigkeit für Lorenz“. Die Bodycams aller beteiligten Polizist:innen waren ausgeschaltet. „Wir wollen uns nicht daran gewöhnen, dass Menschen, People of Color, durch Polizeigewalt getötet werden.“
Angehörige und Aktivist:innen erinnerten auch an andere Fälle von Opfern ähnlicher Polizeigewalt. Am Rednerpult standen etwa Verwandte von Mouhamed Dramé – einem 16-jährigen Flüchtling aus dem Senegal, der im August 2022 in Dortmund von Polizisten erschossen wurde – sowie Vertreterinnen der Initiative Oury Jalloh. Oury Jalloh verbrannte 2005 gefesselt in einer Polizeizelle in Dessau. Gutachten von Brandschutzexperten wiesen nach, dass Oury Jalloh mit einer brennbaren Flüssigkeit übergossen und angezündet wurde. Auch der Name Qosay K. wurde genannt: Der 19-jährige Geflüchtete war im März 2021 nach einem Polizeieinsatz in Delmenhorst im Polizeigewahrsam kollabiert und kurz darauf gestorben. Dieses Revier soll jetzt das Fehlverhalten des Oldenburger Polizisten prüfen. In allen diesen Fällen kritisieren Angehörige und Menschenrechtsgruppen, dass zentrale Fragen ungeklärt blieben.
Bei aller Wut und Trauer herrschte Einigkeit über das Ziel: Die Initiative „Gerechtigkeit für Lorenz“ kündigte an, den Druck auf die Politik aufrecht zu erhalten. Mailitafi sagte zum Abschluss, der Protest sei «erst der Anfang»: «Wir müssen weiter für Gerechtigkeit kämpfen – für Lorenz und für andere Opfer von Polizeigewalt.“
Die Demonstrant:innen zogen am Abend wütend aber friedlich durch die Oldenburger Innenstadt und hinterließen am Tatort ein sich immer weiter ausdehnendes Gedenken aus Kerzen und Botschaften. Ein Ende der Debatte ist nicht in Sicht, die Ermittlungen dauern an.
