Kundgebung in Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus

Regionen: 

Am Abend des 25.01.2025 fand auf dem Karlsruher Marktplatz eine Kundgebung in Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus statt. Rund um den 80. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Ausschwitz kamen ca. 150 Personen zusammen, um den unzähligen Opfern des deutschen Faschismus zu gedenken. Es wurden die Perspektiven mehrerer Überlebender des Holocausts, im Holocaust Verstorbenen und von deren Nachfahren dargestellt. Dabei wurden zum einen Videobeiträge gezeigt und zum anderen Redemanuskripte und Briefe vorgelesen. Es kamen neben den jüdischen Opfern unterschiedliche Opfergruppen zu Wort, wie beispielsweise Sinti, queere Menschen oder auch Menschen, die aufgrund mehrerer Merkmale von den Nationalsozialisten verfolgt wurden. Die Veranstaltung stieß auf großes Interesse der Passant*innen, die sich vielfach der Kundgebung anschlossen.  

Die Kundgebung stellte eine Beziehung zwischen dem Vergangenen und den Lehren, die daraus zu ziehen sind und den heutigen politischen Entwicklungen her, welche deutlich machen, dass die Inszenierung von Deutschland als "Erinnerungsweltmeister" leider weit von der Realität entfernt ist. Die Aussage NIE WIEDER darf nicht nur eine Floskel bleiben, die bei Kranzniederlegungen von Politiker*innen gesagt wird, sondern es müssen Handlungen folgen, die marginalisierte Gruppen und Einzelpersonen vor Gewalt, Diskriminierung und menschenverachtendem Verhalten schützen. Das Erstarken von extrem rechten und menschenfeindlichen Ideologien bis weit in die vermeintliche "Mitte der Gesellschaft" und damit einhergehende menschenverachtende Politik sind Realität in der Bundesrepublik. Deshalb ist es besonders wichtig wirklich daran zu erinnern, wozu die große Mehrheit der deutschen Bevölkerung in der NS Zeit fähig war. Das Gedenken und die Auseinandersetzung mit Täterbiografien in den eigenen Familien, sind zentrale Bestandteile antifaschistischer Praxis, damit das Vergangene in der Vergangenheit bleibt.  In heutigen Zeiten geht es uns um ein Widersetzen gegen menschverachtende Strömungen, Gedanken und Parteien. Daher ist heute und in Zukunft um so wichtiger immer wieder daran zu erinnern, wohin Antisemitismus, Rassismus und Menschenverachtung führen können. Wir sagen entschlossen: NIE WIEDER! 


   Hier der Redebeitrag von Solidarische Perspektiven:   Die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz durch die russische Armee jährt sich am Montag, den 27.Januar zum 80.Mal.
Wir gedenken heute allen Opfern des Nationalsozialismus. Opfer wurde jede*r der*die nicht in das rechte Weltbild und der geforderten Gesellschaft der Nationalsozialisten gepasst hat. Wir gedenken, allen Juden und Jüdinnen, Sinti*zze und Rom*nja, Schwarzen Menschen, queeren Menschen, psychisch kranke und behinderte Menschen, Menschen, die als “asozial” eingestuft wurden, Menschen, die aufgrund ihrer politischen Haltung oder Religion verfolgt wurden. Dabei waren viele Opfer Teil mehrerer verfolgter Gruppen. 

Den Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus gibt es erst seit 1996, also seit 29 Jahren.

Es wurden in der Zeit des Nationalsozialismus insgesamt 6 Millionen jüdische Menschen in Europa ermordet. Im Konzentrationslager in Ausschwitz starben allein 1,1, Millionen jüdische Menschen. Die Menschen, die von den Nationalsozialisten mit großer Unterstützung der deutschen Bevölkerung ermordet wurden, waren Menschen, die noch einige Jahre zuvor ein fester Teil der Gesamtgesellschaft abbildeten. Menschen, die in politischen Ämtern saßen. Menschen, die Angestellte waren oder ein kleines Geschäft geführt haben, darunter waren wohnungslose Menschen, Nachbar*innen, Kolleg*innen, die besten Sportlerinnen, die man sich vorstellen konnte. Es waren Menschen, die nicht in das Weltbild der Nationalsozialisten passten, all diese Menschen wurden systematisch in einer perfiden perfektionierten Mordmaschinerie eingesperrt, gefoltert und umgebracht.

Die Befreiung der Konzentrationslager bedeutete nicht automatisch ein freies Leben für die ehemaligen Gefangenen.
Gesetze, Vorstellungen, Vorurteile und Stereotype führten nach 1945 weiterhin zu alltäglicher Diskriminierung, Gewalt und auch zu Morden.
Viele Gruppen mussten lange Zeit nach der Befreiung der Konzentrationslager im Jahr 1945 weiterhin für die Anerkennung als offizielles Opfer des Nationalsozialismus kämpfen. Sinti*zze und Rom*nja kämpften bis vor wenigen Jahren um die Anerkennung als Opfer des Nationalsozialismus und sind bis heute weiterhin starker Diskriminierung ausgesetzt. Alte Strukturen in der Polizei, Justiz sowie Verwaltung lebten zum Teil leicht unbenannt fort. Ehemalige Täter*innen, die während des Nationalsozialismus Teil der Verfolgungsmaschinerie von Sinti*zze und Rom*nja waren, kamen ungestraft davon und blieben zu einem großen Teil weiterhin anerkannte Expert*innen. Erst im Jahr 2015 entschuldigte sich die Präsidentin des Bundesgerichtshofs für deren skandalöses Urteil in Fragen der Entschädigung von Sinti*zze und Rom*nja von 1956. In dem Urteil wurde die rassistische Verfolgung geleugnet und eine Kriminalisierung der Verfolgten vorgenommen.

Gesetze, die in der Weimarer Republik erlassen wurden, wie z.B. die Kriminalisierung von homosexuellen Menschen durch den Paragraf 175 wurde erst 1994 abgeschafft. Im Jahr 2002 hob der Bundestag die während der Zeit des Nationalsozialismus ergangenen Urteile diesbezüglich auf. Erst am 22. Juli 2017 wurden auch alle Urteile, die auf Grundlage des Paragrafen 175 nach dem Jahr 1945 verhängt wurden, aufgehoben. Dies bedeutet in der Realität, dass Menschen, die aufgrund ihrer Homosexualität oder ihrer geschlechter Indentität im Konzentrationslage gelandet sind, nach 1945 auch weiterhin strafrechtliche verfolgt wurden. Nach 2017 müssen alle die verurteilt wurden, bei der selben Staatsanwaltschaft bei der sie verurteilt wurden, ihre Streichung aus dem Strafregister fordern. 
Diese Beispiele sind nur zwei von mehreren,dafür dass die Ideologie des Nationalsozialismus auch nach 1945 nicht verschwunden war.

Mit der Shoa, dem grausamen, systematischen Genocid an rund sechs Millionen Juden*Jüdinnen in Europa, setzten die Nationalsozialist*innen ihre menschenverachtende antisemitische Ideologie in vernichtender Art und Weise in die Tat um.
In Deutschland hat der Antisemitismus nicht mit dem Nationalsozialismus angefangen und hörte auch nicht nach 1945 auf zu existieren.

„Es ist geschehen, folglich kann es wieder geschehen.“ – mit diesen Worten des Auschwitz Überlebenden Primo Levi wird uns in den heutigen Tagen noch deutlicher bewusst, dass rechtsextremistische und faschistische Gedanken, Reden und Taten nicht nur in der Vergangenheit liegen, sondern in unserem Alltag tagtäglich präsent sind.

Gemeinsam wollen wir uns heute gegen das Erstarken von rechtsextremistischen, faschistischen Bestrebungen und allen menschenfeindlichen Ideologien weltweit und explizit hier in Deutschland und Karlsruhe stellen.
Antisemitismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen.
Rassismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen. 
Menschen aufgrund ihrer Sexualität, Religion oder ihres Aussehns abzuwerten ist ein Verbrechen.

Das größte Massaker an jüdischen Menschen seit dem Ende des Holocausts am 7. Oktober 2023 zog in Deutschland und vielen anderen Teilen der Welt eine enorme Welle antisemitischen Hasses nach sich. Populistische rechtsextreme Kräfte in Deutschland instrumentatlisierten die Taten der Hamaskämpfer für ihren eigenen Rassismus.

In heutigen Zeiten geht es uns um ein Widersetzen gegen menschverachtenden Strömungen, Gedanken und Parteien. Daher ist heute und in Zukunft um so wichtiger, immer wieder daran zu erinnern, wohin Antisemitsmus, Rassimus, und Menschenverachtung führen können.

Wir sagen entschlossen: NIE WIEDER!

Bilder: 
Lizenz des Artikels und aller eingebetteten Medien: 
Creative Commons by-sa: Weitergabe unter gleichen Bedingungen