Die Nazikundgebung am 5. Oktober am Scheldenplatz war eine Drohung gegen rebellischen Kiez und seine Bewohner*innen

Event Datum: 
Donnerstag, Oktober 10, 2019 - 14:45
Stadt/Region: 
Die Nazikundgebung vom 5.10. war eine Drohung gegen die linken Bewohner*innen im Nordkiez in Berlin-Friedrichshain. Wie schon in der Weimarer Republik gaben die Ordnungsbehörden 5 Münchner Neonazis die Möglichkeit, den Kiez einen halben Tag zu terrorisieren. Und die Polizei ging wie üblich gegen alle vor, die sich dagegen empörten

Bereits am frühen Nachmittag begann die Polizei am 5. Oktober den Scheldenplatz abzusperren. Ein großes Banner mit der Aufschrift Pegida ließ schon von weiten erkennen, dass hier der extremen Rechten von der Polizei eine große Bühne geboten wurde. Bis nach Mitternacht stand lediglich ein großer Wagen mit einem Monitor auf dem Platz. Dort liefen in einer Endlosschleife Videos, die  gegen Linke und Geflüchtete hetzten.  Angemeldet wurde die ganze Chose von dem in München lebenden Heinz Meyer, der bereits wegen rassistischer Beleidigungen und dem Horten von Sprengstoff verurteilt wurde. Das wirft schon die erste Frage auf. Warum wird ein vorbestrafter Rechter als Anmelder anerkannt, während auf linken Kundgebungen und Demonstrationen Anmelder*innen zurückgewiesen wurden, gegen die schon mal ermittelt wurde, selbst wenn es nie zu einer Anklage kam? Doch das sind nicht die einzigen Fragen, die wir Anwohner*innen uns stellen. Warum hat das Ordnungsamt oder die Polizei vor Ort nicht angesichts der geringen Teilnehmerzahl (es waren fünf Männer) die Kundgebung auf ein kleines Eck auf dem Platz begrenzt  und die Sperrung der Straße aufgehoben? Bei  linken Kundgebungen will die Polizei   die Sperrung der Straße immer so schnell wie möglich beenden, wenn die Teilnehmer*innenzahl auf dem Fußgänger*innenweg Platz hat. Warum wurde die Kundgebungszeit nicht auf maximal eine Stunde verkürzt? Es hätte ohne weiteres eine Handhabe gegeben, weil die Videos ständig  wiederholt wurden und es keine Zuschauer*innen gab. 

 Die Wut der Anwohner*innen richtet sich auch Ordnungsamt und Polizei

Die Empörung und auch die Ohnmacht vieler Anwohner*innen war groß am 5. Oktober nicht nur gegen die 5 Nazis, sondern gegen Behörden, die das Spektakel genehmigten und gegen eine Polizei, die es schützen und die in mehreren Fällen brutal gegen Menschen vorging, die dagegen protestierten.  In  den Stadtteilen Mitte oder Prenzlauer Berg hätte man den Anwohner*innen nicht zugemutet, dass wegen 5 rechten Hanseln die Straße einen halben Tag gesperrt wird, dass Restaurants am Samstagnachmittag schließen mussten, weil kein Durchkommen war. Doch die Rigaer Straße ist nicht nur von Pegida und Co. als linker, rebellischer Kiez verschrien. Auch konservative Politiker*innen und Medien hetzen mit ähnlichen Argumenten   gegen linke Bewohner*innen und gegen rebellische Hausprojekte. Da ist es nicht verwunderlich,  dass Ordnungsamt und Polizei den Anwohner*innen  zumutete,  die rechte Freakshow einen halben Tag zu ertragen. Schon vor Jahren wurden Neonazidemonstrationen in Berliner Ostbezirke wie Hellersdorf umgeleitet. Den dortigen Bewohner*innen meinte man von Seiten der Behörden zumuten zu können, was man in Mitte und Prenzlauer Berg nicht tolerieren wollte. Es ist ein bezeichnendes Bild, Pegida-München veranstaltet ihren rechten Zirkus im Berliner Osten, fast 30 Jahre nach dem ganz in der Nähe eine gesamtdeutsche Polizeiarmada unter westdeutscher Führung mit der bürgerkriegsmäßig durchgesetzten Räumung von Häusern der Mainzer Straße allem Menschen deutlich gemacht hat, dass jetzt die kapitalistische Gewalt auch hier eingezogen ist. Und aus Westdeutschland  importiere Rechten samt Propaganda und Fahnen sahen  schon vor 30 Jahren in Teilen der ostdeutschen Bevölkerung ein lohnendes Objekt ihrer Propaganda.  Einige wissen vielleicht, dass schon in der Endphase der Weimarer Republik Nazis in rebellischen Kiezen als Drohpotential eingesetzt wurde. Für die herrschenden Institutionen sind die Ultrarechten heute nicht bündnisfähig, schon gar nicht die 5 Hanseln von Pegida-München. Aber als Drohung gegen rebellische Kieze, wo ein Großteil der Bevölkerung sich vor 3 Jahren solidarisch gegen die rechtswidrige Räumung und Belagerung des Hausprojekts Rigaer Straße 94 zeigte, taugen sie allemal. Wer dagegen zu heftig protestierte, bekam am Samstag Polizeigewalt ab und es gab mehrere Festnahmen.

Solidarität mit allen Menschen, die bei den Protesten gegen die Naziprovokation am 5. Oktober festgenommen wurden oder gegen die ermittelt wird. 

E.Meyer, Rigaer Str. 55, 10345 Berlin

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