Betreiber von "Bloodline Streetwear" vor Gericht
Am 17. Juni 2014 wurde der Neonazi Harald Frank wegen Verbreitung von Nazipropaganda zu zwei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Als »Bloodline Streetwear« hatte er volksverhetzende Motive und Propagandamittel verbotener Organisationen auf Textilien gedruckt und zusammen mit Rechtsterrorist Martin Wiese1 vertrieben.
Gegen das Urteil legte der Gründer und Präsident der "Legion Werwolf Schwaben", dessen Schweizer Ableger Verbindungen zu einem länderübergreifenden militanten Neonazi-Netzwerk unterhält, Berufung ein. Statt in der Sache zu urteilen stellt das Gericht allerdings am zweiten Prozesstag, dem 20. Februar 2015, seine Nichtzuständigkeit fest und verweist den Angeklagten zurück in die Untersuchungshaft und das Verfahren in die Erstinstanz an der Staatsschutzabteilung in München.
Der Beschuldigte aus Mertingen ist seiner eigenen Darstellung nach Gründer und angeblich ehemaliger Präsident der "Legion Werwolf Schwaben", einer Neonazikameradschaft mit Rockerähnlichem Habitus.
Unter seinem Modelabel »Bloodline Streetwear« produzierte und vertrieb er nicht nur deren Clubbekleidung. Motive wie »Nichtjude/Nichtjüdin«, »Bündnis 33 - Die braunen«, »Wir sind wieder da!!! 5:45«, »Drei gute Gründe gegen Kinderschänder« mit einem Strang, einer Guillotine und einer Pistole, »88 mm« mit dem entsprechenden Flakgeschütz, »Nazisupermenschen sind unbesiegbar« so gesetzt, dass sich vertikal »NSU« lesen ließ oder »Adolf Hitler Europatour 1939 bis 1945« mit den Deutschen Invasionsdaten und einem Portrait Adolf Hitlers im Stile von bei Rockbands üblichen »Tourshirts« brachten ihm den laufenden Prozess ein.
Für die Volksverhetzung und die Verbreitung verbotener Propagandamittel, die das Gericht als gegeben ansah, urteilte es auf 2 Jahre und neun Monate Haft. Ein bei der Hausdurchsuchung und Festnahme am 13.November 2013 gefundener Schlagring, Erpressung, Betrug und falsche Versicherung an Eides Statt waren außerdem Gegenstand des Urteils.
Kontakte zu militanten Neonazis in Deutschland
Harald Frank argumentierte, er und seine Sektion der »Bruderschaft« Legion Werwolf seien nicht rechts oder rassistisch, er musste überdies längst als Präsident des Clubs zurücktreten und sei aus der Szene ausgestiegen.
Trotzdem ließ er sich mit Martin Wiese als Geschäftspartner ein. Der verurteile Rechtsterrorist soll dem ermittelnden Staatsschutzbeamten nach die »Arbeitsteilung vorgegeben« haben und war an der Motivwahl und dem Vertrieb, welcher primär auf Konzerten und Treffen stattfand, beteiligt.
… und in der Schweiz
Der gesamte Prozessverlauf am Landgericht zeigte eine besondere Affinität des Harald Frank zur Schweiz. Immer wieder kommen dortige Freunde und Treffen zur Sprache. In den wenigen Tagen zwischen der Entlassung aus der Hauptverhandlungshaft in Bayreuth und seiner erneuten Verhaftung im November 2013 fuhr er umgehend in die Schweiz. Wohl auch, um Geld über ein Paypal-Konto auf anderen Namen verschwinden zu lassen. Nicht zuletzt gibt es in der Schweiz ebenfalls ein Chapter der Legion Werwolf. So posiert Frank auf einem Photo zusammen mit dem Schweizer Jonas Schneeberger und Anderen - allesamt in Klamotten der Legion.
Schneeberger musste 2011 als Kandidat der Schweizer Demokraten zurücktreten. Der Grund: Eine Ablichtung zeigt, wie er in der KZ-Gedenkstätte Buchenwald vor einem Bild ermordeter Juden den Arm zum Hitlergruß erhebt. 2012 berichtet das Antifaschistische Infoblatt von einer Verbindung zwischen ihm und dem Waffenschmuggler Sebastien Nussbaumer. Dieser wurde im selben Jahr in Hamburg mit einer geladenen und entsicherten Schusswaffe im Gepäck festgenommen. Er befand sich nach einem gescheiterten Mordversuch an einem anderen Neonazi in Zürich auf der Flucht. Dem schon damals massiv Vorbestraften schreibt SPIEGEL.TV eine Führungsrolle im länderübergreifenden "Netzwerk Kommando Werwolf" gegen das zeitweilig wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung ermittelt wurde. Es wird vermutet, dass sich Nussbaumer nach der Schießerei zu seinen Kameraden der norddeutschen militanten Kameradschaft Weisse Wölfe Terrorcrew absetzen wollte.
Kein Urteil, dafür weiter Haft
Auch Harald Frank wollte sich bei erneuter Repression absetzen - in die Schweiz oder nach Norwegen. Das ergab laut dem Staatsschutzbeamten im Zeugenstand die Telefonüberwachung und brachte Frank wegen Fluchtgefahr in Untersuchungshaft.
Diese wird nun möglicherweise länger andauern als die im Urteil zu erwartende Strafe. Zwischen dem ersten und zweiten Prozesstag ist dem Gericht nämlich aufgefallen, dass schon das Amtsgericht in der ersten Instanz gar nicht zuständig war. Damit hatte Harald Frank die Wahl, entweder das Erstinstanzliche Urteil zu akzeptieren und die verbleibende Reststrafe regulär abzusitzen oder der Zurückverweisung in die Erstinstanz an die Staatsschutzkammer am Landgericht München I zuzustimmen.
Das allerdings birgt das Risiko, dass Harald Frank am Ende länger in U-Haft verbringen muss als die zu erwartende Strafe fordert.
Harald Frank gibt sich trotzig: »Akzeptieren werde ich das Urteil garantiert nicht.«
Ausschlaggebend für die Entscheidung dürften allerdings auch die Überlegungen des Verteidigers Miksch sein. Der Szeneanwalt fürchtet die Rechtskraft des Urteils, da es ein Novum in der Behandlung des Szenecodes »88« darstellen würde. Das Amtsgericht sah laut Endstation Rechts Bayern bei dem Motiv »88 mm« in Verbindung mit dem abgebildeten Geschütz erstmals strafbegründend »eine Gewaltverherrlichung und einen Aufruf zur gewaltsamen Durchsetzung der Politik Adolf Hitlers« verwirklicht.
1. Wiese wurde der Rädelsführerschaft einer terroristischen Vereinigung und mehrerer Waffen- und Sprengstoffdelikte für schuldig gesprochen. Wiese hätte nach Auffassung des Bayerischen Obersten Landesgerichts auch vor einer "blutigen Revolution" nicht zurückgeschreckt.