Für die proletarische Klassenunabhängigkeit

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Unter dem Druck einer erschütternden globalen Wirtschaftskrise sind die Mittelklassen gezwungen, lautstark und teilweise auch gewalttätig zu handeln; aufgrund der Angst, einst erkämpfte “Privilegien” und “Rechte” zu verlieren, sind die Mittelklassen (unter ihnen auch die Arbeiteraristokratie) verängstigt und wütend; sie laufen Gefahr, allzu schnell in die Reihen der Proletarier ohne Sicherheitsnetz abzurutschen.

 

Im gegenwärtigen Jahrzehnt fanden solche Entwicklungen mehr oder weniger überall statt: von den sogenannten “arabischen Frühlingen” (anfänglich aus proletarischem Elan entstanden, aber rasch von kleinbürgerlichen, nationalen Perspektiven einverleibt und lahmgelegt) bis zur jetzigen Gelbwestenbewegung (Angestellte, Professoren, Bankangestellte, kleine Kaufleute, Kleinunternehmer, Kleinbauern, die die erdrückenden Steuern, die Staatsbürokratie, und den Anstieg der Verbrauchssteuern nicht mehr ertragen, ziehen die jungen Leute der Banlieus hinter sich her, um sie dann in den Auseinandersetzungen mit den Bullen einzusetzen). Und so weiter. Nach Jahrzehnten der Illusion und des Verrats, wurden sie von den Gewerkschaften und den institutionellen Parteien im Stich gelassen, die sie hinterlistig für demokratisch-parlamentarische Manöver ausgenutzt hatten; viele Proletarier, die dadurch komplett vereinzelt und auf sich gestellt waren, sahen keinen anderen Ausweg, als sich in diesen Sumpf mithineinziehen zu lassen und da ihre Energie, Wut und Entschlossenheit einzubringen. Vergebens.

All die Parasiten, die seit jeher die Arbeiterklasse befallen, haben ihnen dabei “geholfen”: “Philosophen,” “Nostalgiker der 68er- und 77er-Bewegung”, “dem antifaschistischen Widerstand Nachhängende,” “von Beruf aus Verwirrte,” “Kämpfer und Veteranen” und all ihre verkommenen Sprösslinge – kurz diejenigen die sich, viel zu nett ausgedrückt, eine ihnen nicht zustehende Autorität anmaßen und immer bereit sind, sich auf das Proletariat zu stürzen, um ihm zu sagen, was es tun und lassen soll, und zu zeigen, wo es lang geht. Da diese Brut auf Kosten der Lebensenergie anderer lebt, ist sie stets bereit, zu behaupten, diese „Bewegungen“, diese „Aufstände“ kündigten die künftige Revolution an und die Arbeiterbewegung müsse demzufolge im Schulterschluss handeln, zusammenwachsen, eine “gemeinsame Front” aufbauen.
Wir wollen uns und anderen ganz und gar nichts vormachen: wir halten uns fest an die Klassenperspektive, an die Vorbereitung der Revolution. Die historische und durch die Theorie bestätigte Erfahrung zeigt, dass diese “Bewegungen” und „Volksaufstände“ zwar Zeichen eines tiefsitzenden sozialen Unmutes sind, aber nicht der “erste Akt des neubeginnenden Klassenkampfes” – dieser Neubeginn ist nach den schrecklichen Zerstörungen, die die längste und verheerendste von der Arbeiterbewegung und der kommunistischen Bewegung, ja der Arbeiterklasse selbst je erlittene Konterrevolution mit sich brachte, noch sehr weit entfernt. Eins wollen wir offen erklären: hinsichtlich der Methoden und Ziele des Kampfes gibt es für die Arbeiterklasse und die Mittelklassen keinen gemeinsamen Weg; im Gegenteil, sie müssen getrennte Wege gehen. Man darf die einen nicht mit den anderen verwechseln: Es ist nicht Aufgabe der Kommunisten, eine Annäherung anzustreben, in der Erwartung, dass die rebellische Haltung des Kleinbürgertums zu einer revolutionären wird oder, schlimmer noch, in der Illusion, diese könne umorientiert werden, indem sich “revolutionäre” Elemente den Massen wie durch ein Wunder anschließen als ihre Generäle, die sie nach Belieben hin und her schieben.

Die Aufgabe der Kommunisten ist und wird es immer sein, an jeder sozialen Bewegung positive Kritik auszuüben und die kommunistische Perspektive voranzubringen sowie mit unserer Klasse zusammenzuarbeiten, und zwar ausgehend von den noch seltenen und schwachen Wirtschafts- und Verteidigungskämpfen, die hier und da entstehen, die aber bald zahlreicher, größer und stärker sein werden, – Wirtschafts- und Verteidigungskämpfe stellen ein unentbehrliches Training für die Wiederherstellung der Klassenunabhängigkeit des Proletariats hinsichtlich Kampfmethoden und -ziele, Organisation und Perspektive dar.

Lenin schrieb hierzu in „Was tun“ (LW 5, Seite 436): „Das politische Klassenbewußtsein kann dem Arbeiter nur von außen gebracht werden, das heißt aus einem Bereich außerhalb des ökonomischen Kampfes, außerhalb der Sphäre der Beziehungen zwischen Arbeitern und Unternehmern. Das Gebiet, aus dem allein dieses Wissen geschöpft werden kann, sind die Beziehungen aller Klassen und Schichten zum Staat und zur Regierung, sind die Wechselbeziehungen zwischen sämtlichen Klassen.“

Unter dem Druck nicht bloß ökonomischer objektiver Bedingungen – z.B. Krisen, Verwüstungen, Arbeitslosigkeit, Kriege, zerbröckelnde soziale Verhältnisse – und dank der wiedergefundenen Klassenunabhängigkeit, die eine tatsächliche und nicht illusorische Organisation hervorbringt, werden sich Elemente dieser stark benachteiligten, geschundenen Mittelklassen zu uns gesellen können. Doch sie werden es erst dann tun, wenn sie tatsächlich ihren Weg, ihre Identität, ihre Orientierung, ihre Gewohnheiten, ihr Getue aufgegeben haben! Im Manifest der Kommunistischen Partei lesen wir:
„Die Mittelstände, der kleine Industrielle, der kleine Kaufmann, der Handwerker, der Bauer, sie alle bekämpfen die Bourgeoisie, um ihre Existenz als Mittelstände vor dem Untergang zu sichern. Sie sind also nicht revolutionär, sondern konservativ. Noch mehr, sie sind reaktionär, sie suchen das Rad der Geschichte zurückzudrehen. Sind sie revolutionär, so sind sie es im Hinblick auf den ihnen bevorstehenden Übergang ins Proletariat, so verteidigen sie nicht ihre gegenwärtigen, sondern ihre zukünftigen Interessen, so verlassen sie ihren eigenen Standpunkt, um sich auf den des Proletariats zu stellen.“ (Kapitel I, Bourgeois und Proletarier).

Diese Worte sind von äußerster Aktualität, und man muss sie immer klar vor Augen haben. Wir setzen uns dafür ein, dass sich ein starker, mächtiger, entschlossener “Standpunkt des Proletariats” wieder durchsetzt. Das wird nur die harte Arbeit der kommunistischen Partei ermöglichen. Diese brauchen wir, und zwar dringend; was wir nicht brauchen, ist ein schäbiges, aufs Volk orientiertes und konterrevolutionäres Kuddelmuddel.

Internationale Kommunistische Partei

Übersetzt aus dem Italienischen: Per l’indipendenza di classe del proletariato, il programma comunista Nr. 02, März-April 2019

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