Zizek in ,,Der Freitag“

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Einige Worte des Mitfühlens mit den Opfern des Hamas- Massakers hätte den Raum für Menschlichkeit offen gehalten, auch für die zivilen Opfer unter den Palästinenser: innen.

Der Philosoph Slavoi Zizek sah sich in Folge seiner Eröffnungsrede anlässlich der Frankfurter Buchmesse mit dem diesjährigen Schwerpunktland Slowenien mit seinen Einlassungen zum aktuellen Nahost- Konflikt heftiger Kritik und auch persönlichen Anfeindungen ausgesetzt. In seiner in ,,Der Freitag“ veröffentlichten erläuternden Antwort auf diese Kritik, gehalten im analytischen Duktus einer auf historische Begebenheiten rekurrierenden Selbstrechtfertigung versuchte Zizek seine Position erneut ,,kontextualisiernd“ zu begründen, wobei er mit diesem überbordenden Text die moralische Schieflage nicht nur seiner eigenen, sondern auch die vieler, irgendwie sich ,,links“/ ,,internationalistisch“/ ,,solidarisch“ dünkenden politischen Zusammenhänge nur noch mehr verschlimmbessert. Ich frage mich beim Lesen seiner Zeilen, wo das von vielen Linken, auch jüdischen Linken, welche der Staatspolitik ihres Landes Israels sehr kritisch gegenüber stehen, dieses von ihnen vermisste und mehrfach zitierte ,,Innehalten“ angesichts der grausamen Metzelei der Hamas, auch jetzt, in diesem Text, abgesehen von der durchaus glaubwürdigen Distanzierung Zizeks vom Hamas- Terror, irgendwie zu spüren ist. Zizek präsentiert sich in seinem an der Sachlage und den ,,Fakten“ orientierten Text erneut als Analyse- und Diskursmaschine und versäumt es erneut, die eigene Sprecherposition, ähnlich anlässlich seiner Eröffnungsrede, diese selbst zu ,,kontextualisieren“. Er vermag es bis dato nicht, zu realisieren, dass der Ort, der Anlass und vor allen Dingen der Zeitpunkt einer distanzierenden Bewertung des barbarischen Terrors damals gänzlich ungeeignet waren. Auch sein in der Rede erwähntes ,,Heydrich- Zitat“ war für die meisten Zuhörenden sinnlogisch wohl kaum einzuordnen und verdichtete in seiner Wirkung den Grundtenor der gehaltenen Rede. 
Slavoi Zizek fehlt offensichtlich das Gespür für die Angemessenheit der Wortwahl und den Ton anlässlich eines literarischen Großereignisses, veranstaltet in zeitlicher Nähe zu einem verstörenden Ereignis, dessen Opfer zum damaligen Zeitpunkt noch gar nicht alle geborgen waren, ganz abgesehen von den vielen Geiseln, welche um ihr Leben fürchten mussten und aktuell noch müssen. 
Die Heraushebung eines als solchen nicht zu rechtfertigenden mörderischen Aktes bei einer von Zizek parallel willkürlich vorgenommenen Kontextualisierung deutet hin auf einen Mangel an Empathie und kann, nicht böswillig unbegründet, auch bei glaubwürdiger Distanzierung des Redners, als Relativierung der Hamas- Gewalt verstanden werden.

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Ergänzungen

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