[H] Denns' geplündert

Am vergangenen Dienstag sind wir mit einer handvoll Leuten in den Denn’s Biomarkt in Hannover-Linden am Küchengarten gegangen, haben unsere Einkaufswagen voll gepackt und sind dann ohne zu bezahlen wieder rausgegangen.

 

Den Kram haben wir anschließend an verschiedenen Orte in Hannover verteilt und nach Ladenschluss auch noch eine Kiste vor den Denn’s gestellt. Mit Flyern, die unsere Aktion erklärt haben.

Ein paar Flyer wurden auch während der Aktion schon an Interessierte verteilt. Ohne groß den Kapitalismus zu erklären, haben wir ein paar Sätze zur Inflation und zur ungerechten Verteilung geschrieben und und die Menschen eingeladen sich doch gerne an den geklauten Waren zu bedienen.

Mit dieser Aktion wollen wir uns und anderen aber nicht nur Trüffelschokolade, Nussmuse und geilen Kaffee gönnen, sondern auch Lupinentofu und Rauchsalz-Flüssigwürze. Ähm ja und einen Diskurs zu Umverteilungsaktionen anstoßen meinen wir natürlich.

Dazu möchten wir erstmal festhalten, dass die ganze Sache viel einfacher und auch unspektakulärer ablief als vorher gedacht. Mit unseren Sonnenbrillen, medizinischen Masken und Mützen sahen wir wohl irgendwie komisch aus aber nicht so komisch, dass und irgendwer angesprochen hat. Im Laden haben wir uns 7 Minuten Zeit gelassen und alles in IKEA-Beutel gestopft, die ausgebreitet in den Einkaufswagen lagen. Als wir die Wägen dann einfach an der Kasse vorbei geschoben haben, hat der Kassierer nur verdutzt und irgendwie auch unambitioniert geguckt.

Die anderen Leute vor aber auch im Laden haben gar nicht so richtig gecheckt was passiert ist. War zumindest unser Eindruck. Einerseits natürlich gut, dass uns keine Aktiv-Bürger*innen festgehalten haben. Anderseits träumen wir schon von Plünderungen, die einen eher interaktiven Charakter haben.

Später haben wir einen Teil der Sachen bei einigen Wohnungslosen verteilt, die unsere Aktion ziemlich cool fanden. An den übrigen Orten haben wir es jedoch vorgezogen, die Sachen mit einem entsprechenden Hinweis einfach nur abzustellen. Wer warum die Sachen mitgenommen hat oder eben auch nicht mitgenommen hat, können wir daher gar nicht sagen.

Wir haben Lust von ähnlichen oder anderen Erfahrungen zu hören und möchten Leute motivieren mit öffentlichem Klauen zu experimentieren. Für einige Menschen ist Klauen teil der täglichen Selbsterhaltung, für viele aber auch moralisch verpönt. Ob Flyer oder Aktionserklärungen daran etwas ändern wissen wir nicht.

Fast mythologisch muten die Berichte über die Penny-Plünderung während der Chaos Tage 95 in Hannover an. Vom Hörensagen wissen wir, dass sich da auch „die ältere Dame von Nebenan“ ihre Dose mitgenommen hat. Auch beim G20 in Hamburg haben verschiedene Anwohner*innen Dinge mitgehen lassen.

Wir denken, dass solche Momente eine wichtige Bedeutung haben und der Ausnahmezustand die revolutionäre Alltagspraxis beflügeln kann. Doch was braucht es damit solche Momente entstehen? Und wie lässt sich die oft mühevolle und kleinteilige Basis-Organisierung mit der gemeinsamen kriminellen Erfahrung verbinden? Wie können wir soziale Kämpfe um Umverteilung gemeinsam intensivieren? Und wie können sich diese Kämpfe jenseits von stundenlangen Plena oder vereinzelten Aktionen manifestieren?

 

Einige Ladendieb*innen

 

 

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