Umgang mit Repression in Frankreich

In den letzten Monaten und Jahren lasen wir viel von schillernden Momenten der Revolte in Frankreich. Die hoffnungsvolle Ausstrahlung erreichte uns, aber auch viele andere, die es dort hinzog um die Revoltierenden zu unterstützen, Erfahrungen zu sammeln und sie dann hoffentlich in andere Länder zu tragen um von dort einen gemeinsamen Kampf gegen eine Welt von Grenzen, Unterdrückung und Ausbeutung zu führen.

Gliederung:

- Einleitung
- Vorbereitung
- Vor der Demo
- Bullenstruktur
- Tränengas
- Flashballs
- Vorkontrolle
- Identitätskontrolle – Controle d’identite
- Festnahme  – Arrestation
- Gewahrsam – Garde a vue/Gav
- Verhör
- Schnellverfahren - Comparutions immédiates
- U-Haft – Detention provisoir
- Glossar

Sei dir bewusst das kein Widerstand von den Herrschenden geduldet wird und "bestraft" werden kann, doch gibt uns dies auch die Gewissheit, dass wir niemals frei sein können solange wir diese Verhältnisse nicht überwunden haben. Diese Verhältnisse werden wiederum versuchen uns einzuschüchtern um uns davon abzuhalten unsere Wut auf die Straße zu tragen. Beispielsweise wird nach dem 08. Dezember die Meldung von ca. 1200 Festnahmen verbreitet um die Leute für den folgenden Samstag von der Straße fern zu halten. Diese muss bei genauerer Betrachtung relativiert werden. Bei den meisten handelte es sich um Personalienkontrollen (https://de.indymedia.org/node/27102). Das soll nicht heissen, dass die Bullen keine Festnahmen machen. Seit Beginn der Proteste sind laut Innenministerium 1000 Leute verurteilt worden. Die Wut lässt sich dennoch nicht unterdrücken und bringt die Menschen weiter auf die Straßen, lässt sie Revoltieren und sich solidarisch zeigen. So bei Christophe D. - der Boxer -  https://www.youtube.com/watch?v=gtrTtd0CGK0 innerhalb eines halben Tages 120.000€ an Solikohle bekam, die nun offiziell eingefroren wurden. Auch die erniedrigenden Szenen der Schüler*innen aus der Nordfranzösischen Kleinstadt Mantes-la-Jolie anfang Dezember haben die Machtphantasien der Bullen bis weit in die bürgerliche Gesellschaft getragen. https://netzpolitik.org/2018/frankreich-wie-die-erniedrigung-von-schuele... Das Militärische agieren der Bullen führt immer wieder zu Gegenreaktionen, welche die Gewaltspirale in Gang setzt und die staatliche Herrschaft weiter delegitimieren kann. Der militante Selbstschutz der Demonstrierenden vermittelt sich dann von selbst.  
 Lassen wir uns davon nicht aufhalten oder einschüchtern, sondern bereiten wir uns vor um uns von dieser Unterdrückung zu befreien. Solidarität hat eine lange Geschichte und ist unserer Meinung nach eine wichtige Triebkraft im Kampf gegen Staat, Nation und Kapital. Wir haben mit diesem Text versucht ein paar Informationen und Erfahrungen über die Repressionsbehörden zusammenzutragen, sei es auf der Straße, in der Zelle oder vor Gericht, die dir helfen können dich vorzubereiten und solidarisch zu handeln. Vorallem wenn du nicht genau weisst was auf dich zukommt und wenn es dann mal Brennt und Knallt.  
 Der unvollständige Überblick nennt an manchen Stellen die rechtlichen Vorgaben des Staates, diese unterscheiden sich jedoch bekannterweise von der Realität. An anderer Stelle sind es Erfahrungen, z.B. Taktik der Bullen auf der Straße, die nicht verallgemeinerbar sind, da sie sich meist auf Paris beziehen und nur begrenzt auf andere Städte zu übertragen sind oder auch sich in Paris verändern.

Vorbereitung
Jede Reise sollte etwas organisiert sein.   Wer von deinen Freund*innen, die zuhause bleiben weiß bescheid? Kann im Notfall andere Leute benachrichtigen oder Kontakt zu Anwält*innen aufnehmen, dich unterstüzen und solidarisch handeln?  
 Wenn es nicht möglich ist mit Leuten von vor Ort im Vorfeld zu sprechen, können dir aktuelle Videos von Demos und Events helfen. Beispielsweise wie Leute gekleidet sind und wie sie sich bewegen und verhalten. Uns fällt immer wieder auf, dass es in Frankreich ein anderes Verständnis von Schwarz und Vermummung gibt als in Deutschland. Ein Mindestmaß an Sicherheit und konsequenter Vermummung würden wir nicht unterschreiten aber es kann dir helfen dich anzupassen und in der Masse leichter unterzugehen und nicht durch ein zu schwarz gekleidetes Äußeres herauszustechen.

Vor der Demo
Orentiere dich hier an deinem Verhalten in deiner Stadt. Eine Demo ist erstmal eine Demo, egal wo. Du solltest nicht alleine unterwegs sein, nix dabei haben was auf einer Demo nix zu suchen hat und immer nötige Medikamente dabei haben falls du festgenommen wirst. Sei dir bewusst das du mit deinen Leuten auffällst wenn ihr nicht gut französisch sprecht. Überlegt euch ob ihr vielleicht auch in der Gruppe Englisch sprechen wollt um so eure Herkunft besser zu verschleieren. All das nützt nichts wenn der Bezugsgruppenname "Kartoffelauflauf" ist. Macht euch einen Nachtreffpunkt aus der eindeutig kommuniziert ist und geht sicher dass ihn alle sicher finden können. (Achtet aber auch beim Verlassen der Demo darauf ob ihr verfolgt werdet. Die Bullen setzen manchmal Zivis ein)

 Bullenstruktur

Es gibt in Frankreich zwei Bullenbehörden, die Gendarmerie nationale mit militärischen, und die Compagnies Républicaines de Sécurité mit zivilem Status. Durch die Fortschreitende Militarisierung der Sicherheitsapparate haben sie sich jedoch mehr und mehr angeglichen. Zudem ist das Militär aus dem Stadtbild fast nicht mehr wegzudenken und sichert öffentliche Orte und Plätze. Es kommt bei Demonstrationen jedoch nicht zum Einsatz.
Die Compagnies Républicaines de Sécurité (CRS; deutsch Sicherheitskompanien der Republik) sind vergleichbar mit Bereitschaftsbullen in Deutschland, die vor allem bei Demos und Großereignissen eingesetzt werden.
Die Gendarmerie nationale ist eine andere Bulleneinheit die häufig bei Demos eingesetzt wird und bis 2009 noch dem Verteidigungsministerium unterstellt war. Eigentlich sind sie für den ländlichen Raum zuständig. Die Gendarmerie mobile (GM) ist die Einheit der Gendarmerie nationale, die Speziell für Demos (Crowd Control/ Riot Control) zuständig ist. Die Einheit wurde bereits 1921 gegründet und wird seitdem in den Kolonien eingesetzt um dort ihre Brutalität unter Beweis zu stellen. Die Brigades anti-criminalité (BAC) ist eine zivile Einheit die neben den Streifzügen in den Banlieues auch bei Demos zum Einsatz kommt. Sie stehen meist in Gruppen aus mindestens 6 Schweinen am Rande von Demonstrationen. Sie sind leichter geschützt als die anderen Polizeieinheiten, dadurch aber auch mobiler und schneller. Wegen ihrer Brutalität sind sie besonders gefürchtet. Wenn sie nicht in Zivil am Rand oder auch undercover in der Demo mitlaufen, tragen sie meist unterschiedliche Helme, eine rote schmale Binde am Arm, Rucksäcke und kleine Schilder. Ihre einsatz-taktische Aufgabe besteht unter anderem im psychologischen Effekt. Die Angst vor der BAC! Sie werden auch für Festnahmen eingesetzt. Häufig konnte beobachtet werden wie eine Gruppe BAC aus einer Nebenstraße in die Menge rennt, Leute packt und wild um sich schlägt. Danach ziehen sie sich mit den Festgenommenen, gern an Häuserwänden entlang, hinter CRS Reihen zurück. Beim Rückzug schießen sie wie wild mit Tränengas und Flashballs.
https://www.youtube.com/watch?v=VEptMjPoM6c
Tränengas:
Am häufigsten kommt Tränengas zum Einsatz. Die Granaten werden aus bis zu 200m Entfernung geschossen, öffnen sich in der Luft und fallen dann als kleine Kapseln herunter. Andere werden geworfen und öffnen sich beim Aufprall. Unterschiedliche Fabrikationen haben unterschiedliche Farben an Rauch: Weiß, Orange oder Schwarz. Der sich ausbreitende Rauch enthält CS- Gas und führt sofort zu Reizung von Augen und Atemwegen bis hin zu Übelkeit und Erbrechen. Dichter Rauch kann euch die Orientierung nehmen. Wer es noch nie geschnuppert hat, sollte sich langsam herantasten. Schau wie du individuell darauf reagierst. Alle reagieren anders, Stress und Drogen beeinflussen dein Schmerzzentrum. Mach dir auch nichts vor, bei vielen Demos ist es fast unvermeindlich damit in Berührung zu kommen und die Bullen entscheiden wann sie Gas einsetzen, nicht wir!

 Wie damit umgehen?
Ruhig atmen! keine Panik! Beweg dich nach Möglichkeit nicht alleine, kümmere dich um andere. Schau wie sich der Rauch bewegt. Auf Kreuzungen zeiht der Rauch schneller ab. Die Grananten werden meist in die Straßenmitte geworfen, beweg dich, wenn möglich, gegen den Wind. Achte auf die Farbe des Rauchs, die unterschiedlichen Granaten haben unterschieldiche Konzentrationen an CS- Gas, wirken also unterschiedlich stark. Auch wird das Gas unterschiedlich schnell freigesetzt. Manche Granaten hinterlassen eine Art Rauchwand um so beispielsweise den Rückzug der Bullen abzusicheren. Der Reizstoff heisst 2-Chlorbenzylidenmalonsäuredinitril, das ist ein giftiger brennbarer Feststoff, der sich in Essigsäure löst. Bennetz das Tuch vor Mund und Nase mit einer Wasser Essigsäure/Zitronensäure Lösung. Häufig haben Menschen eine Sprizflasche dabei und bespritzen die Tücher damit. Das regelmäßige Besprizen macht viel aus! Filtermasken bieten zusätzlichen Schutz, können aber bei Vorkontrollen zu Problemen führen (s.u.). Die Gas-Verbindung zerfällt bei starker Erhitzung und Feuer und ist schwerer als Wasser. Schmeiss die Plättchen ins Feuer oder ins Wasser. Immer wieder gibt es Leute, die in der Nähe von kleinen Feuern stehen um einmal durchzuatmen, da sich in der Hitze des Rauchs die Verbindung des Gases auflöst. Viele werfen die kleinen Plättchen zurück. Der Rand des Plättchens lässt sich mit bloßen Händen anfassen. Der Rauch, der aus der Mitte der Scheiben ströhmt ist jedoch heiß. Achte darauf was du wie anfasst. Immer wieder verlieren Menschen eine Hand weil sie eine GLI F4 Granate zurück werfen wollten. Rémi Fraisse wurde 2014 von Bullen durch den Einsatz einer solchen ermordet. Die GLI F4 kombinierte Effektgranate wird von SAE Alsetex hergestellt. Sie enthält 10 g reines CS und 25 g Tolite (TNT- Sprengstoff). Sie sind an ihren gelben und roten Polystyrolköpfen und ihren gelben Kappen zu erkennen. Während der Explosion geben sie schwarzen und weißen Rauch ab und erzeugen eine sehr starke Explosion (165 Dezibel auf 5m).

Triggerwarnung: Bilder schwerer Verletzungen.
https://www.youtube.com/watch?v=h2PjX01WIeA Explosion
https://desarmons.net/index.php/2018/04/17/les-grenades-utilisees-dans-l... https://www.youtube.com/watch?v=dLnkMOb-V3Y

Andere Effektgranaten erzeugen einen lauten Knall und nehmen dir so für einige Sekunden die Orentierung. Es gibt auch Granaten, die mit kleinem Hartgummischrot bestückt sind, welche bei der Explosion umherfliegen und die Umstehenden verletzen können.
Unternehmen: Brüger & Thomet; Combined Systems; SAE Alsetex; Nobel Security jcammo.com (mit Produktbeschreibung)

Flashballs

Flashballs sind Hartgummigeschosse mit 44mm Durchmesser. Mit diesen schießen die Bullen auf demonstrierende. Der große Schmerz setzt die Betroffenen für einige Zeit außer gefecht. Selbst wenn offiziell nur auf Beine und Oberkörper geschossen werden darf, werden immer wieder Menschen am Kopf oder im Genitalbereich getrofffen und verlieren ihr Auge oder tragen andere bleibende Schäden davon. Kümmere dich um die Verletzten, lass sie nicht alleine, bring sie in Sicherheit. kühl die betroffene Stelle wenn möglich und organisiere eine Erstversorgung. Skibrillen oder Splitterfreie Arbeitsbrillen aus dem Baumarkt können deine Augen schützen. Du kannst dich mit verstärkten Transparenten oder Schildern (z.B. Deckel vom Mülleimer) oder auch Tiefschutz (Passivbewaffnung) davor schützen. https://www.verney-carron-security.com/en/3-flash-ball
https://www.youtube.com/watch?v=ubVnXmp_lMI  
 
 Vorkontrolle

Rechtlich können die Bullen dich jederzeit, überall, verdachtsunabhängig nach dem Ausweis fragen, auch unabhänig von demonstrationen (https://www.cilip.de/2013/12/06/identitaetskontrollen-in-frankreich-disk...).
In den letzten Jahren werden verstärkt Vorkontrollen vor dem Startpunkt der Demo durchgeführt. Die Bullen schauen in der Regel in deinen Rucksack und tasten dich "oberflächlich" ab. Zwar ist Passivbewaffnung (Brille, Baumaske, Gasmaske, Tiefschutz, usw. …)  in Frankreich nicht verboten, jedoch argumentieren die Bullen damit, dass du was Verbotenes vor hast, sonst bräuchtest du ja keinen Schutz. Je nach Situation wird dir dein Zeug weggenommen oder du wirst festgenommen.
 Es wurden auch schon Fälle beobachtet in denen Zivi-Bullen alle Verdächtigen, die von der benachbarten Metro-Station kamen an die Vorkontrolle meldeten. Überlegt euch wie ihr Vorkontrollen umgehen könnt und wer was mitnimmt.
 
 Identitätskontrolle – Controle d’identite

Die Identitätskontrolle darf maximal 4 Stunden dauern. Nach 4 Stunden beginnt die Gewahrsamnahme. Solltest du dich bei der Identitätsfeststellung nicht ausweisen wollen, ist das ein Grund dich in Gewahrsam zu nehmen. Du bist rechtlich Verpflichtet dich auszuweisen und die Verweigerung ist strafbar. Eine nicht verallgemeinerbare Erfahrung ist aber, dass du irgendwann aus der Gewahrsam freigelassen wirst für den Fall, dass dir nicht noch weitere Straftaten vorgeworfen werden. Es wird dann ein Verfahren gegen X geführt. 
 
 Festnahme  – Arrestation

Sollten dich die Bullen festnehmen, wirst du nach einer meist oberflächlichen Durchsuchung in den Gefangenentransporter gebracht, je nach Situation, mit anderen Festgenommenen. Die akribische Durchsuchung wird der Erfahrung nach aber erst auf der Bullenstation gemacht. Somit haben häufig Mitgefangene ihr Handy bei sich und können aus dem Auto heraus Angehörige/Anwält*in/ Freund*innen informieren. Gleichzeitig ist das Handy ein Risiko für dich und andere, da die Bullen je nach Vorwurf das Handy auswerten werden und Ermittlungsverfahren (auch gegen Dritte) einleiten. Genau wie in Deutschland werden dabei immer häufiger Standortdaten ausgewertet und Menschen allein aufgrund ihres Aufenhaltes an einem Ort „X“ zum Zeitpunkt „Y“ für schuldig befunden. Die schwersten Strafen der letzten Jahre sind mit Videoaufnahmen begründet worden (z.B. Quai de Valmy-Bullenkarre).

 Gewahrsam – Garde a vue/Gav

Je nach Festnahmesituation wirst du in einer Einzel- oder auch Sammelzelle mit anderen festgehalten. Die Gewahrsamnahme darf maximal 48 Stunden dauern, kann jedoch in besonderen Fällen auf 72 Stunden verlängert werden. Du hast eigentlich ein Recht auf Kontakt zu deinem Anwalt und einen Arztbesuch sowie einen Anspruch auf Übersetzung. Der Arzt wird von den Bullen gestellt. Der Anwalt muss von dir genannt werden, sonst bekommst du einen Pflichtanwalt. Du musst den Namen des Anwalts nennen. Es reicht nicht die Telefonnummer anzugeben. Wenn der 1. Anwalt nicht erreichbar ist, kannst du einen 2. nennen. Wenn dieser auch nicht erreichbar sein sollte, bekommst du eine Pflichtverteidigung. Du selbst darfst niemanden anrufen.   In Paris organisieren sich die solidarischen Anwält*innen untereinander. So kann es vorkommen, dass du vielleicht jemand anderen bekommst. Frage die Anwält*in ob sie mit dem Legal Team Paris zusammenarbeitet. Nerke dir den Namen der Solidarischen Anwälte! Diese werden auf den Demos bekannt gegenen werden, auch werden kleine Zettel vom Leagel- Team auf der Demo verteilt.
 Deine Anwält*in darf offiziell niemandem von deiner Gewahrsamnahme berichten, da der Staat in der Zeit deiner Gewahrsamnahme von einer möglichen Verdunklungsgefahr ausgeht. Deine Anwält*in kann sich jedoch mit deiner deutschen Anwält*in in Verbidung setzen. Das kann für dich wichtig sein damit benötigte Dokumente beschafft werden können. Du solltest im vorhinein mit deinen Freund*innen absprechen welche französischen Anwält*innen du nennen möchtest und welche deutschen Anwält*innen dich vertreten. Sonst gleicht die Gewahrsamnahme in Frankreich der deutschen. Bullen sind eben Bullen und die Justiz in den Händen der Herrschenden.

 ED Behandlung

Du kannst nicht gezwungen werden Fingerabdrücke oder DNA abzugeben, die Verweigerung ist jedoch strafbar bis hin zu Knast. Am wahrscheinlichsten sind jedoch Geldstrafen. Die Bullen bedienen sich manchmal einem Trick um an deine Fingerabdrücke oder deine DNA zu kommen (pass auf, was du in Gewahrsam anfasst). Die strafbare Verweigerung wird dennoch weiterverfolgt.

Verhör

Französische Bullen sind es nicht gewöhnt, dass die Aussage verweigert wird. Dennoch gilt auch hier: Ich verweigere die Aussage, oder du schweigst. Auch dann, wenn beispielsweise nicht-solidarische Anwält*innen dich dazu drängen Teilaussagen zu machen.
Du hast das Recht die Aussage zu verweigern.

Schnellverfahren - Comparutions immédiates

Die Gerichte als auch viele nicht-solidarische Anwält*innen bevorzugen ein Schnellverfahren, da es für sie weniger Arbeit bedeutet und drängen deshalb oftmals die Betroffenen dazu. Der einzige Vorteil eines Schnellverfahrens ist, dass du am Ende des Tages dein Urteil hast. Du kannst und solltest jedoch das Schnellverfahren ablehnen. Es ist sehr ungünstig für dich, weil du dich mit deiner Anwält*in nicht vorbereiten konntest, keine Zeit hattest dich zu besprechen und die Akteneinsicht erst kurz vorher stattfindet. Es gab auch schon Fälle in denen Betroffene ihre Anwält*in gar nicht vorher kennengelernt/gesprochen haben (https://twitter.com/raphkempf/status/1083456650072203268). Du kannst dich im Schnellverfahren darauf berufen, dass du keine Zeit hattest dich auf die Verteidigung vorzubereiten und du es deswegen ablehnst. Die Richter*in und Staatsanwält*in werden dann jedoch deine U-Haft prüfen. Es besteht das Risiko, dass du in U-Haft kommst.   Solltest du das Schnellverfahren akzepieren, wirst du mit vielen anderen gleichzeitig verhandelt. Das Urteil wird erst am Ende des Tages bekannt gegeben. In der Regel sitz du den ganzen Tag im Gerichtsgewahrsam (Depot) mit anderen, die auch ein Schnellverfahren bekommen. Es gibt jedoch keinen Zeitplan, sodass deine Freund*innen oder Familie erst kurz vorher erfahren wann deine Verhandlung stattfindet.
Faktoren die bei dieser Prüfung gegen U-Haft sprechen sind: Du hast deinen Ausweis vorgezeigt und dich ED-Behandeln lassen, DNA abgegeben sowie eine gute Sozialprognose vorgelegt (Arbeit, fester Wohnsitz, Kinder, Ehe… wichtig ist jedoch, dass das Gericht die auf Französisch übersetzten und notariell beglaubigten Nachweise verlangt). Für uns ist jedoch die (nicht) Abgabe von Fingerabdrücken, DNA oder auch einer Sozialprognose eine politische Entscheidung. Zudem ist es schwierig für die Strafverteidigung rechzeitig an die Dokumente zu gelangen. Es kann sinnvoll sein für den Fall benötigte Dokumente bei deinen Anwält*innen in Deutschland zu hinterlegen. Deine französische Anwält*in kann, wenn du vor Sozialarbeiter*innen der Justiz eine Sozialprognose abgeben möchtest deine deutschen Anwält*innen kontaktieren und so an die Dokumente kommen.

 
 U-Haft – Detention provisoir

Wenn du in U-Haft genommen worden bist, wirst du, anders als in Deutschland, in den Regelvollzug gebracht. Die Haftbedingungen der U-Haft sind sehr ähnlich wie die reguläre Haft. Du kannst innerhalb von 10 Tagen gegen die U-Haft Entscheidung des Gerichts Berufung einlegen und es kommt zu einer neuen Haftprüfung. In U-Haft hast du theoretisch Anspruch auf 3 Besuche pro Woche. Nach ca. 1-1,5 Monaten kann es sein, dass dein Prozess stattfindet. Der Zeitraum ist jedoch ein subjektiver Erfahrungswert und lässt sich nicht verallgemeinern! Es kommt vor das Leute mit sog. “unpolitischen” Vorwürfen 2 Jahre in U-Haft sitzen.
 Wir hoffen einen kleinen Überblick gegeben zu haben. Zu dem Punkt Haft gäbe es auch viel zu sagen, jedoch verweisen wir hier auf eine kleine Linksammlung. Dort findest du Informationen bezüglich Besuch, Kohle, Briefe u.a.
 Links
 http://gipfelsoli.org/Antirepression.html
 http://breakout.blogsport.de/materialien/
 https://e-justice.europa.eu/content_rights_of_defendants_in_criminal_pro...
 
 Glossar

 Audience – Prozesstag Avocat – Anwält*in Tribunal de grand instance (TGI) – Gerichtshof Commis.e d’office – Pflichtverteidiger*in Aide juridictionnelle – Prozesskostenhilfe Outrage – Beleidigung Rebellion – Widerstand Dégradations de biens – Sachbeschädigung Violence contre personne dépositaire de l'autorite publique – Bullenschubsen 

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