[Wien] Prozessbericht eines Gefährten bez. schwerer Sachbeschädigung

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Prozessbericht vom 8.10.2017 / Landesgericht Wien

 

Heute fand der erste Prozesstag, von voraussichtlich zwei Verhandlungstagen am Landesgericht Wien statt. Die Anschuldigungen richteten sich gegen einen Gefährten, der seit langer Zeit ein widerständiger Geist Wien´s ist. Ihm wurde „schwere Sachbeschädigung“, sowie der Delikt der „Urkundenfälschung“, in Verbindung mit „Betrug“ vorgeworfen. An der Aktenlage war schon im Vorhinein deutlich sichtbar, dass hier nicht nur Straftaten, sondern auch Gesinnungen verhandelt werden. Gesinnungen, die dem Staat und seiner Anhänger*innenschaft übel aufstoßen. Die Beschuldigung der „Schweren Sachbeschädigung“ bezieht sich unter anderem auf eine Vielzahl von politischen Gaffitis. Mit besonderer Vehemenz wurden Fahndungsversuche, wie zum Beispiel die Veröffentlichung von Fotos in den Tageszeitungen „HEUTE“ und „ÖSTERREICH“ unternommen. Glücklicherweise erfolglos, denn obwohl unser Gefährte von einem Bullen aus der Polizeiwache „Koppstraße“ denunziert wurde, gelang es den Bullen nicht ihn zu finden. Als ihnen kein Fahndungserfolg mehr in Aussicht stand wurde unser Gefährte durch einen Haftbefehl seit Mitte Januar 2018 gesucht. Er wurde schließlich bei einer stichprobenartigen Grenzkontrolle festgenommen und in die Untersuchungshaft entführt. Bei der ersten Haftverhandlung wurde unser Gefährte entlassen, nachdem er zugegeben hatte eine Videokamera unschädlich gemacht zu haben und sich dazu bekannt hatte, einen Pressausweis mit anderem Namen verwendet zu haben um sich unter anderem vor Schwarzkapplerei zu schützen.

 

 

 

Ca. ein Monat nach der Untersuchungshaft wurde am Montag den 8.10. die Hauptverhandlung angesetzt bei der 2 Zeugen geladen waren.

 

Etwa 25 solidarische Menschen folgten einem Aufruf den Angeklagten zu unterstützen und drängten sich in den viel zu kleinen Gerichtssaal. Der offensichtlich irritierte Richter Farkas ließ alle anwesenden Besucher*innen im Gerichtsaal zu. So nahm das Spektakel seinen Lauf und unser Gefährte beharrte darauf eine Prozesserklärung abzugeben. Dies wurde nach mehrmaligen Unterbindungsversuchen, seitens des Richters, mit Unterstützung der Verteidigerin Alexia Stuefer, durchgesetzt. Sie berief sich dazu auf den Paragrafen § 245 StPO, in dem es sinngemäß heißt, dass die angeklagt Person eine zusammenhängen Darstellung der Geschehnisse, in Form einer Erklärung, vorbringen kann.

 

 

 

 

 

DIE PROZESSERKLÄRUNG

 

 

 

Ich möchte eine Erklärung abgeben, zu den Vorwürfen die es gegen mich gibt.

 

Ich werde etwas zur Sachbeschädigung sagen.

 

Ich werde etwas zur Urkundenfälschung sagen.

 

Ich werde etwas zu diesem Verfahren sagen.

 

Ich weise gleichzeitig daraufhin, das ich für den Rest des Verfahrens von meinem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch machen werde.

 

 

 

Zum Verfahren:

 

Ich finde es liegt klar auf der Hand das es sich hier um ein politisches Verfahren handelt.

 

Einerseits weil von Anfang an der LVT involviert war. Das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung.

 

Andererseits weil ich mir fast sicher bin das nicht so ein TamTam für Farbe an Wänden gemacht worden wäre, wenn nur KrixiKraxi-Zeichnungen gesammelt worden wären. Es wurden von der Polizei Botschaften mit klar politischen Inhalten gesammelt.

 

 

 

Da es ein politisches Verfahren ist, ist es mir wichtig ein politisches Statement dazu abzugeben.

 

 

 

Die Methoden die hier von der Polizei und von der Staatsanwaltschaft in Anschlag gebracht worden sind waren ein krasser Eingriff in mein Leben.

 

Die Fahndung mit den Fotos in den Tageszeitungen.

 

Die Verhängung der Untersuchungshaft.

 

Diese repressiven Verfolgungsmaßnahmen gegenüber mir bzw. vielmehr gegenüber jene die politische Slogans auf Wände sprühen ist gelinde gesagt Gesinnungshetze die all jene unter Generalverdacht stellt die mit den Inhalten der Slogans sympathisieren - Wie mich.

 

Oder die schon einmal etwas politisches an die Wand gesprüht haben und dafür verurteilt wurden - Wie mich.

 

 

 

Ich werde nun konkret auf die Vorwürfe eingehen:

 

 

 

Zur Sachbeschädigung:

 

Ich hab mich schuldig bekannt eine Videokamera vorübergehend außer Funktion gesetzt zu haben, die den öffentlichen Raum abfilmt.

 

Ich weise jedoch darauf hin das ich mit all den anderen Sachbeschädigungen nichts zu tun habe.

 

 

 

Alleine der Verdacht, dass jemand der einmal eine Videokamera anschmiert, und ein anderes mal ein A mit Ringerl sprühte - für alle möglichen Graffitis in der Stadt zu allen möglichen Zeiten zur Verantwortung gezogen werden soll, zeigt nur wie weit staatliche Gesinnungsrepression reicht.

 

Ich gab bei der Haftverhandlung an, dass mich die Videokamera genervt hat.

 

Ich muss präzisieren - nicht die Videokamera hat mich genervt.

 

Das gesellschaftliche Klima nervt mich.

 

Ein gesellschaftliches Klima in dem es legitim scheint, dass alle überall überwacht werden.

 

Ich bin gegen die Kontrolle des öffentlichen Raums durch Securitys, Videokameras usw.

 

Ich bin der Überzeugung das wir selber am Besten regeln können was wir wollen.

 

 

 

Zur Urkundenfälschung:

 

Ich habe mich im Zuge der Haftverhandlung außerdem der Urkundenfälschung für schuldig bekannt.

 

Wie ich bereits in der Haftverhandlung gesagt habe, hab ich mir eine zweite Identität geschaffen um investigativen Journalismus zu betreiben.

 

Zweimal habe ich den Presseausweis bei Ticketkontrollen in öffentlichen Verkehrsmitteln verwendet - ich finde es legitim, weil ich der Überzeugung bin das es für alle Menschen, unabhängig ihrer ökonomischen Situation möglich sein soll mit den öffentlichen Verkehrsmittel überall hinfahren zu können.

 

 

 

Das für diese Delikte ein derartiger Verfolgungswahnsinn gegen mich betrieben wird schockiert mich nicht. Der Staat und seine Anhänger_innenschaft hatten schon immer Angst vor jenen die ihnen nicht gehorchen.

 

 

 

Freiheit für Alle!

 

 

 

 

 

Anschließend wurde einer der beiden Zeugen zum Vorwurf der Sachbeschädigung befragt. Der in Rudolfsheim-Fünfhaus tätige Hauswart gab an er habe an einem Morgen im Februar 2017 ein Graffiti an der Hauswand entdeckt und bei der Polizei zur Anzeige gebracht.

 

Auf die Frage des Richters ob er sich an die Art des Graffitis erinnern kann gab dieser an es war blau oder rot, und das es dort immer wieder Graffitis gibt.

 

Schmunzeln im Gerichtssaal gab es bei der anschließenden vom Zeugen aufgeforderten Rückvergütung eines Tickets für den öffentlichen Verkehr über 4,80€.

 

 

 

Der zweite und letzte Zeuge wegen der Sachbeschädigung gab an er sei im Ausland.

 

Der Richter vertagte die Verhandlung auf den 12. November 2018, 9Uhr morgens.

 

 

 

An der Fassade des Gerichtsgebäudes waren schwarze und violette Farbflecken wahrnehmbar die offensichtlich erst kützlich ihren Weg dorthin gefunden haben...

 

 

 

 

 

 

 

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Ergänzungen

"Schmunzeln im Gerichtssaal gab es bei der anschließenden vom Zeugen aufgeforderten Rückvergütung eines Tickets für den öffentlichen Verkehr über 4,80€." 

 

Echt jetzt? 

ich denk mal das schmunzeln bezieht sich auf die ausführungen des angeklagten wegen dem ohne-ticket-fahren. also ich verstehs eher solidaritätsmäßiges schmunzeln - das sich zuerst der richter was zu ohne-ticket-fahren anhören muss. und dann einem zeugen eine ticketrückerstattung geben muss. aber aus einer klassenkämpferischen perspektive ist es natürlich scheisse vom klassenfein (richter) ein ticket zu erbeten