[Le] Ein kleiner Nachtrag zu der Demo am 13.12

 

Disclaimer: Die Demo-Einschätzung wurde von Einzelpersonen geschrieben und spiegelt nicht die Meinung der gesamten OAV wider. Wir sind eine Vernetzung, in der viele Menschen ihre Texte nach dem Konsensprinzip verbreiten können. 

 

 

Dies soll keine praktische Auswertung sein. Die Demo war kraftvoll, laut und es flogen teilweise gut gezielt Farbbomben und Böller. Worum es uns aber geht, ist eine inhaltliche Kritik. Erstmal stellt sich überhaupt die Frage, nach dem Sinn von Redebeiträgen bei -3 Grad und einem reinen Szeneevent. Wir wissen alle wofür wir da waren und eine Black-Block-Demo spricht sowieso keine Normalbevölkerung an. Die Redebeiträge hätten auch angekündigt sein können mit dem Verweis auf Start der Kundgebung um 19 Uhr und Loslaufen ab 20 Uhr. Dadurch gebt ihr Menschen, die Angst vor Vorkontrollen und Abfilmen haben, die Möglichkeit später zum Aufzug dazu zu kommen und nicht die ganze Zeit in der Kälte stehen zu müssen. 

 

 

Die Redebeiträge waren mehr als schlecht. Alle zusammen sprachen in hochtrabenden Worten, die sie wahrscheinlich selbst kaum verstehen. Wir müssen lernen unsere Kritik und Utopie klar und deutlich auszudrücken ohne Rumgeschwafel. Der erste Redebeitrag von "Eltern gegen Polizeigewalt" berief sich ständig auf die Verfassung und wies darauf hin, dass ja nicht alle Bullen scheisze sind, NACAB quasi. Solche Kritik kann auf bürgerlichen Anti-Nazi-Protesten sinnvoll sein, aber ist auf Anti-Polizei-Demos peinlich. Der Verballradikalismus in den Mobi-Plakaten von brennenden Polizeiautos oder Molotowcocktails auf Transpis, ohne dass welche zum Einsatz kommen, war einfach nur mackrig und peinlich, insbesondere duch diesen ersten bürgerlichen Redebeitrag.

 

 

Der Redebeitrag von Copwatch war gut, aber schloss leider mit der Phrase, dass wir andere Strategien entwickeln müssen um Probleme ohne die Polizei zu lösen, also um diese abzuschaffen. Ihr habt ein sehr interessantes Konzept dazu, stell dies gerne vor und macht euch damit angreifbar und kritisierbar. Wir sollten endlich mit dem Bilderverbot, also dem Verbot von Vorstellung der Utopie in der anarchistischen Szene brechen.

 

Die anderen Redebeiträge blieben auch sehr hinter unseren Erwartungen. Kritisiert wurde fast nur, dass es zu viele Nazis in der Polizei gäbe, als ob die Polizei besser wäre, wenn sie aus SPD Wähler*innen bestehen würde. Andere systematische Kritiken wurden leider nur sehr idealistisch und verschachtelt vorgetragen, das heißt ohne klare Fakten und Argumentationsketten. Wir müssen als Anarchist*innen lernen unsere Kritik klar und deutlich auszusprechen um damit Menschen überzeugen zu können. Wir wollten daher gar nicht so hart die Gruppen kritisieren, sondern denken, dass die Redebeiträge symptomatisch für die linksradikale Szene waren. In der Regel ist kein Wissen vorhanden, warum wir eigentlich den Staat und die Polizei hassen. Wir laufen daher oft undifferenzierten kommunistischen Phrasen hinterher, wenn es um Polizeikritik geht.

 

 

Deswegen von uns ein paar Argumente, warum wir die Polizei hassen: 1. Die Polizei hält die Eigentumsordnung aufrecht. Sie hält damit Ausbeutung, Spekulation und Raub durch Miete aufrecht. Sie stehen zwischen dem Hungernden und dem Stück Brot im Geschäft, zwischen dem Obdachlosen und dem leeren Haus. 2. Die Polizei setzt die Disziplinargesellschaft durch. Sie setzt das Prinzip Strafe durch und denkt, dass Menschen sich dadurch bessern oder dass sie es verdient hätten. 3. Damit hängt zusammen, dass die Polizei über dein Leben bestimmt. Sie sagt dir was du konsumieren darfst und wo du schlafen sollst. Das Problem sind nicht die „Herrschenden“, sondern alle Autoritäten die im Alltag befehlen, kontrollieren und bestrafen. Die Polizei ist kein Freund und Helfer, sondern eine Autorität über dir. Sie diszipliniert dich im Alltag und sei es im  besten Fall nur durch ihre bloße Existenz.

 

 

4. Autoritäten, wie die Polizei, neigen zu Willkür. Im besten Fall ist es eine schikanierende Polizeikontrolle, im schlimmsten Fall ist es Mord. Das Gefühl von Macht verdirbt Menschen. Sie sehen sich selbst als etwas besseres an und fangen an nach ihren eigenen Maßstäben willkürlich zu handeln. Wer kennt nicht die ekelhaften machtberauschten Bullen oder Beamten, denen es offensichtlich Spaß macht zu sehen wie du unter Ihnen stehst. Macht führt daher auch zu Korruption und Korpsgeist der Mächtigen untereinander. 5. Macht stellt Menschen immer über andere und wirkt sich auch problematisch auf das Denken der Mächtigen über die Beherrschten aus. Sie denken, dass die Beherrschten passiv, faul, aggressiv und unsozial wären. Genau deswegen haben die Cops Feindbilder, die dazu führen, dass sie schikanieren und im schlimmsten Fall töten. 

 

 

Eine wirklich unappetitliche Sache, war außerdem der internationalistische Block von Zora, Young Struggle und Internationaler Jugend. 20-30 Menschen sahen aus wie aus dem letzten Babylon Berlin Filmdreh ausgebrochen, auch mit ähnlich antiquierten Inhalten. Es wurde sich schon im Vorfeld undifferenziert auf die palästinensische Bewegung berufen und es kam zu "Intifada" Rufen auf der Demo. Wir erinnern: In der ersten Intifada kam es, neben vielen palästinensischen Toten, zu hundert Morden an jüdischen Zivilist*innen und mehreren hunderten Morden an vermeintlich palästinensischen Kollaborateur*innen. Ab der zweiten Intifada begannen Messerangriffe auf jüdische Zivilist*innen.

 

 

Warum muss der Israel-Palästina Konflikt am 13.12 in Leipzig ausgetragen werden? Warum können in Leipzig auf linken Demonstrationen solche Parolen unwidersprochen fallen? Warum  lassen die Veranstalter*innen die Teilnahme von solchen Blöcken zu? Kommunst*innen wollen sowieso keine Abschaffung der Polizei, sondern im Gegenteil mehr Überwachung und Repression, siehe realsozialistische Staaten. Können wir nicht inhaltlich und ästethisch anspruchsvollere Demonstrationen machen, ohne diese kläglichen Anhängsel von 20-30 Personen? Unappetitlich waren auch die F*Wort Rufe von einer Einzelperson aus der Demo, diesen wurden aber sofort lautstark widersprochen.

 

 

Wir haben übrigens verschiedene Meinungen zum Israel-Palästina Konflikt in unserer Vernetzung und tolerieren auch unterschiedliche Meinungen auf Demos, aber undifferenzierten Ansichten sollten kein Raum gegeben werden.

 

 

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Ergänzungen

Ihr sagt Redebeiträge wären überflüssig auf einer Black Block Demo da eh alle wüssten worum es geht und beschwert euch anschließend meinungsstark über deren Inhalte. Seht ihr selber den Widerspruch hoffe ich. Diskurs und Inhalte sind wichtig, Sonst kann mensch sich das Ganze auch sparen. Und Hass ist ja schön und gut als identitätspolitische Haltung aber ersetzt keine gesellschaftliche Debatte.

Die Annahme, dass keine Inhalte besser wären als "Falsche" ist ein großer Irrtum. Wer definiert denn im Zweifelsfall ob Inhalte nun falsch oder richtig sind? Ihr? Das Zentralkommitee? Letztlich geschieht dies aus der Vorbereitung heraus und da können ja durchaus unterschiedliche oder sich sogar widersprechende Perspektiven eingenommen werden. Ihr seht (oder fordert?) stattdessen eine inhaltliche Hegemonie. Eine solche steht jedoch im Widerspruch zu offenen und libertären Organisationsformen. Ihr nehmt an das keine Inhalte die euren abbilden, eben nicht die "Falschen" seien. Hier liegt eine Vereinnahmung vor. Weder denkt der Black Block so wie ihr, noch hat er überhaupt eine einheitliche Ideologie. Bewegungen sind divers und das ist gut so. Wozu Inhalte und Redebeiträge wichtig sind, ist unter anderem, dass dies deutlich und bewusst wird und sich abbildet. Nur dann können wir uns nämlich auch konstruktiv über Inhalte streiten und Debatten weiterentwickeln.