Outing-Aktion bei Nazis in Gorbitz und Seidnitz oder die berühmteste letzte Reihe der Welt...
In der Nacht von Mittwoch den 9. auf Donnerstag den 10. November wurden in Gorbitz, sowie Seidnitz die Neonazis Dominic Keller, Nick Fischer und Rene Foerster geoutet mittels Flyer, Plakaten und Spruehfarbe. Ihnen gemein ist Teilnahme am Angriff auf Connewitz am 11.1.2016. Im folgenden unsere Erklaerung dazu.
Am 11. Januar 2016 griffen etwa 250 Neonazis den Stadtteil Connewitz in Leipzig an und verwüsteten eine Straße und die darin liegenden Geschäfte. 215 von ihnen ließen sich später von der Polizei festnehmen. Der Rest flüchtete. Fast zwei Jahre später begannen die ersten Prozesse gegen die Festgenommenen.
Bei ihnen handelt es sich um die Crème de la Crème der gewaltbereiten Neonazi-Szene Sachsens: Schläger wie Sebastian Reiche aus dem Blood&Honour Umfeld, Kampfsportler wie Brian Engelmann und Möchtegern-Terroristen wie Nick Fischer.
Während der Prozesse leugneten alle die Teilnahme an den Ausschreitungen. Ein Beispiel: Brian Engelmann, Rechtsreferendar und, wie erwähnt, Kampfsportler, sagt, er habe eigentlich nur zur Legida-Demonstration gewollt, sich dann aber nicht aus dem Mob herausgetraut und sei in der letzten Reihe gelaufen - wie fast alle Angeklagten.
Die Justiz glaubt den offensichtlichen Lügen der Neonazis. Eine fundierte Aufklärung der Hintergründe und Organisation der Ausschreitungen fand nicht statt und wie in vielen anderen Fällen rechter Gewalt schien es darum zu gehen die Prozesse möglichst schnell zu beenden. Neonazis haben von der bürgerlichen Justiz in Sachsen generell nichts zu befürchten, wenn sie nur Reue zeigen oder ihr Handeln kleinreden, um danch weiterzumachen wie bisher.
Bei vergleichbaren Verfahren gegen Linke, Anarchist*innen und Antifaschist*innen setzt die Exekutive ihre schärfsten Mittel ein. Beispielhaft sind die Prozess um die Angriffe auf die Demonstration am Rondenbarg zum G20 2017 in Hamburg.
Deshalb bleibt nur Eines zu tun: Lasst uns die längste letzte Reihe zur berühmtesten der Welt machen. Jeder einzelne der 215 Neonazis sollte sicher sein, dass wir ihre Namen nicht vergessen! Allein in Dresden gibt es (mindestens) 45 Neo-Nazis und rechte Schläger die an den Angriffen beteiligt waren [https://web.archive.org/web/20200118215526/https://le1101.noblogs.org/post/tag/raum-dresden/]. Sie sind noch immer in der einen oder anderen Form als Faschist*innen aktiv!
Drei von ihnen haben wir deswegen besucht und ihre Nachbarschaft über ihr Treiben informiert und Grüsse an ihren Wohnanschriften gelassen. Bei ihnen handelt es sich um Dominic Keller, der eng mit der Freien Kameradschaft verbandelt war, Nick Fischer, verurteilter Neonazi aus eben genannter Gruppe, und Rene Förster, der auch am Angriff auf Connewitz beteiligt und bei zahlreichen NPD-Aktionen zu sehen war.
Alle drei machen aus ihrer Ideologie keinen Hehl, wir hoffen wir sorgen bei ihnen trotzdem für ein wenig Unwohlsein.
Verteidigt den militanten Antifaschismus!
Der Prozess gegen unsere Genoss*innen vor dem Oberlandesgericht Dresden soll genau das verhindern: Dass Neonazis für ihre Taten zur Rechenschaft gezogen und in ihrem Handlungsspielraum eingeschränkt werden. Die Staatsanwaltschaft will Antifaschismus entpolitisieren und auf eine Stufe mit Hooliganismus stellen, damit er von der Justiz leichter verurteilt werden kann. Um den konsequenten Widerstand gegen den Faschismus zu spalten, werden die einen als gewalttätige Schläger*innen abgestempelt, von denen sich alle anderen manierlich zu distanzieren haben. Die guten, friedlichen, willfährigen Antifaschist*innen gegen die bösen Gewalttäter*innen denen es nicht um Inhalte geht. Da machen wir nicht mit.
Leider vermittelt der Auftritt des Kronzeugen Domhöver vor Gericht genau den Eindruck einer unpolitischen Schlägertruppe. Allerdings haben wir ein wenig mehr zu sagen als er.
Es wäre ein Leichtes, jede Kritik an militanter Politik mit einem Verweis auf all die Neoazis und Rassist*innen in den Institutionen des deutschen Staates abzutun. Heimlich, still und leise haben sie die AfD salonfähig gemacht. Sie haben den NSU bei 10 Morden unterstützt und danach Aufklärung versprochen. Bis heute gibt es keine Aufklärung. Sie haben die Festung Europa gebaut und lassen jeden Tag Menschen im Mittelmeer ertrinken. Jeder vernünftige Mensch wird sich von ihnen nicht vorschreiben lassen, was richtig und was falsch ist. Aber machen wir es uns nicht zu einfach und gehen noch ein wenig weiter:
Der Faschismus ist eine Ideologie unserer modernen Gesellschaft. Er entsteht unter den Bedingungen der industrialisierten, kapitalistischen Produktionsweise. Es hat ihn vorher nicht gegeben und es wird ihn auch danach nicht geben, denn:
Die Warenproduktion im Kapitalismus führt immer und immer wieder zu materieller Ungleichheit zwischen den Menschen. Die einen werden arm, die anderen reich. Wenn die einen nicht arm wären, wären die anderen auch nicht reich. Um diese Ungleichheit zu rechtfertigen, braucht es Ideologien wie Antisemitismus, Rassismus oder Sexismus. Weil Frauen angeblich schlechter arbeiten und besser Kinder erziehen, werden sie mies bezahlt. Die Sorge um die Ehemänner und Freunde, die sich kaputt arbeiten müssen, wird auf Frauen* abgeschoben. Auf diese Weise müssen sich die Unternehmen nicht weiter um die Wiederherstellung der Arbeitskraft in der Freizeit kümmern. Beziehungspflege wird abgewertet, weil sie keinen finanziellen Mehrwert bringt.
In ähnlicher Weise hat sich der Antisemitismus mit den kapitalistischen Bedingungen verändert und radikalisiert. Von einer religiös motivierten Feindschaft bis hin zum Rassenfanatismus des Nationalsozialismus. Die Ursache ist die Teilung der Produktion im Kapitalismus, in die Warenproduktion in Fabriken und eine Finanzsphäre, die der Spekulation mit Kapital dient. Beides gehört zusammen. Neue Industrieanlagen und Maschinen zur Ausweitung der Produktion wären nicht möglich, wenn die Kapitalisten nicht fleißig mit ihren Gewinnen im Finanzsystem spekulieren könnten. Das antisemitische Ressentiment hingegen verklärt die Lohnarbeit in der Produktion zur guten, deutschen Arbeit. Die Finanzsphäre wird für die Krisenerscheinungen des Kapitalismus verantwortlich gemacht. So wird der Zusammenhang zwischen Warenproduktion und Finanzkapital aus den Augen verloren, und den Arbeitern werden, statt ihrer Chefs, die Jüd*innen als Feind*innen präsentiert.
Anstatt diese Verhältnisse anzugreifen und Ausbeutung und Unterdrückung ein für alle Mal zu beenden, verklären Faschist*innen die Verhältnisse: An die Stelle des Klassenkampfes setzen sie die Volksgemeinschaft, an die Stelle der Solidarität propagieren sie die Konkurrenz und an die Stelle der Freiheit setzen sie die Unterordnung in der Hierarchie.
Außerdem nimmt die Verstrickung zwischen Faschist*innen und dem Staat auf ganz praktische Weise wieder zu. Die alten Nazis sind endlich aus ihren Ämtern verschwunden, wohlgemerkt weder freiwillig noch gewaltsam, denn in der BRD wurde nie konsequent mit den alten Nazis aufgeräumt. Aber ihre Nachkommen machen sich erneut in den staatlichen Institutionen breit: Uniper, Nordkreuz, "Skandale" und "Einzeltäter" bei der Bundeswehr, der Polizei und den Geheimdiensten allenthalben. Die strammen Nazis, die gezielt in die Sicherheitsorgane eindringen, um sich Zugang zu Ausrüstung und Wissen zu verschaffen, sind die eine Seite der Medaille. Die andere Seite ist, dass die Sicherheitsorgane mit ihren straffen Hierarchien und Behörden, ihren Männerbünden, ihrer Gewaltaffinität und ihrem Nationalismus die neuen Nazis anziehen. Noch gilt "Führer befehl, wir folgen!", jedes Lippenbekenntnis zur Demokratie verkommt zur Farce.
Die bürgerlichen Demokrat*innen reden nicht über die Ursachen der faschistischen Ideologie. Sie erzählen sich, dass Nazis mit ein wenig Überzeugungsarbeit davon abgehalten werden können, Nazis zu sein. Ein bisschen Vielfalt hier und ein bisschen mehr Toleranz dort und die Probleme wären gelöst. Die BRD schützt den Kapitalismus und damit auch die Bedingungen, die faschistische Ideologie hervorbringen. Mit ihrer Austeritätspolitik, den Freihandelsabkommen, den Waffenlieferungen und der Abschottung ist sie eine der Hauptschuldigen für das weltweite Elend aus Klimakatastrophe und imperialistischen Kriegen.
All das sind gute Gründe den Nazis ans Leder zu wollen. Gute Gründe für uns, uns den Spielregeln zu widersetzen, die uns die bürgerlichen Gesetze diktieren wollen. Letztlich geht es nicht nur um überzeugte Nazis und Faschist*innen, sondern um die Bedingungen, unter denen Ausbeutung und Unterdrückung organisiert sind. Wir müssen sie zu Fall bringen. An ihre Stelle setzen wir Gleichheit, Freiheit und Solidarität. Diese kommen nicht von alleine. Unter Antifaschismus verstehen wir auch die aktive Auseinandersetzung mit den eigenen Verstrickungen in Herrschaft und deren Ideologie. Patriarchales Gezeter, rassistische Abgrenzungen und Blindheit gegenüber den globalen Ausbeutungsverhältnissen, von denen wir in den Metropolen profitieren, dürfen in unseren Gruppen und Strukturen keinen Platz finden!
Bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Zum traurigen zweiten Jahrestag deiner Untersuchungshaft wünschen wir dir, Lina, alles Gute und drücken die Daumen, dass du bald wieder unter uns bist.
Nazis angreifen!
Freiheit und Glück für alle Antifaschist*innen!