Veranstaltung zu den Verhaftungen in der Türkei und den §129b-Verfahren

Event Datum: 
Freitag, Juli 13, 2018 - 18:30
Stadt/Region: 
Veranstaltung zu den Verhaftungen in der Türkei und den §129b-Verfahren Freitag, den 13. Juli 2018 18:30 Uhr im Kulturladen, Alexanderstr. 16, St.Georg

 

Die Situation in der Türkei

In der Türkei wurde am 15.Juli 2016 ein Putschversuch durchgeführt. Die AKP Regierung nahm diesen Putschversuch als Begründung, um einen Ausnahmezustand (OHAL) auszurufen, der bis heute anhält. Sofort nach Ausrufung des Ausnahmezustands hat die AKP jede Form von Kundgebungen, Demonstrationen und demokratischem Kampf als Gefahr eingestuft und diese verboten. Die AKP um Erdogan benutzt den Ausnahmezustand, um seine eigene Regierung aufrechtzuerhalten. Alle Teile des Volkes sehen sich dabei immensen Angriffen ausgesetzt. Die AKP hat auch die letzten Überbleibsel demokratischer Rechte abgeschafft und eine regelrechte Hetzjagd gegen jede Form der Opposition begonnen.

Seit Ausrufung des Ausnahmezustands:

-Wurden Hunderttausende Akademiker und Angestellte des öffentlichen Dienstes aus ihren Berufen entlassen

-Alle Kundgebungen und Demonstrationen wurden verboten

-Die Dauer für Ingewahrsamnahmen wurde auf 30 Tage erhöht

-Zivilisten haben per Regierungsdekret (KHK) das Recht bekommen, Menschen zu ermorden, wenn sie den Verdacht haben, es handle sich um „Putschisten oder Terroristen“

-Hunderte Dozenten und Dekane an den Universitäten wurden gefeuert

-Zeitungen, Fernsehkanäle, Radiosendungen wurden verboten. Von Schriftstellern bis zu Redakteuren und Journalisten wurden Hunderte aufgrund vermeintlicher „Terrorpropaganda“ verhaftet

-Hunderte legale Vereine wurden versiegelt, ihre Mitglieder wurden verhaftet

-mehr als 20.000 Universitätsstudenten sitzen in Untersuchungshaft

Obwohl der Putschversuch bereits zwei Jahre zurückliegt, wird der Ausnahmezustand noch immer angewandt. Der Verhaftungsterror nimmt von Tag zu Tag zu. Am meisten betroffen von diesem Terror sind die Revolutionäre. Sie setzen sich ein gegen den Faschismus und für Freiheit und Unabhängigkeit. Gegen sie werden Verfahren anhand geheimer Zeugen fingiert. Diese geheimen Zeugen brauchen nicht vor Gericht zu erscheinen, es reicht ihre bloße Unterschrift, um Menschen verhaften zu lassen. Gerichte und die Justiz haben ihre Funktion eingestellt, sie dienen nur noch als Instrument der totalen Unterwerfung. 18 Anwälte der Anwaltskammer des Volkes (Halkin Hukuk Bürosu) wurden am 37.Jahrestag des faschistischen CIA Putsches, am 12.September vergangenen Jahres verhaftet. Ihnen wird vorgeworfen, die Verteidiger von Nuriye Gülmen und Semih Özakca zu sein, die ihrerseits für ihre Wiedereinstellung kämpften und sich im Hungerstreik befanden.

Die linke, antifaschistische Band Grup Yorum, die in ihren Liedern die Unterdrückung der Völker in der Türkei und die Verbrechen der Herrschenden thematisiert, wurde ebenfalls angegriffen. 11 ihrer Mitglieder befinden sich im Gefängnis, 6 Mitglieder wurden auf Terrorlisten gesetzt und werden per Kopfgeld zwischen 300.000 und 1.000.000 Lira gesucht. Grup Yorum soll kriminalisiert werden, da sie Hunderttausende, gar Millionen eine Stimme verleihen. Bei ihrem letzten großen Konzert in Istanbul kamen 1,5 Millionen Zuschauer. In der Türkei findet Verhaftungsterror und systematische Folter statt. Um die Regierungskrise zu verdecken, greift die AKP Regierung von Tag zu Tag skrupelloser an. Sie akzeptieren nicht die kleinste Opposition.

Sie fürchten sich vor dem Aufstand des Volkes, welches seit Jahren in Armut lebt und keine Gerechtigkeit erhält. Um Aufstände zu verhindern greift die AKP zu Folter, Provokationen, faschistischen Angriffen und Verhaftungsterror. Wir, als internationale Plattform gegen Isolation, kämpfen gegen diesen Verhaftungsterror der AKP. Wir wollen die Öffentlichkeit in Europa auf diesen Terror aufmerksam machen. Mit der Parole: „SCHLUSS MIT DER FOLTER UND DEM VERHAFTUNGSTERROR IN DER TÜRKEI!“ möchten wir in mehreren Städten Veranstaltungen organisieren, um den Terror der AKP einer breiten Öffentlichkeit erzählen zu können. All diese Ungerechtigkeiten dürfen nicht hingenommen werden. Wir rufen alle dazu auf, sich gegen den faschistischen Terror, die Ungerechtigkeiten und die Verbrechen zu positionieren. Wir können den Faschismus nur gemeinsam aufhalten. Wir möchten als Erstes mit Informationsveranstaltungen in NRW, Berlin und Hamburg beginnen und bei diesen Veranstaltungen gemeinsam erörtern, was wir in Deutschland tun können.

Zu den §129b-Verfahren in Hamburg

Die §129 b-Prozesse (Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland) gegen Musa Aşoğlu undErdal Gökoğlu begannen in diesen Jahr im Januar bzw. im Juni vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg (OLG).
Wer ist Musa Aşoğlu?
Der Revolutionär Musa Aşoğlu ist ein niederländischer Staatsbürger und kommt aus der Türkei.

Am 2.12.16 von den deutschen Behörden in Hamburg festgenommen und im Untersuchungsgefängnis (UG) Holstenglacis eingesperrt.
In der Erklärung der Bundesanwaltschaft vom 03. Dezember heißt es, dass Musa Aşoğlu verdächtigt sei, „als hochrangiger Führungsfunktionär der Rückfront der DHKP-C in Europa seit Inkrafttreten des Paragraphen 129b StGB am 30. August 2002 Mitglied der ausländischen terroristischen Vereinigung DHKP-C gewesen zu sein (…)“. In diesem Rahmen wirft die Bundesanwaltschaft in ihrer Erklärung Musa Aşoğlu u.a. vor, DHKP-C-Funktionäre angeleitet und Aufgaben hinsichtlich finanzieller Belange innegehabt zu haben.

Bereits 2014 stellte die USA ein Kopfgeld in Höhe von jeweils 3 Mio. Dollar auf Musa Aşoğlu und zwei weitere Personen aus, denen Führungspositionen innerhalb der DHKP-C unterstellt werden. Die USA geriet 2013 ins Visier der DHKP-C, die die US-Botschaft in Ankara und das Konsulat in Istanbul militant angegriffen hatte.

Er stand auch auf Platz 1 der Fahndungsliste der Türkei und ebenfalls wurde auf ihn ein Kopfgeld von 1,2 Millionen Euro ausgesetzt.
Wer ist Erdal Gökoğlu?
Erdal wird auch in dem §129 b-Prozess von der Bundesanwaltschaft Mitgliedschaft in der DHKP-C (Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front) unterstellt.
Erdal Gökoglu ist ein Revolutionär aus der Türkei und wurde dort während seines Architekturstudiums im Juni 1995 verhaftet. Er befand sich bis Juli 2001 im Knast. Er überlebte mehrere Militäroperationen in türkischen Gefängnissen.
Auch heute noch leidet Erdal unter den Folgen dieser Intervention. Er hat das

Wernicke-Korsakoff-Syndrom bekommen. Als Symptome können z.B. Amnesie und Ataxie (Störungen der Bewegungskoordination) auftreten. Im Jahr 2001 erhielt er deshalb gemäß Artikel 399 der Türkischen Strafprozessordnung (CMUK) eine sechsmonatige Freistellung aus medizinischen Gründen.
Im gleichen Jahr wurde Erdal von seinen Freunden aus dem Land gebracht, damit er eine angemessene medizinische Versorgung erhalten konnte. Im Jahr 2002 beantragte Erdal politisches Asyl in Belgien, seinem Antrag wurde im Jahr 2007 entsprochen.
Im November 2017 wurde Erdal in Belgien verhaftet und am 20.12.2017 nach der BRD ausgeliefert, obwohl er mit einem Hungerstreik dagegen protestierte.
Die Rolle der BRD
Die BRD beweist ein weiteres Mal durch die Festnahmen von Erdal und Musa, wie konsequent sie ihre Interessen als imperialistische Macht und als Unterstützerin reaktionärer Machthaber verfolgt.
In der BRD finden zahlreiche „Terrorismusprozesse“ statt und deswegen sind 19 Menschen kurdischer und türkischer Herkunft zur Zeit inhaftiert.
Gemeinsamkeiten mit dem 129 b-Prozess von Musa und Erdal
1.Von der Bundesanwaltschaft wird beiden Aktivitäten wie die Organisierung von Grup Yorum Konzerten, Kundgebungen, Schulungen und Demonstrationen, Gründung von Vereinen vorgeworfen.
Damit werden alle diese politischen Tätigkeiten einer politisch-militärischen Organisation wie der „DHKP-C“ zugeordnet. Alle Aktivitäten einem bewaffneten Zusammenhang zuzuordnen, ist nichts Neues in der Widerstandsbekämpfung.

2. Die Anklageschrift gegen Musa und Erdal basiert überwiegend auf den Kronzeugen Alaatin Ateş Denunziationen. Ateş ist Doppelagent des BND und des türkischen Geheimdienstes MIT und trat schon in mehren Verfahren und belastete viele Genoss*innen schwer.
3.Im Selbstleseverfahren sollen digitale Dateien von den Verfahrensbeteiligten außerhalb der Gerichtsverhandlung gelesen werden, ohne das sie als Ganzes im Verfahren behandelt werden. Das sind überwiegend Datenträger von BKA sowie von deutschen und türkischen Geheimdiensten in deutsche Sprache, die teilweise fehlerhaft übersetzt worden sind bzw. gefälscht worden. Alle diese Dokumente müssen von den Gerichtsdolmetscher*innen den Gefangenen in ihren Zellen übersetzt werden. Schon in beiden Prozessen zeigte sich, das die Dolmetscher*innen nicht immer richtig übersetzen.

4. Weiterhin befinden sich Erdal seit 7 Monaten und Musa seit 20 Monaten in strikter Isolation. (23 Stunden allein in der Zelle und 1 Stunde allein Hofgang)

Besuche finden mit Trennscheibe im Gegenwart von LKA statt.
5. Bei Musa und Erdal ist der Verurteilungswille der Staatsschutzsenate offensichtlich. Beiden drohen bis 10 Jahre Haft und es besteht die Gefahr, dass Musa danach in die USA abgeschoben wird und Erdal in die Türkei.
Solidarität mit Musa Aşoğlu und Erdal Gökoğlu!
Jeden Donnerstag gibt es seit Januar 2017 eine Knastkundgebung für Musa.
Obwohl Erdal und Musa sich im selben Knast befinden, haben sie auf Grund der Isolationsfolter keinen Kontakt.
Wir fordern deshalb auch ihre Zusammenlegung!
Isohaft ist Folter!
Zusammenlegung sofort!
Freiheit für Musa Aşoğlu und Erdal Gökoğlu!
Freiheit für alle politischen Gefangenen!
Weg mit dem Paragraphen §129 !
Revolutionär zu sein ist kein Terrorismus, sondern eine Pflicht!

Schreibt Erdal Gökoğlu und Musa Aşoğlu:
Holstenglacis 3, 20355 Hamburg
Prozesstermine gegen Erdal:
Beginn jeweils um 9:00 Uhr
19., 20.07.,
20., 21., 27., 28.08.,
13., 14., 20., 21., 27., 28.09.,
19., 22., 29.10.,
02., 05., 15., 16., 22. und 23.11.18
Prozesstermine gegen Musa:
Freitag, den 13.7.18 von 10.00 – 14:00 Uhr
Montag, den 6.8. von 10:00 -16:00 Uhr

Termine sind bis zum 19.10.18 terminiert.
Änderungen sind kurzfristig möglich!

Ort:
Beide Verfahren finden Sievekingsplatz 3, 20355 Hamburg (U-Bahn Messehallen)
Der Prozess findet unten rechts, im Staatschutzskeller, Raum 288, statt .

Cafe
Monatlich jeden 3. Donnerstag, also am 19.7., 16.8,, 20.9...., gibt es im Rahmen des Freiheitskomitee für Musa Aşoğlu und Erdal Gökoğlu ein leckeres Essen und neue Infos zu den Prozessen im Internationalen Zentrum B5, Brigttenstraße 5.
Eine Veranstaltung mit:

International Platform Against Isolation

Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen, Hamburg
Freiheitskomitee für Musa Aşoğlu und Erdal Gökoğlu

 

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