Nach der Borni-Räumung: Zur Rolle der Linkspartei

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Die Linkspartei ist für die Räumung der Borni verantwortlich und muss zur Rechenschaft gezogen werden.

Die gestrige Räumung der Bornsdorfer Str. 37B liegt maßgeblich in der politischen Verantwortung der Linkspartei, vor allem Senatorin Lompscher. Während zwischendurch kommuniziert wurde, dass die Senatorin über die Räumung entscheiden würde, wurde sich in letzter Minute offenbar darauf geeinigt, dass doch der weniger politisch exponierte Geschäftsführer des kommunalen Wohnungsunternehmens „Stadt und Land“, bei dem üblicherweise das Hausrecht liegt, der Öffentlichkeit gegenüber die Verantwortung übernimmt.

Gut: Die Partei, die in ihrer letzten Regierungsperiode in Berlin große Teile des kommunalen Sozialwohnungsbestands privatisiert hat, nur um seitdem wieder in jedem Wahlkampf Krokodilstränen über „hohe Mieten“ zu vergießen, räumt dann eben auch am ersten Tag eine Leerstandsbesetzung, genau wie es die große Schwester SPD stets tut. So weit, so wenig bemerkenswert. Alle Register zog die Partei dann mit ihrem Kommentar, die schnell über Twitter verbreitet wurde:

 „Schade, dass mit den Aktivisten keine Einigung in der #Borni zustande kam: [Springer-Link] Das Anliegen von #besetzen ist darüber hinaus richtig. Es darf nicht sein, dass die Gesetze den privaten Profit über die Bedürfnisse der Menschen stellen”

 Dazu vier Bemerkungen:

 1. Das „Angebot“, darin war sich das Plenum drinnen einig, war ein Witz. Etwas nach 20 Uhr kamen unsere Anwält*innen ins Plenum und kommunizierten den Stand von draußen. Angeboten wurde, eine handschriftliche Absichtserklärung zu unterzeichen, nachdem alle Besetzer*innen das Haus verlassen und damit jegliche Verhandlungsposition vorab aufgegeben hätten. Die Absichtserklärung sollte ein unverbindliches „Vorzugsrecht“ signalisieren, Teile des Hauses – minus die für öffentliche Veranstaltungen nutzbaren Räume im Erdgeschoss, also den interessanteren Teil – nach „kooperativer“ Instandsetzung (heißt, wir sollen die Bude großteils in unbezahlter Arbeit für Stadt und Land schick machen?) für 6 Euro pro Quadratmeter anmieten zu dürfen. Ein Mietpreis also, der vor wenigen Jahren in Neukölln noch dem allgemeinen Marktniveau im privaten Wohnungsbereich bestanden hätte.

 2. Unsere Entscheidung – wir hatten uns gerade darauf geeinigt, durch die Anwälte zurückzukommunizieren, dass wir einen Verhandlungsprozess beginnen wollten, dafür aber natürlich im Haus verbleiben würden, um zunächst den Zeitdruck herauszunehmen – wurde entgegen vorheriger Beteuerungen nicht abgewartet. Die Polizei stürmte gegen 20:30 Uhr das Gebäude und begann eine brutale Räumung, bei der Menschen die Treppen hinuntergetreten wurden und mehrere Personen später ins Krankenhaus mussten. Ein Polizist bemerkte grinsend: „Tja, war halt eine Finte.“ Nicht mit uns war nicht zu reden, sondern mit Linkspartei, „Stadt und Land“ und – welch Wunder – den Bullen.

 3. Eine brutale Räumung durchzudrücken, während mensch sich gleichzeitig für die Besetzungen und ihre politischen Ziele ausspricht, ist natürlich auch einer der ältesten Schachzüge linker Regierungsparteien. Hier halt bemerkenswert plump aufgezogen.

4. Das muss Konsequenzen haben. Ob die Linkspartei-Elite sich hier von der SPD die Agenda aufzwingen lässt oder einfach längst selbst den Standpunkt der SPD einnimmt, während sie noch dreist linke Bewegungsarbeit für sich zu vereinnahmen sucht – jetzt gilt es, dieses Verhalten auf allen Ebenen richtig unangenehm für die Verantwortlichen zu machen. Wir setzen auf den Einfallsreichtum solidarischer Strukturen, um dafür zu sorgen, dass sie sich die nächste Räumung zweimal überlegen.

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