Kein Grund zu klatschen – Urteil im Altermedia-Prozess

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Am heutigen Donnerstag wurde vor dem Oberlandesgericht Stuttgart das Urteil gegen die Betreiber des faschistischen Internetportals „Altermedia“ gesprochen. „Altermedia“ war nach dem Verbot des faschistischen „Thaizi-Forums“ eine der zentralen, offenen Diskussions- und Informationsplattformen für Nazis im deutschsprachigen Raum. Mit Strafen von 2 Jahren und 6 Monaten Haft bis zu 8 Monaten Haft auf Bewährung wurden die vier angeklagten Jutta Valentin, Ralph Thomas Kästner, Irmgard Thomas und Talmara Schulze wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung und Volksverhetzung verurteilt. Einer der Hauptangeklagten, Ralph Kästner, wohnt im baden-württembergischen St. Georgen und ist dort seit Jahren unter anderem als Kameradschaftsnazi sowie „Pegida“-Ordner mit Verbindungen zur „NPD“ und der militant auftretenden Partei „Der Dritte Weg“ aktiv.

Der staatliche Schlag gegen die bundesweite Neonaziszene schadet den auf der Anklagebank sitzenden Faschisten zwar faktisch, kann allerdings nicht über das allgemeine „auf dem Rechten Auge blind sein“ der Behörden hinwegtäuschen. Die „volksverhetzenden“ Pamphlete auf „Altermedia“ waren schlicht und ergreifend zu krass und zu zugänglich, als dass sie weiterhin von einem sich geläutert gebenden Staastapparat duldbar gewesen wären.

Ein Blick über den „Altermedia“-Tellerrand macht deutlich: eigentlich weht in diesem Land ein anderer Wind. Regelmäßig werden Faschisten für ihre Taten gar nicht oder nur sehr milde bestraft. Erinnert sei an die misslungenen Prozesse gegen die „Autonomen Nationalisten Göppingen“, das „Aktionsbüro Rhein-Neckar“ und die gescheiterten Verbotsverfahren gegen die “NPD“. Auch im „Altermedia“-Prozess berücksichtigte der Richter strafmildernd, dass nicht klar zurückzuführen sei, welche Taten von Nazis selbst oder von Verfassungsschützern begangen wurden.

Solche Tendenzen fallen in einem Staat, der Jahrzehnte lang ein mordendes „NSU“ Netzwerk gewähren ließ und dieses mindestens gedeckt hat und teilweise sogar in Taten verstrickt war, nicht vom Himmel. Gerade deswegen kann dieser für antifaschistische Kräfte kein Partner sein. Auch wenn die Faschisten heute nicht direkt die Staatsinteressen vertreten, profitiert dieser dennoch von rechten Bewegungen: Auf die kapitalistische Krise präsentieren sie reaktionäre und staatstragende Lösungen, gleichzeitig attackieren sie immer wieder die linke und fortschrittliche Bewegung.

Wegen der Altermedia-Urteile der deutschen Justiz Beifall zu klatschen, ist also nicht angebracht.

Der Faschismus und die faschistische Bewegung kann nur von einer von unten selbstorganisierten, starken und konsequenten antifaschistischen Bewegung effektiv bekämpft werden!

Antifaschistische Aktion (Aufbau) Stuttgart

antifa-stuttgart.org

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