Autonome Auswertung zu „Wir sind alle Linx“

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Viele Stärken und ein paar Schwächen. Ein kurzes Analyse von Menschen die sich an dem Riot beteiligt haben. Zu aller Erst, wir halten die Demo für einen vollen Erfolg. Wir hatten das Gefühl an einer der größten autonomen Demos und Krawallen der letzten 10 Jahre mitzumachen. Weder G20, Tag X Demos in Berlin, 1. Mai Randalen oder „Wir sind alle Indymedia“ waren so schwarz, konnten so lange ohne Polizeispalier laufen und über mehrere Stunden massiv die Cops angreifen.

 

 

 

Außenwirkung

 

Um eins klar zu stellen: Die Demo war nicht auf eine bürgerliche Außenwirkung ausgelegt. Wer allen ernstes glaubt, dass Menschen von militantem Antifaschismus durch eine friedliche Demo überzeugt werden kann, oder Lina dadurch frei kommt, dem können wir nicht helfen. Es ist wichtig, dass es viele friedliche Demos gibt, die anarchistische und linksradikale Anliegen und Forderungen stellen. Ein positives Beispiel ist dafür die „Wer hat der gibt“ Demo am 21.08.2021. Es wäre natürlich schön, wenn es auch da 5000 Menschen gäbe, die autonome und syndikalistische Forderungen pushen, anstatt nur hinter Verstaatlichungs- und Steuererhöhungsforderungen hinterherzulaufen. Das Hamburger Bündnis „Schwarz-Roter-1.Mai“, ist ein gutes Beispiel dafür, dass wir auch eigene inhaltlich sinnvolle Blöcke stellen können. Es ist aber auch wichtig, dass es Demos gibt die Aufstände starten. Demos wo wir unsere eigene Kraft spüren, über uns selbst hinauswachsen und lernen Konflikte zu führen. Es muss unregierbare Demonstrationen geben.

 

 

 

Die Bilder die produziert wurden sind durch ganz Deutschland gegangen, sogar bis in die Tagesschau. Jede*r Jugendliche in ganz Deutschland wird fasziniert Twitter durchstöbert haben und davon träumen selbst an so einer Randale teilzunehmen. Alle wütenden Menschen werden mit glänzenden Augen die Bilder von vermummten Steinewerfer*innen verfolgt haben. Natürlich haben die Bilder auch einen Nachteil, sowohl Rechte als auch Polizist*innen werden diese für die Bestätigung ihres Weltbildes, zur Ausbau ihrer Macht und für repressive Forderungen nutzen. Aber seien wir ehrlich, dies passiert bei jedem Regelbruch von linker Seite. Die Bilder nutzen sowohl ihnen als auch uns. Wenn Linksliberale die Revolte nun daraufhin herrunterspielen, kann uns das auch Recht sein. Je weniger Verfolgung durch Medien und Polizei wir erleiden müssen desto besser.

 

 

 

Taktik

 

Wie schon gesagt, es war ein voller Erfolg. Einige von uns haben wieder Vertrauen in autonome Politik gefunden. Der schwarze Block war einer der größten, den wir jemals erlebt haben und dass auch ohne ein Gipfeltreffen. Die Aufgabenteilung lief hervorragend ab. Menschen im postautonomen NIKA-Block haben massiv Pyro besorgt und von Anfang an eingesetzt. Das Menschen mit Transpis auch Regenschirme halten, sollte wieder bei jeder weiteren Demo beibehalten werden. Die Hemmschwelle für militantere Aktionen sank dadurch perfekt. Aber auch zu späteren Zeitpunkten war noch genug Rauch da für ausreichend Sichtschutz bei Angriffen oder zum Untertauchen und Umziehen. Wir hoffen, dass aber weiterhin alle Menschen versuchen Pyro zum Startpunkt zu bringen, später damit hinzu zustoßen oder an anderen Orten deponieren.

 

 

 

Der Block war zum Glück groß genug, dass ein Spalier fast gar nicht möglich gewesen wäre. Es ist schön wenn viele Menschen, auch wenn diese selbst nicht aktiv werden, sich schwarz anziehen um Masse zum untertauchen zu stellen. Es wäre nur wünschenswerter, wenn diese sich auch komplett unkenntlich machen, um das untertauchen zu erleichtern. Frisuren, Tattoos, Aufnäher, Buttons und Markenlogos sollten nicht sichtbar sein! Ein kleiner Minuspunkt ist hier, dass viele Menschen ihre Vermummung zu taktisch unklugen Zeiten beibehielten. Alleine oder mit wenigen Gefährt*innen nach einer Action noch vermummt im Viertel herumzulaufen ist mehr als unklug. Cops ziehen mit Vorliebe vermummte Menschen später heraus, wenn diese alleine sind. Wenn ihr also etwas gemacht habt, wechselt rechtzeitig eure Sachen und werft diese später weg.

 

Wir müssen dabei auch selbstkritisch sagen, dass wir die Lage falsch eingeschätzt haben. Wir sind zu früh raus gegangen aus Angst vor der konstanten Videoüberwachung und konnten so später nicht mehr viel beitragen. Wir sind es gewöhnt, dass nach der Hälfte einer Demo die Luft raus ist und die Cops am Endpunkt kesseln. Wir würden gerne eine Diskussion anstoßen wollen, wann es der richtige Zeitpunkt ist sich zurückzuziehen. Einige Menschen haben diesen Zeitpunkt auf jeden Fall verpasst. Wenn 2 Wasserwerfer auffahren, Bullen in Kleingruppen anfangen Menschen zu jagen und nur noch 50-100 Personen aktiv auf der Straße sind, ist es auf jeden Fall Zeit sich vorerst zurückzuziehen. Viele Verhaftungen wären vermeidbar gewesen.

 

 

 

Zum Angriff: Ziele wurden später sehr präzise angegriffen, keine einzige Bank auf der Route ist ohne Glasbruch davongekommen. Ein paar mehr Fahrkartenautomaten hätte durch ein paar gezielte Schläge mit einem Stein auf das Display dran glauben können. Da das Kreuz auch fast 2 Stunden bullenfrei war, hätte der Rewe auch geplündert werden können. Plünderungen müssen nicht angekündigt oder komplett von einzelnen Gruppen ausgeführt werden. Es würde die Hemmschwelle für Andere schon senken, wenn angefangen wird Steine auf Fensterscheiben von Lebensmittelmärkten zu werfen oder Türen aufgebrochen werden. Auch an der Stelle wollen wir nicht andere kritisieren, sondern uns selbst entschuldigen, dass wir diese Möglichkeit nicht sofort erkannt haben. Nächstes mal sind wir weniger überrascht von der eigenen Stärke. Verspochen!

 

Wir hoffen, dass solche autonome Einschätzungen zu Demos auch regelmäßiger erscheinen, um Taktiken zu verbessern, Diskussionen zu fördern, Ziele zu erklären und uns gegenseitig zu bestärken.

 

 

 

Viva la anarchie!

 

 

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